In Mexiko ist gleichzeitig der Bürgerkrieg zugunsten des verfassungsmässig gewählten Präsidenten Benito Juárez zu Ende gegangen. Doch der Krieg hat das Land an den Rand des wirtschaftlichen Ruins geführt. Die Erklärung, dass die Bezahlung von Staatsschulden im Ausland eingestellt werden, ruft die europäischen Mächte Großbritannien, Spanien und Frankreich auf den Plan. Im Dezember landet ein spanisches Expeditionskorps in Veracruz, die Vorhut der europäischen Invasion in Mexiko.
Nachdem im Vorjahr der für seine strikten Prinzipien in der Sklavenfrage bekannte Abraham Lincoln zum Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt worden ist, hat am 20. Dezember der Staat South Carolina seinen Austritt aus der Union erklärt. Obwohl Lincoln, dem bis zu seiner Amtseinführung am 4. März die Hände gebunden sind, seinen Amtsvorgänger James Buchanan eindringlich zum Handeln auffordert, bleibt dieser mit dem Argument untätig, dass die Sezession aus seiner Sicht zwar illegal sei, er aber keine verfassungsrechtliche Handhabe habe, militärisch einzugreifen. Von dieser Untätigkeit ermutigt, kehren am Beginn des Jahres weitere Südstaaten den Vereinigten Staaten den Rücken.
Innerhalb weniger Tage erklären Mississippi (9. Januar), Florida (10. Januar), Alabama (11. Januar) und Georgia (19. Januar) ihren Austritt aus den Vereinigten Staaten, gefolgt von Louisiana am 26. Januar. Am 4. Februar konstituiert sich in Montgomery, Alabama, ein Provisorischer Kongress aus Vertretern der bis dahin ausgetretenen Staaten, welche die Konföderierten Staaten von Amerika gründen. Der Kongress, der eine Verfassung ausarbeiten und einen Präsidenten wählen soll, wählt Robert Woodward Barnwell aus South Carolina auf Vorschlag von William Parish Chilton zum vorläufigen Vorsitzenden, der das Amt jedoch noch am selben Tag an Howell Cobb aus Georgia weiterreicht.
Am 8. Februar wird eine provisorische Verfassung beschlossen, auf deren Basis am nächsten Tag Jefferson Davis zum provisorischen Präsidenten der Konföderierten Staaten von Amerika gewählt wird. Davis wird am 18. Februar vereidigt. Im Lauf des Februar wird vom Kongress noch der Aufbau einer Confederate States Navy und einer Confederate States Army beschlossen, Ende März auch ein Confederate States Marine Corps.
Texas, dessen auf einem Konvent in Austin am 1. Februar beschlossene Austrittserklärung am 23. Februar per Referendum gebilligt wird und damit zum 2. März in Kraft tritt, ist der letzte Staat, der noch vor dem Amtsantritt Abraham Lincolns am 4. März und dem Beginn des Sezessionskrieges aus der Union aus- und den Konföderierten Staaten beitritt. Gouverneur Sam Houston, Held des texanischen Unabhängigkeitskrieges, weigert sich jedoch, den Treueeid auf die Konföderation zu leisten und tritt zurück. Sein Nachfolger wird am 18. März Edward Clark.
Am 4. März tritt Abraham Lincoln sein Amt als 16. Präsident der Vereinigten Staaten gemeinsam mit Vizepräsident Hannibal Hamlin an. In der Rede zu seiner Amtseinführung schlägt Lincoln versöhnliche Töne an. Er verspricht, nicht als erster zu Gewaltmaßnahmen zu greifen, macht aber zugleich deutlich, dass sein Amtseid ihn verpflichte, einer Spaltung der Union auf jeden Fall entgegenzutreten.
Genau am Tag von Lincolns Amtseinführung wird im Süden The Stars and Bars als erste Flagge der Konföderierten Staaten von Amerika eingeführt und am 11. März beschließt der Provisorische Konföderiertenkongress die Verfassung der Konföderierten Staaten in ihrer endgültigen Fassung, die damit die provisorische Verfassung vom 8. Februar ablöst. Die neue Verfassung entspricht im Wesentlichen der Verfassung der Vereinigten Staaten. Gewichtige Unterschiede zwischen den beiden Verfassungstexten bestehen lediglich hinsichtlich der Auffassung über die Sklaverei, die Rechte der Mitgliedsstaaten sowie der parlamentarischen Budget- und Besteuerungskontrolle.
Am 12. April kommt es schließlich zum Angriff auf Fort Sumter. Das vor Charleston gelegene Fort ist auch nach der Sezession South Carolinas unter der Kontrolle von unionstreuen Truppen geblieben. Als Versorgungsschiffe aus dem Norden in der Bucht von Charleston auftauchen, befiehlt Jefferson Davis die Eroberung des Forts, das Kommandant Robert Anderson schließlich nach über eintägiger Beschießung an Südstaatengeneral Pierre Gustave Toutant Beauregard übergibt. Beim Angriff auf das Fort gibt es keine Opfer, jedoch kommt beim Salut für die Unionsflagge, eine der Kapitulationsbedingungen, der Unionsartillerist Daniel Hough ums Leben. Er gilt als der erste Tote des Amerikanischen Bürgerkriegs.
Weitere politische und strategische Entwicklung
Der Norden ist dem Süden in diesem heraufziehenden Konflikt nach Bevölkerungszahl und Wirtschaftskraft weit überlegen. Doch kann die Union vor allem die zahlenmäßige militärische Überlegenheit nicht sofort nutzen: Das Heer der Vereinigten Staaten besteht zu Beginn des Krieges aus rund 16.000 Mann und die meisten Garnisonen liegen im Westen und entlang der kanadischen Grenze.
Der Süden hat den strategischen Vorteil, dass es in der Oberschicht der Südstaaten eine ausgeprägtere militärische Tradition gibt als in der des Nordens, wodurch der Konföderation eine verhältnismäßig größere Anzahl fähiger Militärs zur Verfügung steht. Vor allem aber muss sie zur Durchsetzung ihrer Kriegsziele keinen Eroberungskrieg führen, sondern kann auf die Kriegsmüdigkeit der Union und auf eine eventuelle wirtschaftliche Intervention andere Mächte setzen, falls sich der Krieg länger hinzieht.
