Lage der Stadt Lambrecht (Pfalz) im Landkreis Bad Dürkheim
Lambrecht (Pfalz) ist eine Stadt im Landkreis Bad Dürkheim im Pfälzerwald. Sie ist Verwaltungssitz der gleichnamigen Verbandsgemeinde. Den Beinamen „Tuchmacherstadt“ verdankt sie der früheren Textilindustrie, die den Ort lange Zeit prägte.
Die Stadt wird vom Speyerbach durchflossen, dem stärksten Fließgewässer der Vorderpfalz; im Westen bildet dieser Bach die Gemarkungsgrenze zu Frankeneck und Esthal. In der Stadtmitte (am Friedrich-Ebert-Platz) mündet in ihn von links der Luhrbach. Höchster Berg ist der Kaisergarten mit 519 m ü. NHN im Süden, der sich unmittelbar an der Gemarkungsgrenze zu Neustadt an der Weinstraße befindet; Letzteres trifft auch auf den weiter nordöstlich liegenden Schauerberg zu. Im Norden des Stadtgebiets erstrecken sich der Eichelberg und der Kreuzberg sowie im Westen der Schorlenberg und der Hohe Kopf.
Flächenaufteilung
Die 8,32 Quadratkilometer – entsprechend 832 ha – teilen sich wie folgt auf:
1838/1839 schlossen sich die Nachbardörfer St. Lambrecht und Grevenhausen zusammen, der Doppelname St. Lambrecht-Grevenhausen wurde bis zur Stadterhebung 1887 geführt.[3][4] Am 25. August 1849 wurde Lambrecht durch die Eröffnung der Teilstrecke Neustadt-Frankenstein als Abschluss der Rhein-Saar-Strecke zum Kohlentransport Eisenbahnstation. Am 21. Dezember 1887 wurden Lambrecht Stadtrechte gewährt.
In den Jahren 2017 und 2018 erschütterten die Verbrechen dreier Altenpfleger im Seniorenhaus Lambrechter Tal die Bevölkerung der Stadt.[5]
Religion
Konfessionsstatistik
2007 waren 43,8 % der Einwohner evangelisch und 30,4 % katholisch. Die übrigen 25,8 % gehörten einer anderen Glaubensgemeinschaft an oder waren konfessionslos.[6] Die Zahl der Katholiken und der Protestanten ist seitdem gesunken. Ende September 2022 hatten 33,2 % der Einwohner die evangelische Konfession und 25,0 % die katholische. 41,8 % gehörten entweder einer anderen Glaubensgemeinschaft an oder waren konfessionslos.[7]
Katholiken
Lambrecht hat eine eigenständige katholische Pfarrgemeinde (Herz Jesu). Die katholische Kirchengemeinde ist Träger der Katholischen Kindertagesstätte St. Lambertus. Der Seelsorger in der Pfarreiengemeinschaft betreut neben Lambrecht auch die Gemeinden von Lindenberg, Neidenfels-Frankeneck und Weidenthal-Frankenstein. Die Pfarrei Lambrecht ist Teil des Pfarrverbandes Neustadt (Weinstraße) im Dekanat Bad Dürkheim und gehört zur Diözese Speyer. Im Toni-Schröer-Haus existiert zudem eine Gedenkstätte an Edith Stein.
Protestanten
Gemeinsam mit dem Nachbarort Lindenberg existiert eine protestantische Kirchengemeinde. Lambrecht ist Teil des protestantischen Dekanates Neustadt in der Evangelischen Kirche der Pfalz.
Stadtbürgermeister ist Karl-Günter Müller (FWG). Bei der Direktwahl am 26. Mai 2019 wurde er mit einem Stimmenanteil von 53,06 % in seinem Amt bestätigt.[11] Sein Vorgänger war Michael Stöhr von der CDU, der bis 2014 amtierte. Bei der Bürgermeisterwahl am 9. Juni 2024 trat Müller nicht mehr an. Da sich im ersten Wahlgang keiner der drei Kandidaten mit einer absoluten Mehrheit durchsetzen konnte, wurde eine Stichwahl zwischen Tanja Bundenthal-Beck (FWG) und Andreas Ohler (CDU) durchgeführt. Diese entschied Ohler bei einer Wahlbeteiligung von 41,7 % mit 52,8 % der Stimmen für sich.[12]
Wappen
Blasonierung: „Von Schwarz und Grün geteilt, oben ein rotbewehrter, -bezungter und -bekrönter goldener Löwe, unten drei silberne Lämmer.“[13]
Wappenbegründung: Es wurde 1887 vom bayerischen Prinzregenten genehmigt und geht zurück auf ein Siegel von 1707. Der Pfälzer Löwe erinnert an die ehemalige Zugehörigkeit zur Kurpfalz. Die Schafe symbolisieren die blühende Tuchindustrie ab dem 16. Jahrhundert.
