Der Ortsname Torgelow ist polabischen Ursprungs und bedeutet nach dem Wortstamm „Torg“ so viel wie Marktplatz (vgl. polnischtarg, obersorbischtorhošćo). Hier war am Zusammenfluss von Uecker und Randow ein wichtiger Handelsplatz mit der Burg Alt-Torgelow.[4]
Einer alternativen Deutung nach soll der Ortsname vom ebenfalls polabischen turŭ für Auerochse bzw. Turreghlaue für Stierkopf stammen.[5][6]
Mittelalter
Eine Burg und Landschaft wurde schon im Jahr 1270 „in mercia turglowe“ erwähnt. Erstmals urkundlich erwähnt wurde Torgelow am 14. April 1281, als der brandenburgische Markgraf Otto IV. auf Schloss Torgelow eine Urkunde signierte. 1333 wurden Henning und Hermann Torgelowen genannt. Um 1350 ließ Bertram Hase die Burg Alt-Torgelow errichten. Er war berüchtigt als Wegelagerer und Raubritter und widersetzte sich selbst der Streitmacht des Landesherren. Herzog Bogislaw VI. konnte die starke Burg trotz längerer Belagerung nicht einnehmen, es kam zum Vergleich, aber Hase betrieb seine Raubritterei weiter. 1446 belagerte Herzog Wartislaw IX. die Burg erneut, da der Nachfahre Zacharias Hase ebenfalls als Raubritter sein Unwesen trieb. Er konnte aber der Übermacht nicht standhalten und floh. Die Burg wurde zerstört. Als Hase wiederkehrte, verhinderten die Anklamer Kaufleute, die besonders unter der Wegelagerei zu leiden hatten, den Neuaufbau der Burg. 1454 belehnte Herzog Wartislaw IX. den Ritter Bernd von Muckerwitz (Pommern) mit dem Schlossgut Torgelow, dessen Familie starb aber bald nach 1568 aus. Der Ritterbesitz wurde danach Domäne des Herzogtums Pommern-Wolgast.[7]
Bekannt wurde Torgelow, als man Anfang des 18. Jahrhunderts Raseneisenerz fand. Dies war die Grundlage der Kabinettsorder Friedrichs II. vom 25. Dezember 1753 für den Bau des „Königlich-Preußischen Eisenhüttenwerkes bey Torgelow“. Torgelow entwickelte sich nun zum Industriedorf.
Das Hüttenwerk war noch bis nach 1865 ein eigener Polizeibezirk. Torgelow war das Kirchdorf der Gemeinde und hatte 1865 eine Kirche, ein Predigerwitwenhaus, ein Küsterhaus, drei Schulen, eine Dampfmühle, einen Krughof, 105 Wohn- und 208 Wirtschaftsgebäude. Der Ort hatte 1570 Einwohner in 330 Familien, darunter sechs Halbbauern und 102 Büdner, die anderen waren Tagelöhner in den umfangreichen Staatsforsten, aber auch viele Handwerker waren in den Wohnplätzen angesessen. Zu Torgelow gehörten zu dieser Zeit folgende Wohnplätze:
Benningen (auch Schafbrück genannt) – mit einer Büdnerstelle seit 1765, dort gab es zwei Wohn- und zwei Wirtschaftsgebäude mit elf Einwohnern in zwei Familien
Carlsfelde – seit 1770 in Erbpacht mit einer Ziegelei, die 1840 in eine Kalkbrennerei umgewandelt wurde, es existierten drei Wohn- und sechs Wirtschaftsgebäude mit 40 Einwohnern in acht Familien
Heinrichsruh – eine Ziegelei, die aber nicht zur gleichnamigen Ortschaft gehörte, sondern zu Torgelow, der Platz hatte nur ein Wohn- und ein Wirtschaftsgebäude, dort wohnte der Ziegler mit seiner Frau
Spechtberg – der Ort war eine Büdnerstelle, die seit 1794 freies Eigentum war, mit zwei Wohn- und drei Wirtschaftsgebäuden, der Platz hatte zwölf Einwohner in zwei Familien.[7]
In dieser Zeit gab es 14 Gießereien. Unter den Tarnbezeichnungen „See I“ und „See II“ erfolgte ab 1935 der Bau einer großen Sprengstofffabrik nahe dem Ortsteil Spechtberg durch die Deutsche Sprengchemie GmbH. Im Staatsforst Müggenburg errichtete die deutsche Luftwaffe zur gleichen Zeit eine Munitionsanstalt (Muna), die Luftmunitionsanstalt Torgelow (auch Luftmunitionsanstalt 1/III). Im Zweiten Weltkrieg mussten 3500 Frauen und Männer aus den von Deutschland besetzten Ländern in diesen Betrieben unter grausamen Bedingungen Zwangsarbeit verrichten. Viele der Zwangsarbeiter starben oder wurden ermordet.
