Schönburgische Herrschaften bezeichnen den Besitz des Hauses Schönburg im Westen des heutigen Freistaats Sachsen. Zum einen sind damit die fünf reichsfreien Herrschaften Waldenburg, Glauchau, Lichtenstein, Hartenstein und Stein gemeint, die nach dem Rezess mit dem sächsischen Kurfürsten 1740 als Schönburgische Rezessherrschaften allmählich im sächsischen Staat aufgingen. Zum anderen bezeichnet der Begriff die kursächsischen Ämter Remse, Penig, Rochsburg und Wechselburg, die an die Schönburger verlehnt wurden (Schönburgische Lehnsherrschaften).
Das Gebiet der Schönburgischen Herrschaften bestand bis zum Verkauf der oberen Grafschaft Hartenstein 1559 aus drei, danach aus zwei voneinander getrennten Gebieten. Die fünf Rezessherrschaften und die Landesherrschaft Remse bildeten das Kernstück des schönburgischen Besitzes. Es reichte vom Erzgebirge bei Hartenstein bis ins Erzgebirgsvorland. Die Zwickauer Mulde durchfloss das Gebiet bei Hartenstein und von Glauchau bis Wechselburg. Die Fluren Wolkenburg-Kaufungens trennten das Gebiet der Rezessherrschaften von den Landesherrschaften Penig, Rochsburg und Wechselburg. Nebenflüsse der Zwickauer Mulde im schönburgischen Gebiet waren der Lößnitzbach, der Mülsenbach im Mülsengrund, der Lungwitzbach, das Chursbachtal und das untere Tal der Chemnitz von Taura bis zur Mündung in die Zwickauer Mulde.
Die obere Grafschaft Hartenstein wurde durch das sächsische Amt Grünhain von der niederen Grafschaft getrennt. Sie befand sich im Kammgebiet des Fichtelbergs und umfasste den Crottendorfer Forst und die Oberläufe der Flüsse Große Mittweida, Zschopau, Sehma und Pöhlbach. Ein weiterer bedeutender Berg im Gebiet ist der Scheibenberg (Erzgebirge). Die südliche Grenze des Amtes bildete gleichzeitig die Landesgrenze nach Böhmen.
Das Gebiet der Rezessherrschaften befindet sich heute im Norden und Osten des Landkreises Zwickau. Das Gebiet der niederen Grafschaft Hartenstein befindet sich hauptsächlich im Osten dieses Landkreises, die Landesherrschaften befinden sich heute im Westen des Landkreises Mittelsachsen.
Die Angaben beziehen sich auf die Schönburgischen Herrschaften mit den fünf Rezessherrschaften, den vier Landesherrschaften und der Residenzstadt Glauchau. Die Grenzen der oberen Grafschaft Hartenstein und die Exklave des Amts Borna, die die Herrschaften teilte, werden hier vernachlässigt.
Das Adelsgeschlecht der Schönburger wurde erstmals 1130 auf der Schönburg bei Naumburg urkundlich erwähnt. Ursprünglich besaß es ab 1182 ein reichsunmittelbares Gebiet in der Gegend von Geringswalde bei Mittweida mit dem Kloster St. Marien (1182 bis 1542), welches 1590 an das Kurfürstentum Sachsen (Amt Rochlitz) abgetreten wurde.
Das Haus Schönburg kam um 1170 in Besitz der Gegend um Glauchau. Von dort aus bildeten sie die reichsunmittelbaren Herrschaften Glauchau (seit 1256), Lichtenstein (seit 1286) und Waldenburg (seit 1378). Durch die Verlehnung dieser Gebiete an den böhmischen König, welche bis 1779 fortbestand, war eine staatliche Souveränität gegenüber dem Kurfürstentum Sachsen gewährleistet. Im Jahr 1493 wurde die Herrschaft Meerane, die seit dem 13. Jahrhundert vom böhmischen König an die Schönburger verlehnt war, mit der Herrschaft Glauchau vereinigt.[1] Um 1300 ging die Stadt Crimmitschau in den Besitz der Schönburger über,[2] sie kam jedoch im Jahr 1413 an die Wettiner.
