Die Bezeichnung „Generalleutnant“ (auch die entsprechenden, ähnlich- oder gleichlautenden englischen und anderssprachigen Bezeichnungen) setzt sich aus den Begriffen „General“ und „Leutnant“ (der französischenWortherkunft nach in etwa „Stellvertreter“ bedeutend) zusammen. Der Generalleutnant war also ursprünglich der Stellvertreter des ranghöheren Generals.[A 1] In der Tat wurde als Generalleutnant im 16. und 17. Jahrhundert der den römisch-deutschen Kaiser im Frieden vertretende höchste Offizier bezeichnet. Er war mit weitgehenden militärischen Vollmachten sowie mit großen politischen Vollmachten ausgestattet. Er war daher oft mehr als „nur“ ein militärischer Oberbefehlshaber. Im Kriegsfall war der Generalleutnant der Stellvertreter des Höchstkommandierenden.[1] In der Reichsarmee des Heiligen Römischen Reiches war dies häufig der Kaiser selbst, der dann entsprechend als oberster Kriegsherr den Titel General führte. Noch die Kriegsverfassung des Deutschen Bundes von 1821/22 bestimmte, einen Generalleutnant als Stellvertreter des Oberbefehlshabers zu wählen. Nach ganz ähnlichem Muster ist die Dienstgradbezeichnung Vizeadmiral gebildet, der im Wortsinn als Stellvertreter eines Admirals in vielen Streitkräften das Äquivalent der Seestreitkräfte zum Generalleutnant ist.
Gesetzliche Grundlagen für die Ernennung zum Generalleutnant setzt die Soldatenlaufbahnverordnung (SLV) und ergänzend die Zentrale Dienstvorschrift (ZDv) 20/7. Im Detail sind die Laufbahnen dort aber nur bis zum Dienstgrad Oberst reglementiert. Die Ernennung zum Generalleutnant ist dagegen im Wesentlichen eine vom Dienstherrn aufgrund der Eignung, Befähigung und Leistung des Soldaten zu treffende Entscheidung, die kaum weiteren Voraussetzungen unterliegt. Zum Generalleutnant werden in der Praxis üblicherweise nur Berufsoffiziere ernannt.[A 6] Nach der Soldatenlaufbahnverordnung gilt sinngemäß, dass die Dienstgrade in der Anordnung des Bundespräsidenten beschriebenen Reihenfolge regelmäßig durchlaufen werden sollten und eine Mindestdienstzeit im vorangehenden Dienstgrad von mindestens einem Jahr die Regel sein sollte;[A 7] in der Praxis war ein Generalleutnant zuvor mehrere Jahre Generalmajor. Regelmäßig haben die meisten Generalleutnante den Lehrgang Generalstabs-/Admiralstabsdienst an der Führungsakademie der Bundeswehr absolviert.[13][14][15][A 8]
Im Bundesheer ist der Generalleutnant der zweithöchste Dienstgrad. Von 1980 bis 2002 hieß dieser Dienstgrad nach Schweizer Vorbild „Korpskommandant“ (Kkdt). Die seither gültigen Dienstgrade traten mit 1. Dezember 2002 in Kraft.[19]
Der Lieutenant-général war im Frankreich des Ancien Régime hingegen ein Titel, jedoch kein militärischer Rang. Er wurde von mehreren höheren Offizieren geführt.
Am 25. Februar 1793 wurde der Lieutenant-général zu einem regulären Dienstgrad gemacht. Es betraf einen Général de division in seiner Eigenschaft als Kommandeur eines Armeekorps. Von König Ludwig XVIII. am 16. März 1814 wieder abgeschafft, wurde er von Napoleon während der Herrschaft der Hundert Tage erneut eingeführt und überdauerte bis 1848. Am 28. Februar des gleichen Jahres wurde er wieder zum Général de division, für den Kommandeur eines Armeekorps wurde der Rang „Général de corps d’armée“ eingeführt.
Die Streitkräfte der Russischen Föderation haben den General-leitenant (kyrillisch: генера́л-лейтена́нт) im Jahre 1991 aus den Streitkräften der Sowjetunion übernommen. Der russische Generalleutnant entspricht dem NATO-Rangcode OF-7. Daher ist er nur phonetisch, nicht aber funktional mit dem deutschen Generalleutnant vergleichbar, da er ein 2-Sterne-General ist, so wie der Generalleutnant in der Wehrmacht im Dritten Reich und der Generalleutnant in der Nationalen Volksarmee (NVA) in der DDR vor der Deutschen Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990, wohingegen der Generalleutnant in der Bundeswehr ein 3-Sterne-General ist entsprechend dem NATO-Rangcode OF-8.
Rangabzeichen Generalleutnant Russland
Heer – Paradeuniform, Sowjetarmee, Streitkräfte der UdSSR und Russische Streitkräfte ab 2010.
