Erste Pläne für eine Kleinbahn im Gebiet um Voerde kamen in den 1890er Jahren auf, ursprünglich war an eine Verbindung Haspe – Voerde – Brinkerfeld (zwischen Voerde und Altenvoerde) gedacht worden.
Bau und Eröffnung
Die Strecke wurde in den Jahren 1901 bis 1907 von der Kleinbahn Voerde-Haspe Ges. m. b. H. erbaut, die Eigentümer der Gesellschaft waren:
die damals noch selbstständige Gemeinde Voerde, heute zu Ennepetal gehörend.
Als erstes Teilstück ging am 1. Mai 1903 der 9,1 Kilometer lange Abschnitt Haspe–Voerde in Betrieb, bevor die Bahn am 30. September 1907 ihre Gesamtlänge von 18,39 Kilometern erreichte. Davon verliefen 2,40 Kilometer auf öffentlichen Straßen, der Rest des Strecke besaß einen eigenen Bahnkörper abseits befestigter Wege. Im Spitzkehrenbahnhof Voerde mussten die Züge dabei ihre Fahrtrichtung wechseln.
Hauptzweck der Bahn war der Güterverkehr im Tal des Hasperbaches sowie auf die Breckerfelder Hochfläche, wo sich diverse Handwerksbetriebe der Kleineisenindustrie angesiedelt hatten. Zu diesem Zweck wurden die normalspurigen Güterwagen der Eisenbahn auf Rollwagen beziehungsweise Rollböcke verladen. Hierzu existierte ab November 1904 ein Anschluss zum Staatsbahnhof Haspe an der Bahnstrecke Elberfeld–Dortmund, wo sich eine Rollbockgrube befand. Der Personenverkehr wurde im Stundentakt bedient. Für weiteren Betrieb auf der Kleinbahn sorgte der zwischen 1901 und 1904 erfolgte Bau der Hasper Talsperre, für deren Sperrmauer die Bahn das Material transportierte.
Nach dem Ersten Weltkrieg geriet die Betreibergesellschaft jedoch in wirtschaftliche Schwierigkeiten und musste 1921 den Personenverkehr einstellen. Die Gründe dafür lagen im allgemeinen wirtschaftlichen Niedergang nach dem Krieg.
Elektrifizierung und Integration ins Hagener Straßenbahnnetz
Die Bahn und die Anteile der zuvor am Bau beteiligten Institutionen wurden am 7. Dezember 1926 von der Hagener Straßenbahn AG übernommen und ins Hagener Straßenbahnnetz integriert. Ursache für die Übernahme des angeschlagenen Unternehmens durch die Stadt Hagen war die letztlich 1929 erfolgte Eingemeindung der ehemals selbstständigen Stadt Haspe. Die Stadt Hagen erhoffte sich durch die Übernahme der Kleinbahn eine Ausweitung ihres Einflussbereiches auf die Städte und Gemeinden der Umgebung.
Im Zuge dieser Übernahme wurde die Kleinbahn elektrifiziert und in das Netz der Hagener Straßenbahn integriert, fortan pendelte die Linie 11 zwischen Breckerfeld und Hagen Markt. Dabei kam aufgrund der großen Streckenlänge eine vom Hagener Stadtnetz, wo mit 550 Volt gefahren wurde, abweichende Spannung von 1200 Volt Gleichstrom zur Anwendung. Für den daraus resultierenden Mischbetrieb beschaffte die Hagener Straßenbahn – auf Kosten des restlichen Straßenbahnbetriebs – in den Jahren 1927 und 1928 bei Killing 16 spezielle Zweisystemtriebwagen mit den Betriebsnummern 200 bis 215.[1] Im Güterverkehr verkehrten fortan Elektrolokomotiven, die zuvor auf der Strecke verkehrenden Dampflokomotiven wurden verkauft.
Nominal unterstand der Betrieb auf der Überlandstrecke der Hagener Vorortbahn GmbH, einer hundertprozentigen Tochter der Hagener Straßenbahn AG. Eine Betriebserleichterung stellte die ebenfalls 1927 eröffnete Wendeschleife im Bahnhof Voerde dar, die den neuen Personenwagen den Fahrtrichtungswechsel ersparte. Im Gegensatz dazu konnten die Güterzüge die Kehre aufgrund ihrer engen Radien nicht benutzen.
