Im September 1978 geriet Peterson beim Großen Preis von Italien in eine Massenkarambolage, bei der er sich mehrere Beinfrakturen zuzog. Er starb an den Folgen einer missglückten Operation zur Behandlung der beim Unfall erlittenen Verletzungen.
Ronnie Peterson wurde 1944 als Erstgeborener von zwei Söhnen des Bäckers und Hobby-Rennfahrers Bengt Henrik Peterson (1913–1999) und dessen Frau Maj-Britt (1919–2000) im Örebroer Bezirk Almby geboren. Er hatte einen zwei Jahre jüngeren Bruder, Tommy, der sich später für sein Andenken einsetzte.[1] Früh bekam Peterson von seinem Vater ein selbst gebautes Fahrzeug ähnlich einem kleinen Go-Kart geschenkt und sammelte damit im häuslichen Garten seine ersten Erfahrungen am Steuer von motorisierten Fahrzeugen. Im Alter von zehn Jahren durfte er den Formel-3-Wagen seines Vaters im Rahmen eines Eisrennens zur Probe fahren, was endgültig seine Begeisterung für den Motorsport weckte. Nach der Schulzeit arbeitete Peterson in einem Renault-Autohaus, um die Teilnahme an Amateur-Motorradrennen finanzieren zu können, und später zu Anfang seiner Profikarriere im Automobilsport als Monteur bei einem Fachbetrieb für Personenaufzüge.[2][3]
Fahrer und Privatmann
Der häufig mit dem Spitznamen Superswede betitelte Peterson wurde von seinen Weggefährten als komplexer Mensch beschrieben. Er galt als lässig, zurückhaltend, bisweilen schüchtern und gegenüber Pressevertretern einsilbig. Er bevorzugte einen eher bescheidenen Lebensstil und widmete sich privat der Zucht von Tropenfischen und Pferden sowie Ballsportarten wie Golf, Tennis und Squash.[4] Im Rennsport legte er große Professionalität an den Tag und pflegte im Gegensatz zu vielen seiner Fahrerkollegen kein sonderlich exzentrisches Image. Er war einer der „führenden Köpfe“ der Fahrergemeinschaft und war bei seinen Fahrerkollegen wie auch den Sponsoren und Veranstaltern aufgrund seiner sehr zuvorkommenden Natur und Fairness auf der Strecke beliebt und respektiert.[5][6] Eine enge Freundschaft verband ihn mit seinem Fahrerkollegen Tim Schenken, den er bereits aus seiner Zeit als Formel-3-Fahrer kannte und mit dem er später eine Fahrerpaarung bei Sportwagenrennen bildete.[7][8] Petersons Vermögen wurde nach seinem Tod auf etwa eine Million Pfund Sterling (nach heutigem Wert ca. 6,3 Mio. Euro) geschätzt, was zu dieser Zeit eine außergewöhnlich hohe Summe für einen Rennfahrer war.[7][9]
Seine Fahrzeugbeherrschung und sein charakteristischer Fahrstil verhalfen ihm bei Fahrerkollegen und Rennsportinteressierten gleichermaßen zu großer Beliebtheit.[6] Er bevorzugte einen leicht übersteuernden Rennwagen, mit dem er scharf in Kurven einfuhr, um sodann mit kontrolliert ausbrechendem Heck herauszubeschleunigen. Diese sehr aggressive Fahrweise war optisch ansprechend, wirkte sich aber oft negativ auf Material und Rundenzeiten aus. Der mehrmalige Formel-1-Weltmeister Jackie Stewart äußerte Bewunderung für die instinktive Fahrzeugkontrolle seines Konkurrenten, betonte aber auch, dass Peterson dadurch oftmals unnötige Risiken eingegangen sei und nicht alle sich ergebenden Erfolgschancen voll ausnutzen habe können.[10] Da Peterson stets versucht habe, negative Eigenschaften des Wagens, anstatt eine neue Abstimmung zu entwickeln, rein durch Adaption seines Fahrstils auszugleichen, beschrieb der langjährige Lotus-Teamchef Peter Warr die Arbeit mit Peterson im Bereich der Fahrzeugentwicklung als sehr schwierig.[11] Petersons Rundenzeiten hätten sich trotz tiefgreifender Änderungen an der Fahrzeugabstimmung kaum verbessert oder verschlechtert, wodurch keine wirklichen Rückschlüsse auf die Wirksamkeit der Weiterentwicklungsmaßnahmen möglich waren. Auch Lotus-Gründer Colin Chapman äußerte sich entsprechend und kritisierte die Qualität des technischen Feedbacks insbesondere im Vergleich zu Lotus-Weltmeister Emerson Fittipaldi, der als hervorragender, technisch versierter Testfahrer galt.[12][13]
Peterson war seit 1970 mit Barbro Edwardsson liiert, die er in einer Diskothek kennengelernt hatte.[3] Sie kam ebenfalls aus Örebro und arbeitete als Sekretärin, später als Model. Das Paar heiratete im April 1975, im selben Jahr wurde ihre Tochter Nina Louise geboren.[14] Barbro begleitete ihren Mann oft zu seinen Rennen und unterstützte ihn sowie das Team organisatorisch.[15] Sie konnte den plötzlichen Tod Petersons nie verarbeiten, litt schwer unter einer Depression und beging am 19. Dezember 1987 Suizid.[16] Die gemeinsame Tochter wuchs daraufhin bei Petersons Eltern auf.[17]
Karriere
Amateur- und Nachwuchsklassen (bis 1969)
Ronnie Peterson begann mit 18 Jahren im Mai 1962 seine Karriere als Rennfahrer. Er schrieb sich in die schwedische Kartmeisterschaft ein und nahm dort mit einem selbstgebauten Robardie-Kart in der Klasse D bis 200 cm³ teil. Schon im Folgejahr war Peterson einer der erfolgreichsten Kartfahrer in Schweden und gewann acht von zwölf Rennen, womit er diese Meisterschaft klar für sich entschied.[18] 1964 trat er parallel in der Klasse D und in der kleineren Klasse A mit Motoren bis 100 cm³ an. Während es ihm nicht gelang, seinen Titel in der Klasse D zu verteidigen, gewann er in der Klasse A seinen zweiten nationalen Kart-Titel. 1966 professionalisierte er seine Kartsportaktivitäten weiter und nahm an der Kart-Weltmeisterschaft in Kopenhagen teil, wo er den dritten Platz hinter Leif Engeström und Susanna Raganelli belegte.[19] Er entschied sich anschließend für den Monopostosport als Weg für seine weitere Karriere und verlagerte seine Aktivitäten in die Formel 3.