Beide Seiten rechnen mit einer kurzen Dauer des Krieges. Die von Abraham Lincoln einberufenen Milizsoldaten zur Verstärkung der aktiven Einheiten werden nur für drei Monate verpflichtet, die Milizionäre des Südens immerhin für ein Jahr. Auch der von George B. McClellan dem Oberbefehlshaber der Union, Generalleutnant Winfield Scott, in zwei Versionen vorgelegte Feldzugsplan gegen die Konföderation geht von einer solchen kurzen Kriegsdauer aus. Scott selbst legt dem Kabinett Lincoln am 3. Mai hingegen einen Plan vor, der auf einen langfristigen Krieg ausgelegt ist. Der später als Anakonda-Plan bezeichnete Feldzugsplan stößt umgehend auf heftige Kritik und am 1. November tritt Scott zugunsten McClellans als Oberbefehlshaber zurück. Der Anaconda-Plan wird sich jedoch in seiner späteren Umsetzung als kriegsentscheidend erweisen. Am 22. Juli wird schließlich vom Kongress ein Freiwilligen-Heer von 500.000 Mann für die Unionsarmee bewilligt.
Während im Norden langsam eine gewisse Kriegsstimmung aufkommt, bewegt der Kriegsbeginn vier weitere Südstaaten, Virginia, Tennessee, Arkansas und North Carolina, ihren Austritt aus der Union zu erklären und sich der Konföderation anzuschließen, zum Teil wird das auch von Referenden begleitet. Andere sklavenhaltende Staaten wie zum Beispiel Maryland entscheiden sich hingegen für den Verbleib in der Union. Kurz nach dem Beitritt Virginias wird die Hauptstadt der Konföderation von Montgomery, Alabama, nach Richmond, Virginia, verlegt. Trotz dieser Aufwertung kommt es ausgerechnet in diesem Staat zur „Sezession von der Sezession“: Mehrere westliche Counties spalten sich am 27. April ab und erklären den Wiedereintritt in die Union und in Wheeling tritt am 11. Juni die Wiederhergestellte Regierung Virginias zusammen und erklärt den Austritt Virginias aus der Union für ungültig.
13. Dezember: Das Gefecht um Camp Allegheny endet unentschieden, jedoch gelingt es den Unionstruppen, die Konföderierten endgültig aus dem Territorium West Virginias zu vertreiben.
21. Juli: Die Konföderierten siegen in der Ersten Schlacht am Bull Run und zerstören damit die Hoffnungen des Nordens, rasch auf die konföderierte Hauptstadt Richmond marschieren und dem Krieg damit ein schnelles Ende bereiten zu können. General Irvin McDowell wird im Anschluss als Oberbefehlshaber der Army of Northeastern Virginia abgesetzt und durch Generalmajor George B. McClellan ersetzt, der die Stärke der Armee auf 150.000 Mann erhöht und sie gut ausbilden lässt.
20. Mai: Kentucky, Heimatstaat sowohl von Abraham Lincoln als auch von Jefferson Davis, versucht anfangs, im Konflikt neutral zu bleiben. Die Neutralität wird jedoch von keiner der Kriegsparteien beachtet.
3. September: Konföderierte unter Leonidas Polk dringen in den Süden Kentuckys ein, woraufhin auch Unionstruppen unter Ulysses S. Grant einmarschieren. Es kommt zu mehreren kleineren Gefechten, unter anderem bei Barbourville.
September: Der Kongress in Frankfort erklärt – gegen den Willen des mit der Konföderation sympathisierenden Gouverneurs – den Staat der Union zugehörig. Am 20. November kommt es daraufhin in Bowling Green zu einer Unabhängigkeitserklärung durch Anhänger der Konföderation und zur Gründung einer Konföderierten Regierung von Kentucky. Der Staat bleibt in der Folge gespalten.
3. November: Unter dem Namen Fort Duffield beginnt der Bau von Fort Knox, das in zwei Monaten fertiggestellt wird.
Mit der Aufnahme des Ostteils des bisherigen Kansas-Territoriums unter dem Namen Kansas als Bundesstaat am 29. Januar anerkennt die Bundesregierung der Vereinigten Staaten de facto die Ostgrenze des 1859 gegründeten und seither eigenständig organisierten Jefferson-Territoriums. Bei der Aufnahme werden keine Angaben gemacht, was mit der Westhälfte des Kansas-Territoriums geschehen soll, was einer Anerkennung des gesamten Jefferson-Territoriums gleichkommt, das Anspruch auf diesen Teil des Territoriums erhoben hat. Eine formale Anerkennung umgeht die Bundesregierung jedoch, indem es am 28. Februar das Colorado-Territorium in den Grenzen des Jefferson-Territoriums organisiert. Gouverneur wird William Gilpin, zur Hauptstadt wird an Stelle der bisherigen Hauptstadt Golden das neu errichtete Colorado City erhoben, das Territoriumsmotto lautet Nil sine numine. Zehn Tage zuvor haben die Völker der Arapaho und Cheyenne den Großteil ihrer dortigen Gebiete an die Vereinigten Staaten abgetreten. Der Pike’s Peak Gold Rush flaut allerdings langsam ab, nicht zuletzt, weil viele Goldsuchende sich weiter nach British-Columbia begeben, wo ein neuer Goldrausch ausgebrochen ist.
Am selben Tag wird auch der westliche Teil des Utah-Territoriums abgetrennt und als Nevada-Territorium neu organisiert. Zum Gouverneur wird James W. Nye ernannt. Die Hauptstadt, ursprünglich in Genoa, wird bald nach Carson City verlegt. Die Abtrennung des Territoriums erfolgt unter anderem wegen der starken Spannungen zwischen den Mormonen im Osten des bisherigen Utah-Territorium und den Angehörigen anderer christlicher Strömungen im Westen.
Als bekannt wird, dass es in den letzten beiden Jahren im Cariboo-Gebiet in British Columbia zu Goldfunden gekommen ist, beginnt der Cariboo-Goldrausch. Um den Strom der Goldsucher unter Kontrolle zu bekommen, der sich unter anderem aus Enttäuschten des gerade abgeebbten Fraser-Canyon-Goldrauschs zusammensetzt, dem aber auch viele Neuankömmlinge aus Europa angehören, beginnen die Royal Engineers mit dem Bau der Cariboo Road, die 1865 fertiggestellt wird.
Mexiko
Die liberalen Truppen des gewählten Präsidenten Benito Juárez erobern im Januar Mexiko-Stadt, die Hauptstadt der Konservativen, und entscheiden damit den seit 1858 andauernden Mexikanischen Bürgerkrieg für sich. Die gewählte liberale Regierung wird daraufhin von Veracruz nach Mexiko-Stadt verlegt und Juárez kann seine verfassungsgemäße Amtszeit als Staatspräsident antreten.
Doch der Bürgerkrieg hat das Land finanziell ausgeblutet. Am 17. Juli beschließt die Regierung daraufhin, die Bezahlung der mexikanischen Auslandsschulden für zwei Jahre einzustellen. Der Staatsbankrott ruft Mexikos Hauptgläubiger Frankreich, Großbritannien und Spanien auf den Plan. Diese drei Länder unterzeichnen am 31. Oktober den Londoner Vertrag, der festlegt, dass die unterzeichnenden Nationen gemeinsam die ausstehenden Schulden mit allen notwendigen Mitteln eintreiben werden. Am 8. Dezember landen spanische Truppen als erstes Expeditionskorps einer europäischen Intervention in Veracruz. Unter den verbündeten Großmächten verfolgt der französische Kaiser Napoleon III. jedoch eigene Pläne.
