St. Blasii, Ansicht von Südwesten
Die Stadtpfarrkirche St. Blasii ist ein evangelisches Gotteshaus in der Kreisstadt Nordhausen in Thüringen. Sie ist neben dem Dom und der abgegangenen Marktkirche St. Nikolai einer der drei im historischen Stadtzentrum von Nordhausen gelegenen Kirchbauten.
Ein um 1220 errichteter Vorgängerbau wird 1234 in einer Urkunde Heinrichs (VII.) erwähnt. Heinrich hatte von seinem Vater Friedrich II. den Auftrag erhalten, nördlich an die Stadt Nordhausen angrenzend einen neuen Stadtteil mit einer Kirche anzulegen, den Hagen. Im Unterbau der Kirchtürme sollen sich noch Überreste dieses Vorgängerbaus befinden. Die Kirche wurde dem Domstift unterstellt. 1487–1490 wurde das Schiff durch einen Neubau ersetzt, der an die spätromanisch-frühgotischen Westtürme des Vorgängerbaus angebaut wurde. Die Jahreszahl 1489 findet sich auf einem Schlussstein des Chorgewölbes.
Nach der Reformation übernahm 1524 Johann Spangenberg auf Empfehlung Martin Luthers die Stelle des ersten evangelischen Predigers. Dieser machte sich durch Schulunterricht und Herausgabe erbaulicher Schriften auch über die Gemeinde hinaus verdient.
Den Stadtbrand des Jahres 1612 überstand die Kirche unbeschadet. Am 24. April 1634 traf ein Blitzschlag den nördlichen Kirchturm, sodass der Turmhelm abbrannte. 1687 wurde zur Sicherung der Kirchtürme ein Strebepfeiler an die Westseite der Kirche angebaut. Dabei wurden Steine der Walkenrieder Kirchenruine verwendet. Auch den nächsten großen Stadtbrand am 21. August 1712 überstand die Kirche schadlos, während das Pfarrhaus vollständig niederbrannte.
Die Kirche erlitt beim Luftangriff auf Nordhausen am 4. April 1945 erhebliche Schäden an den Dächern und dem Mauerwerk, besonders der Ostteile. Die Cranach-Gemälde waren in einen Brauereikeller ausgelagert worden und verbrannten dort. Bis 1949 wurden die Dächer wiederhergestellt, das Mauerwerk wurde ausgebessert und das Innere erneuert.
Eine wegen Einsturzgefahr der Türme und des Dachs erfolgte Restaurierung der Kirche wurde 2004 abgeschlossen. Eine Sanierung des Innenraums schloss sich 2014 und 2015 an.
Als erster evangelischer Pfarrer an St. Blasii wirkte Johann Spangenberg von 1524 bis 1546. Danach hatte Andreas Poach kurzzeitig das Pfarramt inne.
Der in Schlettau geborene Christian Demelius war von 1669 bis 1711 Kantor an dieser Kirche; seine Söhne führten das Amt des Kantors bzw. des Organisten hier fort.
Der Nordhäuser Bürgermeister Michael Meyenburg, ein Verfechter der Reformation und Unterstützer von Johann Spangenberg, wurde im Jahr 1555 in der Kirche beigesetzt. Meyenburgs Schwiegervater, Hans Reinicke, Wegbegleiter und Mitstreiter Martin Luthers, hatte dort bereits 1538 seine letzte Ruhestätte erhalten.
An der Südfassade erinnern zwei Bronzetafeln an Spangenberg, Reinicke und Meyenburg.
Bis 1618 besaß die Kirche eine dreimanualige Orgel. Dabei befanden sich auf dem ersten Manual Prinzipal und Mixtur und auf dem zweiten Manual Gedackt, Oktave, Quinte, Superoktave und Zimbel. Das dritte Manual diente als Rückpositiv. 1618 wurde die Orgel abgebrochen. 1627 wurde eine neue Orgel fertiggestellt. Diese konnte vor allem durch eine Stiftung Nicol. Helbigs von Ilefeld finanziert werden.
Am 17. Dezember 1697 wurden die Bälge der Orgel ausgebessert. Dies geschah erneut durch den Orgelbauer Hans Andreas Weber in den Jahren 1698/1699. 1706 wurde die Orgel durch denselben gereinigt. 1735 und am 12. April 1741 erfolgten Reparaturen der Orgel. 1814 befand diese sich in schlechtem Zustand. Am 9. November 1815 kam ein Vertrag über den Neubau einer Orgel mit dem Orgelbauer Heinrich Deppe aus Nordhausen zustande. Für die Finanzierung billigte der Magistrat der Stadt Nordhausen am 10. Februar 1817 eine Hauskollekte.
