Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig. Weitere Bedeutungen sind unter Marschall (Begriffsklärung) aufgeführt.
Der Marschall, auch Feldmarschall, ist ein hoher militärischer Dienstgrad. Symbol des Ranges war in Deutschland der Marschallsstab, der formal mitverliehen wurde; der Ausdruck kann aber auch ein zeremonielles Hofamt bezeichnen. Dem Rang des Feldmarschalls entspricht in der Marine jener des Großadmirals.
Das Wort stammt von Althochdeutschmarahscalc, zusammengesetzt aus marah, „Pferd, Mähre“ und scalc „Knecht, Diener“. Es bezeichnet ursprünglich den „Roßknecht“. Mit dem Titel seines Herrn steigt jedoch – wie auch bei Mundschenk „Tafeldiener“, Kämmerer „Kammerdiener“ – auch seine Bedeutung, zu „Stallmeister“ (Marstaller) und später zu allgemeiner Bedeutung im Sinne „Kommandeur der Reiterei“.
Der Marschall war schon im Mittelalter eines der vier bzw. fünf alten Hofämter, vor allem von den merowingischen („Hausämter“) und karolingischen Frankenherrschern bekannt. Aus der Oberaufsicht über die Pferde und damit über das berittene Gefolge entstand einerseits mit dem Aufkommen der Ritterheere der Oberbefehl des Marschalls im Kriege und die Führung der Ritterschaft bzw. der Landstände, andererseits eine Oberaufsicht über das gesamte Hofwesen, was endlich dazu führte, dass der Marschall die Obliegenheiten des Truchsess, also des Küchenmeisters, und des Mundschenks übernahm.
Vor allem war er auch Reisemarschall und hatte für die Gäste zu sorgen. In den meisten deutschen Territorien wurden im späteren Mittelalter diese Funktionen auf verschiedene Beamte verteilt:
die Leitung der Hofgeschäfte und die Gerichtsbarkeit erhielt ein Hofmarschall.
In dieser Funktion stand er auch dem Hofgericht vor. Die landesherrlichen Hofgerichte in Deutschland entstanden teils aus dem vom Landesherrn als Grafen persönlich geleiteten Landgericht, teils aus den Landtagen und Hoftagen. Sie hatten vielfach ständischen Charakter, waren mit adligen Schöffen besetzt und wurden vom Marschall präsidiert. Sie waren vor allem zuständig für Lehnssachen und für Personen ritterlichen Standes.
die ursprüngl. Funktion ein besonderer Stallmeister.
„Vor allen schwang sich […] der schöne schlanke Erbmarschall auf sein Roß; er hatte das Schwert abgelegt, in seiner Rechten hielt er ein silbernes gehenkeltes Gefäß, und ein Streichblech in der Linken, so ritt er in den Schranken auf den großen Haferhaufen zu, sprengte hinein, schöpfte das Gefäß übervoll, strich es ab und trug es mit großem Anstande wieder zurück. Der kaiserliche Marstall war nunmehr versorgt.“
– Dichtung und Wahrheit I,5
Den Titel eines Marschalls erhielten auch die Leiter der Verwaltungen der ab 1500 im Zuge der ReichsreformMaximilians I. geschaffenen Reichskreise des Heiligen Römischen Reiches.[1] Der Inhaber dieses Amtes wurde daher gelegentlich auch als „Reichsmarschall“ bezeichnet.[2]
Später wurde der Titel eines Marschalls fast nur noch als Ehrentitel für verschiedene Gelegenheiten verliehen. Ein gutes Beispiel hierfür ist Prinz Philip, der Mann der britischenKönigin Elisabeth II. Er war – ehrenhalber – Marschall der Royal Air Force, Feldmarschall der British Army, Feldmarschall der Australian Military Forces und Marschall der New Zealand Army. Mit diesem nicht unbedingt militärischen Titel wurden aber auch erfolgreiche militärische Führer für einen erfolgreich abgeschlossenen, selbständigen Feldzug geehrt. Am bekanntesten hierbei sind der Marschall von Frankreich und die Verleihung des Dienstgrades Reichsmarschall an Hermann Göring durch Adolf Hitler (aus Prestigegründen, nicht aufgrund militärischer Leistungen). Weitere Beispiele sind der folgenden Liste zu entnehmen.