Torgelow erhielt am 4. Mai 1945 vom sowjetischen Stadtkommandanten das Stadtrecht. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Gießereien auf dem Gelände der ehemaligen Hallerwerke zum VEB GUS (Guß- und Schmiedeteile) zusammengefasst, bis zur Wende 1989 als VEB Gießerei und Maschinenbau „Max Matern“ einem der größten Betriebe in der Region. Es wurden Teile für die Werften in Rostock gebaut und Motorengehäuse gegossen.
Am 1. Juli 1950 wurde die bis dahin eigenständige Gemeinde Jägerbrück eingegliedert.
Torgelow wurde insbesondere bekannt durch seine in der Umgebung liegenden Kasernen und den östlich der Stadt gelegenen Truppenübungsplatz Jägerbrück.
Müggenburg liegt auf einer Waldlichtung mitten im Staatsforst. Östlich erstreckt sich das Gebiet einer ausgedehnten bewaldeten Binnendüne. Der Ort war eine Domäne und erhielt 1770 eine Holländerei, eine Büdnerei, eine Teerschwelerei und eine Stabschlägerei in der Unterförsterei.
Müggenburg hatte 1865 eine Schule, 14 Wohn- und 23 Wirtschaftsgebäude. Es waren 231 Einwohner in 48 Familien ansässig, davon waren 13 Besitzer.[9]
Südlich des Ortes liegt die Bahnstrecke von Jatznick nach Ueckermünde. Westlich verläuft neben dem Ort die Gasleitung OPAL von Lubmin nach Sachsen.
Der Müggenburger Teerofen ist nur noch ein Bodendenkmal, das Forsthaus daneben (mit Stabschlägerei) ist noch gut erhalten.
Spechtberg war anfangs direkt als Wohnplatz dem Ort Torgelow zugeordnet. Ein Gebiet südlich der Ortslage heißt noch immer „Büdnerland“. Da Spechtberg durch die Uecker von Torgelow getrennt war, entwickelte es sich eigenständig mit einem Kalkofen und einer Försterei. Erst in den 1950er Jahren wurde Spechtberg ein großer Ort durch die Ansiedlung der dortigen Kasernenanlage der NVA mit zugehöriger Wohnsiedlung für die Offiziere und Berufssoldaten und deren Familien. Nach der Wende etablierte sich dort das Panzerbataillon 413 der Bundeswehr.
Bevölkerung
Jahr
Einwohner
1990
13.463
1995
12.244
2000
11.449
2005
10.128
2010
09.268
2015
09.436
Jahr
Einwohner
2020
8.972
2021
8.929
2022
9.307
Stand: 31. Dezember des jeweiligen Jahres (Statistischer Bericht A I des Statistischen Amtes Mecklenburg-Vorpommern)
Politik
Stadtvertretung
Die Stadtvertretung von Torgelow besteht entsprechend der Einwohnerzahl der Stadt aus 21 Mitgliedern. Die Kommunalwahl am 9. Juni 2024 führte bei einer Wahlbeteiligung von 62,4 % zu folgendem Ergebnis:[10]
Bei der Wahl 2024 entfielen auf die AfD sechs Sitze. Da sie nur zwei Kandidaten aufgestellt hatte, bleiben in der Stadtvertretung vier Sitze unbesetzt.