1966 startete Peterson mit einem von seinem Vater und einem Freund geringfügig modifizierten Brabham BT15, der als Svebe gemeldet wurde, zum ersten Mal bei einem Formel-3-Rennen.[20] Sein Mentor in dieser Zeit war der bereits im schwedischen Automobilsport etablierte Reine Wisell.[21] Das beste Ergebnis in diesem Jahr war ein dritter Platz bei einem Rennen auf dem Dalslandring in Dals Långed. 1967 erreichte Peterson in der schwedischen Formel-3-Meisterschaft mit einem Brabham BT18 den fünften Rang im Gesamtklassement. Die Tecno-Gründer Luciano und Gianfranco Pederzani wurden auf das aufstrebende Talent aufmerksam und stellten Peterson ab Anfang 1968 Werksunterstützung bereit. Er gewann mit einem Tecno 68 bzw. Tecno 69 zwei Titel in Folge und siegte bei sieben von acht Rennen. Zusätzlich startete er in diesen Jahren auch bei internationalen Formel-3-Rennen in Frankreich und Italien und gewann 1969 den prestigeträchtigen Lauf auf dem Circuit de Monaco, nachdem er sich mit Wisell in den Schlussrunden ein enges Duell um den Sieg geliefert hatte. Im Oktober gleichen Jahres hatte Peterson bei einem Rennen auf dem Autodrome de Linas-Montlhéry einen schweren Unfall: Er kollidierte in einer Schikane auf dem Ovalkurs bei hoher Geschwindigkeit mit der seitlichen Streckenbegrenzung; sein Wagen überschlug sich, fing Feuer und blieb kopfüber liegen. Peterson wurde schnell befreit, erlitt aber Verbrennungen an den Armen.[22]
Insgesamt fuhr Peterson in seiner Karriere 74 Formel-3-Rennen, von denen er 29 gewann.[23]
Formel 2 (1969–1976)
Aufgrund seiner guten Formel-3-Leistungen wurde Peterson 1969 zu mehreren Gaststarts bei höherklassigen Formel-2-Rennen eingeladen. Bei einem Lauf in Monza belegte er für das Tecno-Werksteam den siebten Platz.[24] Auf dem Circuit d’Albi startete er für Roy Winkelmann Racing und wurde Fünfter.[25] Nach dem Gewinn seiner zweiten Formel-3-Meisterschaft unterschrieb Peterson bei Malcolm Guthrie Racing, einem privaten Rennstall, der von March Engineering bevorzugt beliefert wurde, einen Vertrag für die Formel-2-Europameisterschaft 1970.[26] In diesem Jahr wurde er auf dem neu entwickelten, aber noch unausgereiften[27]March 702 Gesamtfünfter.[28]1971 trat March Engineering mit einem Werksteam an und verpflichtete Peterson, der zwischenzeitlich in die Formel 1 zum Werksfahrer aufgestiegen war, auch hier für die komplette Saison. Die gleichzeitige Teilnahme an mehreren Meisterschaften als Stammfahrer war zu dieser Zeit nicht unüblich. Peterson errang mit einem March 712M vier Siege und wurde mit 54 Punkten vor Carlos Reutemann und Dieter Quester Formel-2-Europameister.[29] Bei seinem Heimrennen im schwedischen Mantorp Park erzielte er die Pole-Position, den Rennsieg und die schnellste Rennrunde.
1972 sowie von 1974 bis 1976 bestritt Peterson weitere Formel-2-Rennen mit Fahrzeugen von March und Lotus für verschiedene Teams. Diese sporadischen Renneinsätze erfolgten parallel zu seinem Formel-1-Engagement. Seit seinem Gewinn der Formel-1-Vizeweltmeisterschaft in der Saison 1971 war Peterson als Graded bzw. A-Driver eingestuft, wodurch er nicht mehr für die Wertung der Formel-2-Europameisterschaft berücksichtigt wurde, da sie nur B-Drivern offenstand.[30] Diese Einteilung in zwei Gruppen wurde anhand verschiedener Kriterien wie Rennerfahrung und Erfolge vorgenommen und sollte den als B-Drivern klassifizierten Nachwuchsfahrern zugutekommen, damit diese sich in der Meisterschaft untereinander messen konnten, ohne bereits etablierte A-Driver aus höheren Rennklassen schlagen zu müssen, die oft zahlreich an Formel-2-Rennen teilnahmen.[31] Insgesamt ging Peterson bei 54 Formel-2-Rennen an den Start, von denen er elf gewann.
Sportwagenrennen und Rallyes (ab 1969)
Sein erstes Sportwagenrennen bestritt Peterson für das Team von Picko Troberg im Juli 1969 in Magny-Cours.[32] Er gewann das Magny-Cours International – Sports & Prototypes mit einem Lola T70 vor Barrie Smith in einem Chevron B8.[33] Im gleichen Jahr startete Peterson für die Ecurie Bonnier von Joakim Bonnier bei einem als GP Sverige bezeichneten Rennen im Karlskoga Motorstadion und wurde Dritter.[34]
1970 wurde Peterson von der Scuderia Ferrari für das 24-Stunden-Rennen von Le Mans nominiert. Er pilotierte mit der Startnummer 7 zusammen mit dem amtierenden Vizeweltmeister der Formel-2-Europameisterschaft, Derek Bell, den neuen Ferrari 512S. Nachdem Bell, von einer sich in der Boxengasse ereignenden Kollision mehrerer Werks- und Privatier-Ferrari überrascht, stark abgebremst und dabei den Motor des Wagens überdreht hatte, musste das Duo bereits in der zweiten Rennstunde aufgeben. Peterson war bis dahin noch nicht zum Fahreinsatz gekommen. Dieses Rennen blieb die einzige Teilnahme des Schweden an der Veranstaltung. In der zweiten Jahreshälfte startete Peterson wieder für Bonnier zu zwei Rennen der Interserie. Beim 100-Meilen-Rennen von Keimola wurde er mit einem Lola T70 Dritter, beim 300-Meilen-Rennen von Hockenheim fuhr er den neueren Lola T210 und kam auf dem vierten Platz ins Ziel. Er wurde am Jahresende mit 14 Punkten als Vierter der Gesamtwertung gewertet.
