Der heute offizielle Name Europaturm wird zwar in Publikationen, aber sonst in der Allgemeinheit kaum verwendet. Bei der Inbetriebnahme wurde er als „Fernmeldeturm Frankfurt“ bezeichnet. Der wohl geläufigste Name ist aber seit seiner Errichtung bis heute „Fernsehturm“, obwohl dies nie offiziell und zumindest anfänglich völlig fehl am Platz war, da bis in die 1990er-Jahre über den Turm keinerlei Fernsehsignale übertragen wurden, sondern ausschließlich Daten-, Fernsprech- und Hörfunksignale.
In Anlehnung an die ähnliche Form des Gemüsespargels heißt er im Frankfurter Volksmund daher auch „Ginnheimer Spargel“ bzw. in neuhessisch „Ginnemer Schbarschl“.
Architektur und Bautechnik
Mit dem Bau des vom Architekten Johannes Möhrle unter Mitarbeit von Peter Metzger und Erwin Heinle geplanten Turms wurde 1974 begonnen. Fünf Jahre später konnte er in Betrieb genommen werden. Die reinen Baukosten, ohne Sendetechnik, betrugen 75 Millionen Deutsche Mark, was einer heutigen Kaufkraft von ca. 102.000.000 Euro entsprechen würde. Seit 1979 ist er mit einer Höhe von 331,15 Metern (bei der Fertigstellung) das höchste freistehende Bauwerk der Bundesrepublik Deutschland. Der in Berlin am Alexanderplatz stehende Berliner Fernsehturm ist zwar insgesamt ca. 30 Meter höher, dies allerdings nur wegen seiner wesentlich längeren Antenne. Beachtet man nur die Höhe der eigentlichen Bausubstanz (also ohne Antenne), so ist der Frankfurter Europaturm höher. Auch hängt die Kanzel des Frankfurter Turms rund 20 Meter höher als beim Berliner Exemplar.
Das Ringfundament für den Turm gründet 18,50 Meter tief im Mergelboden, der mit Zement und Silikat vollständig aufgefüllt wurde, um ihn tragfähig zu machen. Der Turmschaft wurde mit einer Kletterschalung hochgezogen, einer ringförmigen Gussform, auf der sich die Arbeiter Meter um Meter in die Höhe betonierten. Der Schaft verjüngt sich nach oben hin: zwanzig Meter Durchmesser hat er am Fuß, elf Meter unter der Kanzel. Diese befindet sich in 227 Metern Höhe, umfasst sechs Stockwerke, hat einen Durchmesser von 59 Metern und ist damit die weltweit breiteste. Sie ermöglicht einen einzigartigen Blick über das gesamte Rhein-Main-Gebiet.
Die Architekten hatten den Wunsch, dass die von ihnen geschaffene klare geometrische Gestalt aus schlankem konischem Turmschaft und flachem Doppel-Kegelstumpf der Kanzel durch die seinerzeit anzubauenden großen Richtfunk-Muschelantennen möglichst wenig gestört werden sollte. Aus diesem Grund springt die konische Wand des Turmschafts im Bereich der unter dem Flachdach mit mehreren Metern Höhe verlaufenden Antennenträger ringförmig umlaufend zurück. Die Muschelantennen wurden dann nicht wie sonst üblich mit dem einspeisenden Horn nach unten aufgestellt, sondern in diesen Rücksprung kopfüber unter die Decke gehängt. Die schräge Vorderfläche der Muschelantennen fluchtete dann mit der angepassten Außenkontur der Kanzel, deren Winkel eigens an die Schräge der Antennenvorderfläche angepasst war. Bei voller Antennenbestückung entstand so der Eindruck eines glatten Kegelstumpfs. Diese besondere Gestaltung wurde jedoch in den 90er-Jahren obsolet, als die großen Muschelantennen ihre Aufgabe verloren und vom Turm verschwanden und den heute völlig leeren breiten Ring in der oberen Kanzelkontur zurückließen.
Im Turm wurden für den erwarteten Besucherverkehr aus dem Restaurationsbetrieb in der Kanzel mehrere große Aufzüge eingebaut, die bis zur Kanzel führen. Ein zusätzlicher kleinerer Aufzug fährt das Wartungspersonal bis in den oberen Schaft zu den oberen Plattformen. Da dieser Aufzug jedoch außerhalb der Turmachse liegt, musste seine Fahrbahn im oberen Teil des enger werdenden Schafts an die konische Außenwand angelegt und damit wenige Grad aus der Vertikalen abgeknickt werden.