Der Stadtkern, die Beerentalstraße, die ehemalige Tuchfabrik Gebrüder Haas und der Friedhof sind als Denkmalzonen ausgewiesen. Hinzu kommen zahlreiche Einzelobjekte, die unter Denkmalschutz stehen.
An einem Sommertag wird Lätare gefeiert. Am Ostermontag findet auf dem Pickplatz das Eierpicken statt. Eine weitere traditionsreiche Veranstaltung stellt die Ablieferung des Tribut-Geißbockes als Teil der Geißbockversteigerung nach Deidesheim am Pfingstdienstag dar.
Zudem existiert das Geißbock-Festspiel auf dem Tuchmacherplatz Fabrikstraße gegenüber dem Sportplatz Jahnwiese. Die Lambrechter Geißbock-Kerwe findet jeweils am ersten Samstag im August statt.
Weitere Veranstaltungen sind sommerliche Abendmusiken in der ehemaligen Klosterkirche und der Adventsmarkt. Alle zwei Jahre organisieren die in Lambrecht und Umgebung ansässigen Gewerbebetriebe eine Leistungsschau. Der Gäsbock Mountainbike-Marathon startet jeweils samstags am zweiten Mai-Wochenende; er beginnt und endet jeweils in Lambrecht.
Wirtschaft und Infrastruktur
Wirtschaft
Lambrecht galt lange Zeit als Tuchmacherstadt. Mit den im 16. Jahrhundert eingewanderten Hugenotten, genauer gesagt mit den Wallonen aus Belgien, entwickelte sich in Lambrecht eine florierende Tuchmacherwirtschaft. Im Zuge dessen entstand beispielsweise in der Wallonenstraße, einer Straße in der Innenstadt Lambrechts, ein regelrechtes Tuchmacherzentrum mit vielen kleinen Handwebereien. An diese Zeit erinnert das alte, mit Erker versehene Zunfthaus aus den Jahren 1606 und 1607. Der Prachtbau geht auf einen wohlhabenden wallonischen Zuwanderer zurück. Nach der industriellen Revolution schafften viele Betriebe nicht den Sprung zum Fabrikmaßstab. Dennoch existierten 1931 noch neun Tuchfabriken und erst in den 1960er Jahren kam das endgültige Aus für die Tuchmacherei. Größter Arbeitgeber war lange Zeit die J. Häussling AG bzw. nach deren Liquidierung Anfang der 1930er Jahre die Firma Heinrich Häussling. Häussling produzierte Vlies- und textile Isolier- und Dämmstoffe unter anderem für die Automobilindustrie. Nach mehreren Eigentümerwechseln wurde der Standort 2020 geschlossen. Außerdem war Lambrecht zeitweise Standort einer Filzfabrik, die ab 1881 zu den Vereinigten Filzfabriken gehörte.
In den historischen Gebäuden einer ehemaligen Tuchfabrik produziert die Firma Jola Spezialschalter GmbH & Co. KG seit den 1950er Jahren Geräte zur Niveau-Regelung und Leckage-Detektion. In einer weiteren Tuchfabrik werden heute Filze, Papiermaschinenbespannungen und Nadelfilze hergestellt. Auch sonst hat sich eine mittelständische Zulieferindustrie ausgebildet. Neben diesen Betrieben zählen der Tourismus und in geringerem Umfang die Forstwirtschaft zu den Wirtschaftsfaktoren der Stadt, die zusätzlich über Einkaufsstätten, Handwerksbetriebe und Dienstleister verfügt, die den täglichen Bedarf abdecken. Seit Ende des 19. Jahrhunderts wird vor Ort mit der Talpost eine Zeitung herausgegeben.