Für die Sportwagen-Weltmeisterschaft 1972 holte die Scuderia Ferrari Peterson als Stammfahrer ins Werksteam zurück und ließ ihn mit Tim Schenken als Partner in einem von drei Ferrari 312PB starten.[35] Der Hersteller hatte in dieser Saison klar die schnellsten Fahrzeuge an die Strecken gebracht und entschied mit Ausnahme des 24-Stunden-Rennen von Le Mans, zu dem das Team nicht antrat, alle Rennen für sich. Peterson/Schenken gewannen den Saisonauftakt, das 1000-km-Rennen von Buenos Aires, sowie das 1000-km-Rennen auf dem Nürburgring Ende Mai. Vier zweite und zwei dritte Plätze des Duos komplettierten dieses sehr erfolgreiche Jahr, in der die Scuderia Ferrari sich mit großem Punktevorsprung gegen die Verfolger Alfa Romeo und Porsche durchsetzte.[36] Ein Fahrertitel wurde bis 1981 in der Sportwagen-Weltmeisterschaft nicht vergeben.
Peterson betätigte sich in seiner Heimat vereinzelt im Rallyesport. 1969 startete er im Rahmen der Rallye-Europameisterschaft mit einem VW 1600 TL bei der Rallye Schweden und schied in der zweiten Etappe aus.[37] Ein Jahr später fuhr er mit einem Porsche 911L seine Heimrallye in der Rallye-Weltmeisterschaft, musste aber mit Getriebeschaden aufgeben. Auch ein dritter Anlauf mit Torsten Palm als Beifahrer endete im Februar 1973 nach einem technischen Defekt am Ford Escort des Duos vorzeitig.[38] Danach startete Peterson nur noch vereinzelt zu kleineren Läufen, die kein Teil einer Meisterschaft waren.
Formel 1 (ab 1970)
1970: Debüt für Colin Crabbe
Von den Leistungen Petersons in den Nachwuchsklassen beeindruckt vermittelte March-Mitgründer Max Mosley Peterson ein Cockpit im Team des Oldtimerhändlers Colin Crabbe für die Formel-1-Saison 1970.[39] Der wechselweise als Colin Crabbe Racing und Antique Automobiles Racing Team gemeldete Rennstall setzte mit Werksunterstützung von March Engineering den neuen, aber problembehafteten March 701 ein. Die Verpflichtung Petersons war eine Bedingung Mosleys für die Bereitstellung des Wagens. Beim dritten Weltmeisterschaftslauf, dem Großen Preis von Monaco, feierte Peterson im Mai 1970 sein Debüt in der Königsklasse des Motorsports.[40] Er qualifizierte sich für den 13. Startplatz und kam als Siebter nur knapp außerhalb der Punkteränge ins Ziel. Das blieb das beste Ergebnis des Jahres. Peterson schied bei neun Teilnahmen fünfmal aus bzw. wurde nicht klassifiziert und hatte keine Chance gegen die Spitzenteams. Beobachter führten die mangelnde Konkurrenzfähigkeit des Crabbe-March im Vergleich zu den bei der Tyrrell Racing Organisation eingesetzten Chassis, mit denen Jackie Stewart einen Sieg und mehrere Podestplätze einfuhr, auf ein Leistungsdefizit des einzigen dem Team gehörenden Cosworth-DFV-Motors zurück, der im Laufe der Saison infolge unterbliebener Revisionen zunehmend schwächer wurde.[41] Beim Großen Preis von Belgien auf dem Circuit de Spa-Francorchamps kam es zu einer skurrilen Situation, als Peterson unter dem Vorwurf, auf dem Weg zur Strecke einen Polizisten angefahren zu haben, für einige Stunden inhaftiert wurde. Durch Intervention des zufällig an der Strecke anwesenden belgischen Innenministers kam Peterson nach kurzer Zeit frei und konnte am Rennen teilnehmen.[42]
Am Ende der Saison 1970 zog sich der enttäusche Crabbe aus der Formel 1 zurück. Peterson wurde mit null Punkten als 27. der Gesamtwertung klassifiziert.
1971: Vizeweltmeister als March-Werksfahrer
1971 erhielt Peterson ein Cockpit als Stammfahrer beim Werksteam von March Engineering, seine Teamkollegen im Zweit- bzw. Drittwagen waren Àlex Soler-Roig, Andrea de Adamich, Niki Lauda und Mike Beuttler, die jeweils zu einzelnen Rennen starteten. Der March 711 war kein Spitzenfahrzeug, aber sehr zuverlässig, was Peterson, der bei nur zwei der elf Saisonrennen ausschied, stark zuspielte. Nach den erfolglosen Auftaktläufen in Südafrika und Spanien erzielte Peterson als Zweiter beim Großen Preis von Monaco seine ersten WM-Punkte sowie gleichzeitig seinen ersten Podiumsplatz in der Formel 1. Im weiteren Saisonverlauf folgten vier Podiumsplätze. Der Saisonhöhepunkt war der Großen Preis von Italien, der zum letzten Mal auf der schikanenlosen Variante des Autodromo Nazionale di Monza ausgetragen wurde, die außergewöhnlich hohe Durchschnittsgeschwindigkeiten erlaubte. Peterson lag lange Zeit in Führung, wurde aber im knappsten Zieleinlauf der Formel-1-Geschichte noch von Peter Gethin überholt, der das Rennen mit nur 0,1 s Vorsprung überraschend gewann.[43]
Peterson beendete die Saison mit einem dritten Platz beim Saisonfinale beim Großen Preis der USA und wurde hinter Weltmeister Jackie Stewart im Tyrrell Zweiter der Fahrerwertung. Er schlug damit alle seine Teamkollegen klar und setzte sich auch gegen den hoch eingeschätzten Tyrrell-Nachwuchsfahrer François Cevert durch.