Nachts wurden die Antennenplattformen eine Zeit lang in Magenta angestrahlt, der Unternehmensfarbe der heutigen Eigentümerin Deutsche Telekom; zu besonderen Anlässen auch in anderen Farben.
Der Turm steht seit Oktober 2019 unter Denkmalschutz.[1]
Antennenwechsel
Am 4. September 2004 wurde aufgrund des bevorstehenden Starts des digitalen terrestrischen Fernsehens die Antenne an der Spitze des Turms mit Hilfe eines Hubschraubers vom Typ Kamov-Ka-32 des Schweizer Unternehmens Heliswiss ausgewechselt. Da die Antenne insgesamt sechs Tonnen wiegt, geschah die Montage in vier Teilstücken. Heute hat der Frankfurter Fernmeldeturm eine schlankere Spitze, durch die seine Gesamthöhe um 6,5 Meter gewachsen ist. Die Höhe des Europaturms beträgt nun 337,5 Meter.
Nutzung
Ursprüngliche Nutzung
Das von 1951 bis 1956 erbaute Fernmeldehochhaus (Abriss 2005) – seinerzeit nach dem Kaiserdom zweithöchstes Gebäude in der Frankfurter Innenstadt – diente zunächst auch als Antennenträger für die im Fernmeldenetz sehr wichtig gewordenen Richtfunkstrecken. Mit dem Bau wesentlich größerer Hochhäuser in unmittelbarer Umgebung wurde der Betrieb der Richtfunkstrecken jedoch immer schwieriger bis unmöglich, da diese auf freie Sicht zwischen Sende- und Empfangsstelle angewiesen sind. Als Lösung entschied sich die damals für das Fernmeldewesen verantwortliche Deutsche Bundespost zum Bau des die Hochhäuser überragenden Fernmeldeturms. Der Bauplatz wurde außerhalb der Innenstadt mit unverbautem Feld in Richtung Taunus als nächstes natürliches Hindernis gewählt.
In den beiden oberen Stockwerken der Kanzel sind die Technikräume eingerichtet, die früher auch den bemannten sogenannten „Tonstern“ enthielten. Dieser bildete den zentralen Knoten im Netz des damaligen öffentlich-rechtlichen Hörfunks, und hier wurden für die Rundfunkanstalten die Programmübernahmen und Verteilungen auf die Sender von Hand geschaltet.
Die beiden unteren Etagen der Kanzel wurden für Besucherbetrieb mit einem Restaurant vorgesehen. Die Betreibergesellschaft Skyline, die damals unter anderem auch die Besucherplattformen auf dem Hamburger Heinrich-Hertz-Turm betrieb, zahlte beim Bau des Turmes hierfür einen (DM-)Betrag in Millionenhöhe. Allerdings ging die Gesellschaft einige Jahre später in Konkurs, seitdem wechseln sich Zeiten ohne gastronomische Nutzung mit Nutzungen unterschiedlichster Natur in diesen Räumen ab. Zuletzt waren im untersten Stockwerk der Kanzel ein Restaurant und eine Diskothek betrieben worden. 1999 wurde der Europaturm für die Öffentlichkeit geschlossen, da die Auflagen der Brandschutzordnung nur mit Millionenaufwand zu erfüllen gewesen wären.
Von 1989 bis 1997 wurden im Europaturm Partys in dem dort beheimateten Club Sky-Tower gefeiert.[2][3] Dort befand sich auch ein Drehrestaurant bis 1999. Durch die Schließung des Besucherbetriebs und die Ablösung der Richtfunktechnik in der früheren Form hat der Turm seine ursprüngliche Zweckbestimmung praktisch vollständig verloren.
Verschiedentlich besteht der Wunsch, den Turm für die Öffentlichkeit wieder nutzbar zu machen. Dafür muss er allerdings brandschutztechnisch ertüchtigt werden. Erfordernisse sind:
Es müssen zwei getrennte Rettungswege existieren. (Das bestehende Treppenhaus hat rund 1000 Stufen)
In mindestens einem der beiden Aufzugschächte muss ein Feuerwehraufzug installiert werden.
