Kinderfilme sind für Fernsehen, Kino, DVD- bzw. Videokassette, Social Media und Video-on-Demand produzierte Filme, die sich in erster Linie an Kinder richten. In thematischer und stilistischer Hinsicht gibt es kaum Beschränkungen, ihre Präsentation passt sich jedoch den Ansprüchen und Bedürfnissen der Zielgruppe an.
Filme, die speziell für Kinder produziert werden, handeln oft von jungen Menschen. Mehr noch als Filme für Erwachsene benötigen Kinder Identifikationsfiguren, die ihnen gleichaltrige Figuren bieten. Sind die Hauptfiguren jedoch Erwachsene, handelt es sich eher um Märchen wie Drei Haselnüsse für Aschenbrödel (1973) oder Verwünscht (2007).
Der Begriff Kinderfilm wurde erstmals 1910 in einer Werbung für Kinoprogramme verwendet.[1] Jedoch verstand man hierunter oft lediglich Filme mit Kindern.[2][3]
Zielgruppe
In den 1950er- bis 1970er-Jahren waren Kinderfilme für eine Altersgruppe von sechs bis ca. vierzehn Jahren ausgelegt. Aufgrund der durch die modernere Gesellschaft früher einsetzenden Pubertät verschob sich die Altersgruppe auf ungefähr vier bis zwölf Jahre, weswegen sich im Laufe der Zeit immer mehr auch Heranwachsende für das Angebot an Jugendfilmen interessierten.
Kinderfilme orientieren sich am Erfahrungshorizont der Hauptrolle. Ist diese Person etwa fünf Jahre alt, hat sie ganz andere Erfahrungen als eine zehn Jahre alte Hauptfigur. Ist die Kluft der Erfahrungen zwischen den Zuschauern und den Figuren allerdings zu groß, ist ein solcher Film für die Zuschauer meist eher langweilig.
Filme, die gezielt jüngere Kinder ansprechen, wie zum Beispiel die 1995 gedrehte Astrid-Lindgren-VerfilmungLotta, haben deswegen eine kleinere Zielgruppe, weshalb der Film wirtschaftlich schwerer zu vermarkten ist. Daher sind Filme speziell für kleinere Kinder eher selten zu finden.
Abgrenzung zum Familienfilm
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Bei einem Familienfilm werden im Gegensatz zum Kinderfilm auch Erwachsene als Zuschauer miteinbezogen. Die Filme sprechen also gleichermaßen jüngere wie ältere Zuschauer, im Idealfall beider Geschlechter, an. In diesem Fall spricht man auch von einem Four-Quadrant Movie. Um dieses Ziel zu erreichen, werden Handlungsebenen für Erwachsene eingebunden, ohne die Kinder als Zuschauer zu langweilen.
Der Begriff des Familienfilms ist dabei erst in den 1990er-Jahren aufgetaucht, um die Einordnung als Kinderfilm bei der Vermarktung von Filmen zu vermeiden. Kinderfilme mussten früher mit niedrigen Budgets auskommen und wurden dementsprechend häufig als wenig attraktiv angesehen. So meinte etwa der bekannte US-amerikanische Filmkritiker Roger Ebert:
„Neun von zehn Kinderfilmen sind witzlos, blöd und zeigen, daß sie ihr Publikum geringschätzen – was auch der Grund ist, warum Kinder keine Kinderfilme mögen.[4]“
Außerdem sollte Erwachsenen als möglichen Begleitpersonen von Kindern vermittelt werden, dass bei der Produktion eines Films auch ihre Interessen berücksichtigt werden, um sie als zusätzliche Zuschauer zu gewinnen.
Tatsächlich waren Familienfilme bereits vor Einführung dieses Labels gedreht worden. Hierbei hatte sich vor allem Disney hervorgetan, das sich mit ihren Realfilmen zwar regelmäßig auch an Kinder als Zuschauer wandte, aber häufig Erwachsene als Hauptpersonen einsetzte (Mary Poppins von 1964, die Herbie-Reihe, Der fliegende Pauker [1961]) und auch ein älteres Publikum unterhalten wollte.
Der Zeitgeschmack kann sich aber auch ändern: Heute gelten Märchenfilme als die ersten deutschen Kinderfilme, wurden aber tatsächlich als Unterhaltung für alle Altersgruppen produziert.