1972: Zweites March-Jahr
Für 1972 verpflichtete March Niki Lauda als zweiten Stammfahrer neben Peterson und brachte den March 721 als neu konstruierten Wagen an die Strecken. Peterson punktete bei den Saisonauftaktrennen in Argentinien und Südafrika.[44] Ab den Rennen in Spanien fuhr das Team den neuen March 721X, einer speziell für kurvenreiche Strecken hergerichteten Variante des 721. Der Wagen erwies sich als störanfällig und schwer zu beherrschen, beide Fahrer blieben mit ihm punktlos.[45] March sah sich daher gezwungen, ab Frankreich wieder auf den 721 zurückzugreifen.[46] Bei diesem Rennen auf dem Circuit de Charade befand sich Peterson in der neunten Runde im Kampf mit Tim Schenken, Mike Hailwood und Helmut Marko, bei dem die Kontrahenten wiederholt das brüchige Seitenstreifenbankett überfuhren. Petersons Hinterrad schleuderte einen Stein hoch, der das Visier des hinter ihm fahrenden Marko durchschlug und sein linkes Auge traf. Die dabei erlittenen Verletzungen machten die Enukleation des Auges notwendig, was Markos Rennfahrerkarriere zwangsweise beendete.[47] Peterson beendete das Rennen auf dem fünften Platz.[48] Im übernächsten Rennen in Deutschland erzielte Peterson mit dem dritten Platz im Rennen sein bestes Saisonergebnis.[49] Im folgenden Rennen in Kanada wurde Peterson wegen Inanspruchnahme fremder Hilfe disqualifiziert, nachdem seine Mechaniker den Wagen regelwidrig rückwärts durch die Boxengasse geschoben hatten. Er erreichte am Saisonende den neunten Rang in der Fahrerweltmeisterschaft.[50] Das war ein deutlicher Rückschritt gegenüber der Vorsaison, doch setzte er sich gegen seinen Teamkollegen Lauda durch, der punktelos geblieben war.
1973: Mit Lotus zum Spitzenfahrer
Die Saison 1973 brachte eine große Chance für Peterson: Colin Chapman, Besitzer und Teamchef des Team Lotus, das zu diesem Zeitpunkt das erfolgreichste Formel-1-Team der Nachkriegszeit war, zeigte sich von den Leistungen des im Grand-Prix-Sport noch unerfahrenen Schweden in den Vorjahren sehr beeindruckt und unterbreitete ihm ein Vertragsangebot für zwei Jahre.[51] Peterson akzeptierte und wurde Teamkollege des amtierenden Weltmeisters Emerson Fittipaldi, dem er teamintern gleichgestellt war, auch da keine Stallorder ausgegeben wurde. Mit dem Lotus 72D verfügten die beiden Lotus-Fahrer über eines der schnellsten Fahrzeuge im Feld. Hauptkonkurrenten waren die Tyrrell-FahrerJackie Stewart und François Cevert.
Sein erstes Rennen für Lotus, den Großen Preis von Argentinien, beendete Peterson aufgrund eines Motorschadens nicht.[52] Bereits beim folgenden Lauf in Brasilien gelang es ihm, in der Qualifikation auf die Pole-Position zu fahren, doch konnte er im Rennen aufgrund eines erneuten technisches Defekts nicht davon profitieren. Die ersten WM-Punkte der Saison erzielte Peterson als Dritter beim Großen Preis von Monaco. Zuvor hatte er bereits bei der BRDC International Trophy, einem im April 1973 ausgetragenen Formel-1-Rennen ohne Weltmeisterschaftsstatus, den zweiten Rang belegt. Im schwedischen Anderstorp, wo in diesem Jahr aufgrund des deutlich gestiegenen Publikumsinteresse in den Vorjahren erstmals der Große Preis von Schweden ausgetragen wurde, sah der vom ersten Platz gestartete Peterson lange Zeit wie der sichere Sieger aus, verlor das Rennen letztendlich aber doch gegen Denis Hulme im McLaren, der ihn in den Schlussrunden aufgrund besserer Reifenwahl überholte.[53] In Frankreich, seinem 40. Grand-Prix, gewann Peterson sein erstes Formel-1-Rennen.[54] Diesen Triumph wiederholte er in Österreich, Italien und beim Saisonfinale in den USA. Im Schlussklassement belegte Peterson den dritten Rang in der Fahrerweltmeisterschaft. Mit 52 zu 55 Punkten musste er sich im teaminternen Duell Fittipaldi nur knapp geschlagen geben.
1974: Weitere Rennsiege
In der Saison 1974 bekam Peterson nach dem Weggang Fittipaldis zu McLaren mit Jacky Ickx einen sehr erfahrenen neuen Teamkollegen. Ein mögliches Engagement von Reine Wisell, mit dem Peterson seit der gemeinsamen Zeit in der Formel 3 eng befreundet und der bereits 1971 als Stammfahrer für Lotus angetreten war, stand kurzzeitig im Raum, zerschlug sich aber schnell.[21] Mit dem Lotus 76 stand 1974 ein neues Fahrzeug mit einem experimentellen, halbautomatischen Getriebe zur Verfügung. Diese Technik kam zum ersten Mal im Grand-Prix-Sport zum Einsatz, war aber noch sehr unausgereift, was dazu führte, dass beide Fahrer große Probleme mit dem Schaltverhalten des Wagens und mechanischer Unzuverlässigkeit hatten, die die erwünschten Vorteile zunichtemachten. Nach nur wenigen Rennen kehrte das Team daher zum etablierten Lotus 72 zurück, der zwar weiterhin schnell, aber kein Spitzenfahrzeug mehr war. Nachdem Peterson in den ersten fünf Rennen nur einmal als Sechster einen WM-Punkt erzielt hatte, gewann er den prestigeträchtigen Großen Preis von Monaco. Auch die Grands Prix von Frankreich und Italien entschied er für sich. In den Meisterschaftskampf zwischen Clay Regazzoni im Ferrari und Fittipaldi konnte er aber nicht mehr eingreifen und beendete die Saison mit 35 Punkten auf dem fünften Rang der Fahrermeisterschaft, womit er den hoch eingeschätzten Jacky Ickx, der Elfter wurde, klar übertrumpfte.