Südamerika
In einem Staatsstreich stürzt Kriegsminister José María Achá am 14. Januar den bolivianischen Staatspräsidenten und „Diktator auf Lebenszeit“ José María Linares, der vier Jahre zuvor selbst bei einem Putsch an die Macht gekommen ist. Linares geht ins Exil nach Chile, wo er noch im selben Jahr stirbt. Bolivien erhält am 5. August eine neue Verfassung.
Der Konservative Gabriel García Moreno, der mit Unterstützung von Juan José Flores im Vorjahr die Macht in Ecuador übernommen hat, beruft für Januar eine Nationalversammlung in die Hauptstadt Quito ein. Von dieser wird er nahezu einstimmig zum neuen Präsidenten gewählt und tritt seine offizielle Amtszeit am 2. April an. Er restituiert und stärkt zunächst die Rechte der katholischen Kirche in Ecuador. Darüber hinaus gelangt er zu einem Ausgleich mit Peru, nachdem die Beziehungen während der letzten Jahre gelitten haben, unter anderem weil Peru den von Moreno gestürzten Präsidenten Guillermo Franco Herrero aufgenommen hat und dieser einen Vertrag über die Angliederung der Provinz Guayaquil an Peru unterzeichnet haben soll, um Unterstützung zu gewinnen.
In der 1858 aus der Republik Neugranada hervorgegangenen Granada-Konföderation, dem späteren Kolumbien, endet die verfassungsmäßige Amtszeit von Präsident Mariano Ospina Rodríguez, der das Land wegen des Bürgerkriegs zwischen Konservativen und Liberalen kaum unter seine Kontrolle hat. Da es aus diesem Grund unmöglich ist, Präsidentschaftswahlen abzuhalten, übernimmt der bisherige Generalprokurator Bartolomé Calvo ab dem 1. April interimistisch das Präsidentschaftsamt. Bei den Präsidentschaftswahlen im Juni wird schließlich Julio Arboleda Pombo zum neuen Präsidenten gewählt. Doch schon wenige Tage später wird die Hauptstadt Santa Fé de Bogotá vom liberalen General Tomás Cipriano de Mosquera eingenommen, der Calvo und Pombo gefangen nimmt und selbst das Amt des Präsidenten übernimmt. In seiner Amtszeit wird eine neue Verfassung ausgearbeitet, die 1863 zur Gründung der Vereinigten Staaten von Kolumbien führt.
Der 60-jährige Diplomat José Joaquín Pérez wird von einflussreichen Kreisen in Chile zum Kandidaten „von allen und für alle“ für die abstehenden Präsidentschaftswahlen ausgerufen und gewinnt in der Folge auch alle 216 Wahlmännerstimmen. Verfassungsgemäß tritt er sein Amt am 18. September an und bemüht sich von Anfang an, seine Regierungszeit von den Jahren unter seinem Vorgänger Manuel Montt Torres abzuheben. Seine erste Amtshandlung ist eine Amnestie für politische Gefangene, wenig später stellt er auch die Versammlungs- und Pressefreiheit wieder her.
Wegen anhaltender militärischer Übergriffe durch das benachbarte Haiti bittet der Präsident der Dominikanischen Republik, Pedro Santana, Spanien um eine militärische Intervention und neuerliche Übernahme der Verwaltung des Karibikstaates. Spanien, das eine Möglichkeit zur Rückgewinnung seiner ehemaligen Kolonie sieht, geht über eine Übernahme der Verwaltung jedoch hinaus. Am 18. März kommt es zur Proklamation der Annexion, was zu landesweiten Unruhen führt. Pedro Santana, der zwar zum Generalgouverneur und Generalkapitän in Santo Domingo ernannt wird, muss jedoch bald erkennen, dass wichtige Entscheidungen nur noch in Spanien getroffen werden.
Preußen
2. Januar: Nachdem er bereits fast zwei Monate im Koma gelegen hat, stirbt König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen an einem Schlaganfall auf Schloss Sanssouci in Potsdam. Nachfolger wird sein Bruder Wilhelm I. Im Aufruf an mein Volk vom 8. Januar bekräftigt er seine Treue zum Eid auf die Verfassung, den er bereits 1858 als Prinzregent abgelegt hat.
6. Juni: Liberale Abgeordnete um Max von Forckenbeck gründen die Deutsche Fortschrittspartei, die erste moderne politische Partei in Deutschland, die außerdem den Anspruch erhebt, eine gesamtdeutsche Partei zu sein. Die Fraktion der Altliberalen um Georg von Vincke wird dadurch deutlich geschwächt. Die DFP spricht sich in ihrem Gründungsprogramm vor allem für rechtsstaatliche Reformen aus. Sie fordert unabhängige Richter und gleichen Zugang aller Bürger zu den Gerichten sowie die Wiedereinführung von Geschworenengerichten. Weitere Forderungen sind unter anderem die Verantwortlichkeit der Regierung gegenüber dem Parlament, die Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung sowie die Gleichberechtigung aller Religionsgemeinschaften bei gleichzeitiger Trennung von Kirche und Staat.
14. Juli: In Baden-Baden wird Preußens König Wilhelm I. bei einem Attentat durch den Studenten Oskar Becker leicht verletzt. Beckers Schuss streift den König am Hals, verursacht dort jedoch nur eine unbedeutende Quetschung. Der Attentäter lässt sich vom preußischen Diplomaten Albert von Flemming, der den König auf seinem Spaziergang begleitet hat, widerstandslos festnehmen.
18. Oktober: In der Schlosskirche in Königsberg findet die prachtvolle Krönungsversammlung Wilhelms I. statt. Wilhelm setzt sich selbst die Krone aufs Haupt und nimmt das Zepter, den Reichsapfel und das Reichsschwert vom Altar, danach krönt er seine Frau Augusta zur Königin. Die Krönung stellt einen Kompromiss zwischen der von Wilhelm bevorzugten Erbhuldigung und der von der Verfassung vorgeschriebenen Eidesleistung des Königs im Parlament dar.
In der Februarverfassung wird die Gesetzgebung zwischen dem Kaiser und den zwei Kammern des Reichsrates geregelt. Der Reichsrat, der am 29. April erstmals zusammentritt, wird damit zu einem echten Parlament, das neben dem Kaiser, der ein Vetorecht besitzt, mitbeschließend für die Reichsgesetzgebung zuständig ist. Das Abgeordnetenhaus des Reichsrates soll durch die Landtage gewählt werden. Auch diese Regelung wird wegen ihrer zentralistischen Ausrichtung vor allem von den ungarischen Abgeordneten kritisiert.