Ein wesentlicher Unterschied ergibt sich auch bei differenzierter Verwertung im Kino und Fernsehen: Häufig ist ein Kinderfilm auf den Nachmittag beschränkt, Familienfilme werden dagegen auch am Abend gezeigt.
Ziel des Kinderfilms ist im Allgemeinen, den Kindern etwas über die Welt um sie herum zu erzählen, ihre Phantasie anzuregen und sie vielleicht auch etwas lernen zu lassen. Ein Schwerpunkt ist dabei die Beschreibung der charakterlichen Entwicklung der Protagonisten. Dieser entwickelt sich zu einem besonderen Individuum, wie bei Whale Rider (2002) oder Der zehnte Sommer (2003). Die Zuschauer sollen angeleitet werden, sich mittels der Reflexion bezüglich der Hauptpersonen über sich selbst bewusst zu werden.
Einen besonders großen Wert legen Kinderfilme auf die Anregung der kindlichen Fantasie. Häufig beginnen sie in der Alltagswelt der jüngeren Zuschauer und führen dann fantastische Elemente ein. Eine weitere Anregung der kindlichen Fantasie wird in modernen Kinderfilmen durch Märchen-Bezüge erzeugt. Diese Filme erhalten durch die überraschende Abwandlung bekannter Geschichten zumeist einen leichten und fröhlichen Ton, der Kinder besonders anspricht (2006 machte Die Rotkäppchen-Verschwörung aus dem gleichnamigen Märchen eine moderne Kriminalgeschichte).
Eine Reihe vor allem amerikanischer Kinderfilme sind letztlich bloße Actionfilme, bei denen sich die Zuschauer als kleine Erwachsene fühlen können (wie Spy Kids, 2001) und die die kindlichen Bedürfnisse eher vernachlässigen.
Zeichentrickfilme wurden in der westlichen Kultur lange als Kinderfilme wahrgenommen. Etabliert wurde diese Ansicht durch die Walt-Disney-Filme, die fast alle Adaptionen von Kinderbüchern waren und in denen alle Elemente entfernt wurden, die als für Kinder ungeeignet angesehen wurden.
In anderen Kulturen hingegen, z. B. Japan, richten sich viele Zeichentrickfilme ausdrücklich nicht an kindliche Zuschauer. Diese Haltung fand ab den 1970er-Jahren zunehmend Verbreitung in Amerika und Europa, sodass Filme sogar ganz bewusst gegen die scheinbare Tradition der reinen Kinderfilme verstießen und nicht mehr für Kinder geeignet waren. Der anarchistischeFritz the Cat von 1972 und seine Nachfolger galten als Produkt der Underground-Bewegung jener Zeit und zielten auf ein ausschließlich erwachsenes Publikum ab.
Konkurrenzprodukte zu Disney aus den 1980er Jahren wie das 1982 produzierte Mrs. Brisby und das Geheimnis von NIMH, Watership Down (1979), Die Hunde sind los (1982) und Wenn der Wind weht (1986) waren zwar ab sechs Jahren freigegeben, aber nicht für ein ausschließlich kindliches Publikum gedacht. Auch zogen sie durch ihre düstere Atmosphäre, ihre Mehrdeutigkeit und ihre durchaus vorhandene gesellschaftskritische Haltung ebenfalls ein älteres Publikum an, das – soweit Tiere als Protagonisten eingesetzt wurden – dessen Fabelcharakter erkannte.
Don Bluth, der Regisseur von Mrs. Brisby und das Geheimnis von NIMH, drehte 1986 Feivel, der Mauswanderer und zwei Jahre danach In einem Land vor unserer Zeit, die noch einfacher gehalten waren als die Disney-Filme und jeweils Fortsetzungen erhielten (In einem Land vor unserer Zeit erreichte 2007 Teil 13). Zunehmend wird für Kinder- und Jugendfilme auf Fortsetzungen gesetzt, etwa 2006 Ice Age 2: Jetzt taut’s, wobei der Alterungsprozess der menschlichen Darsteller im Realfilm umgangen werden kann.
Die amerikanischen Zeichentrickfilme hatten Ende der 1990er-Jahre immer weniger Erfolg im Kino. Anfang der 2000er Jahre wurden sie von computeranimierten Filmen verdrängt.