Wegen des nicht mehr finanzierbaren Kapitaldienstes meldete die Hagener Vorortbahn GmbH 1931 ebenfalls Konkurs an. Die Hagener Straßenbahn AG übernahm daraufhin den Betrieb selbst und deckte das Defizit mit Überschüssen aus anderen Betriebszweigen.
Nachkriegszeit und Niedergang
Nach dem Zweiten Weltkrieg machte sich für die Kleinbahn die Konkurrenz durch die Massenmotorisierung immer stärker bemerkbar. Dennoch stellte die Gesellschaft ihre Überlandstrecke noch zum 8. April 1951 auf die niedrigere Stadtspannung um, woraufhin sie von allen Straßenbahnwagen flexibel bedient werden konnte. Am 1. Juli 1954 wurde der Güterverkehr eingestellt, die Elektrolokomotiven dienten fortan nur noch zur Schneeräumung. Durch den Bau einer Gleichrichterstation in Delle wurde 1955 für das gesamte Hagener Netz die Spannung auf einheitlich 750 V umgestellt. Daher verkehrte ab 1955 vorübergehend die Linie 3 Emst–Breckerfeld auf der Vorortbahn, bevor am 2. März 1958 wieder die Linie 11 – die jetzt von modernen Duewag-Großraumwagen bedient wurde – auf die Strecke zurückkehrte, diese wurde bis Hagen-Markt durchgebunden.
Da die Linie 11 nur stündlich nach Breckerfeld fuhr, wurde am selben Tag eine Verstärkerlinie 10 von Haspe, Corbacher Straße zum Schützenhof eingerichtet. Seit 1958 wurden die Düwag-Wagen oft auf der Vorortbahn getestet. Am 2. November 1963 fuhr die letzte Bahn nach Breckerfeld; nachfolgend wurde die Linie 11 auf Busbetrieb umgestellt. (Siehe auch Straßenbahn Hagen#Chronologische Tabelle der Eröffnungen und Stilllegungen)
Heute ist noch das Breckerfelder Empfangsgebäude, der Viadukt unterhalb der Hasper Talsperre, der Lokomotivschuppen sowie das Umspannwerk in Hagen-Haspe am Schützenhof vorhanden. Die Strecke selbst wird zu weiten Teilen als Bahntrassenweg genutzt. Die Steigung erreicht maximal drei Prozent.
Fahrzeuge
Eine der beiden auf der Strecke eingesetzten Mallet-Dampflokomotiven blieb bei der Schweizer Museumsbahn Blonay–Chamby als Lokomotive 105 betriebsfähig erhalten. Zwei Elektrolokomotiven von AEG aus dem Jahr 1912 wurden nach der Ausmusterung an die Vereinigte Bern–Worb-Bahnen verkauft, wo sie als Ge 4/4 61 und 62 vor allem zur Schneeräumung eingesetzt wurden. Dabei erhielten sie 1966/1967 neue Lokkästen. Nach 50 Jahren Einsatz werden beide Loks nicht mehr benötigt. Die ehemalige HVB 1 wird dem Verein Bergisches Straßenbahnmuseum unentgeltlich überlassen. Er bemüht sich zum Stand Januar 2022 darum, den noch fehlenden Teil der Transportkosten zusammenzubringen und das Fahrzeug der Sammlung der Museumsfahrzeuge zuzuführen.[2]
Literatur
Dieter Höltge: Straßen- und Stadtbahnen in Deutschland, Band 4 Ruhrgebiet. EK-Verlag, Freiburg i.Br. 1994, ISBN 3-8825-5334-0.
Dieter Höltge: Straßen- und Stadtbahnen in Deutschland, Band 5 Bergisches und Siegerland. EK-Verlag, Freiburg i.Br. 2000, ISBN 3-8825-5333-2.
Gerd Wolff und Lothar Riedel: Deutsche Klein- und Privatbahnen, Band 5 Nordrhein-Westfalen (Nordwestlicher Teil). Freiburg 1998, ISBN 3-88255-662-5, S. 136–152.
Dirk Göbel, Jörg Rudat: Bitte umsteigen – Mit der Linie 11 ins Grüne. ardenkuverlag, Hagen 2012, ISBN 978-3-942184-08-3