Luftwaffe – Paradeuniform, Sowjetarmee, Streitkräfte der UdSSR und Russische Streitkräfte ab 2010.
In der US Army, der US Air Force, der US Space Force und im US Marine Corps ist der Dienstgrad Lieutenant General mit dem deutschen Generalleutnant vergleichbar, obwohl dieser Dienstgrad nicht dauerhaft verliehen wird.[20] Der höchste Dienstgrad, zu dem ein Offizier in den Streitkräften der Vereinigten Staaten regulär befördert werden kann, ist der des Major Generals. Alle höheren Dienstgrade können nur durch eine Nominierung für einen Dienstposten erreicht werden. Der zukünftige Lieutenant General muss für einen bestimmten Dienstposten vom Präsidenten nominiert und vom Senat mit einfacher Mehrheit bestätigt werden. Die Verwendung auf dem Dienstposten beträgt im Regelfall drei Jahre. Voraussetzung ist mindestens der Dienstgrad Brigadier General.[20] Nach der vorgesehenen Dienstzeit auf dem Dienstposten wird für den Offizier entweder die Nominierung verlängert, er wird für einen neuen Dienstposten mit dem Dienstgrad Lieutenant General oder des höherwertigen Dienstgrades General vorgeschlagen oder er geht in den Ruhestand. Die früher durchaus übliche Praxis in den Dienstgrad eines Major General zurückzukehren, wird heutzutage nicht mehr durchgeführt.
In der Hierarchie steht der Lieutenant General über dem Major General und unter dem General. Die US-Soldstufe ist O-9. Der NATO-Rangcode ist OF-8. Ein Lieutenant General führt bei Bedarf operativ als größten Kampfverband der US Army ein Korps mit zwei oder mehr Divisionen. Ansonsten wird ein Lieutenant General als Kommandeur oder dessen Stellvertreter in Regionalkommandos und hohen Funktionalkommandos eingesetzt.
Rangabzeichen Lieutenant General US-amerikanische Streitkräfte
Schulterstück U.S. Army
Schulterstück U.S. Air Force und U.S. Space Force
Schulterstück U.S. Marine Corps
Verwendung in der Vergangenheit
Reichsarmee des Heiligen Römischen Reiches
In der Reichsarmee des Heiligen Römischen Reiches war Reichsgeneralleutnant zeitweise der höchste militärische Rang. Das militärische Oberkommando über die Reichsarmee führte nominell der Kaiser selbst. De facto fungierte ein Reichsgeneralleutnant als sein Stellvertreter (= Leutnant), später ein Reichsgeneralfeldmarschall. Dieser konnte in der Praxis nur von Kaiser und Reichstag gemeinsam ernannt werden, da eine eindeutige Bestimmung niemals wirklich erfolgte.[21] Wegen der auf dem Reichstag 1555 zu Augsburg beschlossenen Parität wurden daher jeweils ein katholischer und ein evangelischer Reichsgeneralleutnant bzw. Reichsgeneralfeldmarschall ernannt.
Preußische Armee
Im Laufe des 17. Jahrhunderts entwickelte sich in Preußen der Generalleutnant zu einem Dienstgrad unter dem General und seit Ende des 18. Jahrhunderts zum Kommandeur einer Division. Bis 1918 führte er das PrädikatExzellenz.
In der Roten Armee der Sowjetunion wurden am 7. Mai 1940 die Generalsränge wieder eingeführt. Der phonetisch dem deutschen Generalleutnant ähnelnde Dienstgrad General-leitenant (kyrillisch: Гнера́л-лейтена́нт) trat an die Stelle des KomDiw. Generalleutnant war der zweitniedrigste Dienstgrad in der Gruppe der Generale.
↑Die Dienststellung wird nicht immer von einem Generalleutnant der Bundeswehr bekleidet, sondern wird wechselnd an die beteiligten Streitkräfte vergeben. Im Kommando Heer zeichnet aber immer der Kommandeur Deutsche Anteile Multinationaler Korps im Dienstgrad Generalleutnant (alternativ Vizeadmiral) für die deutschen Anteile an den multinationalen Korps im Sinn der Wehrdisziplinarordnung verantwortlich, wenn der Einheitsführer Ausländer ist.