Mittlerweile wird auch vermehrt mit Stilmitteln des Realfilms gearbeitet – insbesondere bei der Simulierung von Spezialeffekten gängiger Actionfilme – sodass die Grenzen zwischen Animations- und Realfilmen verschwinden. Die Unglaublichen – The Incredibles war 2004 eine Mischung aus modernen Superhelden- und James-Bond-Filmen, Monster House schafft eine Gruselatmosphäre, die für ältere Kinder ähnlich intensiv wirken dürfte wie moderne Horrorfilme auf Erwachsene.
Ein zunehmendes Merkmal der Vermarktung von amerikanischen Zeichentrick- und Animationsfilmen ist die Einführung von Fortsetzungen, die nach dem Prinzip der Direct-to-DVD-Produktion erstellt werden, nach dem die Erstverwertung gleich auf der DVD erfolgt. Das Dschungelbuch 2 (2003) und der Pu-der-Bär-Ableger Heffalump – Ein neuer Freund für Winnie Puuh (2005) sind allerdings Beispiele dafür, dass diese Filme gleichwohl den Sprung in europäische Kinos schaffen können.
Fast in ein anderes Genre sind Animationsfilme einzuordnen, deren Bildaufbau stark an Grafikengines in Computerspielen erinnert. „Jane und der Drache“, als 3-D-Animationsserie im Programm des Kinderkanals angekündigt, ist ein Beispiel dafür. Die Einzelbilder sind erkennbar in der Ausgabegeschwindigkeit (24 Bilder in einer Sekunde) berechnet.[5]
Als Pionierin des Kinderfilms in Deutschland gilt Lotte Reiniger. Sie produzierte ab 1919 zahlreiche, z. T. extrem stilisierte Scherenschnittfilme mit expressionistischer Tendenz, die hohe Anforderungen an die Sehgewohnheiten selbst für Erwachsene stellten. Dabei verarbeitete sie nicht nur Märchen ihrer Landsleute, sondern auch Motive aus Tausendundeiner Nacht und Doktor Dolittle und seine Tiere aufgriff.
Der erste Film der DDR, in dem Kinder im Mittelpunkt standen, war 1946 Irgendwo in Berlin, in dem Gustav und seine Freunde das Trümmerfeld Berlin zu einem Abenteuerspielplatz machen. Der erste gezielt für Kinder produzierte Film war Die Störenfriede (1953). In diesem Film geht es um die 13-jährige Vera, die es sich zur Aufgabe setzt, zwei aufmüpfige Jungen zu guten Pionieren zu erziehen.
Aufgrund der Filmzensur konnten in der DDR nicht alle Themen behandelt werden. Kinderfilme wurden deshalb als Möglichkeiten gesehen, den Zwängen auszuweichen. So finden sich zum Beispiel in Märchenfilmen wie Wie heiratet man einen König? von 1969 und Sechse kommen durch die Welt (1972) zahlreiche hintersinnige Anspielungen auf den DDR-Alltag.
Auch die realistischen DEFA-Filme genossen hohes Ansehen. Schon in den 1950er-Jahren wurde in den DDR-Kinderfilmen großen Wert auf eine wirklichkeitsgetreue Darstellung der Lebensumgebung von Kindern gelegt. In Berlin-Filmen der 1950er-Jahre wie Alarm im Zirkus (1953) oder Sheriff Teddy (1957) wurden in der noch nicht durch die Mauer geteilten Stadt die Geschichten von Kindern aus West- und Ostberlin erzählt. In der Dramaturgie dieser Filme wurden allerdings die sozialistischen Ideale deutlich hervorgehoben.
Ab den 1960er-Jahren enthielten sich die Filme zunehmend der politischen Indoktrination, ohne aber die Auswirkungen des politischen Systems zu verleugnen. Trotz mangelnder finanzieller Möglichkeiten betonten diese Filme Fantasie und Poesie. Die Suche nach dem wunderbunten Vögelchen von 1964 ist der erste Film, die diese Richtungsänderung anzeigt. In diesem Kinderkrimi geht es um Bewohner eines Kinderheimes, die sich gemeinsam auf die Suche nach dem titelgebenden Tier machen. Alfons Zitterbacke von 1966 ist die humorvolle, aber auch nachdenkliche Geschichte aus dem Leben eines Lausbuben.
