Stadtkyll besteht aus den Ortsteilen Niederkyll, Schönfeld und Stadtkyll.[3]
Geschichte
Ursprünge bis 20. Jahrhundert
Der Ort wurde zur Mitte des 13. Jahrhunderts als Kölner Kirchenbesitz erstmals urkundlich genannt. In der Folgezeit (um 1292) gewann Stadtkyll mit seinem Mauerbering und der Burg schnell an Bedeutung. 1310 erhielt Stadtkyll das Stadtrecht und somit auch das Recht, ein Wappen zu führen, welches dem heutigen noch weitgehend entspricht.
Die Steine der Stadtmauer fanden beim Wiederaufbau nach Bränden und Kriegen Verwendung. Heute ist der ungefähre Verlauf der Befestigung nur noch an den Häuserzeilen in der Burgbergstraße zu erkennen.
1933 bis 1946
Wegen seiner Nähe zur westlichen Reichsgrenze wurde Stadtkyll bereits in den Jahren vor und während des Zweiten Weltkriegs in Mitleidenschaft gezogen. 1934 wurde das Kriegerdenkmal (für die Gefallenen des Ersten Weltkrieges) mit der Inschrift „Und Ihr habt doch gesiegt“ errichtet (noch heute im Berg oberhalb der Ortsmitte als Mahnmal von weitem sichtbar). Ferner wurde das Marienhaus des Stadtkyller Klosters, welches ursprünglich als Exerzitienhaus und Müttererholungsheim diente, zum Büro der in Stadtkyll angesiedelten Westwallbehörden (insbes. Planungsbüro des Festungsbaustabes) und später zum Lazarett umfunktioniert. Anlässlich der Besichtigung der Westwallanlagen am 25. August 1938 fuhr Adolf Hitler im offenen Wagen durch Stadtkyll. Während der Novemberpogrome am 9. November 1938 wurde die Wohnung der jüdischen Familie Rothschild verwüstet. Nur der 16-jährige Sohn Kurt konnte nach Festnahme und Misshandlungen über Ostbelgien fliehen, die weitere Familie wurde später deportiert und Opfer des Holocaust.
Nach Kriegsbeginn wurden schon ab 1940 teils Truppenteile in der Dorfschule einquartiert und Flakstellungen um den Ort zur Luftabwehr errichtet. Nach ersten kleineren direkten Kriegsfolgen – so waren ab dem 15. September 1944 die Stromversorgung und seit dem 21. September auch Warenlieferungen eingestellt – kam es in den Auswirkungen der Ardennenoffensive ab Weihnachten 1944 zu ersten Bombardierungen. Zudem wurde Stadtkyll am 17. Oktober 1944 Hauptverbandsplatz, Militär und zahlreiche Fremdarbeiter nahmen Quartier. Am 1. Januar 1945 wurde das Krankenhaus getroffen (mehr als 150 Soldaten, Schwestern und Ärzte fanden den Tod), am 25. Januar und 2. Februar folgten stärkere Luftangriffe, nach denen Stadtkyll zu 75 % zerstört war. US-Soldaten rückten erst am 6. März 1945 ein, später wurde Stadtkyll der französischen Militärverwaltung unterstellt.
Die NS-Inschrift am Kriegerdenkmal (bzw. Ehrenmal) wurde 1946 auf Anordnung der französischen Militärregierung entfernt.[4]
Geschichte seit Bestehen der Bundesrepublik
Stadtkyll war kommunalverfassungsrechtlich eigenständiger Amtssitz, auch für einzelne umliegend angrenzende kleinere Dörfer. Im Rahmen der rheinland-pfälzischen Funktional- und Gebietsreform wurde Stadtkyll zusammen mit 14 weiteren Gemeinden am 7. November 1970 vom gleichzeitig aufgelösten Landkreis Prüm in den Landkreis Daun (seit 2007 Landkreis Vulkaneifel) umgegliedert[5] und dort in die neu geschaffene Verbandsgemeinde Obere Kyll mit Verwaltungssitz in Jünkerath eingegliedert.
Zum 1. Januar 1971 wurde die bis dahin selbständige Gemeinde Schönfeld eingemeindet.[5]
Aufgrund einer neuerlichen kommunalen Gebietsreform wurde die Verbandsgemeinde Obere Kyll zum 1. Januar 2019 aufgelöst, Stadtkyll ist seit dem Teil der Verbandsgemeinde Gerolstein.