1975: Formtief für Team und Fahrer
Nachdem sich bereits in der Vorsaison ein Abwärtstrend im Team abgezeichnet hatte, befand sich Lotus in der Formel-1-Saison 1975 auf dem sportlichen Tiefpunkt. Der inzwischen fünf Jahre alte Lotus 72E war trotz aller Modernisierungsbemühungen konzeptionell wie technisch völlig veraltet und nicht mehr konkurrenzfähig. Der als Nachfolger angedachte Lotus 76 stellte sich trotz intensiver Entwicklungsarbeit als Fehlkonstruktion heraus und musste bereits Ende 1974 aufgegeben werden. Bedingt durch diese schlechte Ausgangslage verringerte Hauptsponsor Imperial Brands die Zahlungen deutlich, wodurch sich das Team gezwungen sah, Petersons Gehalt zu kürzen. Er wurde daraufhin rege von Shadow Racing Cars umworben, deren Teamführung um Alan Rees vom fahrerischen Können Petersons überzeugt war und sich zudem durch die bereits in der Formel 1 etablierte Persönlichkeit eine Stärkung der eigenen politischen Position insbesondere gegenüber potentiellen Sponsoren versprach.[55] Shadow argumentierte, dass Petersons Gehaltskürzung einen Vertragsbruch seitens Lotus darstelle, der ihm eine Vertragsauflösung und somit einen Wechsel ermögliche. Peterson sollte bei Shadow das Cockpit des hoch eingeschätzten Tom Pryce erhalten, dessen Aufstieg in den Vorjahren von Chapman mit großem Interesse verfolgt wurde und der als britischer Fahrer bei der britischen Imperial Brands bei einem Engagement ein klares Argument für eine Wiederaufstockung der Sponsorengelder gewesen wäre.[56] Letztendlich fand der Fahrertausch aber nicht statt, da Peterson und Chapman wenige Stunden vor Beginn des ersten Saisonrennens, dem Großen Preis von Brasilien, doch noch zu einer internen Einigung kamen. Peterson hatte bereits im Shadow DN5 probegesessen und Lotus hatte begonnen, Petersons Wagen für Tom Pryce herzurichten.[57]
Peterson blieb bei den ersten vier WM-Läufen ohne Punkte und konnte als beste Rennplatzierung nur einen vierten Platz beim Großen Preis von Monaco erzielen. Als Dritter gelang ihm beim Race of Champions auf dem britischen Brands Hatch Circuit die beste Jahresplatzierung, das Rennen zählte allerdings nicht zur Weltmeisterschaft. Jacky Ickx verließ das Team zur Saisonmitte nach dem Großen Preis von Frankreich frustriert, an seiner Stelle traten nacheinander wie ebenso erfolglos die Fahrer Jim Crawford, John Watson und Brian Henton an. Beim Rennen in den Niederlanden kam es zu einem Zwischenfall, als Peterson in der Boxengasse unbeabsichtigt den Ferrari-RennleiterLuca Cordero di Montezemolo anfuhr, der sich mehrere Knochenbrüche zuzog.[58] Am Saisonende belegte Peterson mit nur 6 Punkten den 13. Rang in der Fahrermeisterschaft, setzte sich aber gegen alle seine Teamkollegen durch.
1976: Achtungserfolge als March-Paydriver
Für die Saison 1976 brachte Petersons Team mit dem Lotus 77 endlich einen modernen Rennwagen an die Strecken, zudem wurde Mario Andretti als zweiter Fahrer verpflichtet, der bereits im US-amerikanischen Motorsport erfolgreich war und Formel-1-Erfahrung mitbrachte. Das Fahrzeug erforderte allerdings noch viel Entwicklungsarbeit und gehörte bei der Saisoneröffnung in Brasilien zu den langsamsten Boliden im Feld. Peterson zeigte sich über die Stagnation im Team zunehmend frustriert, während Lotus-Teamchef Colin Chapman mit der Qualität der Entwicklungsarbeit seines Fahrers in den Vorjahren sehr unzufrieden war und an der Sinnhaftigkeit weiterer Zusammenarbeit in Hinblick auf WM-Titel zu zweifeln begann. Das zeigte sich unter anderem in der Verpflichtung Andrettis, mit der Peterson seine klare Führungsrolle im Team einbüßte. Nachdem Peterson im Training einen schweren Unfall unverletzt überstanden hatte, kam es im Rennen zu einer Kollision der Lotus-Fahrer, wodurch Andretti sofort und Peterson einige Runden später ausschied. Als Folge dieses Ereignisses löste Lotus den Vertrag mit Peterson auf. Er kehrte daraufhin mit Unterstützung des rennsportbegeisterten italienischen Millionärs Vittorio Guggi Zanon di Valgiurata[59][60], der ihn bereits in der Vergangenheit vereinzelt gefördert hatte, zu seinem alten Arbeitgeber March Engineering zurück.[61] Auch Andretti verließ Lotus nach nur einem Rennen zugunsten von Vel’s Parnelli Jones Racing, für die er bereits in den Vorjahren in der Formel 1 gestartet war.
Bei March erhielt Peterson den dritten Werkswagen, der bislang von Lella Lombardi pilotiert wurde, und mit Hans-Joachim Stuck sowie Vittorio Brambilla zwei neue Teamkollegen. Der March 761 war kein Spitzenchassis, aber solide konstruiert und zuverlässig. Schwachstelle der Wagen waren die dem Team zur Verfügung gestellten Cosworth-DFV-Motoren, weshalb es Peterson auch aufgrund unverschuldeter Unfälle auf aussichtsreichen Positionen erst beim elften Weltmeisterschaftslauf in Österreich gelang, den ersten Weltmeisterschaftspunkt zu erringen.[62] Beim Großen Preis der Niederlande lag Peterson, nachdem er sich überraschend für die Pole-Position qualifiziert hatte, lange Zeit als Dritter auf einem potentiellen Podiumsplatz, fiel aber mit Motorproblemen kurz vor Rennende aus. Der große Erfolg kam ein Rennen später in Italien: Nach einem guten Start, bei dem Peterson vom achten auf den vierten Platz vorfuhr, überholte er in den folgenden Runden auch die beiden Wagen des Tyrrell-Teams sowie den Ligier von Jacques Laffite und übernahm die Führung, die er bis zum Rennende nicht mehr abgab. Dieser Sieg war der letzte für ein March-Chassis in der Formel 1, zudem stellte Peterson die schnellste Rundenzeit auf. Mit zehn Punkten platzierte er sich am Jahresende auf dem 11. Rang in der Fahrermeisterschaft.
1977: Mit Tyrrell im Mittelfeld
In der Formel-1-Saison 1977 fuhr Peterson für Tyrrell an der Seite von Patrick Depailler und als Nachfolger von Jody Scheckter, der zu Walter Wolf Racing abgewandert war. Das Team stellte seinen Fahrern wieder den experimentellen, sechsrädrigen Tyrrell P34 zur Verfügung, der in aerodynamischer Hinsicht überarbeitet, aber auch breiter und schwerer geworden war.[63] Zudem wurde die Konkurrenzfähigkeit des Fahrzeugs durch fehlende Weiterentwicklung der speziellen, kleineren Vorderreifen negativ beeinflusst.[64] Dadurch konnten die Tyrrell-Fahrer nur noch vereinzelt in die Punkteränge vorfahren, nachdem in der Vorsaison zahlreiche Podestplätze sowie ein Rennsieg verbucht wurden. Petersons bestes Ergebnis war ein dritter Platz beim Grand Prix von Belgien. Mit 20 zu 7 Punkten schlug ihn sein Teamkollege Depailler in der Fahrermeisterschaft deutlich.