Die Vermischung einer realen Lebensumgebung mit fantasievollen Elementen setzte sich in den 1970er-Jahren spürbar fort. Der Ton in den Filmen wird leichter, gleichzeitig werden die Sozialstudien den Lebensumgebung von Kindern noch differenzierter. Hierfür steht beispielhaft Susanne und der Zauberring (1973), dessen Protagonistin sich trotz eigener Interessen mit ihren Mitschülern anfreundet. Das Pferdemädchen (1979) erzählt von der Liebe eines Mädchens zu Tieren und der sich daraus ergebenden Verantwortung. Der DEFA-IndianerfilmBlauvogel (1979) wiederum beschreibt die Geschichte eines weißen Jungen, der bei Indianern aufwächst.
Im Nachkriegsdeutschland wurden kaum Kinderfilme gedreht. Vielmehr wurden die so genannten Lustspiele mit Heinz Rühmann, Liselotte Pulver oder Heinz Erhardt als kindgerechte Familienfilme angesehen. Eine realistische Darstellung der Gefühls- und Verhaltenswelt von Kindern fand dort nicht statt. Die Kinder verhalten sich bei allen Streichen in Filmen wie Vater braucht eine Frau (1952) und Wenn der Vater mit dem Sohne (1955) immer gehorsam, respektvoll und harmoniesüchtig. Es handelt sich stets eher um eine Wunschvorstellung, wie die Elterngeneration ihre Kinder gerne sähe. Hinzu kam, dass durch die Nivellierung des Jugendschutzgesetzes von 1957 der Kinobesuch von Kindern unter sechs Jahren verboten wurde. Erst 1985 wurde das Verbot wieder aufgehoben. Dementsprechend wurden in dieser Zeit auch keine Filme für kleinere Kinder produziert.
Als problematisch erwies sich zudem, dass außer den Erich-Kästner- und Heidi-Büchern kaum deutschsprachige literarische Vorlagen existierten, auf die man zurückgreifen konnte. So wurden in den 1950er- und 1960er-Jahren hauptsächlich Märchenfilme wie zum Beispiel Frau Holle (1961) gedreht. Die Dramaturgie dieser Märchenfilme setzte dabei ganz auf die bewahrpädagogischen Ansätze der Adenauer-Ära, die Kinder von allen Dingen des realen Lebens fernhalten wollte. In den Märchenfilmen wurden sämtliche Gewaltszenen aus den Vorlagen soweit es ging herausgelassen und Kindern wurde eine „heile Welt“ gezeigt.
In den 1960er-Jahren gab es eine Kinokrise in Deutschland. Die Ursachen lagen zum einen in der Verbreitung des Fernsehens sowie in der mangelnden Akzeptanz von deutschen Filmen aus dieser Zeit. Dies führte zum Oberhausener Manifest von 1962, das den deutschen Film veränderte. Nun sollte die Suche des Autors nach künstlerischem Ausdruck im Mittelpunkt stehen. Der Kinderfilm blieb allerdings von dieser Entwicklung ausgeschlossen. In diesem Jahrzehnt entstanden nur zehn Kinderfilme.
In den 1970er-Jahren kamen die ersten Impulse eines veränderten Medienverständnisses für Kinder aus dem Fernsehen. Die Idee, Kinder nicht mehr vor allem zu schützen, sondern ihnen Anregungen zu geben, Wissen zu vermitteln und ihr soziales Lernen zu unterstützen galt nun auch für Kinderfilme. Dies führte zu einer Modernisierung und zur Entwicklung neuer ästhetischer Erzählweisen.
Einer der ersten, die diese Vorstellungen umsetzten, war Hark Bohm bei der Realisierung von Tschetan, der Indianerjunge (1972). Die nachfolgenden Filme setzten sich glaubwürdig mit den Problemen von Kindern auseinander, wie beispielsweise Ein Tag mit dem Wind (1978) oder Metin (1979). Die Verfilmung des Kinderbuchs Die Vorstadtkrokodile (1977) erzählt beispielsweise vom Umgang mit einem behinderten Jungen.
Zudem entstanden in den 1970er-Jahren die erfolgreichen Räuber-Hotzenplotz-Verfilmungen. Typisch für die Schwierigkeiten, die es in Deutschland mit Kinderbüchern gab, waren die Rassismus-Vorwürfe gegen Pippi Langstrumpf und Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer.
Daneben gab es zahlreichen Verfilmungen der Karl-May-Western, die mittlerweile als Familienfilme gelten und seit den 1990er-Jahren von der FSK mit einer Altersfreigabe „ab 6“ versehen worden sind.