Ungarn
In Pest tritt am 6. April auf Basis des Februarpatents der ungarische Landtag zusammen, der sich bald in zwei Parteien spaltet. Die Adresspartei unter Ferenc Deák, die den ungarischen Standpunkt der Februarverfassung gegenüber in einer Adresse an den Monarchen darlegen und damit den Weg von Verhandlungen betreten will, setzt sich letztlich nach langen Debatten am 5. Juni mit 155 gegen 152 Stimmen gegenüber der Beschlusspartei unter Kálmán Tisza durch, die die Rechtsgültigkeit der 1848er Gesetze durch einfachen Beschluss erklären will. Die Forderung, den österreichischen Einfluss auf Ungarn auf eine Personalunion mit Österreich zu reduzieren, wird jedoch am 8. Juli vom Kaiser mit der Forderung beantwortet, vorher die Märzgesetze aus der Ungarischen Revolution zu revidieren.
Als der ungarische Landtag daraufhin in einer zweiten Adresse die Pragmatische Sanktion und die Gesetze von 1848 als die allein annehmbare Grundlage bezeichnet, die Krönung Franz Josephs von der Wiedervereinigung der Nebenländer mit Ungarn abhängig macht, die Beschickung des Reichsrats in Wien ablehnt und gegen jeden Beschluss desselben protestiert, bricht die Wiener Regierung unter Staatsminister Anton von Schmerling alle weiteren Verhandlungen ab und löst den Landtag am 21. August auf.
Auch das bisher zentral regierte Kronland Österreichisch-Schlesien erhält mit dem Februarpatent einen eigenen Landtag, der am 3. April erstmals zusammentritt. Einer der Abgeordneten ist der konservative spätere Staatsminister Richard Graf Belcredi.
In einem Vertrag mit dem französischen Kaiser Napoleon III. verzichtet Fürst Charles III. von Monaco am 2. Februar auf die Städte Menton und Roquebrune. Für den Verlust von 80 % seines Staatsgebietes erhält er vier Millionen Francs von Frankreich. Gleichzeitig erkennt Frankreich die Unabhängigkeit des Fürstentums unter der alleinigen Souveränität des Fürsten an. Zum ersten Mal in seiner Geschichte ist das Fürstentum damit nicht mehr an eine Schutzmacht gebunden. Frankreich und Monaco vereinbaren weiters die Errichtung einer Zollunion, und Frankreich erklärt sich bereit, eine Küstenstraße zwischen Menton und Nizza zu errichten, und auf der Eisenbahnstrecke Nizza-Genua, die von der Compagnie des chemins de fer de Paris à Lyon et à la Méditerranée gemeinsam mit italienischen Eisenbahngesellschaften gebaut werden soll, einen Bahnhof in Monaco einzurichten.
31. Mai: Im Zuge des Basler Stadterweiterungsgesetz von 1859 wird das Aeschentor abgerissen.
Der französische Kaiser Napoleon III. lässt Truppen ins Schweizer Dappental einmarschieren.
An die Stelle des im letzten Jahr so erfolgreichen Risorgimento tritt in den folgenden Jahren der Irredentismus, der Ruf nach der Befreiung der „noch unerlösten italienischen Gebiete“. Vor allem im Süden des Landes kämpfen jedoch noch sogenannte briganti wie Carmine Crocco, ehemalige Mitkämpfer Giuseppe Garibaldis, die vom neuen Staat Italien und von Versprechungen enttäuscht sind, für eine Wiedererrichtung der Herrschaft der Bourbonen.
Russisches Kaiserreich
25./27. Februar: Anlässlich des 30. Jahrestages der Schlacht bei Grochów kommt es im russischen Teil Polens zu Massendemonstrationen. Dabei werden fünf Menschen durch Schüsse der Kosaken getötet. Das führt zu einer Verschärfung der Lage und weiteren Demonstrationen.
8. April: Bei einer Großdemonstration in Polen kommen über 100 Menschen ums Leben.
5. Oktober: Der Erzbischof von Warschau, Antoni Melchior Fijałkowski, stirbt. Sein Begräbnis, an dem mehr als 1000 Menschen teilnehmen, wird zu einer politischen Kundgebung umgewandelt.
Weitere Ereignisse in Europa
11. November: Der überraschende Tod Peters V. von Portugal und zwei seiner Brüder lässt Gerüchte aufkommen, der König sei ermordet worden. Dies führt zu Aufständen, die sich insbesondere gegen den Ministerpräsidenten Nuno José Severo de Mendoça Rolim de Moura Barreto richten. Peters jüngerer Bruder Ludwig I. besteigt den Thron.
Knapp ein Jahr nach der verheerenden Niederlage Chinas im Zweiten Opiumkrieg gegen die europäischen Mächte stirbt der dreißigjährige Kaiser Xianfeng am 22. August im Kaiserlichen Sommerpalast in Chengde, in den er sich zurückgezogen hat. Als sein Nachfolger besteigt am 11. November sein fünfjähriger Sohn Tongzhi den Kaiserthron.
Seine Mutter Cixi, eine der Nebenfrauen des bisherigen Kaisers, übernimmt als „Kaiserinwitwe“ gegen den anfänglichen Widerstand eines Regentschaftsrates die Regentschaft für den Minderjährigen. Gemeinsam mit dem Beamten Zeng Guofan initiiert sie in den nächsten Jahren die Tongzhi-Restauration. Darin wird unter Berufung auf die Überlegenheit Chinas gegenüber dem Westen in weltanschaulichen und moralischen Dingen eine Rückbesinnung auf seine konfuzianischen Traditionen gefordert, gleichwohl aber ein Aufholbedarf des Landes auf wirtschaftlichem, militärischem und technologischem Gebiet anerkannt. Cixi wird für das nächste halbe Jahrhundert die mächtigste Person des Landes. Vorerst hat die Qing-Dynastie aber weiterhin mit zwei gefährlichen Revolutionen, dem Taiping-Aufstand und dem
Nian-Aufstand zu kämpfen.
Preußische Ostasienexpedition
14. Januar: Hendrick Heusken, Dolmetscher für das Amerikanische Konsulat in Japan, der die preußische Ostasienexpedition bei ihren Verhandlungen mit dem Shōgun unterstützt, wird auf dem abendlichen Heimweg von antiwestlichen Rōnin des Satsuma-han angegriffen und trotz des ihm beigegebenen Schutzes verwundet. Er erliegt am folgenden Tag seinen Verletzungen.
