Die Schweizer Parlamentswahlen 1935 fanden am 27. Oktober 1935 statt. Dabei waren alle 187 Mandate des Nationalrats sowie 25 der 44 Mandate im Ständerat neu zu vergeben. Diese 30. Legislaturperiode dauerte vier Jahre bis Oktober 1939.
Bei diesen von der Weltwirtschaftskrise geprägten Wahlen wurden die Traditionsparteien durch zahlreiche neue Kräfte unterschiedlichster ideologischer Ausrichtung bedrängt. Unter diesen waren wirtschaftspolitisch linke Abspaltungen aus dem bürgerlichen resp. bäuerlichen Milieu (Freiwirtschafter/Liberalsozialisten, Jungbauern/Bauernheimatbewegung, Allgemeine Volksliste St. Gallen) sowie mehrere Parteien der Frontenbewegung, die sich am Nationalsozialismus resp. Faschismus orientierten. Am erfolgreichsten war allerdings der Landesring der Unabhängigen/LdU von Migros-Gründer Gottlieb Duttweiler, der auf Anhieb sieben Nationalratssitze gewann. Klare Wahlverlierer waren die BGB, bei der Wähleranteil und Sitzzahl um einen Drittel einbrachen, sowie die FDP, die vier Mandate verlor. Aufgrund der freisinnigen Verluste stellte die SP erstmals die stärkste Nationalratsdelegation, obwohl auch sie einen leichten Rückgang zu beklagen hatte.[1]
Im Ständerat büsste die FDP 4 ihrer 19 Mandate ein. Die Katholische-Konservativen wurden erstmals stärkste Partei – eine Position, die sie (resp. ihre Nachfolgeparteien) bis 1991 innehaben sollten. Die beiden als Demokraten gewählten Ständeräte traten nicht der Freien und Demokratischen Fraktion bei, in der sich DP und Jungbauern zusammenschlossen.
Die durchschnittliche Wahlbeteiligung bei den Nationalratswahlen 1935 sank leicht auf 78,3 %, mit kantonalen Werten zwischen 50,3 % in Obwalden und 91,2 % in Schaffhausen.[2]
Die Nationalräte werden seit 1919 nach dem Proporzwahlsystem gewählt, d. h. die Sitze werden nach dem Wähleranteil der Parteilisten in den einzelnen Kantonen verteilt und erst innerhalb der Liste gemäss den Personenstimmen. Die Anzahl Sitze pro Kanton werden anhand der Einwohnerzahl bestimmt.
Jeder Kanton wählt seit 1848 zwei Vertreter für den Ständerat (ehemalige Halbkantone: einen Vertreter). Die Ständeratswahlen richten sich nach kantonalem Recht. In den meisten Kantonen wurde am 25. Oktober auch die Ständevertretung gewählt. In den Kantonen Appenzell Innerrhoden, Glarus, Nidwalden und Obwalden wählten die Landsgemeinden im Frühjahr die Ständeräte. Die Kantone hatten nicht nur abweichende Wahltermine, sondern auch noch verschieden lange Amtsperioden (1–4 Jahre). In den Kantonen Bern (Novembersession), Freiburg (1 Person in der Maisession, 1 Person in der Novembersession), Neuenburg (gleichentags mit den Nationalratswahlen) und St. Gallen (in der Frühjahrssession) wurden die Ständeräte vom Kantonsparlament gewählt. In allen anderen Kantonen wurden die Ständeräte bei Urnenwahlgängen ermittelt, normalerweise am gleichen Tag wie die Nationalratswahlen. Abweichend davon wählten die Stimmberechtigten in den Kantonen Graubünden (erster Sonntag im März), Tessin (letzter Sonntag im Februar) und Zug (im November).
In den Mehrpersonenwahlkreisen hat jeder Wähler so viele Stimmen, wie in seinem Kanton Sitze zu vergeben sind (im Kanton Bern 34, im Kanton Zug 2). Diese Stimmen kann er an beliebige Kandidaten der sich zur Wahl stellenden Listen vergeben (Panaschieren). Eine Stimme für einen Kandidaten ist gleichzeitig eine Stimme für dessen Partei. Hat ein Wähler nicht alle seine Stimmen an Kandidierende vergeben, gehen diese Stimmen als sogenannte „Zusatzstimmen“ an die von ihm gewählte Liste. Wenn der Wähler keine Liste auswählt, sondern einen so genannten „Wahlzettel ohne Parteibezeichnung“ – auch Blankoliste genannt – verwendet, verfallen nicht benutzte Stimmen (sog. Leere Stimmen).
Um zu überkantonal vergleichbaren Ergebnissen zu kommen, muss zuerst die Anzahl fiktiver Wähler pro Kanton und Partei berechnet werden. Und die Summe aller fiktiven Wähler der einzelnen Kantone sind dann die Wähler auf Landesebene (z. B. SP auf 255'843 Wähler gerundet). Ein Aargauer "Wähler" kann aber auch aus 12 Personen bestehen, die nur je einen Kandidaten der betreffenden Partei auf ihrer Liste aufgeführt haben.
Das Bundesamt für Statistik benutzt daher den Begriff "fiktiver Wähler" für den Wähler, da ein effektiver Wähler auch nur ein Teilwähler sein kann. Die Zahl der Wähler entspricht der Anzahl gültiger Wahlzettel. Auf Kantonsebene ist die Summe aller Parteistimmen (Summe der Kandidatenstimmen von Kandidierenden einer Partei plus Zusatzstimmen = leere Felder einer Parteiliste) Berechnungsgrundlage. Beispiel: Partei A erzielt im Kanton X 12000, Partei B 27000 und Partei C 48000 von 87000 Parteistimmen. Die Anzahl gültiger Wahlzettel beträgt 25000. Somit hat Partei A in diesem Kanton 3448,28 (12000:87000 × 25000), Partei B 7758,62 (27000:87000 × 25000) und Partei C 13793,10 (48000:87000 × 25000) fiktive Wähler. Alle drei Parteien zusammen total 25000 Wähler.
Die gewählten Mitglieder des Nationalrats sind im Bundesblatt Nr. 49 vom 4. Dezember 1935 aufgelistet.[3]
Inklusive der gemeinsamen Liste Nationale Erneuerung der Nationalen Front und Schweizerischen Heimatwehr im Kanton Bern[4] sowie der von der Nationalen Front getragenen[5][6] Liste Jung-Thurgau.
2
Teil der Frontenbewegung. Vergleich mit den addierten Ergebnissen der beiden Vorgängerparteien ordre politique nationale und Union de défense économique.
auf Deutsch (sinngemäss): Unabhängige Fortschrittspartei. Oft informell als «parti bleue» (blaue Partei) bezeichnet, handelte es sich hierbei um eine linksbürgerliche Formation
auf Deutsch (sinngemäss): Neue nationale politische Ordnung. Diese Bezeichnung bezieht sich vermutlich auf den ordre politique nationale, eine der beiden Vorgängergruppierungen der Union nationale.
Wähleranteile in den Kantonen (mit mehreren Sitzen)
Fraktionen sind Zusammenschlüsse der Parlamentsmitglieder einer oder mehrerer Parteien.[12] Untenstehende Tabelle gibt den Stand zu Beginn der Legislaturperiode wieder.
↑Joseph Roger: Le fascisme en Valais 1933 - 1941. In: Annales valaisannes : bulletin trimestriel de la Société d'histoire du Valais romand. 1977, S.143 (französisch, core.ac.uk [PDF]).