Kinderfilme, die sich speziell mit der Gefühlswelt der Kinder auseinandersetzen, wurden in den 1980er-Jahren in der BRD kaum gedreht. Zwei der wenigen Ausnahmen drehte Arend Agthe: zum einen den 1983 entstandenen erfolgreichen Kinderfilm Flußfahrt mit Huhn, der als moderner Klassiker dieses Genres gilt, sowie Der Sommer des Falken von 1987. Bodo – Eine ganz normale Familie (1989) kann grundsätzlich auch darunter subsumiert werden, allerdings konzentrierte sich die Dramaturgie viel zu sehr darauf, Versatzstücke des US-Kinos zu kopieren und auf Deutschland umzumünzen.
Sehr häufig entstanden dagegen Komödien mit Thomas Gottschalk, Mike Krüger, Dieter Hallervorden und Otto Waalkes, welche man als Familienunterhaltung einstufte. Die Intelligenz und Poesie und Wärme der zur selben Zeit in der DDR produzierten Filme ließen sie in der Regel jedoch vermissen.
Ähnlich sah es bei Literaturverfilmungen aus: bei der 1984 vorgenommenen Verfilmung des erfolgreichsten deutschen Kinder- und Jugendbuchs Die unendliche GeschichteMichael Endes wurde mehr Wert auf besondere Filmtricks gelegt als auf eine genaue Umsetzung des Buches. Bei der Adaption von Momo desselben Autoren hingegen gelang es 1986, die Vorzüge des Romans auf die Leinwand zu übertragen. Der Streifen Hatschipuh (1987) zielt dagegen eher auf ein Publikum bis sechs Jahren ab.
Deutschland nach der Wiedervereinigung
Mit dem Ende der DDR sank die Produktionszahl von Kinderfilmen erheblich. Trotzdem stellen sie seit den 1990er-Jahren den einzigen stabilen Bereich der Kino-Industrie dar. So gibt es mittlerweile eine Reihe von Büchern, auf die die Kino-Industrie zurückgreifen kann. Bibi Blocksberg, Das Sams (2001) oder Die Wilden Kerle – Alles ist gut, solange du wild bist! (2003) sind allesamt professionell produziert, warten mit Stars in den Erwachsenenrollen auf und wurden aufwendig vermarktet. Bibi Blocksberg wurde so der erfolgreichste deutsche Spielfilm im Jahr 2002. Alle genannten Filme erhielten Fortsetzungen, die ebenfalls die in sie gesetzten Erwartungen erfüllten. Auch Bücher Erich Kästners wurden erneut verfilmt und dabei modernisiert (Das fliegende Klassenzimmer (2003), Emil und die Detektive, 2001). Auch von Räuber Hotzenplotz gab es 2006 eine neue Kinoversion. Großen Erfolg feierten die Verfilmungen der Kinderromane von Cornelia Funke. 2005 entstand basierend auf der gleichnamigen Fernsehsendung mit Peter LustigLöwenzahn – der Film: Die Reise ins Abenteuer.
Kinderfilme aus Deutschland, die ohne erfolgreiche Vorlage oder aufwendige Werbung im Kino gezeigt werden, haben es dagegen beim Publikum deutlich schwerer. Dies gilt sowohl für das Drama Wer küsst schon einen Leguan? von 2004, in dem ein 13-jähriger Junge, der von seiner Mutter vernachlässigt wird, einen neuen Ersatzvater findet, wie für Der Mistkerl von 2001, in dem eine ähnliche Geschichte als Komödie erzählt wird.
Ein engagierter Kinder- und Jugendfilm ist das Roadmovie Pauls Reise (1999) über einen leukämiekranken Jungen. Der zehnte Sommer (2003) erweist sich als kleiner, poetischer Film, während Die Blindgänger (2004) das Heranwachsen von Blinden thematisiert. Mondscheinkinder handelte 2006 vom Umgang mit der unheilbaren Krankheit Xeroderma pigmentosum und dem Tod eines Kindes (der Bruder der Hauptperson darf nicht an die Sonne) mithilfe der Fantasie und einer ersten Liebe.
Dass man witzige und realitätsnahe Geschichten erzählen kann, zeigt Max Minsky und ich (2007), ein Film um ein 13-jähriges Mädchen, das einerseits von ihren deutsch-jüdischen Wurzeln beeinflusst wird, andererseits aber den Sport und die Jungs für sich entdeckt. Die Vorlage von Holly-Jane Rahlens war mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis ausgezeichnet worden.