Marschälle in verschiedenen Ländern
Im Laufe der Zeit hat sich der Titel des Marschalls von einem höfischen Amtstitel hin zu einem militärischen und Ehrentitel entwickelt, dessen Vergabe kaum mehr mit dessen ursprünglichen Inhalt zu tun hat. Die folgende Übersicht gibt einen Überblick darüber, wie dieser Titel in verschiedenen Ländern der Welt verwendet wird und wurde.
Der letzte Feldmarschall der Niederlande war von 1840 bis 1881 Prinz Frederik, der zweite Sohn von König Wilhelm I.
Kaiserreich Österreich, Österreich-Ungarn
Im Kaiserreich Österreich (bis 1867) wurde die Bezeichnung k.k. Feldmarschall und in Österreich-Ungarn (bis zur Auflösung der gemeinsamen österreichisch-ungarischen Armee am 31. Oktober 1918) k.u.k. Feldmarschall verwendet.
Am 4. Juni 1942 wurde Carl Gustaf Emil Mannerheim der Ehrentitel des Marschalls von Finnland zu seinem 75. Geburtstag verliehen. Zuvor war er am 19. Mai 1933 zum Feldmarschall ernannt worden. Dies erfolgte im Zusammenhang mit dem 15. Erinnerungsjahr der Beendigung des Krieges für die Unabhängigkeit von Sowjetrussland im Jahre 1917.
Der Field Marshal war seit 1736 ein Ehrenrang für die verdientesten Generale der britischen und der Commonwealth-Armee, gelegentlich wurde er an ausländische Monarchen sowie an Mitglieder der königlichen Familie ehrenhalber verliehen. Von Anfang bis kurz vor Ende des 20. Jahrhunderts war er außerdem in Krieg und Frieden fest mit dem Amt Chef des Imperialen Generalstabes bzw. Chief of the Defence Staff verbunden. Nach Ausscheiden von Field Marshal Baron Peter Inge 1997 wurde der Titel seinem Nachfolger nicht mehr verliehen. Der Rang steht aber weiterhin zur Disposition.[5] Bekannte britische Feldmarschälle (Jahr der Ernennung) waren:
In Großbritannien, Australien und Neuseeland wird die Bezeichnung Air Marshal in den Luftstreitkräften anstelle der Bezeichnung General verwendet („Luftmarschall“). Die vier höchsten Dienstgrade der Royal Air Force lauten (wobei der erste und höchste in Friedenszeiten abgeschafft wurde):
Marshal of the Royal Air Force (äquivalent zum Field Marshal)
Außerhalb des Militärs waren Earl Marshal von England und Earl Marischal von Schottland erbliche Hofämter mit zeremonieller Funktion am englischen und schottischen Königshof.
Irak
Angesichts zahlreicher Militärputsche in der Geschichte des Irak seit den 1930er Jahren und rivalisierender Autoritätsansprüche erschien es Staatspräsident Abd ar-Rahman Arif bei seinem Machtantritt geboten, sich durch einen übergeordneten Dienstgrad der Loyalität des Militärs zu versichern. Er selbst hatte zusammen mit General Abd al-Karim Qasim 1958 geputscht, war von diesem zum Oberst ernannt worden und hatte dann aber als solcher zunächst vergeblich gegen Qasim geputscht.
1963 gelang schließlich der Sturz Qasims mit Hilfe anderer Militärs, z. B. des baathistischen Majors Ahmad Hasan al-Bakr, der nun ebenfalls zum Obersten bzw. General aufrückte. Arefs Marschallsrang sollte den Vorrang vor beiden herausstellen und wurde in dieser Tradition auch von Bakr übernommen, als er 1968 Aref stürzte. Diese Erhöhungen wurden von der irakischen Armee anerkannt, da beide Amtsinhaber tatsächlich die Militärakademie besucht hatten. Die Selbsternennung von Bakrs Nachfolger und Cousin Saddam Hussein, der keine Offiziersausbildung besaß, stieß jedoch auf Unmut in der Armee. Saddam Hussein ernannte deshalb seinen Cousin, den General Ali Hasan al-Madschid ebenfalls zum Feldmarschall und somit zum zweithöchsten Militär des Irak nach sich selbst als Oberbefehlshaber. Seit dem Sturz Saddam Husseins 2003 gibt es keinen Marschall des Irak mehr.
Diese höchsten Ränge wurden in der italienischen Armee 1946 abgeschafft. Auch der Dienstgrad Armeegeneral (OF-9) wurde gestrichen. Seine Funktionen übernahm bis 1997 der so genannte „Generalleutnant in besonderer Dienststellung“. Heute ist der höchste Dienstgrad in Italien der General bzw. Admiral (OF-9). Diese Dienstgradebene ist jedoch ausschließlich dem Generalstabschef der Streitkräfte vorbehalten.