Als Anfang September 1977 bekannt wurde, dass Gunnar Nilsson einen Vertrag mit Arrows für die Saison 1978 unterzeichnet hatte und somit das zweite Lotus-Cockpit neben dem Mitte 1976 zum Team zurückgekehrten Mario Andretti frei wurde, suchte der von der mangelnden Konkurrenzfähigkeit des P34 enttäuschte Peterson das Gespräch mit seinem ehemaligen Rennstall. Mit erneuter, großzügiger finanzieller Unterstützung seines Förderers Guggi Zanon gelang es ihm schließlich, Besitzer Colin Chapman trotz aller Differenzen in der Vergangenheit von einer erneuten Zusammenarbeit zu überzeugen.[65] Entscheidend war aber, dass Peterson einen vertraglich festgelegten Nummer-2-Status akzeptieren musste, der es ihm verbot, bei direkten Duellen auf der Strecke gegen Andretti zu kämpfen oder die eigene Position zu verteidigen.[66]
1978: Titelkandidat nach Rückkehr zu Lotus
Zur Formel-1-Saison 1978 hatte Lotus den Vorjahreswagen Lotus 78 perfektioniert und verfügte so wieder über das schnellste Fahrzeug im Feld. Nach den ersten Trainingsrunden in Argentinien bezeichnete Peterson den Wagen gegenüber Journalisten als das beste Rennauto, mit dem er je gefahren sei, und bemerkte, dass er trotz der Vertragsklausel reelle Titelchancen sehe.[67] Peterson qualifizierte sich auf den dritten Startplatz und kam als Fünfter ins Ziel, womit er bereits in seinem ersten Rennen nach der Rückkehr zu Lotus punktete. In Südafrika siegte Peterson und belegte mit einem Punkt Rückstand auf seinen Teamkollegen Rang zwei der Fahrerwertung. Ab dem Großen Preis von Belgien brachte Lotus den Lotus 79 an die Strecken, der noch einmal leistungsfähiger war als sein Vorgänger und die Meisterschaft praktisch zu einem alleinigen Duell der beiden Lotus-Fahrer werden ließ. Bei diesem Rennen sowie dem Lauf in Spanien war Peterson zeitweise deutlich schneller als Andretti, durfte ihn aber nicht überholen und musste sich somit mit zwei zweiten Plätzen zufriedengeben.[68] Beim Großen Preis von Österreich sicherte sich Peterson die Pole-Position und gewann anschließend überlegen bei nasskalten Bedingungen, nachdem Andretti ausgefallen war. Beim folgenden Rennen in den Niederlanden setzte sich die Überlegenheit der Lotus-Rennwagen fort. Andretti siegte dank Stallorder mit nur 0,3 Sekunden Vorsprung vor Peterson. Es war der siebte und letzte Doppelsieg für Lotus in diesem Jahr. Trotz dieser für Peterson frustrierenden Situation entwickelte sich während der Saison 1978 nach anfänglicher Skepsis eine persönliche Freundschaft und ertragreiche Zusammenarbeit mit Andretti im Team.[69] Er soll Peterson zum Saisonende hin sogar angeboten haben, nicht mehr auf die Einhaltung des Nummer-2-Vertrags zu bestehen, wodurch Peterson mit ihm frei um den WM-Titel hätte kämpfen können.[70]
Nach der Aufwärmrunde gab Rennleiter Gianni Restelli das Rennen frei, als die mittleren und hinteren Startreihen noch an das Ende des Feldes heranrollten. Der dadurch irritierte Peterson beschleunigte seinen Lotus 78 vom fünften Startplatz vermutlich in einem falschen Gang und fiel zurück. Riccardo Patrese im Arrows A1 hingegen war einer der Nutznießer – er überholte vom zwölften Platz mit mehr Schwung einige Kontrahenten und fand sich in einem Dreikampf mit Peterson und James Hunt wieder. Die Geschwindigkeit der Fahrzeuge betrug zu diesem Zeitpunkt etwa 200 km/h. Nebeneinander steuerte das Trio auf den sich vor der ersten Bremsschikane verjüngenden Fahrbahnabschnitt zu. Der Seitenabstand zwischen den Wagen wurde zunehmend enger. Hunts McLaren M26 touchierte das rechte Hinterrad von Petersons Lotus und drehte sich nach links von der Strecke. Petersons Wagen brach dagegen nach rechts aus und schlug in die Leitplanken ein. Dabei platzte der Tank und der Kraftstoff entzündete sich in einem großen Feuerball.[73]Vittorio Brambilla im Surtees TS20 konnte nicht mehr ausweichen und kollidierte mit dem Lotus, der durch diesen Aufprall quer über die Strecke geschleudert wurde und anschließend auf der Fahrbahn zum Stillstand kam.[74] Brambilla wurde von einem herumfliegenden Rad am Kopf getroffen und erlitt lebensgefährliche Verletzungen. In die entstehende Massenkarambolage waren neben den erwähnten Beteiligten auch die beiden Shadow-Fahrer Clay Regazzoni und Hans-Joachim Stuck, die Tyrrell-Fahrer Didier Pironi und Patrick Depailler sowie Derek Daly, Carlos Reutemann und Brett Lunger verwickelt. Das Rennen wurde sofort abgebrochen.