24. Januar: Deutsch-japanische Beziehungen: Shōgun Tokugawa Iemochi schließt nach fünfmonatigen Verhandlungen mit der Preußischen Ostasienexpedition unter Friedrich zu Eulenburg in Edo den Preußisch-Japanischen Freundschafts-, Handels- und Schifffahrtsvertrag. Seine Nachgiebigkeit gegenüber dem Ausland führt zu Widerständen in den Reihen der Samurai und fördert den Bakumatsu, das Ende des Shōgunats in Japan. Die Eulenburg-Expedition macht sich im Anschluss auf den Weg nach China, wo sie am 2. September ebenfalls einen Vertrag abschließt. Während der erste Vertrag nur zwischen Japan und Preußen Gültigkeit hat, gilt der Vertrag mit China für den gesamten Deutschen Zollverein. Am 22. September erreicht die Expedition Bangkok.
Philippinen
Nachdem die Spanier den größten Teil der Region Cotabato erobert haben, akzeptiert der Sultan von Maguindanao die spanische Souveränität gegen eine jährliche Pensionszahlung von 1000 Peso.
Portugiesisch-Timor
Das Heranziehen der Bevölkerung zu Zwangsarbeiten an öffentlichen Projekten in Portugiesisch-Timor löst im Frühjahr unabhängig voneinander Rebellionen im Mambai-Reich von Laclo und im Tetum-Reich von Ulmera aus. Gouverneur Afonso de Castro kehrt am 6. April von seinem Erholungsurlaub auf Java zurück und beginnt mit der Niederschlagung des Aufstands.
10. Juni: Gouverneur Castro erklärt den Notstand und lässt Waffen an Zivilisten und an die chinesische Bevölkerung Dilis austeilen.
26. August: Die Rebellion in Laclo wird niedergeschlagen.
18. September: Der Aufstand in Ulmera wird niedergeschlagen, der Häuptling gefangen genommen.
Australien
Die Expedition von Burke und Wills
9. Februar: Die Expedition von Burke und Wills erreicht den Little Bynoe River, einen Seitenarm im Delta des Flinders Rivers, wo sie feststellen müssen, dass sie das Meer nicht erreichen können, da die Mangrovensümpfe vor ihnen unpassierbar sind. Nach einem weiteren vergeblichen Versuch machen sie sich auf den Rückweg nach Cooper Creek. Auf der Rückreise endet die Expedition in einer Katastrophe. Nur ein Expeditionsteilnehmer kehrt lebend wieder nach Melbourne zurück.
17. April: Das Expeditionsmitglied Charles Gray stirbt im Polygonum Swamp an der Ruhr.
21. April: Die drei übrigen Expeditionsmitglieder erreichen das Depot am Cooper Creek und finden es verlassen vor. Die Mannschaft um William Brahé hat den Ort nur wenige Stunden zuvor verlassen.
26. Juni: Die Victorian Contingent Party begibt sich unter der Führung von Alfred Howitt als erste auf die Suche nach Burke und Wills.
15. September: Alfred Howitt findet John King, den einzigen Überlebenden der Expedition, bei einem Stamm der Aborigines. Anschließend findet er auch die Leichen von Burke und Wills und beerdigt sie.
Oktober: Die South Australian Burke Relief Expedition unter John McKinlay findet im Polygonum Swamp mehrere Leichen und geht daher von einem Massaker an Burkes und Wills Expedition aus.
4. Dezember: Die Victorian Burke and Wills Relief Expedition unter Frederick Walker, die am 7. September aufgebrochen ist, verübt ein Massaker an einer Gruppe Aborigines.
9. Dezember: Die Victorian Exploring Party bricht unter der Leitung von Alfred Howitt auf, um die Leichen von Burke und Wills zu bergen und für ein ehrenvolles Begräbnis nach Melbourne zu bringen.
Sonstige Ereignisse
September: John McDouall Stuart kehrt von seiner Expedition wieder in bewohntes Gebiet zurück. Im Oktober bricht er zu einer neuerlichen Forschungsreise auf.
10. März: Mit der Einnahme der Hauptstadt Ségou durch muslimische Kämpfer aus den Reihen der Tukulör und anschließenden Pressionen gegenüber der Bevölkerung, zum Islam zu konvertieren, endet nach rund 150 Jahren das afrikanische Reich Bambara im Gebiet des heutigen Mali.
30. Juli: König Dosunmu von Lagos tritt an Bord der HMS Prometheus nach Drohungen von Commander Bedingfield sein Reich an das Vereinigte Königreich ab. Die 3 km2 große nigerianische Insel wird britische Kolonie. Dosunmu behält seine repräsentativen Ämter. Lagos wird Ausgangspunkt der britischen Eroberung des heutigen Nigeria bis 1903.
16. August: Radama II. folgt seiner verstorbenen Mutter Ranavalona I. auf den Thron von Madagaskar. Er beginnt die Insel wieder zu öffnen und Kontakte mit dem Ausland aufzunehmen.
18. August: Nach dem Tod von Jonker Afrikaner wird sein Sohn Christian AfrikanerKaptein der Orlam-Afrikaner und gerät damit in Konflikt mit seinem Halbbruder Jan Jonker Afrikaner. Etwa zur gleichen Zeit wird Maharero durch den Tod seines Vaters Tjamuaha Häuptling eines anderen Herero-Stammes, der diesen Konflikt für sich zu nutzen weiß.
Wirtschaft
Geldwirtschaft und Steuern
27. Februar: In den Vereinigten Staaten wird ein Gesetz verabschiedet, das erlaubt, privat gedruckte Karten mit der Post zu verschicken, die erste staatliche Genehmigung zur Verwendung von Postkarten. Am 17. Dezember nutzt John P. Charlton das neue US-Postkartengesetz und lässt sich die Postkarte urheberrechtlich schützen. Er verkauft seine Idee an Hyman L. Lipman, der Karten mit der Kennzeichnung „Lipman’s Postal Card“ produziert. Ein Patent auf die Idee wird hingegen nicht zugelassen.
5. August: Mit der Unterschrift Abraham Lincolns tritt der Revenue Act of 1861 in Kraft, mit dem die Einkommensteuer in den Vereinigten Staaten eingeführt wird.
Die AG der bayerischen Ostbahnen stellt eine erste Verbindung mit dem österreichischen Bahnnetz durch Anschluss an die Kaiserin-Elisabeth-Bahn her. Die Zweigbahn Wels–Passau mit der von Maffei errichteten Kaiserin-Elisabeth-Brücke geht am 1. September in Betrieb. Bereits am 7. Januar gibt es die Verbindung von Schwandorf über Cham, die am 20. September nach Furth im Wald und am 15. Oktober zur Grenze an die Böhmische Westbahn nach Pilsen verlängert wird. Damit hat man innerhalb von fünf Jahren das in der Gründungskonzession von 1856 genehmigte Bahnnetz mit 446 Kilometern Länge erstellt.
5. Februar: Der thailändische König Mongkut gibt den Auftrag zum Bau von Thanon Charoen Krung, der ersten gepflasterten Straße in Bangkok.