Claudia Kettmus wurde am 10. Juli 2024 Ortsbürgermeisterin von Stadtkyll.[10] Bei der Direktwahl am 9. Juni 2024 war sie als einzige Bewerberin mit einem Stimmenanteil von 56,9 % gewählt worden.[11]
Der Vorgänger von Claudia Kettmus, Harald Schmitz, hatte das Amt 2009 von Nikolaus Simon übernommen und es 15 Jahre ausgeübt.[12][13]
Finanzen
Die Schulden der Ortsgemeinde Stadtkyll lagen zum 31. Dezember 2012 bei 2.164.973 Euro. Dies entspricht einer Pro-Kopf-Verschuldung von 1.484 Euro je Einwohner.[14] Als eine der ersten Kommunen in Deutschland hat die Ortsgemeinde Stadtkyll für den Finanzbereich freiwillig eine sog. „Satzung generationengerechte Finanzen“ eingeführt, über die die Ortsgemeinde anstrebt, Schulden und die daraus resultierenden Zins- und Tilgungslasten abzubauen sowie Haushaltsdefizite zu vermeiden.[15][16]
Wappen
Blasonierung: „Von Gold und Rot durch gesenkten, schräglinken, blauen Wellenbalken und silbernen Wellenleistenstab geteilt, der Wellenbalken mit sieben vierendigen goldenen Sternen belegt.“[17]
Wappenbegründung: Die Farben Gold und Rot deuten auf die Grafen von Manderscheid hin, die 1469 die Grafschaft Gerolstein und mit ihr Stadtkyll in ihren Besitz übernahmen. 1310 erhielt Stadtkyll die Stadtrechte und damit das Recht, ein Wappen zu führen. Das historische Stadtwappen entspricht dem heutigen Wappen. Nur ein vorhandener Balken wurde 1974 in einen Wellenbalken geändert und durch einen neu aufgenommenen Wellenleistenstab abgegrenzt, um zu symbolisieren, dass Ort und Burg Stadtkyll landschaftlich durch den Fluss Kyll geprägt sind.
Jährliches Kirmes- bzw. Kirchweihfest St. Josef am zweiten Wochenende im August
Jährliches Brunnenfest Ende Juni
Burgbrennen am ersten Wochenende nach Aschermittwoch (sogenannter Scheef-Sonntag) auf dem Hasenberg am Friedenskreuz[23][24][25]
Traditionelles Ratschen oder Klappern am Karfreitag und Karsamstag
Wirtschaft und Infrastruktur
Stadtkyll ist staatlich anerkannter Luftkurort und verzeichnet jährlich ca. 65.000 Feriengäste, mit ca. 270.000 Übernachtungen.
Ein Bahnhof bestand an der mittlerweile abgebauten Vennquerbahn Jünkerath – Losheim – Weywertz. Die Bahntrasse der ehemaligen Vennquerbahn wurde bis zum Frühjahr 2015 zu einem Wander- und Radverkehrsweg ausgebaut (RAVeL-Netz-Linie 45a Waimes-Jünkerath), mit Anschluss sowohl in Weywertz an die Vennbahnstrecke als auch in Jünkerath an das deutsche Radwegenetz.[26][27] Außerdem war Stadtkyll vor dem Bau des eigenen Bahnhofs Mitnamensgeber des Bahnhofs Jünkerath-Stadtkyll (heute nur noch "Bahnhof Jünkerath"), der Anschluss nach Köln und Trier besitzt.[28]
Verkehr
Im Dezember 2023 wurde durch den Verkehrsverbund Region Trier die Buslinie 540 gegründet, die von Jünkerath über Stadtkyll bis nach Prüm und zurück verläuft. Die Busse verkehren zweistündlich. Sie werden ergänzt durch die Rufbus-Linien 541 und 542, die ebenfalls zweistündlich verkehren.
Ferner die Linie 478 nach Prüm sowie die Linie 834 des VRS ab Stadtkyll Abzw. Richtung Blankenheim (Ahr) und Dahlem (Nordeifel) und mehrere Schulbuslinien.
Seit September 2024 hält zudem im Zuge des Schienenersatzverkehrs auf der Eifelstrecke jede Stunde zu Minute 56 ein Bus in Richtung Kall sowie zu Minute 0 ein Bus in Richtung Gerolstein.
Ernst Wackenroder (Bearb.): Die Kunstdenkmäler des Kreises Prüm (= Paul Clemen [Hrsg.]: Die Kunstdenkmäler der Rheinprovinz. Band12/II). Trier 1983, ISBN 3-88915-006-3, S.189–196 (222 S., Mit 9 Taf. u. 185 Abb. im Text. Nachdr. d. Ausg. Schwann, Düsseldorf 1927).
1100 – 1250 – 1675 – Stadtkyll – 2000. Das Heft zum vierfachen Jubiläum. Prüm 2000.
Geschichtsverein Prümer Land: Rund um die Kirche im Dorf. Kirchen und Kapellen der Westeifel. Prüm 2003, S. 459 ff.
Ralf Gier: Auswanderung von der Oberen Kyll. In: Der Prümer Landbote. Zeitschrift des Geschichtsvereins „Prümer Land“, Nr. 90, 2006, S. 45–54.
Ortsgeschichte Stadtkyll: Stadtkyll im II. Weltkrieg. Stadtkyll 1986.
Ortsgeschichte Stadtkyll: Stadtkyll in alten Bildern – mit Kerschenbach und Schönfeld. Stadtkyll 1987.
Ortsgeschichte Stadtkyll: Die Vereine. Kerschenbach, Schönfeld und Stadtkyll. Stadtkyll 1992.
Peter Oster: Geschichte der Pfarreien der Dekanate Prüm-Waxweiler. Trier 1927, S. 899 ff.
↑Harald Schmitz: Danke für die schöne Zeit. In: Verbandsgemeinde Gerolstein aktuell, Ausgabe 28/2024. Linus Wittich Medien GmbH, Höhr-Grenzhausen, abgerufen am 14. Juli 2024.
↑Statistische Ämter des Bundes und der Länder: Integrierte Schulden der Gemeinden und Gemeindeverbände - Anteilige Modellrechnung für den interkommunalen Vergleich - Stand 31. Dezember 2012 - Gemeinschaftsveröffentlichung