Am 18. Oktober 1872 führte Julius Strobel, Orgelbauer aus Frankenhausen, Reparaturen an der Orgel durch. Im Jahr 1911 wurde durch Ernst Röver aus Hausneindorf eine pneumatische Orgel neu errichtet. 1929 wurde die Orgel umgebaut und um ein Manual erweitert.[5]
Die Orgel überstand die Luftangriffe auf Nordhausen 1945 zwar unbeschadet, wurde dann aber am 1. Juni 1945 durch einen Kriegsheimkehrer in religiösem Wahnsinn stark beschädigt und im Folgenden notdürftig wieder spielbar gemacht.[6]
1991 wurde eine dreimanualige mechanische Orgel von der Firma Schuster aus Zittau erbaut. Deren Prospekt entwarf Fritz Schuster. Bis dahin diente ein Positiv der Gemeindebegleitung.
Das Geläut besteht aus fünf Glocken.
Die Stimmglocke, auch Joedicke-Glocke genannt, wurde 1969 von den Geschwistern Joedicke gespendet. Sie ersetzt eine im Zweiten Weltkrieg eingeschmolzene Glocke, welche 1927 wiederum als Ersatz für eine 1917 eingeschmolzene Glocke angeschafft wurde. Sie trägt die Inschrift: „Jesus Christus, gestern und heute und derselbe auch in Ewigkeit. Michael Meyenburg und Johannes Spangenberg, den Vätern der Reformation in Nordhausen, zum Gedächtnis. Gestiftet von den Geschwistern Joedicke, 1969“ 2007 wurde für sie ein neuer Glockenstuhl errichtet, in den die Glocke eingebaut wurde. Zu Epiphanias, am 6. Januar 2008, wurde sie offiziell angeläutet.
Eine zweite Glocke besitzt einen Durchmesser von 1,28 Meter und eine Masse von 1200 Kilogramm und wurde zwischen 1320 und 1350 gegossen. Sie hängt in einem Glockenstuhl aus dem Jahr 1843 und trägt die Inschrift: „SABBATA PANGO FUNERA PLANGO NOXIA FRANGO EXCITO LENTOS PACO CRUENTOS DISSIPO VENTOS.“ (Ich schlage die Sabbattage an – ich beklage die Bestattungen – ich breche das Schädliche (Blitze) – ich treibe die Langsamen an – ich beschwichtige die Grausamen – ich streue die Winde.)
Eine dritte Glocke mit einem Durchmesser von 1,58 Meter und einer Masse von 1900 Kilogramm stammt aus dem Jahr 1488. Ihr Glockenstuhl wurde 1726 errichtet. Sie ist mit Ritzungen verziert. Diese zeigen ein Kruzifix mit Johannes und Maria, den Hl. Andreas, den Hl. Blasius, einen Krüppel beschenkend, und den Hl. Martin als Bischof. Eine Minuskelinschrift um den Hals lautet: „maria o sanctvs blasivs o andreas o martinvs o pet o got o vor vnc o anno o dni o m o cccc o lxxxviii o.“
Die vierte Glocke wurde 1426 gegossen und besitzt einen Durchmesser von 70 Zentimetern. Sie trägt folgende Inschrift: „anno dni.m.ccc.xxvi.hilf got maria berat. sanctus blasius“. Auf der Glocke ist ein kleines Medaillon mit einer Pietà abgebildet. Erst wegen statischer Probleme im Glockenstuhl und dann mangels anderer Uhrschlagglocke, wurde sie über viele Jahre, bis 2022, als Uhrschlagglocke verwendet. Mit dem Guss der neuen Uhrschlagglocke konnte diese wertvolle Glocke in den geschützten Glockenstuhl umziehen.[7][8][9][10]
Am 24. September 2022 wurde durch Glockengießer Christoph Schmitt aus Brockscheid direkt vor der Kirche die fünfte Glocke, eine neue Uhrschlagglocke, in verkürzter Rippe gegossen. Die Glocke ist 133 kg schwer und hat einen Durchmesser von 66 cm. Sie trägt die Inschrift: „Meine Zeit steht in deinen Händen“ aus Psalm 31 und ebenso den Hinweis auf die beiden Stifterinnen Barbara Losche und Ute Drechsler in Gedenken an deren Schwester beziehungsweise Mann und Sohn. Glockenweihe war Reformationstag, am 31. Oktober 2022, nach der Aufhängung im Turm von St. Blasii.[9][10][11]