Auch unter den deutschen Fernsehfilmen entstehen weiterhin Kinderfilme, die sich mit den spezifischen Problemen von Heranwachsenden auseinandersetzen, zum Beispiel in Pik & Amadeus – Freunde wider Willen (2006) oder Der Seehund von Sanderoog (2006).
Pommes essen aus dem Jahr 2012 war der erste Kino-Kinderfilm einer deutschen Produktion seit 15 Jahren, der auf einem Originaldrehbuch beruhte und nicht auf einer Romanvorlage.
Österreich
Schon 1907 produzierte Dr. Alto ArcheUnterrichtsfilme, die 1912 in Kinos gezeigt wurden. In diesen auch heute noch erhaltenen Filme, waren unter anderen Glasbläser, ein Hafnermeister und Zeugfärber bei der Arbeit, aber auch ein Kürturnen zu sehen.
Nachdem 1910 Kindern der Besuch von Kino gesetzlich untersagt wurde, konnte der österreichische Film lange Zeit kein eigenständiges Kinderfilm-Genre entwickeln, zumal die nationale Filmindustrie während des Nationalsozialismus mit der deutschen gleichgeschaltet war. In der II. Republik wurden in der zweiten Hälfte der 1950er-Jahre und Anfang der 1960er-Jahre vom Unterrichtsministerium zahlreiche Produktionen unterstützt, beschränkte sich jedoch im Wesentlichen auf das Abfilmen von Theaterstücken. Filme, zumal Kinderfilme, wurden nur mit minimalen Förderungen bedacht.
Im Kinder- und Jugendfilmbereich, der sich in Österreich erst allmählich etabliert, sticht der gefühlvolle Kinderfilm Jonathana und die Hexe von 1976 hervor. In diesem Film geht es um ein Mädchen, das alleine bei seinem vielbeschäftigten Vater lebt, und Trost bei einer alten Frau findet.
Aufgrund geringer Filmfördermittel für Kinderfilme tritt Österreich öfters als Koproduzent bei Kinderfilmen auf, wie zum Beispiel bei Sommer mit den Burggespenstern (2002).
Schweiz
Beim Schweizer Kinderfilm denkt jeder sofort an Heidi. Dieser Roman von Johanna Spyri wurde in der Schweiz mehrfach verfilmt, angefangen von Heidi von 1952 über den ersten Schweizer FarbfilmHeidi und Peter (1955) bis hin zu einer modernen Fassung von 2001 (Heidi).
Aber auch bei Filmen, bei denen man nicht automatisch an die Schweiz denkt, ist diese als Koproduzent beteiligt, wie zum Beispiel bei Die Rote Zora (1979), Anna, Anna (1992), und Henriette von 2004. Zu den produzierten Animationsfilmen gehört auch Pingu.
Ein reinschweizerischer Film ist die Verfilmung Mein Name ist Eugen von 2004. Vier Jungen machen sich in den 1960ern auf die Suche nach den „König der Lausbuben“ und reisen dabei durch die halbe Schweiz.
Eine moderne Abenteuergeschichte mit vielen Spezialeffekten bietet das von Luc Besson ersonnene Arthur und die Minimoys (2006) um einen Jungen, der sich in die Feenwelt begibt, um das Haus seiner Eltern zu retten.
Weltweite Erfolge können französische Zeichentrickfilme erringen; so wurde 2003 Das große Rennen von Belleville für den Oscar als bester Animationsfilm nominiert. Ein weiterer großer Erfolg war Das Geheimnis der Frösche (2003 entstanden) über eine neue Sintflut. Bemühungen, nach dem nachlassenden Interesse an den Asterix- und Lucky-Luke-Zeichentrickfilmen Realfilme zu produzieren, waren zumindest bei Asterix kommerziell erfolgreich. Mittlerweile entstand 2007 bereits der dritte Film dieser Art mit Asterix bei den Olympischen Spielen.
Ein bedeutender Aspekt des französischen Kinos sind erfolgreiche Tierdokumentationen wie Mikrokosmos – Das Volk der Gräser von 1996, die sich modernster Techniken bedienten und damit ganz neuartige Bilder fanden. Die Reise der Pinguine (2005) erhielt eine umstrittene Vertonung, die die Tiere „sprechen“ lässt. Jean-Jacques Annaud stellte in seinen Filmen Der Bär (1988) und Zwei Brüder von 2004 (in dem es um Tiger geht) Tiere in den Mittelpunkt einer Handlung, in der die Tiercharaktere nur moderat vermenschlicht wurden.