Zudem war die Stadt Sitz der Stadtsparkasse Lambrecht, die 1972 in der heutigen Sparkasse Rhein-Haardt aufging.
Bildung und Erziehung
In Lambrecht befinden sich drei Kindergärten und zwei allgemeinbildende Schulen. Als weiterführende Schule befindet sich eine Realschule plus vor Ort. Gymnasien befinden sich in der größeren Nachbarstadt Neustadt an der Weinstraße. Als Einrichtung der Erwachsenenbildung stehen die Volkshochschule und die Pfalzakademie zur Verfügung.
Kindergärten
Evangelischer Kindergarten Arche Noah
Katholische Kindertagesstätte St. Lambertus
Städtischer Kindergarten Rappelkiste
Hort im Evangelischen Kindergarten für Schulkinder
Schulen
Grundschule Lambrecht
Realschule plus Lambrecht
Volkshochschule Verbandsgemeinde Lambrecht
Von 1876 bis 1974 war Lambrecht Standort einer Webschule bzw. Höheren Webschule.
Verkehr
Schiene
Lambrecht erhielt 1849 mit Vollendung der Pfälzischen Ludwigsbahn, aus der die Bahnstrecke Mannheim–Saarbrücken hervorging, Anschluss an das Eisenbahnnetz. Seit 2003 bedient die S-Bahn RheinNeckar mit den Linien S1 und S2 (jeweils im Stundentakt) den Lambrechter Bahnhof am nördlichen Stadtrand. 1902 wurde von hier ein Industriegleis über Frankeneck zur Sattelmühle gebaut, aus dem das 1909 eröffnete und bis nach Elmstein führende Kuckucksbähnel hervorging. Der Personenverkehr endete 1960, der Güterverkehr auf dem Abschnitt Frankeneck–Elmstein folgte rund anderthalb Jahrzehnte später. Der auf Gemarkung von Lambrecht befindliche Bahnhof Frankeneck wurde Bahnhofsteil des Lambrechter Pendants und bis heute im Güterverkehr angefahren. Seit 1984 ist das Kuckucksbähnel eine Museumsbahn.
Vor Ort existiert eine Ortsgruppe des Pfälzerwald-Vereins, die das bereits auf der Gemarkung von Bad Dürkheim liegende Waldhaus Lambertskreuz besitzt. Lambrecht ist darüber hinaus westlicher Ausgangspunkt des nach Speyer führenden Palatia-Radwegs und Beginn der Tour 5 des Mountainbikeparks Pfälzerwald.
Dominik Schmitt (* 1983), Künstler, lebte ab 1989 in Lambrecht
Viktor Sternad (1921–2001), Dozent an der Textilingenieurschule und Professor für Textiltechnik in Kaiserslautern
Wolf-Michael Weber (* 1954), Zoologe, arbeitete zeitweise beim Lambrechter Unternehmen Heka Electronics
Josef Winschuh (1897–1970), Journalist, Unternehmer und Politiker, lebte vor Ort
Bernhard Würschmitt (1788–1853) war katholischer Priester und berühmter Kunstschaffender (Maler, Bildhauer etc.). Er amtierte von 1826 bis 1828 als Pfarrer von Grevenhausen. In der kath. Kirche von Lambrecht stammen das Hochaltargemälde „Kreuzigung Christi“, das Ölgemälde „Maria Immaculata“ und ein außergewöhnlicher Kanzel-Beichtstuhl von seiner Hand.
Literatur
Hans Fell: 1000 Jahre Lambrecht – Chronik einer Stadt. Edeldruck Lambrecht, Lambrecht (Pfalz), 1978. (Die nahezu vergriffene Stadtchronik hat zwei Hauptautoren; außer Hans Fell ist deshalb vorrangig auch Dr. Ernst Collofong zu nennen.)
↑Anton Eckardt: Stadt und Bez.-Amt Neustadt A.H. (= Felix Mader [Hrsg.]: Die Kunstdenkmäler von Bayern. Band6). Druck und Kommissionsverlag von R. Oldenbourg, München 1926, DNB366496743, S.9.