Nachdem er früh Oboenunterricht bei Emile Cassagnaud in Bern genommen hatte, legte er 1953, vierzehnjährig, erste Kompositionen (Kammermusik, Lieder, Bühnenmusik) vor. 1956 begann er sein Studium am Berner Konservatorium bei Emile Cassagnaud (Oboe) und Sándor Veress (Komposition). Nach der zwei Jahre später bestandenen Matura in Burgdorf erwarb er ein Lehrdiplom am Konservatorium in Bern.
Heinz Holliger wurde als Oboist weltweit bekannt; zahlreiche Werke wurden für ihn geschrieben. Daneben war er auch als Komponist erfolgreich. Holliger komponierte Bühnenwerke, Orchester-, Solo- und Kammermusikwerke. In seinem reichen Vokalwerk kommt der Vertonung von Texten Schweizer Autoren eine besondere Rolle zu, dazu zählt u. a. auch die Oper Schneewittchen (Robert Walser, 1997/1998). Die auf Gedichte von Georg Trakl Bezug nehmenden Drei Nachtstücke für Klavier (1961) wurden mit anderen Stücken unter dem Gesamttitel Elis veröffentlicht. Auf Einladung von Walter Fink war Holliger 2007 der 17. Komponist im jährlichen Komponistenporträt des Rheingau Musik Festivals. Er gehört auch bei den Weltmusiktagen der Internationalen Gesellschaft für Neue Musik ISCM zu den an meisten aufgeführten Komponisten: 1963 wurden die Kantate Erde und Himmel, 1965 Glühende Rätsel, 1967 das Trio für Oboe/Viola/Harfe, 1969 Siebengesang, 1978 Atembogen, 1991 der volle Scardanelli-Zyklus und 2004 Turm Musik aufgeführt.[1][2]
Heinz Holliger wurde als Sohn eines Arztes geboren. Er spricht von einer Art Bio-Realismus, den er mit dem Beruf seines Vaters und der Atemtechnik beim Oboe-Spiel in Verbindung bringt. Er bezeichnet sich als Berufsatmer. In seinem Schaffen als Komponist führte der Tod seiner Mutter in eine neue Etappe, die mit dem Werk Pneuma begann und als Requiem entstanden ist.[3]
Heinz Holliger war bis zu ihrem Tode am 21. Januar 2014 mit der HarfenistinUrsula Holliger (1937–2014) verheiratet.[4] Ihre Tochter Anna Holliger war 1. Violinistin des Berner Symphonie-Orchesters und starb am 3. Juni 2021 an einer schweren Krankheit.[5] Holligers älterer Bruder war der Theaterregisseur Erich Holliger (1936–2010).
Werke
Sequenzen über Johannes I,32 (1962) für Harfe
Siebengesang (1966–1967) für solo-Oboe, Orchester, Stimmen and Lautsprecher
Pneuma
Psalm für gemischten Chor. Schott, Mainz 1971
Streich Quartett (1973)
Scardanelli-Zyklus (1975–1991) für Solo-Flöte, kleines Orchester, Tonband und gemischten Chor
Not I (1978–1980) Monodrama für Sopran und Tonband
Studie über Mehrklänge (1979) für Oboe solo
Fünf Stücke für Orgel und Tonband (1980)
What Where (1988), Kammeroper
Violinkonzert "Hommage à Louis Soutter" (1993–1995)
Schneewittchen (1998), Oper nach einem Text von Robert Walser
Partita für Klavier (1999)
Puneigä, zehn Lieder für zwölf Spieler nach Gedichten von Anna Maria Bachers (2000/02)
Ma'mounia für Schlagzeug solo und Instrumentalquintett (2002)
Romancendres für Cello und Klavier (2003)
Induuchlen, vier Lieder für Kontratenor und Horn, für Klaus Huber (2004)
Toronto-Exercises für Flöte (auch Altflöte), Klarinette, Violine, Harfe und Marimbaphon (2005)
Peter Niklas Wilson, Michael Kunkel: Heinz Holliger. In: Hanns-Werner Heister, Walter-Wolfgang Sparrer (Hrsg.): Komponisten der Gegenwart. ed. text + kritik, München 1992.