Ein Maresciallo hingegen ist ein Dienstgrad im Range eines Unteroffiziers (OR-7).
Jugoslawien hatte nur einen einzigen „Marschall von Jugoslawien“, Josip Broz Tito. Am 29. November 1943 wurde Tito während der zweiten Versammlung des Antifaschistischen Rates der Volksbefreiung Jugoslawiens (AVNOJ – Antifašističko vijeće narodnog oslobođenja Jugoslavije) in Jajce, die Marschallwürde verliehen. Damit wurde er der höchstrangige Offizier, der während des Zweiten Weltkrieges verwundet worden war, da er persönlich an Schlachten und Kämpfen teilgenommen hatte (siehe Schlacht an der Neretva und Sutjeska). Die Alliierten erkannten schon 1944 seinen Rang an, den der neu gegründete jugoslawische Staat, dem Tito selbst vorstand, schließlich bestätigte. Nach seinem Tod 1980 wurde der Rang faktisch abgeschafft, Jugoslawien brach nach 1991 auseinander.
Nordkorea
In Nordkorea gibt es mehrere Kategorien des Marschallsranges, wobei bei Neuverleihungen das Ableben der bisherigen Träger abgewartet wird.[6][7]
„Generalissimus“: höchste vorgesehene Stufe, verliehen im April 1992 an Kim Il-sung (†)[8] und posthum am 14. Februar 2012 an Kim Jong-il.[9]
„Marschall der Demokratischen Volksrepublik Korea“: Dieser Titel wurde bisher lediglich von den Oberbefehlshabern der nordkoreanischen Streitkräfte geführt und soll deren militärische Fähigkeiten hervorheben. Er wurde am 7. Februar 1953 Kim Il-sung (†), am 20. April 1992 Kim Jong-il (†) und am 18. Juli 2012 Kim Jong-un verliehen.
„Marschall der Koreanischen Volksarmee“: Dieser Titel dient der Auszeichnung verdienter und der Staatsführung ergebener Militärführer. Er wurde 1992 an O Jin-u (†) und 1995 an Choe Kwang und Ri Ul-sol (†) vergeben. Im April 2016 erhielten diesen Titel der ehemalige Verteidigungsminister und Generalstabschef Kim Yong-ch'un (†) und Hyun Chol Hae.
„Vizemarschall“: Dieser Titel wird in der Regel von den Chefs des Generalstabs geführt. Im April 2016 erhielt Ri Myong Su, vormals Minister für Volkssicherheit, diesen Titel.
Den Titel trug Józef Piłsudski ab 1920 in Ausübung seines Amtes als polnischer Staatschef, als der er von 1918 bis 1922 fungierte. Bereits Józef Antoni Poniatowski war 1812 Marschall geworden, allerdings Marschall von Frankreich unter Napoleon Bonaparte. Mit Ferdinand Foch wurde 1919 ein weiterer französischer Marschall auch Marschall von Polen. Der Rang existiert noch heute in den polnischen Streitkräften, ist aber zurzeit nicht besetzt und nur für den Kriegsfall vorgesehen. Auch während der Zeit der Nordischen Kriege gab es in Polen Heerführer, die den Titel des Marschalls erhielten.
Neben dem militärischen Titel besteht in Polen die Verwendung des Titels auch im politischen bzw. administrativen Bereich. So tragen die Präsidenten des Sejm, der polnischen Abgeordnetenkammer, und des Senats die Bezeichnungen „Sejmmarschall“ und „Senatsmarschall“. Ebenso heißt der Vorsitzende eines Bezirksparlaments „Woiwodschaftssejmikmarschall“ und der Vorsitzende einer Woiwodschaft „Woiwodschaftsmarschall“.
Portugal
Armee und Luftwaffe Portugals kennen einen Marschallsrang bis heute, er entspricht dort aber mit vier Sternen nur dem Armee- bzw. Luftwaffengeneral.
Rumänien
In Rumänien führten Alexandru Averescu, Constantin Prezan sowie Ion Antonescu den Marschalltitel. Die Verleihung dieses Titels erfolgte nur an diejenigen rumänische Generäle, die eine Armee im Kriege kommandiert hatten. Nach seiner Rückkehr aus dem Pariser Exil im Juni 1930 ernannte Rumäniens neuer König Carol II. die mittlerweile pensionierten Weltkriegsgeneräle Averescu und Prezan zu Marschällen. Nach der Rückeroberung der im Sommer 1940 an die Sowjetunion abgetretenen rumänischen Provinzen beförderte König Mihai I. Ion Antonescu im August 1941 zum Marschall.
