Bernhard Langenbecks Eltern waren der Pastor Georg Langenbeck (* 26. September 1766; † 12. Dezember 1844) und Johanna Charlotte Elisabeth Sussmann. Nach der Ernennung des Vaters zum Superintendenten in Sandstedt im Jahr 1827 wurde Langenbeck, zuvor nur von seinem Vater unterrichtet, Schüler am Andreas-Gymnasium in Hildesheim und am dortigen Internat untergebracht.
Nach Erwerb des Reifezeugnis begann er 1830 das Medizinstudium an der Georg-August-Universität Göttingen, wo sein in Horneburg geborener Onkel Konrad Johann Martin Langenbeck als Professor Anatomie und Chirurgie lehrte. Der Neffe promovierte 1835 mit der Dissertation De retinae structura penitiore(Über die innere Struktur der Netzhaut). Ein Jahr später veröffentlichte er die Untersuchung De retina observationes anatomica-pathologicae(Über die Netzhaut - anatomisch-pathologische Beobachtungen). Für diese Untersuchung erhielt Langenbeck ein Stipendium, das ihm eine zweijährige Studienreise nach England, Frankreich, Holland und Belgien möglich machte. Seit 1829 war er Mitglied des Corps Hassia Göttingen.[1] Später wurde er Ehrenmitglied des Corps.
Acht Tage nach dem Tode von Johann Friedrich Dieffenbach als Nachfolger vorgeschlagen, übernahm Langenbeck am 13. Mai 1848 die Leitung der Charité-Chirurgie in Berlin. Sein Nachfolger in Kiel wurde Louis Stromeyer. In der Zeit von 1848 bis 1882 machte Langenbeck als Inhaber des Lehrstuhls für Chirurgie die Chirurgische Klinik der Charité zum Zentrum der Chirurgie Europas, den Ernst von Bergmann als sein Nachfolger 1882 übernahm. Außerdem war er am Jüdischen Krankenhaus tätig. 1866/67 amtierte er als Rektor der Universität.
Trotz seiner Spezialisierung zur Chirurgie innerhalb der Medizin war ihm – ähnlich wie Rudolf Virchow – der intensive Kontakt zur allgemeinen Ärzteschaft und deren weitgefächerten Fortbildung sehr wichtig. Aus diesem Grund gründete er 1860 mit R. Virchow und Albrecht von Graefe die Berliner Medizinische Gesellschaft, zu deren Vorsitzendem er von 1872 bis 1882 gewählt wurde und deren Ehrenvorsitzender er lebenslänglich blieb. Beiden Gesellschaften gehört heute wieder das Langenbeck-Virchow-Haus in der Berliner Luisenstraße, an dessen Fassade und in dessen Räumen an von Langenbeck erinnert wird (s. u.).
Als Generalarzt und I. Beratender Chirurg der preußischen Armeen sowie Leiter des chirurgischen Sanitätsdienstes[3] nahm von Langenbeck 1866 am Feldzug gegen Österreich und 1870/71 am Krieg gegen Frankreich teil. Seit dem 24. Dezember 1872 stand Langenbeck à la suite des Sanitätskorps. In dieser Stellung erhielt er 1882 den persönlichen Rang eines Generalleutnants sowie den Titel Wirklicher Geheimer Rat.[4]
Langenbeck heiratete am 8. April 1840 in Himmelpforten Arnoldine Reinbold (* 9. Juli 1817 in Hannover; † 4. Dezember 1886 in Wiesbaden). Aus der Ehe gingen zwei Söhne und drei Töchter hervor:
Weltbekannt wurde Langenbeck unter anderem mit Operationen im Gesichts- und Kopfbereich.[6] So entwickelte er eine nach ihm benannte Nasen- und Lippenplastik sowie eine Gaumenplastik zur Behandlung der Gaumenspalte und Methode der Kehlkopfexstirpation und der Oberkieferresektion.[7] Er gilt zudem als Pionier der Neurochirurgie.[8] Im Jahr 1852 führte er eine subkutane Osteotomie durch.[9] 1858 versuchte er mit einer (transtrochantär eingebrachten) Metallschraube einen nicht verheilten Schenkelbruch zu behandeln[10] und ist somit der Begründer der Schraubenosteosynthese.
