Die Namen von Straßen und Plätzen haben sich in Bozen ursprünglich durch allgemeinen Gebrauch entwickelt.[1]
Aus der Zeit bis 1500 sind im Altstadtbereich bereits zahlreiche Platz- und Straßenbezeichnungen urkundlich vielfach belegt. Zu den alten Platznamen zählen der Obstplatz (am Obern Platz), der Untere Platz (heutiger Rathausplatz), der Kornplatz (Cornplatz, Korennplatz), der Musterplatz (auff der Muster), der Plärrer (eine Freifläche in der heutigen Gummergasse).[2]
An Straßenzügen sind vor 1500 urkundlich genannt: die Eisack(brücken)gasse (in der gassen Eysackhpruggen), die Erhardgasse (heutige Franziskanergasse), die Fleischgasse (heutige Museumstraße), die Hintergasse (auch Erhard-, später Karrnergasse, heutige Dr.-Streiter-Gasse; in der Hindern gassen, Hindergass), die Hudergasse (nördl. Abschnitt der heutigen Goethestraße und unteres Ende des Obstplatzes; Hudergasse, Huderstang), die Lauben oder Gewölbe (vnter den gewölben), die Obergasse (in Bozen-Dorf), die Raingasse (an dem Rayn), die Rauschertorgasse (Rauschgazzen), die Spielhofgasse (heutiger Pfarrplatz zwischen Pfarrkirche und ehemaligem Heilig-Geist-Spital; via communis que der Spilhoff dicitur), die Schustergasse (später Predigergasse und heutige Goethestraße) und die Wangergasse (heutige Bindergasse; Wangergazze, Wagnergassen).[2] Auch kleinere Durch- und Quergänge des Stadtkerns wie Steglein (an der Silbergasse) und am Gesslen sind namentlich bezeugt.[2]
Erst um 1890 und im Zuge der städtischen Expansion begannen die Stadtgemeinde Bozen und die Landgemeinden Gries und Zwölfmalgreien, aus denen die Stadt Bozen heute besteht, Namen amtlich festzulegen bzw. bislang unbenannten oder neu errichteten Straßenzügen, etwa in der sogenannten Neustadt, Namen zu verleihen. Das hatte vor allem postalisch-touristische Gründe. Damals waren alle Namen einsprachig deutsch.
Nach der Annexion Südtirols 1920, dem Marsch auf Rom von 1922 und infolge des 1923 von Ettore Tolomei verkündeten Italianisierungsprogramms begannen die Faschisten mit einer nationalistischen und einsprachig italienischen Um- und Neubenennung vieler Straßen und Plätze. Insbesondere 1929[3] und 1936[4] wurden zahlreiche Straßen umbenannt. Nach Mussolinis Entmachtung wurden die Straßennamen teilweise ersetzt:[5] Die NS-Behörden der Operationszone Alpenvorland von 1943 bis 1945 verboten die italienischen Namen nicht, fügten auf einsprachigen Schildern aber die deutschen Namen hinzu.
Nach dem Kriegsende rissen einige Italiener die zweisprachigen Schilder herunter und ersetzten sie durch wiederum einsprachig italienische. Dies musste aufgrund einer Verfügung der amerikanischen Militärbehörde wieder rückgängig gemacht werden. In der Folge wurde 1946 eine Kommission eingesetzt, die sich mit der Schilderfrage beschäftigte. Eine wichtige demokratisch-republikanische Neubenennung erfolgte mit der Freiheitsstraße, des ehemaligen Corso dell'Impero.
Ende 1948 wurde eine neue Kommission gebildet, da nicht in allem ein Kompromiss erzielt werden konnte. Faschistische Granden und Würdenträger wurden entfernt, aber viele nationalistische, kriegsverherrlichende und anti-österreichische Namen blieben bis heute bestehen:
2001 setzte die Stadt Bozen ein Zeichen, indem sie den Siegesplatz in Friedensplatz (Piazza della Pace) umbenannte.[6] Bei einer von den italienischen Rechtsparteien initiierten Volksabstimmung stimmten allerdings 2002 die Einwohner der Stadt Bozen (rund 73 % italienisch- und 26 % deutschsprachig) mit ca. 62 % für die Rückbenennung in Siegesplatz.[7]
Sehr viele Straßen sind nach italienischen Städten benannt. Demgegenüber gibt es nur eine einzige österreichische Stadt (Innsbrucker Straße) und keine deutsche.
In jüngster Zeit wurde bei Neubenennungen vor allem Namen von Frauen und Antifaschisten gewählt.
