Die Küstenregion um Toulon ist mindestens seit der Altsteinzeit von Menschen besiedelt, wie Funde in der Cosquer-Höhle gezeigt haben. Seit etwa dem 7. Jahrhundert v. Chr. bestanden Handelsniederlassungen an der Küste, die von griechischen Seefahrern aus Kleinasien gegründet worden waren. Ab etwa dem 4. Jahrhundert v. Chr. sind Kelten in der Gegend nachweisbar. Im 2. Jahrhundert v. Chr. besetzten römische Truppen die Küstenregion und gründeten die Hafenstadt Telo Martius, benannt möglicherweise nach einer ligurischen Göttin „Telo“ oder von lat. tolus („Fuß eines Hügels“) und dem Kriegsgott Mars, aus der später Toulon hervorging. In der Antike war Telo Martius als ein Zentrum der Herstellung von Purpur bekannt. Gegen Ende des Römischen Reichs wurden die Stadt und Region christianisiert. Im frühen Mittelalter war die Stadt wiederholt Angriffen von Sarazenen und Piraten ausgesetzt.
Nach der Angliederung der Provence an Frankreich im Jahr 1486 wurde Toulon allmählich zum Militärhafen ausgebaut. Insbesondere unter dem Minister Ludwigs XIV.Jean-Baptiste Colbert wurden die Befestigungsanlagen und Hafenanlagen nach Plänen von Sébastien Le Prestre de Vauban erweitert. Im Spanischen Erbfolgekrieg wurde die Stadt durch Koalitionstruppen im Jahr 1707 erfolglos belagert. Im 18. und 19. Jahrhundert war Toulon Ausgangspunkt für verschiedene französische Marineoperationen im Mittelmeer. Am 22. Februar 1744 fand die Seeschlacht bei Toulon während des Österreichischen Erbfolgekrieges statt.
Während der Französischen Revolution war die Auslieferung Toulons im September 1793 durch Girondisten und Royalisten an die Briten Auslöser der Septemberbewegung in Paris. Am 19. Dezember 1793 eroberte nach sechswöchiger Blockade die Revolutionsarmee die Stadt und vertrieb die Briten aus dem Ort. (→ Belagerung von Toulon (1793)) Dabei spielte Napoleon Bonaparte erstmals eine wichtige militärische Rolle. Nach der Einnahme der Stadt folgte ein blutiges Strafgericht durch die Jakobiner. Am 19. Mai 1798 brach Napoleon mit seiner Armee von Toulon aus zur Ägyptischen Expedition auf.
Im August 1935, ein Jahr vor der Regierungszeit der Front populaire, kam es in Toulon zu gewaltsamen Aufständen der Werftarbeiter gegen die restriktive Sparpolitik der Regierung. Dabei kam es zu einer Vielzahl von Toten und Verletzten; der Ausnahmezustand wurde verhängt.[1]
Adolf Hitler ernannte im Januar 1944 alle wichtigen Hafenstädte im Westen, so auch Toulon, zur „Festung“ – eine vor allem symbolische Handlung. In OKW-Befehlen von Februar 1944 zur Verteidigung von Festungen wurde befohlen, „bis zum letzten Mann“ zu kämpfen und keinesfalls zu kapitulieren. Dies geschah in keiner der Hafenstädte.[2]
Am 15. August 1944 landeten die Alliierten an der Küste des Var und starteten die Operation Dragoon. Sie führte zur Kapitulation der deutschen Truppen und der Befreiung von Toulon am 28. August 1944. Am 20. September 1944 war der Hafen für die Alliierten wieder operativ.[3] 1964 wurde auf dem Mont Faron (Lage) ein Denkmal zur Erinnerung an die Landung der Alliierten eingeweiht, das Mémorial Mont Faron.[4]
Toulon: Stadt der Internierungen und Deportationen
Am Boulevard du 112e Régiment d’Infanterie (Lage) befindet sich eine größere Gedenkstätte, über deren Eingang der Schriftzug Mémorial de la Déportation et de l'Internement prangt.[5] Die Geschichte dieses Ortes erschließt sich fast ausschließlich aus den im Außenbereich angebrachten Gedenktafeln; eine systematische Darstellung der Internierungs- und Deportationsgeschichte fehlt.