Andere französische Filme gelten als kindgerecht, ohne dass sie explizit kindliche Bedürfnisse berücksichtigten. Die Filme von Jacques Tati ähneln etwa denen von Charles Chaplin. Vor allem Die Ferien des Monsieur Hulot von 1953 kombiniert Pantomime und Slapstick in einer Weise, wie es sonst nur Chaplin oder Buster Keaton gelang. Auch Louis de Funès erzielte mit seinem rabiaten Auftreten in den Filmen, das ihn wie ein großes ungezogenes Kind wirken ließ, großen Erfolg bei diesen. Gleiches gilt für Pierre Richard in seiner Paraderolle als Chaot und Tollpatsch, der damit regelmäßig sein gesamtes Umfeld durcheinanderbrachte. An diesen Humor schließen die Asterix-Realfilme an.
Großbritannien
Kinderfilme aus Großbritannien sind breitgefächert. Ein sehr ungewöhnlicher Film ist zum Beispiel die Komödie Bugsy Malone (1976). In diesem Film werden sämtliche Rollen von Kindern übernommen, wobei sie Erwachsene darstellen.
Auch soziale Themen werden angesprochen, ohne darauf zu verzichten, das Publikum zu unterhalten. In Das tollste Kaufhaus der Welt (1999) lässt sich eine obdachlose Familie Weihnachten einschließen. Im Doppelpack (2002) ist ein coming-of-age-Film über die individuelle Persönlichkeitsentwicklung von Zwillingsschwestern. Der 2003 gedrehte Film Davids wundersame Welt handelt vom alltäglichen Rassismus im Sport.
Angesichts der großen Menge britischer Kinderbücher ist die Zahl der Verfilmungen eher gering, da die meisten Adaptionen durch Hollywood vorgenommen werden. Typisches Beispiel sind die zahlreichen Verfilmungen von Roald Dahl, von dem nur eine rein britische Version ins Kino gelangte – Danny, der Champion von 1989. Deshalb sind die Verfilmungen der Harry-Potter-Romane von Joanne K. Rowling so bemerkenswert, da die Autorin durchsetzen konnte, dass die Darsteller fast alle Briten sind.
Hong Kong
Im Zuge der Kung-Fu-Welle wurden in den 1980er-Jahren auch einige dieser Filme auf Deutsch synchronisiert, in denen Kinder als Hauptdarsteller fungierten. Die in der Lucky-Kids-Filmreihe bzw. als Lucky Seven zusammengefassten Filme sind für etwas ältere Kinder geeignet.
Italien
Der italienische Kinderfilm wird zumeist mit Verfilmungen des bekanntesten Kinderbuches Pinocchioassoziiert. Die meisten in Deutschland erschienenen Verfilmungen dieses Buches sind jedoch amerikanische. Die letzte Fassung von und mit Roberto Benigni 2002 war außerhalb Italiens nicht erfolgreich.
Daneben werden die Komödien mit Adriano Celentano sowie Bud Spencer und Terence Hill sehr gerne von Kindern angesehen. Durch den derben Humor und ihre Schlägereien sind sie allerdings für Jugendliche geeigneter. Als kindgerecht wurden auch die Komödien um Don Camillo und Peppone angesehen. Eine realistische Darstellung der Gefühls- und Verhaltenswelt von Kindern findet in all diesen Filmen allerdings nicht statt.
Japan
Sehr beliebt bei Kindern sind die Animes aus Japan. Der erste Anime-Film, der in Deutschland gezeigt wurde, war Der Zauberer und die Banditen (1959). Serien wie Heidi (1974) wurden anschließend auch als Film-Version herausgebracht. Filme des Studio Ghibli trugen wesentlich dazu bei, dass auch Deutschland die Qualitäten einiger Animes wahrgenommen wurden. Hierzu zählt Kikis kleiner Lieferservice (1989).