Alle Bozner Straßenschilder sind zweisprachig italienisch und deutsch.
Josef Eisenstecken (1779–1827), 1809 Freiheitskämpfer an der Seite von Andreas Hofer
Luis Amplatz (1926–1964), Freiheitskämpfer und Mordopfer
Karl Felderer (1895–1989), Autor des Bozner Bergsteigerliedes Wohl ist die Welt so groß und weit...
Josef Ferrari (1907–1958), in Bozen geboren, der erste deutsche Schulamtsleiter nach dem Zweiten Weltkrieg, hat sich um den Wiederaufbau der unter dem Faschismus verbotenen deutschen Schule in Südtirol verdient gemacht.
Carl Henrici (1737–1823), Maler und Schöpfer des Herz-Jesu-Bildes in der Bozner Stadtpfarrkirche.
Cornelius Hintner (1875–1922), Filmregisseur und Maler
Hans von Hoffensthal (1877–1914), Verfasser mehrerer Romane, die alle in und um Bozen spielen
Karl Theodor Hoeniger (1881–1970), Kunsthistoriker, Autor und Heimatforscher, Verfasser des Altbozner Bilderbuches
Franz Kink (1790–1862), Pionier der Zementerzeugung, Begründer der österreichischen Zementindustrie
Heinrich Kunter († 1317), Kaufmann und Erbauer des nach ihm benannten Kunterswegs
Graf Meinhard II. von Tirol (um 1238–1295), Tiroler Landesfürst. Früher hieß die heutige Rosministraße nach ihm, bevor sie in der Zeit des Faschismus umbenannt wurde.
Carl Moser (1873–1939), Maler und Grafiker, Vertreter des Jugendstils
Karl von Müller (1821–1909); Wohltäter, mit dem von ihm gestifteten Vermögen wurde die Oswaldpromenade vom Peter-Ploner-Weg bis St. Magdalena verlängert und zudem die Errichtung des städtischen Freibades (Lido) mitfinanziert.
Hubert Mumelter (1896–1981), Dichter und Maler
Heinrich Noë (1835–1896), Schriftsteller; an ihn erinnert eine Büste im Bahnhofspark.
Josef Noldin (1888–1929), Rechtsanwalt und Opfer des Faschismus
Erzherzog Rainer (1783–1853), kam 1848 nach Bozen, Hauptstifter des nach ihm benannten Rainerum, ist in der Bozner Pfarrkirche begraben.
Erzherzog Heinrich (1828–1891), Sohn von Erzherzog Rainer, in Bozen wohnhaft, Förderer zahlreicher Vereine und gemeinnütziger Vorhaben in Bozen, auch der 1890–91 geschaffenen Guntschnapromenade, die ursprünglich nach ihm benannt war.
Rolf Regele (1899–1987), Maler
Johann Santner (1841–1912), Alpinist und Erstbesteiger der nach ihm benannten Santnerspitze am Schlern
Josef Staffler (1846–1919), Pionier im Seilbahnwesen, Erbauer der Kohlerer Bahn.
Gebrüder Stolz, Maler aus Bozen: Ignaz Stolz (1868–1953), Rudolf Stolz (1874–1960) und Albert Stolz (1875–1947) waren Schöpfer zahlreicher volkstümlicher Gemälde und Zeichnungen.
Friedrich Tessmann (1884–1958), Stifter der nach ihm benannten Landesbibliothek in Bozen
Luis Trenker (1892–1990), Bergsteiger, Architekt, Schauspieler, Regisseur und Schriftsteller; insbesondere für seine Filme über die Alpen bekannt.
Albert von Trentini (1878–1933), Schriftsteller
Johann Nepomuk von Tschiderer (1777–1860), in Bozen geboren, 1834–1860 Fürstbischof von Trient, 1995 seliggesprochen.
Minna Ottilie Wendlandt (1830–1907), Unterstützerin vieler Vereine von Bozen und Gries. Ihr zu Ehren hieß die westlich an ihrer Villa vorbeiführende heutige Egger-Lienz-Straße Wendlandtstraße.
Josef Wieser (1828–1899), Propst, Dekan und Stadtpfarrer in Bozen; Mitstifter des nach ihm benannten Knabenheimes Josefinum
Karl Felix Wolff (1879–1966), Schriftsteller und Sagenforscher
Franz von Zallinger-Stillendorf (1842–1907), Landtags- und Reichsratsabgeordneter, schenkte den Grund für die Herz-Jesu-Kirche und das Eucharistinerkloster.