20. Februar: Die Generaldirektion der Bayerischen Verkehrsanstalten eröffnet den Betrieb auf der Strecke Hochstadt-Marktzeuln–Kronach–Gundelsdorf. Eigentümer sind die Stadt Kronach und der Nürnberger Fabrikant v. Cramer-Klett.
2. März: Wegen des dräuenden Amerikanischen Bürgerkriegs wird die Einstellung der Butterfield Overland Mail beschlossen. Die letzte Postkutsche fährt am 21. März auf der Route zwischen St. Louis und San Francisco.
25. Juli: Der von den Königlich Württembergischen Staats-Eisenbahnen errichtete erste Abschnitt der Remsbahn von Cannstatt über Waiblingen, Schorndorf, Gmünd und Aalen nach Wasseralfingen wird eröffnet. Auf der Strecke liegen die Schwäbischen Hüttenwerke, ein bedeutendes staatliches Hüttenwerk, das bis Mitte der 1860er Jahre sämtliche auf der Remsbahn verlegten Schienen liefert.
Der Uhrenhersteller Junghans wird in Schramberg im Schwarzwald gegründet.
Der Knopfmacher und Posamentenmeister Ludwig Beck gründet in München einen eigenen Betrieb.
Die 1855 gegründete Reederei Compagnie Générale Maritime erhält vom französischen Staat einen Vertrag zur Beförderung von Post über den Atlantik, dadurch entsteht die Compagnie Générale Transatlantique.
Der dänische Geologe und Grönlandforscher Hinrich Johannes Rink gründet Atuagagdliutit (Lesenswertes), die erste grönländische Zeitung. Sie hat großen Einfluss auf die Entstehung der modernen grönländischen Schriftsprache sowie die Förderung der grönländischen Kultur und Identität. Inhalte in dieser Zeit sind neben praktischen Ratschlägen zur Robbenjagd und zum Fischfang vor allem auch politische Berichte, welche die Grönländer zu politischer Mitarbeit motivieren sollen. Kinder werden durch die Zeitung erstmals mit passender Literatur in ihrer Sprache versorgt. Außerdem enthält die Atuagagdliutit Illustrationen von einheimischen Künstlern wie Aron von Kangeq und trägt so wesentlich zur Unterstützung der grönländischen Kunst bei. Ihrem Ziel, der politischen Bildung und Emanzipation der Grönländer, entsprechend ist die Zeitung für Grönländer gratis, nur Dänen müssen dafür bezahlen. Wegen der schwierigen Transportwege erscheint die Atuagagdliutit anfänglich nur zweimal pro Jahr.
17. Mai: Thomas Cook organisiert die erste Auslands-Pauschalreise mit Unterkunft und Verpflegung. Britische Arbeiter reisen per Schiff und Bahn nach Paris.
10. August: Das Finanzministerium der Vereinigten Staaten gibt Demand Notes heraus, eine Form des Fiatgeldes. Aufgrund ihrer spezifischen grünen Farbe erhalten sie umgangssprachlich bald den Namen „Greenbacks“.
1. Dezember: In einem Wettbewerb werden in- und ausländische Ingenieure und Gesellschaften aufgefordert, Projekte über eine künftige Wasserversorgung der Stadt Wien vorzulegen. Die daraus resultierende I. Wiener Hochquellenleitung wird 1873 fertiggestellt werden.
Theodor von Heuglin setzt seine im Vorjahr begonnene Expedition fort, die das Schicksal des seit 1855 verschollenen Afrikaforschers Eduard Vogel aufklären soll. Am 17. Juni erreicht die Expedition Massaua und bleibt während der Regenzeit in den hohen Bogosländern, geht dann aber nicht direkt nach Khartum, sondern macht einen weiten Umweg durch Abessinien bis über Gonder hinaus, worauf Werner Munzinger und Gottlob Kinzelbach, die am 1. Juli in Massaua zu der Expedition gestoßen sind, sich am 11. November von Heuglin trennen und den vergeblichen Versuch machen, über Darfur in Wadai einzudringen.
Karl Klaus von der Decken erreicht gemeinsam mit dem Geologen Richard Thornton als zweiter Europäer den Kilimandscharo und bestätigt damit die Entdeckung von Johannes Rebmann13 Jahre früher, dessen Berichte von Eis und Schnee in der Nähe des Äquators jahrelang keinen Glauben gefunden haben. Die beiden erkunden den Berg bei dieser Expedition bis zu einer Höhe von etwa 1.580 m.
Ausgehend von einer ausgedehnten Jagdreise nach Ägypten und in den Sudan unternimmt der Brite Samuel White Baker seine erste Entdeckungsreise nach Zentralafrika, um die Quellen des Nils zu entdecken, in der Hoffnung auf ein Treffen mit der ostafrikanischen Expedition unter den Captains Speke und Grant irgendwo am Victoria-See.
Die Abenteurerin Alexine Tinne begibt sich über Syrien und Palästina nach Kairo, wo sie sich niederlässt. Von hier aus macht sie sich Anfang 1862 auf den Weg nach Süden.
Der australische Astronom John Tebbutt entdeckt am 13. Mai von New South Wales aus den Großen Kometen von 1861, der heute als C/1861 J1 katalogisiert ist. Der Periheldurchgang des Kometen ist am 11. Juni, ab dem 29. Juni ist er auch in der nördlichen Hemisphäre sichtbar. Bis Mitte August ist er mit bloßem Auge sichtbar. Die Helligkeit des Kometen ist dabei so groß, dass Gegenstände nachts in seinem Licht Schatten werfen und der Komet auch am Taghimmel sichtbar bleibt.
Der französische Anthropologe und Arzt Paul Broca entdeckt das Broca-Areal, eine Region in der Großhirnrinde, die wahrscheinlich vor allem für die grammatischen Aspekte von Sprachen zuständig ist. Kinder im Alter von bis zu etwa drei Jahren bilden ihre Sprache in diesem Zentrum aus. Später erlernte Zweitsprachen werden separat in benachbarten Hirnarealen nahe dem Broca-Areal gespeichert. Neuere Untersuchungen haben gezeigt, dass das Broca-Zentrum für die Sprachmotorik, Lautbildung, Lautanalyse, Artikulation und die Bildung abstrakter Wörter zuständig ist.
Paläontologie
Der im Vorjahr im Solnhofener Plattenkalk gefundene Abdruck einer Schwungfeder dient dem PaläontologenHermann von Meyer als Grundlage für seine Erstbeschreibung des von mit dem Gattungsnamen Archaeopteryx (Alte Feder) bezeichneten „Urvogels“. In der Zwischenzeit wird in Langenaltheim bei Solnhofen ein nahezu vollständiges Skelett des Archaeopterix lithographica gefunden, das in Meyers Werk jedoch nur kurz erwähnt wird. Ob die beiden Funde tatsächlich zur selben Gattung gehören, ist heute umstritten. Das zweite Exemplar wird wenige Monate nach seiner Entdeckung an das British Museum in London verkauft. Treibende Kraft des Ankaufs ist der britische Naturforscher Richard Owen, Leiter der naturhistorischen Sammlung des Britischen Museums und erklärter Gegner der Evolutionstheorie von Charles Darwin. Richard Owen verfasst auch die erste Beschreibung des „Londoner Exemplars“, wobei er peinlich genau jeden Hinweis auf die mögliche Deutung als vermittelndes Bindeglied zwischen Reptilien und Vögeln vermeidet.