Peterson war nach dem Unfall bei Bewusstsein. Es gelang ihm, sein Gurtschloss zu öffnen. Durch die erlittenen Beinfrakturen sowie die Deformation des Cockpits im Fußbereich konnte er sich aber nicht selbst aus dem Wrack befreien. Die umstehenden Streckenposten begannen augenblicklich mit den Löscharbeiten. Hunt war unverletzt geblieben und eilte mit anderen Fahrern zu dem Verunglückten. Unterstützt von Regazzoni und Depailler befreite er Peterson binnen weniger Sekunden aus dem brennenden Wrack des Lotus.[75]Sid Watkins – erst seit dem Großen Preis von Frankreich im gleichen Jahr auf Hinwirken von Brabham-Teamchef Bernie Ecclestone als offizieller Chefarzt für die Weltmeisterschaftsläufe verpflichtet – wurde an der Unfallstelle zunächst von Carabinieri daran gehindert, sich des auf dem Asphalt liegenden Verunglückten anzunehmen. Niki Lauda, der nach dem Rennabbruch sofort zur Unfallstelle eilte, konnte aufgrund seiner Italienischkenntnisse zwischen den Parteien vermitteln und Watkins schließlich den Zugang zu Peterson ermöglichen.[76] Nach etwa 45 Minuten wurde Peterson mit einem Hubschrauber in das Ospedale Niguarda Ca' Granda, eines der größten Krankenhäuser im nahegelegenen Mailand, geflogen.[77]
Einer ersten Diagnose zufolge hatte sich Peterson beide Beine gebrochen sowie oberflächliche Verbrennungen der linken Hand, des Armes und der Schulter erlitten. Lebensgefahr bestand nach Aussagen der Ärzte nicht. Da die Blutversorgung des rechten Beins kritisch war und sich nicht besserte, wurde eine Amputation in Betracht gezogen, jedoch auf ausdrücklichen Wunsch Petersons verworfen. Gegen Mitternacht entschloss sich das Ärzteteam zu einem Eingriff mit dem Ziel, die Blutzirkulation wiederherzustellen und so das Bein zu retten. Während der insgesamt sechsstündigen Operation trat eine Fettembolie auf,[70] deren Folgen nicht beherrscht werden konnten, sodass Peterson ins Koma fiel und in den Morgenstunden des 11. September 1978 starb.[78]
Folgen
Riccardo Patrese, auf Hinwirken der Fahrervereinigung GPDA vom nächsten Formel-1-Lauf, dem Großen Preis der USA Ost, ausgeschlossen, wurde zusammen mit Rennleiter Restelli in der juristischen Nachbearbeitung des Unfalls von einem italienischen Gericht des Totschlags angeklagt. James Hunt sagte aus, er sei von Patrese, der ihn rechts überholte und dabei die weißen Linien der Streckenbegrenzung überfahren habe, ruckartig nach links abgedrängt worden, was zur verhängnisvollen Berührung mit dem Hinterrad von Petersons Lotus führte. Diese Aussage wurde von Arturo Merzario bestätigt, der freie Sicht auf den Unfall gehabt habe. Dagegen berief sich Patrese auf den bei Rennstarts nicht unüblichen Vorgang, die Streckenbegrenzung zu überfahren, da er deutlich schneller als Hunt gewesen sei und durch ein Überholmanöver auf der rechten Seite das Fahrerfeld anstelle langsamer zu werden nicht zu behindern versuchte. Vittorio Brambilla, der bei der Kollision selbst schwer verletzt wurde, teilte diese Meinung. Auch Alberto Librizzi, ein Vertreter des staatlichen AutomobilclubsCommissione Sportiva Automobilistica Italiana, stellte sich hinter Patrese und bezeugte die Rückkehr des Fahrers auf die Strecke keineswegs als ruckartig. Aufgrund dieser widersprüchlichen Zeugenaussagen konnte keine eindeutige Schuld nachgewiesen werden – Patrese und Restelli wurden am 28. Oktober 1981 freigesprochen.[79]
Petersons Leichnam wurde nach Schweden überführt und am 15. September 1978 auf dem Almby kyrkogård in seiner Heimatstadt Örebro bestattet. Die Trauerfeier fand in der angeschlossenen St.-Nicolai-Kirche statt. Den Sarg trugen seine Fahrerkollegen Lauda, Fittipaldi, Hunt, Nilsson sowie Scheckter und Watson. Anwesend waren ferner Tim Schenken, Teddy Mayer, Colin Chapman, Ken Tyrrell, Frank Williams, Dave Brodie, Alan Rees, Bernie Ecclestone sowie Fans und Freunde Petersons. Der neue Weltmeister Mario Andretti nahm wegen einer Rennverpflichtung in den USA nicht teil.[80][81] Im März 2020 kam es zu mehreren Grabschändungen auf dem Almby kyrkogård, von denen auch Petersons Grab betroffen war.[82]
Nachwirkung und Würdigung
Peterson war nach Tom Pryce, der 1977 tödlich verunglückt war, der bis dahin 27. Fahrer, der im Rahmen eines Formel-1-Rennwochenendes ums Leben kam. Er gilt übergreifend als bester Rennfahrer schwedischer Herkunft aller Zeiten und als einer der schnellsten Formel-1-Piloten, die nie Weltmeister wurden. Mit Peterson und Gunnar Nilsson, der einen Monat nach Petersons Tod einem Krebsleiden erlag, hatte Schweden in kurzer Zeit beide Spitzenfahrer verloren. Aufgrund des nachgelassenen Publikumsinteresses zogen sich in den Folgejahren große Teile der heimischen Sponsoren aus dem Monopostosport zurück, was aufstrebende Talente wie Stefan Johansson und Slim Borgudd in finanzielle Bedrängnis brachte. Auch der erst seit 1973 als direkte Folge von Petersons schnellem Aufstieg ausgetragene Große Preis von Schweden wurde zur Saison 1979 mangels Sponsorengeldern aus dem Kalender gestrichen.[70]
Michele Alboreto, der 1985 Formel-1-Vizeweltmeister wurde, nannte Peterson sein persönliches Vorbild und wählte seine Helmfarben blau/gelb als direkte Hommage an ihn.[85] Beim Großen Preis von Monaco 2014 trug Marcus Ericsson zum 40. Jubiläum von Petersons Erfolg bei diesem prestigeträchtigen Grand Prix ebenfalls ein entsprechendes Helmdesign.[86]
2003 wurde zu Petersons Ehren nahe seines Geburtshauses im Örebroer Stadtteil Almby eine Statue errichtet.[87]
Im Mai 2008 wurde in Petersons Heimat Örebro ein Museum zu seinen Ehren eröffnet.[89] Aufgrund ausbleibender Unterstützung der Kommune musste das Projekt aber bereits nach 18 Monaten im November 2009 trotz Publikumsinteresse aufgegeben werden.[90]
Im August 2017 erschien unter dem Titel Superswede: En film om Ronnie Peterson ein Dokumentarfilm in Spielfilmlänge über Leben und Werdegang Petersons.[91]
In einer wissenschaftlichen Arbeit stellte ein Team von Wissenschaftlern der University of Sheffield und University of Bristol 2016 anhand diverser mathematischer Faktoren eine Liste der fahrzeugunabhängig besten Formel-1-Fahrer aller Zeiten auf.[92][93] Darin belegte Ronnie Peterson den 21. Platz noch vor den Weltmeistern seiner Zeit wie Niki Lauda, James Hunt und Mario Andretti.[93]
Ronnie Peterson: Ronnie! : boken om segrarna, krascherna, konkurrenterna, vännerna. Malmö Sportpromotion 1971
Literatur
Steve Small: Grand Prix Who's Who, 3rd Edition. Travel Publishing, London 2000, ISBN 1-902007-46-8.