Schweden
In Schweden wurde von 1561 bis 1824 der Feldmarschalltitel (fältmarskalk) als höchster militärischer Rang 77 Mal verliehen. Demgegenüber war der schwedische Reichsmarschall kein Rang, sondern ein Amt – eines der drei wichtigsten Erzämter des Reiches.
Der Titel Marschall wurde bereits im zaristischen Russland verwendet. In den dreißiger Jahren wurden fünf Generäle des Bürgerkrieges von Josef Stalin zum Marschall der Sowjetunion ernannt, von denen jedoch drei im Rahmen des Großen Terrors 1937/38 hingerichtet wurden. 1943 wurden die Dienstgrade Marschall und Hauptmarschall der Waffengattung, also z. B. Marschall der Panzertruppen, Hauptmarschall der Luftstreitkräfte, eingeführt.
Allgemeine Truppenkommandeure wie Armee- und Frontoberbefehlshaber, der Generalstabschef und seine Stellvertreter, der Verteidigungsminister und seine Stellvertreter wurden vom Generaloberst zum Armeegeneral und danach zum Marschall der Sowjetunion befördert. Kommandeure von Spezialarmeen, wie z. B. Panzer- und Luftarmeen, Chefs von Waffengattungen in Fronten (Militärbezirken bzw. Heeresgruppen) oder im Verteidigungsministerium wurden vom Generaloberst zum Marschall und Hauptmarschall der Waffengattung befördert. Der Marschall der Waffengattung war also dem Armeegeneral gleichgestellt.
Oberhalb des Marschalls der Sowjetunion wurde nach dem Zweiten Weltkrieg für Stalin als Obersten Befehlshaber der Rang des Generalissimus geschaffen.
Auch das Sultanat und Kalifat der osmanischen Türken kannte einen Dienstgrad oberhalb der Befehlshaber selbständiger Armeen (Armeegeneräle) für einen Oberfeldherrn mit dem höchsten militärischen Rang. Dieser wurde jedoch zunächst nicht Marschall, sondern Muschir (heutige türk. Schreibweise: müşir oder auch müşür; aus dem Arabischen, etwa: Berater, Geheimrat) genannt und entsprach etwa dem Feldmarschall bzw. Feldmarschallleutnant (Vizemarschall) oder Waffenmarschall. Im Ersten Weltkrieg gab es mehrere Muschire an den verschiedenen Fronten. Neben dem Militär gab es den Rang auch in der Zivilverwaltung, wo er etwa einem Vizeminister bzw. Staatsminister bzw. einem Mitglied des Staatsrates entsprach. Heute wird meist das aus den europäischen Sprachen übernommene Wort mareşal verwendet.
Die Türkei hat bisher zwei Generäle mit dem Marschallrang ausgezeichnet:
Mustafa Kemal Atatürk wurde im September 1921 als Anerkennung seines Sieges bei der Schlacht am Sakarya (türkischSakarya Meydan Muharebesi) auf Vorschlag von Fevzi und İsmet Paşa vom Parlament der Türkei zum Mareşal ernannt.
Fevzi Çakmak wurde 1922 zum Mareşal befördert. Atatürk verlieh ihm diesen Rang zur Anerkennung seines Sieges bei Dumlupınar vom 31. August 1922 (türkischDumlupınar Zaferi) auf der Grundlage eines Gesetzes.
In Italien ist der Maresciallo in verschiedenen Abstufungen ein Dienstgrad der Streitkräfte (einschließlich der mit Polizeiaufgaben betrauten Carabinieri) und der Finanzpolizei (guardia di financia). Er entspricht einem Unteroffizier oder einem Beamten des gehobenen Dienstes, ist also im Gegensatz zum Marschall in anderen Staaten ein Dienstgrad der mittleren Ebene.
Johann Wolfgang Goethe: Dichtung und Wahrheit, Erster Teil, Fünftes Buch. (odysseetheater.com – Schilderung der Krönung Josephs II. zum römisch-deutschen König).
↑Ernst Langwerth von Simmern: Die Kreisverfassung Maximilians I. und der schwäbische Reichskreis in ihrer rechtsgeschichtlichen Entwickelung bis zum Jahre 1648. Winter, Heidelberg 1896, S. 24.