Im Jahre 1406 kam die ebenfalls reichsunmittelbare Grafschaft Hartenstein durch Verpfändung vom meißnischen Burggrafen Heinrich I. von Hartenstein an das Haus Schönburg. Burggraf Heinrich I. von Hartenstein nahm jedoch die bis dahin zu Hartenstein gehörende Herrschaft Wildenfels von dieser Verpfändung aus und blieb deren Lehnsherr, wodurch dieses Gebiet nach 1440 endgültig von Hartenstein getrennt wurde. Mit dem Preßburger Machtspruch 1439 wurden die kursächsischen Wettiner indirekt Lehnsherren der Grafschaft Hartenstein, welches 1456/57 von Kaiser Friedrich III. nochmals bestätigt wurde. Seit der Leipziger Teilung 1485 lagen die Schönburgischen Herrschaften zwischen den Gebieten des albertinischen Herzogtum Sachsen im Osten und des ernestinischen Kurfürstentum Sachsen im Westen und Norden. Sie trennten seitdem bis zur Niederlage der Ernestiner im Schmalkaldischen Krieg 1547 das kurfürstlich-sächsische ernestinische Gebiet im Westen mit der Stadt Zwickau vom herzöglich-sächsischen albertinischen Sachsen im Osten mit der Stadt Chemnitz voneinander. Da die Grafschaft Hartenstein im Gegensatz zu den anderen Herrschaften kursächsisches Reichsafterlehen war, wurde die Reformation in der Grafschaft bereits 1539/40 eingeführt und somit drei Jahre früher als in den damals böhmischen Reichafterlehnsherrschaften Lichtenstein, Glauchau und Waldenburg. Auf dem Reichstag waren die Schönburger anteilig über den Wetterauer Grafenverein vertreten.
Im Jahr 1488 kam die Grundherrschaft Tirschheim mit zwei Dörfern und zwei Dorfanteilen vom Kloster Remse an die Herren von Schönberg.[3][4] Da es sich bei den vier verstreut liegenden Orten um kursächsisches Lehen handelte, übernahm die Verwaltung ein eigener Dingstuhl, welcher die Kompetenz eines sächsischen Vasallengerichts hatte. Die Gerichtsbarkeit lag hingegen bei den Herren von Schönburg.
Im Jahr 1524 wurde das „Gesamthaus“ Schönburg mit dem Regierungssitz Glauchau eingerichtet, um bei künftigen Teilungen den Zerfall der Schönburgischen Herrschaften zu verhindern und um eine einheitliche Vertretung nach außen zu haben.
Im Tausch gegen die Schönburgischen Ämter Hohnstein, Lohmen, Wehlen in der Sächsischen Schweiz und die Herrschaft Kriebstein bei Mittweida erhielten die Schönburger die albertinischen Ämter Remse, Penig, Wechselburg (alle 1543) und Rochsburg (1548) als Lehen. 1559 wurde der obere Teil der Grafschaft Hartenstein von den Schönburgern an die Wettiner verkauft und wurde als kursächsisches Amt Crottendorf neu gebildet. 1681 wurde die Herrschaft Glauchau in die Teilherrschaften Forderglauchau und Hinterglauchau geteilt. Von 1683 bis 1763 war Forderglauchau wiederum in einen Penigschen und einen Wechselburger Anteil aufgeteilt. Mit dem Tod Otto Ludwigs von Schönburg im Jahr 1701 beziehungsweise dem Erbvertrag seiner vier erbberechtigten Söhne wurde 1702 die Herrschaft Stein aus einem Teil der Grafschaft Hartenstein gebildet.
1740 schlossen die Wettiner einen Rezess mit den Herren von Schönburg, durch welchen die Schönburger die Landeshoheit des sächsischen Herrscherhauses über die bis dahin reichsunmittelbaren Herrschaften Waldenburg, Glauchau, Lichtenstein, Hartenstein (die niedere Grafschaft) und Stein anerkennen mussten. Die Lehnsherrschaft des böhmischen Königs über die nun „Rezessherrschaften“ genannten Gebiete Waldenburg, Glauchau und Lichtenstein endete 1779. Durch den Übergang dieser Herrschaften in sächsische Lehen vollzog sich die allmähliche Eingliederung in den sächsischen Staat.