Instrumente
Langenbeck entwickelte neue Instrumente, die nach ihm benannt sind:
Flügelzange zum Fassen einzelner hervorgezogener Hämorrhoiden
Amputationsmesser
Knochenzange
Knorpelmesser
Wundhaken: ein breiter, langer und stumpfer Haken mit rechtwinkelig abgebogenem Blatt
Ölgemälde von Ismaél Gentz im ersten Stock des Langenbeck-Virchow-Hauses, Berlin, Luisenstr. 58 anlässlich der Begründung der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie. Hier steht von Langenbeck mit Billroth gegenüber von Victor von Bruns (1812–1883) Chirurg und Gründungsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie (noch ohne Abb. siehe hierzu Lit. Peiper, H.J.)
Kopfbüste B. von Langenbeck. Originalskulptur am Langenbeck-Virchow-Haus des Potsdamer Bildhauers Golter (2004), gestiftet von der Firma Aeskulap.
Der Langenbeckplatz und die Langenbeckstraße in Wiesbaden wurden nach ihm benannt.
Die Langenbeckstraße in Mainz wurde nach ihm benannt.
Die Deutsche Gesellschaft für Chirurgie verleiht seit 1954 zweijährlich, seit 1968 jährlich den renommierten Von-Langenbeck-Wissenschaftspreis für besondere wissenschaftliche Leistungen auf dem Gebiet der Chirurgie.
Literatur
Ronald D. Gerste: Von der Physiologie zur Chirurgie, vom Mikroskop zum Resektionsmesser. Zum 200. Geburtstag des großen Chirurgen Bernhard von Langenbeck.Chirurgische Allgemeine, 12. Jg., 4/2011, S. 291–195.
Nicolai Guleke: Kriegschirurgie und Kriegschirurgen im Wandel der Zeiten. Vortrag gehalten am 19. Juni 1944 vor den Studierenden der Medizin an der Universität Jena. Gustav Fischer, Jena 1945, S. 34–36.
Hans-Jürgen Peiper: Das Langenbeck-Virchow-Haus im Spiegel der Geschichte der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie. Einhorn-Presse Verlag 2001.
↑Nicolai Guleke: Kriegschirurgie und Kriegschirurgen im Wandel der Zeiten. Vortrag gehalten am 19. Juni 1944 vor den Studierenden der Medizin an der Universität Jena. Gustav Fischer, Jena 1945, S. 35.
↑Gothaisches genealogisches Taschenbuch der gräflichen Häuser, 1876, S. 733
↑Vgl. etwa Bernhard von Langenbeck: Die subcutane Durchschneidung des Nervus infraorbitalis in der Fissura orbitalis inferior. In: Archiv für klinische Chirurgie. Band 1, 1869, S. 127 ff.
↑Nicolai Guleke: Kriegschirurgie und Kriegschirurgen im Wandel der Zeiten. Vortrag gehalten am 19. Juni 1944 vor den Studierenden der Medizin an der Universität Jena. Gustav Fischer, Jena 1945, S. 35.
↑Barbara I. Tshisuaka: Langenbeck, Bernhard Rudolf Konrad von. In: Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. De Gruyter, Berlin/New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 824.
↑Paul Diepgen, Heinz Goerke: Aschoff/Diepgen/Goerke: Kurze Übersichtstabelle zur Geschichte der Medizin. 7., neubearbeitete Auflage. Springer, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1960, S. 39.
↑Thomas Schlich: Osteosynthese. In: Werner E. Gerabek u. a. (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. 2005, S. 1083–1083, hier: S. 1083.
Chirurgie-Ordinarien der Christian-Albrechts-Universität