Dies ist zwar machbar, aber privatwirtschaftlich nicht sinnvoll. Hier müsste die öffentliche Hand unterstützen. Da der Turm auch unter Denkmalschutz steht, gibt es zusätzlich Fördergelder.[6]
Frequenzen und Programme
Analoges Radio (UKW)
Beim Antennendiagramm sind im Falle gerichteter Strahlung die Hauptstrahlrichtungen in Grad angegeben.
Die Sender von hr-info auf 103,9 MHz [0,5 KW ND H] sowie You FM auf 90,4 MHz [0,5 KW ND H] befinden sich auf dem Main Tower.
Auf dem hr-Funkhaus in der Bertramstraße ist noch ein kleinerer Füllsender für hr2 auf 87,9 MHz [0,1 KW ND H] untergebracht. Bis September 2008 war dort Deutschlandfunk auf 97,6 MHz [0,3 KW D (90–100°, 130–0°) H] ebenso in Betrieb, bis diese Frequenz auf den Europaturm verlagert wurde.
Ein weiterer Sender auf 97,1 MHz [0,2 KW D (350–160°) H], von Radyo Metropol FM, ehemals harmony.fm, befindet sich im benachbarten Ginnheim, jedoch auf einem Hochhaus in der Raimundstraße. Aufgrund der Frequenzlage ist die 97,1 MHz dennoch besser zu empfangen als die 105,4 MHz vom Europaturm, die stark von der 105,3 MHz am Kreuzberg (Rhön), einem Grundnetzsender des Bayerischen Rundfunks mit dem Programm B5 aktuell gestört wird. Am Standort Ginnheim Raimundstraße befindet sich ein weiterer Sender auf 107,5 MHz [0,2 KW D (10–120°, 160–200°, 260–350°) H] von Radio Teddy, der bis 1. September 2015 von Klassik Radio genutzt wurde.
DAB beziehungsweise DMB wird in vertikaler Polarisation und ebenfalls im Gleichwellenbetrieb mit anderen Sendern ausgestrahlt. DAB startete hier im Band III VHF am 1. Juli 2002 und im L-Band am 1. Januar 2003. Begonnen wurde die Übertragung am 1. Januar 2001 vom Großen Feldberg.
Der Handy-TV-Betreiber MFD hat die Lizenzen für Digitales Mobiles Fernsehen (DMB) zurückgegeben. Alle Projekte in Deutschland diesen Standard betreffend sind eingestellt. Für die Übertragung von Handy-TV hat sich also DVB-H, nicht zuletzt aufgrund einer Befürwortung von DVB-H durch die EU-Kommission, durchgesetzt.
Digitales Fernsehen (DVB-T2 HD)
Am 31. Mai 2016 wurde mit der Ausstrahlung des hochauflösenden DVB-T2 HD im Rhein-Main-Gebiet begonnen. Seit diesem Zeitpunkt können in HD Das Erste, Pro Sieben, Sat 1, RTL, Vox und das ZDF über Antenne auf Kanal 59 mit 50 kW vom Europaturm empfangen werden. Die Sendeanlagen auf dem Großen Feldberg sowie dem Fernmeldeturm Hohe Wurzel in Wiesbaden strahlen ebenfalls auf Kanal 59 das HD-Signal ab.[8] Am 29. März 2017 startete der Regelbetrieb von DVB-T2.
Am 4. Oktober 2004 und schließlich am 6. Dezember 2004 startete am Europaturm schrittweise DVB-T im Gleichwellenbetrieb (Single Frequency Network). Bis 29. Mai 2006, als die restlichen Gebiete Hessens auf DVB-T umgestellt wurden, war dieses Gleichwellennetz auf hessischem Gebiet das erste seiner Art. Nach Beräumung des VHF K8 und der Verschiebung diverser UHF Kanäle sah die Belegung bis zur Abschaltung von DVB-T am 29. März 2017 so aus:
Die DVB-H-Norm ist für mobile Geräte mit kleinem Display geschaffen worden. Sie bietet ein sehr robustes Signal.
Dienste, die hier übertragen werden, sollen zum Teil frei verfügbar sein, zum Teil auch abonniert werden.