Seit 1835 wurde die Lehnsherrschaft Remse mit den Grundherrschaften Tirschheim und Ziegelheim administrativ durch das königlich-sächsische Amt Zwickau verwaltet.[5][6][7] Die anderen drei Lehnsherrschaften Penig, Wechselburg und Rochsburg, welche territorial durch eine kleine Exklave des Amts Borna (Herrschaft Wolkenburg) von den Rezessherrschaften getrennt waren, fielen 1835 unter die Verwaltung des königlich-sächsischen Amts Rochlitz.[8][9][10]
Die fünf Rezessherrschaften blieben bis 1878 unter schönburgischer Hoheit. Die Rechtsprechung wurde ab 1865 im Fürstlichen und Gräflichen Schönburgischen Bezirksgericht Glauchau wahrgenommen. Danach wurden sie vollständig in das Königreich Sachsen integriert. Aus den Herrschaften Waldenburg, Glauchau und Lichtenstein und dem Amt Remse wurde 1880 die Amtshauptmannschaft Glauchau gebildet. Die Herrschaft Stein und die niedere Grafschaft Hartenstein (ohne den Gerichtsamtsbezirk Lößnitz) kam an die Amtshauptmannschaft Zwickau. Der hartensteinische Gerichtsamtsbezirk Lößnitz wurde der Amtshauptmannschaft Schwarzenberg zugeordnet. Dem Haus Schönburg blieb danach nur der Privatbesitz in eigenständiger Verwaltung, bis dieser durch die in der Sowjetischen Besatzungszone durchgeführte Bodenreform 1945 enteignet wurde.
Die Schönburgischen Herrschaften gehörten folgenden Linien an:
Nach dem Rezess vom 4. Mai 1740, in welchem die Schönburger die Landeshoheit des sächsischen Herrscherhauses der Wettiner über ihre Territorien anerkannten, wurden die fünf reichsunmittelbaren Herrschaften Waldenburg, Glauchau (Forder- und Hinter-Anteil), Lichtenstein, Hartenstein (niedere Grafschaft) und Stein als Rezessherrschaften bezeichnet. Die vier kursächsischen Lehnsämter Remse (Remissa), Penig, Rochsburg und Wechselburg wurden als Landesherrschaften bezeichnet.
Die Ämter Penig und Rochsburg waren von den Wettinern im 13. Jahrhundert an die Burggrafen von Altenburg verlehnt. Nach dem Aussterben der Altenburger Burggrafen im Mannesstamme, wurden die beiden Ämter im 15. Jahrhundert an die mit ihnen verwandten Burggrafen von Leisnig verlehnt. 1543 bzw. 1548 kamen sie als Tausch an das Haus Schönburg. Kursachsen behielt die Oberherrschaft über beide Gebiete. Sie gehörten seit der Leipziger Teilung 1485 zur albertinischen Linie der Wettiner. Die Ämter Wechselburg und Remse haben ihren Ursprung in geistlichen Herrschaften. Das Amt Wechselburg war im Besitz des 1168 geweihten Chorherrenstifts und wurde 1278 dem Deutschen Orden übergeben. Nach der Einführung der Reformation wurde das Amt 1541 säkularisiert und als kursächsisches Lehen den Schönburgern übergeben. Das Amt Remse war im Besitz des Klosters Remse unter schönburgischer Hoheit. 1533 fiel es an den ernestinischen Kurfürsten und wurde 1543 schönburgisches Amt unter kursächsischer Hoheit.
Anmerkungen:
Das Haus Schönburg errichtete (oder übernahm) eine Reihe von Burgen und Schlössern in den Schönburgischen Herrschaften, jedoch auch in anderen Teilen Sachsens und in Böhmen. (Eine Liste findet sich unter: Schönburgische Burgen und Schlösser). Hierzu zählen in den einstigen Schönburgischen Herrschaften die folgenden Bauten (von denen sich heute die Burg Stein in Hartenstein und das Alte Schloss in Penig wieder im Besitz des Hauses Schönburg-Hartenstein befinden):
Die Schönburgischen Herrschaften sind spätestens ab dem 18. Jahrhundert in Karten verschiedener Kupferstecher, Verleger bzw. Kartographen eingezeichnet. Dies betrifft insbesondere Karten des Leipziger Kartographen und Kupferstechers Johann Georg(e) Schreiber und seiner Nachkommen bzw. Witwe.
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