↑Zum Generalleutnant können im Grunde Soldaten auf Zeit, Berufssoldaten und Reservisten ernannt werden, wobei in der Praxis (zumal im Frieden) fast nur Berufsoffiziere zum Generalleutnant befördert werden. Beispiele für die Ernennung zum Generalleutnant d. R. sind (im Gegensatz zu →Brigadegeneralen d. R.) in der Bundeswehr nicht bekannt. Generale a. D. sind im Übrigen auch Reservisten. Sie werden aber üblicherweise nicht weiter befördert und leisten auch keine Wehrübungen. In der Praxis ist die Beförderung eines Reservisten zum Generalleutnant zudem ausgeschlossen, weil keine entsprechende Planstellen ausgeplant wurden und daher keine im Sinne der Soldatenlaufbahnverordnung in Verbindung mit der ZDv 20/7 sinngemäß (nicht formal) geforderte Beorderung erfolgen kann. Im Sinne der Soldatenlaufbahnverordnung ist ferner die Zugehörigkeit zur Laufbahngruppe der Offiziere naheliegend, obwohl auch dies nur implizit erschlossen werden kann, denn alle Generale werden im Sinne der Anordnung des Bundespräsidenten weiter zu den Offizieren gezählt. Im Geltungsbereich der Soldatenlaufbahnverordnung sind Beförderungen der Offiziere nur innerhalb einer Laufbahn der Laufbahngruppe der Offiziere möglich. Auch wenn die Laufbahnen der Laufbahngruppe über den Oberst hinausgehend in der Soldatenlaufbahnverordnung nicht näher beschrieben sind, erfolgt die Beförderung in einen Dienstgrad der Dienstgradgruppe der Generale sinngemäß in Fortsetzung einer der Laufbahnen der Offiziere. Praktisch ausgeschlossen ist die Beförderung von Offizieren einer der Laufbahnen des militärfachlichen Dienstes, des Geoinformationsdienstes oder des Militärmusikdienstes. Ihre Beförderung ist in der Praxis ausgeschlossen, da keine entsprechenden Planstellen ausgewiesen werden. Die Laufbahn im militärfachlichen Dienst endet in der Praxis und in der Beschreibung der Soldatenlaufbahnverordnung beim Stabshauptmann. Für Militärmusikoffiziere ist aufgrund der begrenzten Planstellen höchstens der Dienstgrad Oberst zu erreichen. Im Geoinformationswesen ist der oberste Fachvorgesetzte Brigadegeneral.
↑Mindestdienstzeiten seit Ernennung zu einem vorangehenden Dienstgrad sind formal also keine Voraussetzungen. Theoretisch könnte der Dienstgrad Generalleutnant auch von Obersten, Brigadegeneralen und Generalmajoren „übersprungen“ werden oder bereits kurz nach Ernennung zum Oberst bzw. Brigadegeneral bzw. Generalmajor erreicht werden; theoretisch möglich ist auch eine Einstellung mit dem Dienstgrad Generalleutnant. Ein seltenes Beispiel für einen dieser „Sonderfälle“, das uneingeschränkt auf Heeres- und Luftwaffenuniformträger und den Dienstgrad Generalleutnant übertragbar wäre, ist Ulrich Weisser, der 1992 zunächst zum Flottillenadmiral ernannt wurde und noch im selben Jahr zum Vizeadmiral ernannt wurde. Weisser übersprang den Dienstgrad Konteradmiral, vgl. Hans Ehlert: Ein Leben für die Bundeswehr. Minensucher, Superhirn, graue Eminenz. In: faz.net.Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH, Werner D’Inka, Berthold Kohler, Günther Nonnenmacher, Holger Steltzner, 6. Mai 2011, abgerufen am 15. August 2014 (Erstausgabe in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 27. April 2011. Nr. 97 / Seite 8).
↑Die Altersgrenzen wurden mit dem Dienstrechtsneuordnungsgesetz 2009 neu bestimmt, vgl. insbes. Änderungen betreffend § 45 SG und Übergangsbestimmungen gem. § 96 SG. Vgl. Gesetz zur Neuordnung und Modernisierung des Bundesdienstrechts (Dienstrechtsneuordnungsgesetz – DNeuG). In: Bundesanzeiger Verlag (Hrsg.): BGBl. Teil 1, G 5702. Band2009, Nr.7. Bonn 11. Februar 2009, S.160–275 (BGBl. 2009 I Nr. 7 [abgerufen am 14. November 2014]).
↑ abDie äquivalenten, ranghöheren und rangniedrigeren Dienstgrade sind im Sinne der ZDv 14/5 B 185 angegeben, vgl. Der Bundesminister der Verteidigung (Hrsg.): ZDv 14/5. Soldatengesetz. DSK AV110100174, Änderungsstand 17. Juli 2008. Bonn 21. August 1978, Dienstgradbezeichnungen in der Bundeswehr, S.B 185 (Nicht zu verwechseln mit dem Gesetz über die Rechtsstellung der Soldaten (Soldatengesetz). Die in der Infobox dargestellte Reihenfolge der Dienstgrade entspricht nicht notwendigerweise einer der in der Soldatenlaufbahnverordnung vorgesehenen regelmäßig durchlaufenen Dienstgradabfolgen und auch nicht notwendigerweise der in der Vorgesetztenverordnung beschriebenen Dienstgradhierarchie im Sinne eines Vorgesetztenverhältnisses).
↑Hanns Weigl: Die Kriegsverfassung des alten deutschen Reiches von der Wormser Matrikel bis zur Auflösung. Bamberg 1912 (Inaugural-Dissertation der juristischen Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität zu Erlangen). S. 61f.