Ein Hinweis findet sich bei Christian Eggers, der im Stadtteil La Rode rund um das heutige Lycée Dumont D’Urville (Lage) ein Lager für „feindliche Ausländer“ verortet, in dem ab September 1939 vorwiegend deutsche und österreichische Emigranten interniert wurden. Das Lager wurde aber bereits im Oktober 1939 wieder geschlossen und die Internierten nach dem Camp des Milles verlegt.[6]
Eine Gedenktafel links über der Tür zum Inneren der Gedenkstätte widmet diese den Opfern der unter dem Vichy-Regime begangenen rassistischen und antisemitischen Verfolgungen.[7] Eine weitere Gedenktafel ehrt die, die gestorben sind, damit Frankreich am Leben bleibt: die durch die Faschisten und Nazis internierten, deportierten, getöteten, erschossenen und gefolterten Widerstandskämpfer. Diese Gedenktafel befindet sich am Fuße eines Lothringerkreuzes am linken Rand der Anlage. Die dritte Gedenktafel befindet sich rechts der Anlage am Fuße einer Skulptur, die einen gequälten und bis auf die Knochen abgemagerten KZ-Häftling symbolisiert. Die Gedenktafel beinhaltet ein Gedicht von Marcelle Dudach-Roset (1918–1948), einer französischen Widerstandskämpferin, die Im KZ Ravensbrück inhaftiert war.[8]
Die Überschrift lautet La rose "Résurrection" de Ravensbrück (Die Rose der Auferstehung von Ravensbrück) und der Text: „...Ich bin "Auferstehung" // Und durch alle Jahre hindurch // Durch alle Jahreszeiten hindurch // Werde ich der Zeuge des Lebens bleiben // Der vor der Barbarei // Alle Kinder der Welt schützen wird // Selbst wenn ich zur Hagebutte geworden bin // Alle Wege erhellend...“[9] Marcelle Dudach-Roset initiierte 1973 die Züchtung dieser Rose von Ravensbrück, die nach einer zwischenzeitlichen Nachzüchtung an mehr als 600 Gedenkorten gepflanzt.wurde, darunter vielen Orten in Frankreich, wo auch die erste Anpflanzung der Rose Résurrection[10] stattfand.[11]
1984 wurden von der Gedenkstätte Yad Vashem die Familie Teillard und die beiden Ordensschwestern Marie-Thérèse Roux und Jeanne Hertel als Gerechte unter den Völkern ausgezeichnet, weil sie während der Zeit der Besatzung einer jüdischen Familie geholfen hatten.[12] Am 16. Juli 2023 standen sie Mittelpunkt einer Gedenkveranstaltung am Mémorial de l’internement et de la déportation.[13]
Bedeutendste Wirtschaftszweige sind der Schiffbau sowie der Handel, der über den Hafen abgewickelt wird. Auch das Militär ist ein bedeutender Arbeitgeber.
Verkehr
Neben dem Hafen, von dem aus Schiffsverbindungen u. a. nach Korsika und zu den Îles d’Hyères angeboten werden, existiert ein Fernbahnhof an der Bahnstrecke Marseille–Ventimiglia mit Verbindungen nach Marseille und Nizza. Beide Städte sind auch über die Küstenautobahnen A 50 (Marseille) und A 57 (Nizza) zu erreichen, die Toulon untertunneln. Der Flughafen Toulon-Hyères liegt ca. 20 Kilometer östlich von Toulon, zu erreichen über die A 570 bzw. mit dem Airport-Bus von Sodetrav. Von dort aus gibt es Flüge unter anderem nach Paris-Orly und London-Stansted (Stand: Februar 2006). Der nächste größere Flughafen ist Marseille.
↑Peter Lieb: Konventioneller Krieg oder Weltanschauungskrieg? Kriegführung und Partisanenbekämpfung in Frankreich 1943/44. Oldenbourg Verlag, 2007, S. 484 (online bei google books).
↑Eine Vielzahl von Fotos über diesen Ort finden sich bei Google Maps.
↑Christian Eggers: Unerwünschte Ausländer. Juden aus Deutschland und Mitteleuropa in französischen Internierungslagern 1940–1942. Metropol Verlag, Berlin 2002, ISBN 3-932482-62-X, S. 50.
↑„...Je suis "Résurrection" // Et tout au long des ans // Tout au long des saisons // Je resterai le témoin de vie // Qui protégera de la barbarie // Tous les enfants du monde // Même lorsque je serai devenu églantine // Illuminant tous les chemins...“. Zitiert nach Les monuments aux morts: Toulon
↑In der französischsprachigen Wikipedia gibt es einen eigenen Artikel über sie: fr:Résurrection (rose).