Ignaz Semmelweis, Professor für Geburtshilfe an der Universität von Pest, veröffentlicht auf der Basis einer 1847/48 von ihm durchgeführten Studie das Werk Die Ätiologie, der Begriff und die Prophylaxe des Kindbettfiebers, in dem er den Tod vieler Wöchnerinnen auf Iatrogene Infektionen durch mangelnde Sauberkeit und Desinfektion zurückführt. Seine Thesen stoßen bei einem Großteil seiner Kollegen auf Unverständnis und Widerstand, da vor allem Hygiene als Zeitverschwendung angesehen wird. Sein Verhalten bei der Verteidigung seines Werks, bei dem er Kollegen wiederholt als „Mörder“ bezeichnet, trägt nicht dazu bei, deren fast hundert Jahre später als Semmelweis-Reflex bezeichnete Reaktion zu mindern.
Nachdem der englische Naturwissenschaftler Michael Faraday zum Jahreswechsel eine sechsteilige Vorlesungsreihe zur Naturgeschichte einer Kerze abgehalten hat, erscheint im April die Erstausgabe des populärwissenschaftlichen Werks unter dem vollständigen Titel A Course of Six Lectures on the Chemical History of a Candle: To Which is Added a Lecture on Platinum im Verlag von Griffin, Bohn & Co. im Druck.
Nach dem Vorbild deutsch- und französischsprachiger polytechnischer Hochschulen wird am 10. April das Massachusetts Institute of Technology in Cambridge, USA, als dreigliedrige Einrichtung, bestehend aus „a society of arts, a museum of arts [industrial arts], and a school of industrial science“ gegründet. Der Gründer William Barton Rogers, ein bekannter Naturforscher, möchte eine unabhängige Universität schaffen, mit Ausrichtung auf die Erfordernisse eines zunehmend industrialisierten Amerikas. Wegen des Bürgerkrieges können die ersten Studenten jedoch erst 1865 aufgenommen werden.
In Seattle im Washington-Territorium nimmt nach der Überwindung von zahlreichen Hindernissen am 4. November die University of Washington ihren Lehrbetrieb auf. Die Einrichtung einer Universität war ursprünglich im Lewis County geplant, doch konnte dort kein geeignetes Grundstück gefunden werden. Der Politiker Arthur A. Denny stellt schließlich gemeinsam mit zwei Mitpionieren ein geeignetes Stück Land im heutigen Zentrum von Seattle zur Verfügung. Die neue Universität kämpft von Anfang an mit Problemen wie dem Fehlen von Studenten und Geldmangel.
Halil Bey, osmanischer Botschafter in Sankt Petersburg, und der spätere Bildungsminister Mehmet Tahir Münif gründen die Osmanische Wissenschaftliche Gesellschaft. Mitglieder der Gelehrtengesellschaft sind Beamte, Würdenträger und Gelehrte. Zu ihren Zielen gehört es, öffentliche Vorträge und Kurse in Räumlichkeiten zu organisieren, die ihr von der osmanischen Regierung, der Hohen Pforte, zur Verfügung gestellt werden. Die Gesellschaft bringt die erste türkische wissenschaftliche Fachzeitschrift Mecmūʿa-yi Fünūn / مجموعه فنون / ‚Zeitschrift der [säkularen] Wissenschaften‘ heraus.
16. September: Der größte dampfgetriebene Schmiedehammer Deutschlands nimmt in Essen bei der Firma Krupp unter der Leitung von Alfred Krupp seine Arbeit auf. Mit Bezug auf den Firmengründer Friedrich Krupp bekommt er den Namen „Fritz“. Der Schmiedehammer verfügt über ein Fallgewicht von 50 Tonnen. Im selben Jahr gründet Krupp eine eigene Abteilung für Photographie.
24. Oktober: Die HMS Warrior, das erste ozeantaugliche Panzerschiff mit eisernem Rumpf, wird in Dienst gestellt.
Der französische Bauingenieur Charles Joseph Minard veröffentlicht eine Grafik zu den Verlusten der französischen Armee während Napoleons Russlandfeldzug 1812, die Carte figurative des pertes successives en hommes de l'Armée Française dans la campagne de Russie 1812–1813. Diese Form der Darstellung wird etwa ein halbes Jahrhundert später als Sankey-Diagramm bekannt.
Der ehemalige britische Marineoffizier Robert FitzRoy gibt ab 1861 Sturmwarnungen und einfache Wettervorhersagen heraus, die jedoch meistens falsch sind und ihm viel Spott eintragen. Trotzdem gilt FitzRoy als einer der ersten Meteorologen.
Der Hogarth Club der Präraffaeliten veranstaltet von Februar bis Mai in 6 Waterloo Place, London, seine letzte Ausstellung. Im September wird – nach einer Diskussion, ob das Verlangen von Eintrittsgeldern statthaft sei – auf Grund von finanziellen Problemen die Auflösung des gemeinnützigen Vereins von den Mitgliedern beschlossen und im Dezember durchgeführt.
25. Dezember: Der erste Teil des Romans Le Capitaine Fracasse von Théophile Gautier erscheint in der Zeitschrift Revue nationale. Der letzte Teil erscheint am 10. Juni 1863.
23. März: Die erste Version der Operette Le pont des soupirs von Jacques Offenbach mit dem Libretto von Hector Crémieux und Ludovic Halévy wird mit Erfolg am Théâtre des Bouffes-Parisiens uraufgeführt.
März: Die Erstaufführung der Pariser Fassung von Richard Wagners Oper Tannhäuser und der Sängerkrieg auf Wartburg, die von Pierre-Louis Dietsch als Dirigent geleitet wird, gerät zu einem derartigen Fiasko, dass die Produktion nach nur drei Aufführungen abgesetzt werden muss. Hauptgrund dafür ist, dass Wagner bei der Bearbeitung seiner Oper als Zugeständnis an den Geschmack des französischen Publikums zwar eine Balletteinlage eingebaut hat, aber untypischerweise gleich zu Beginn der Oper, und nicht wie in französischen Opern in dieser Zeit üblich, im zweiten Akt. Schon vor der Aufführung ist es zu Auseinandersetzungen zwischen Wagner und dem Dirigenten gekommen.