Martine Camus: Ronnie Peterson – La Race des Seigneurs. La Societe Internationale de Presse et d’Edition, Paris 1978
Alan Henry: Ronnie Peterson SuperSwede. überarb. Auflage. Haynes Publishing Group, Sparford, Yeovil 1978, ISBN 0-85429-175-X
Rune Månzon: RONNIE – racerföraren. Förlags AB Marieberg, Stockholm 1978
Fredrik Petersens: The Viking Drivers. Ronnie Peterson, Gunnar Nilsson., 1. Auflage William Kimber & Co. Limited London 1979, ISBN 0-7183-0366-0
Joakim Thedin, Tomas Hägg, Ingrid Eng: Memories of Ronnie Peterson : friends, associates and fans remember racing legend Ronnie Peterson. Göteborg 2008, ISBN 978-91-633-3256-2
Quentin Spurring: Ronnie Peterson: a photographic portrait. Haynes Publishing 2009, ISBN 978-1-84425-548-1
Johnny Tipler: Ronnie Peterson. Formula 1 Super Swede., 1. Auflage Coterie Press Limited London 2003, ISBN 978-1-902351-07-0
↑Paul Fearnley: Black Magic: Driving Ronnie Peterson's brilliant Lotus 72 F1 car. In: MotorSport. 78. Jahrgang, Nr.10, Oktober 2002, S.36–41.
↑Fredrik Petersens: The Viking Drivers. Ronnie Peterson, Gunnar Nilsson. First Edition Auflage. William Kimber & Co. Limited, London 1979, ISBN 0-7183-0366-0, S.34.
↑Barbro Peterson. In: Human Side of Racing. Abgerufen am 1. August 2024 (amerikanisches Englisch).
↑Johnny Tipler: Ronnie Peterson. Formula 1 Super Swede. First British Edition Auflage. Coterie Press Ltd, London 2003, ISBN 1-902351-07-X, S.22.
↑Johnny Tipler: Ronnie Peterson. Formula 1 Super Swede. First British Edition Auflage. Coterie Press Ltd, London 2003, ISBN 1-902351-07-X, S.218.
↑Fredrik Petersens: The Viking Drivers. Ronnie Peterson, Gunnar Nilsson. First Edition Auflage. William Kimber & Co. Limited, London 1979, ISBN 0-7183-0366-0, S.18–19.
↑Johnny Tipler: Ronnie Peterson. Formula 1 Super Swede. First British Edition Auflage. Coterie Press Ltd, London 2003, ISBN 1-902351-07-X, S.209.
↑Kampf am Limit. Die Formel 1 Chronik 1950–2000, hrsg. v. Willy Knupp, RTL Buchedition: Zeitgeist Verlag: Düsseldorf/Gütersloh 2000, ISBN 3-89748-277-0, S. 159–160
↑Ulrich Schwab: Grand Prix. Die Rennen zur Automobil-Weltmeisterschaft 1972. 1. Auflage. Motorbuch-Verlag, Stuttgart 1972, ISBN 3-87943-266-X, S.20, 31, 41.
↑Niki Lauda: Protokoll. Meine Jahre mit Ferrari. 1. Auflage. Motorbuch-Verlag, Stuttgart 1977, ISBN 3-85368-843-8, S.250–251.
↑Ulrich Schwab: Grand Prix. Die Rennen zur Automobil-Weltmeisterschaft 1972. 1. Auflage. Motorbuch-Verlag, Stuttgart 1972, ISBN 3-87943-266-X, S.43, 64, 77.
↑Ulrich Schwab: Grand Prix. Die Rennen zur Automobil-Weltmeisterschaft 1972. 1. Auflage. Motorbuch-Verlag, Stuttgart 1972, ISBN 3-87943-266-X, S.84, 88.
↑Ulrich Schwab: Grand Prix. Die Rennen zur Automobil-Weltmeisterschaft 1972. 1. Auflage. Motorbuch-Verlag, Stuttgart 1972, ISBN 3-87943-266-X, S.104, 117, 119.
↑Ulrich Schwab: Grand Prix. Die Rennen zur Automobil-Weltmeisterschaft 1972. 1. Auflage. Motorbuch-Verlag, Stuttgart 1972, ISBN 3-87943-266-X, S.147–149, 159–160.
↑Alan Henry: Ronnie Peterson SuperSwede. Revised edition 1978 Auflage. Haynes Publishing Group, Sparford, Yeovil 1978, ISBN 0-85429-175-X, S.67.
↑Argentine Grand Prix. In: MotorSport. 49. Jahrgang, Nr.1, Januar 1973, S.54–57.
↑Swedish Grand Prix. In: MotorSport. 49. Jahrgang, Nr.7, Juli 1973, S.29–31.
↑Ulrich Schwab: Grand Prix. Die Rennen zur Automobil-Weltmeisterschaft 1973. 1. Auflage. Motorbuch-Verlag, Stuttgart 1973, ISBN 3-87943-304-6, S.8, 30, 77, 81–83, 92–93.
↑David Tremayne: The Lost Generation. Haynes Publishing, 2006, ISBN 1-84425-205-1, S.152.
↑David Tremayne: The Lost Generation. Haynes Publishing, 2006, ISBN 1-84425-205-1, S.150.
↑Mario Andretti, Emerson Fittipaldi, Nina Kennedy: Superswede: En film om Ronnie Peterson. Filmregion Stockholm Mälardalen, Nice Drama, NonStop Entertainment, 16. August 2017, abgerufen am 30. Juli 2024.
↑Formula for success: Multilevel modelling of Formula One Driver and Constructor performance, 1950-2014. In: De Gruyter (Hrsg.): Journal of Quantitative Analysis in Sports. Juni 2016.