Bürgermeister
1992–2018: Ralf Gottschalk
seit 2019:00 Kerstin Pukallus
Nach dem Tod Ralf Gottschalks im September 2018[12] wurde Kerstin Pukallus in der Bürgermeisterwahl am 11. November 2018 mit 71 % der gültigen Stimmen für eine Amtszeit von neun Jahren[13] gewählt.[14]
Wappen
Blasonierung: „Gespalten, vorn in Silber (Weiß) schräggekreuzt ein schwarzer Schlägel und schwarzer Hammer, hinten in Blau ein roter Greifenkopf mit geöffnetem goldenen (gelben) Schnabel und ausgeschlagener roter Zunge.“[15]
Wappenbegründung: Das zunächst nur im Torgelower Tageblatt verwendete Wappen kombiniert ein Wappenbild mit wirtschaftlichem Bezugscharakter und einem Herrschaftszeichen. Schlägel und Eisen symbolisieren die die Entwicklung des Ortes bestimmende Eisenindustrie, der Greifenkopf und die Schildfarben verweisen auf seine Zugehörigkeit zur ehemaligen Provinz Pommern.
Das Wappen wurde um 1898 gestaltet. Es wurde unter der Nr. 12 der Wappenrolle des Landes Mecklenburg-Vorpommern registriert.
Flagge
Die Flagge wurde am 27. Februar 1992 durch das Ministerium des Innern genehmigt.
Sie ist längs gestreift von Blau, Weiß und Blau. Die blauen Streifen nehmen je ein Zwölftel der Höhe des Flaggentuchs ein. In der Mitte des Flaggentuchs liegt das Stadtwappen, das etwa zwei Drittel der Höhe des Flaggentuchs einnimmt. Die Länge des Flaggentuchs verhält sich zur Höhe wie 5:3.[16]
Dienstsiegel
Das Dienstsiegel zeigt das Stadtwappen mit der Umschrift „STADT TORGELOW * LANDKREIS VORPOMMERN-GREIFSWALD“.[16]
Freilichtmuseum Ukranenland, stellt mit Rekonstruktionen von Häusern und Ausrüstungsgegenständen die slawische Besiedlung der Ueckerniederung im frühen Mittelalter dar.
Rathaus Torgelow, zwei- und dreigeschossiger Baukomplex in U-Form an der Uecker
Denkmal für die Opfer des Faschismus von 1969 in der Bahnhofstraße, die 1977 durch eine Figurengruppe des Bildhauers Ludwig Engelhardt ergänzt wurde. Die Stele wurde 1992 abgerissen, die Plastik kam auf den Gemeindefriedhof.
Kriegsgräberanlage zur Ehrung der Opfer von Kriegen und Gewaltherrschaft von 1994 auf dem Friedhof der Stadt. Darin integriert wurden 22 Gräber von Soldaten der Roten Armee, der VdN-Ehrenfriedhof von 1974, Gräber von Opfern der Zwangsarbeit sowie von Angehörigen der Wehrmacht.
Gedenkstein für die Geschwister Scholl von 1968 an der Diesterweg-Schule; wurde 1991 umgestoßen und lag zerbrochen bis 1999 in einem Gebüsch.
Gedenktafel zur Erinnerung an eine Großkundgebung der Einwohner gegen die Machtübernahme der Nationalsozialisten am 30. Januar 1933; war nach 1945 am Haus der Schaffenden und ab 1970 Deutschen Haus angebracht, seit 1990 in der Heimatstube.
Gedenktafel für den Kommunisten Max Matern von 1991 in der Königstraße.
Wirtschaft und Infrastruktur
Wirtschaft
Die Eisengießerei Torgelow GmbH ist als metallverarbeitendes Unternehmen mit ca. 400 Beschäftigten der größte Arbeitgeber in Torgelow. Die Bundeswehr ist mit dem Jägerbataillon 413[22] und fünf seiner Kompanien in Torgelow stationiert.
Philipp Amthor (* 1992), Politiker (CDU), in Torgelow aufgewachsen
Literatur
Bernhard Albrecht: Torgelow. Sutton Verlag, Erfurt. 1999, ISBN 3-89702-137-4.
Bernhard Albrecht, Ulrich Blume: Torgelow in Pommern. Eine Betrachtung seiner Entwicklung unter askanisch-brandenburgischen, herzöglich-pommerschen und königlich-schwedischen Machtansprüchen 1281–1720. Verlag Druckerei Steffen, Friedland/Meckl. 2004, ISBN 3-937669-28-0.
Heinrich Berghaus: Landbuch des Herzogtums Pommern und des Fürstentums Rügen. Teil II, Band 1, Anklam 1865, S. 1021–1027; books.google.de
Ulf Böttcher (Fotos), Ulrich Blume (Text): Torgelow. Im Herzen Vorpommerns. Stadt-Bild-Verlag, Leipzig 2013, ISBN 978-3-942146-41-8.