4. bis 8. August: In Weimar findet die zweite Tonkünstlerversammlung statt. In der Sitzung vom 7. August wird der Allgemeine deutsche Musikverein gegründet. Gründungsmitglieder sind unter anderem Louis Köhler, Franz Brendel sowie Franz Liszt, der Weimar wenig später verlässt.
29. August: Nach einer konzertanten Uraufführung durch den Wiener Singverein am 1. März erfolgt die szenische Uraufführung des Singspiels Die Verschworenen oder Der häusliche Krieg von Franz Schubert fast 33 Jahre nach dem Tod des Komponisten in Frankfurt am Main. Das Libretto stammt von Ignaz Franz Castelli. Schubert hat auf die Aufführung des 1823 entstandenen Werks verzichtet, nachdem der Berliner Komponist Georg Abraham Schneider mit dem gleichen Stoff einen Erfolg gefeiert hat.
1. September: Am Opernhaus am Hagenmarkt in Braunschweig erfolgt mit Mozarts Zauberflöte die letzte Aufführung. Am 1. Oktober wird die neue Spielstätte am Steinweg eingeweiht.
2. April: Der Sarg Napoleon Bonapartes wird nach mehr als 20 Jahren Bauzeit von der Seitenkapelle in den Sarkophag im Untergeschoss der fertiggestellten Krypta des Invalidendoms umgebettet.
12. Juli: Bei einer Schießerei tötet James Butler Hickok bei der Rock Creek Station am Oregon Trail den Bandenführer David McCanles und zwei weitere Männer und erhält in der Folge den Namen Wild Bill.
18. März: In der AllokutionIamdudum cernimus an das Kardinalskollegium verurteilt Papst Pius IX. nicht nur die geistigen Strömungen seiner Zeit, sondern auch die politischen Bestrebungen, die Macht des Papstes weiter zu verringern. Er greift damit insbesondere den Risorgimento in Italien an.
30. Mai bis 5. Juni: Auf einer Kirchenkonferenz in Eisenach wird das Eisenacher Regulativ beschlossen, ein Vorschriftenkatalog zur Gestaltung von protestantischen Kirchenbauten in Deutschland, mit der eine grundsätzliche Normung der Kirchenbauten im 19. Jahrhundert angestrebt wird. Es löst das Dresdener Regulativ von 1856 ab.
Mit dem Untertitel giornale politico morale (politisch-moralische Zeitung) erscheint in Rom am 1. Juli erstmals L’Osservatore Romano, das amtliche Organ des Vatikans. Die ersten Nummern der vom stellvertretenden „Innenminister“ der päpstlichen Regierung, Marcantonio Pacelli, ins Leben gerufenen Zeitung haben einen Umfang von vier Seiten. Am Ende des Jahres wird der Untertitel aufgegeben. Unter dem Zeitungskopf taucht erstmals das noch heute verwendete Motto auf: „Unicuique suum – non praevalebunt“ („Jedem das Seine – sie werden sie nicht überwältigen“; vgl. Mt. 16, 18). Der Kirchenstaat unter Papst Pius IX., der sich insbesondere durch den Risorgimento in seiner Unabhängigkeit bedroht fühlt, verwendet die Zeitung als Kampforgan gegen antiklerikale Kräfte.
Katastrophen
Schiffskatastrophen
Bei Dunkelheit und dichtem Schneetreiben kollidiert auf dem Bodensee das Dampfschiff Stadt Zürich mit dem Dampfer Ludwig, der innerhalb kurzer Zeit sinkt. 13 der 16 an Bord befindlichen Menschen kommen ums Leben. Auf der Stadt Zürich, die bald als „Teufelsschiff“ bekannt wird, weil sie bis 1864 mehr deutsche Schiffe versenkt, als die gesamte dänische Kriegsflotte, merkt man von den Ereignissen nur, dass der Bugspriet abgebrochen ist und Wasser ins Schiff eindringt.
Der erst im Vorjahr in Dienst gestellte kanadische Passagierdampfer Canadian der Allan Line legt am 1. Juni in Québec ab und nimmt Kurs Richtung Liverpool. Obwohl sie wegen des starken Eisaufkommens nur fünf Knoten fährt und zeitweise überhaupt stoppt, läuft sie am 4. Juni um 11:50 mittags in der Belle-Isle-Straße vor Neufundland auf einen Eisberg und sinkt innerhalb einer halben Stunde. In dieser Zeit können alle Personen an Bord in Rettungsbooten untergebracht werden, aber eines von ihnen kentert, wobei 35 Menschen ums Leben kommen. Die übrigen 266 Überlebenden werden von vier Fischkuttern geborgen und in der Hafenstadt Quirpon an Land gebracht.
Die seit 1843 in Dienst befindliche KorvetteAmazone der preußischen Marine geht auf einer Ausbildungsfahrt mit dem Ziel Portugal am 14. November mit ihrer gesamten Besatzung in einem Orkan vor der niederländischen Küste unter. Die Angaben über die Zahl der Opfer schwanken zwischen 114 und 143. Nach dem Untergang gibt es Gerüchte, die Amazone sei – womöglich absichtlich – von einem anderen Schiff gerammt worden.
Weitere Katastrophen
Die westargentinische Stadt Mendoza wird bei einem Erdbeben am 21. März weitgehend zerstört, wobei etwa 6.000 Menschen, rund ein Drittel der Bevölkerung, ihr Leben verlieren.
Am 10. Mai beginnt der Brand von Glarus, der erst am nächsten Tag unter Kontrolle gebracht werden kann. Acht bis zehn Menschen kommen ums Leben, rund 600 Gebäude fallen dem Feuer zum Opfer, 2257 Personen, das sind zu diesem Zeitpunkt 47 % der Stadtbevölkerung, werden obdachlos.
Beim Eisenbahnunfall im Clayton-Tunnel in der Nähe von Brighton kommen am 25. August 23 Menschen ums Leben, 176 werden verletzt. Es handelt sich um den zu diesem Zeitpunkt schwersten Eisenbahnunfall in der britischen Geschichte.
Der französische Kaiser Napoleon III. richtet im Wald von Fontainebleau ein erstes Naturschutzgebiet zur Bewahrung des Waldbestands ein. Der rund 50 km südlich von Paris in der Umgebung der Gemeinde Fontainebleau gelegene Wald ist bis heute eines der größten zusammenhängenden Waldgebiete Westeuropas.
Auch außerhalb Europas kommt es zu Gründungen von Sportvereinen: Am 18. Juli wird in Montevideo von Briten in Uruguay der Montevideo Cricket Club mit einer dazugehörigen Fußballabteilung gegründet. Und Bostoner Studenten gründen den Oneida Football Club als ersten Fußballverein der Vereinigten Staaten, der zwar nur knapp fünf Jahre Bestand hat, in dieser Zeit aber kein einziges Fußballspiel verliert.