Neben den Animes bieten die Monsterfilme aus Japan Unterhaltung für Kinder. Sehr bekannt sind dabei die Filme von Godzilla (1954 bis 2004). Geeigneter für Kinder sind allerdings die Mothra-Filme wie zum Beispiel Mothra 3 – King Gidorah kehrt zurück (1998). Dort bietet sich eine zusätzliche Möglichkeit zur Identifikation durch den Einsatz gleichaltriger Kinder als Hauptpersonen.
Aus Kanada sind vor allem einige Kinderfilme aus der Fernsehfilm-Reihe Tales for All auf Deutsch synchronisiert worden, u. a. Die Schrubber-Gang (1992) und Die geheime Festung (2001). Letzterer erzählt die Geschichte von zwei Kindergruppen, die Krieg spielen und dabei dessen Sinnlosigkeit erkennen.
In den Niederlanden und Belgien werden Filme aus dem Ausland in der Regel nicht synchronisiert. Die Anzahl selbstproduzierter Kinderfilme ist deshalb sehr hoch, um Kindern eine größere Auswahl an Niederländisch gesprochenen Filmen anzubieten.
Häufig bemühen deren Macher sich um eine fantasievolle Handlung, welche in einer realen Umwelt eingebunden ist. Die Filme spielen also nicht in einer reinen Märchenwelt. Beispiele sind Abeltje, der fliegende Liftboy und Lang lebe die Königin, während Winky will ein Pferd die niederländische Sinterklaas Kultur dem Zuschauer näherbringt.
Kinderfilme aus Polen, wie Die Geschichte vom Saffianschuh (1961), Der kleine Magier (Cudowne Dziecko) (1987), Krähen (1994) und Der magische Baum (Magiczne Drzewo) (2009) beinhalten meist eine starke emotionale Ausgestaltung, in welcher die Gefühle der Hauptrolle in den Mittelpunkt gestellt werden und weisen oft eine berührende Komponente auf. Sowohl Filme als auch Serien beinhalten in sehr vielen Fällen ebenso eine märchenhafte Gestaltung sowie auch die Komponenten der Magie und Zauberei. Während in der früheren Zeit die Produktion polnischer Kinderfilme häufig die Kombination eines geringen Produktionsbudgets mit hohem künstlerischem Anspruch aufwies, wurden vor allem ab dem dritten Jahrtausend auch die finanziellen Produktionsaufwände deutlich erhöht. So wies beispielsweise die Produktion vom Kinofilm Der magische Baum einen hohen Aufwand in der Produktion in Bezug auf die genannten Komponenten auf. Zu den bedeutendsten Kinderfilmproduzenten und Kinderserienproduzenten ab den neunziger Jahren werden insbesondere Andrzej Maleszka und Jerzy Łukaszewicz gezählt. Ebenso erkangte Waldemar Dziki vor allem mit seinen Filmen Der kleine Magier und Durch Wüste und Wildnis im polnischen Kino- und Fernsehpublikum große Aufmerksamkeit. Ab dieser Zeit spielt neben der oft emotional reichen sowie mystischen Ausgestaltung der Produktionen für Kinder ebenso die Darstellung der polnischen Kultur in den betroffenen Filmen und Serien eine sehr wichtige Rolle.
Einige von diesen Produktionen erlangten ebenso in Ostdeutschland in der gleichen Zeit große Bekanntheit. Für die Synchronisation einiger in Polen erstellter Produktionen für Kinder in die deutsche Sprache waren unter anderem das Synchronstudio und Tonstudio Leipzig und die Johannisthal Synchron Berlin hauptverantwortlich. Beispielsweise wurden die Kinderserien Die Verwandlungsmaschine (Maszyna Zmian) und Die Sonnenlanze (Słoneczna Włócznia) vom Synchronstudio und Tonstudio Leipzig in die deutsche Version übersetzt. Die deutschen Kinderstimmen bei den Synchronisationen in diesem Studio wurden meist durch synchronsprechende Kinder und Jugendliche von der Hörfunkgruppe Künstlerisches Wort bezüehungsweise KÜWO gesprochen. Diese Hörfunkgruppe wurde in den neunziger Jahren und im ersten Jahrzehnt des dritten Jahrtausends durch die Leipziger Synchronregisseurin Katrin Fischer geleitet und ging aus dem ehemaligen Kanal Radio DDR hervor. Die Synchronplattform Johannisthal Synchron Berlin wirkte ebenso bei den Synchronisationen der Produktionen aus den neunziger Jahren in die deutschen Versionen stark mit. So brachte diese Plattform beispielsweise die deutsche Version der Kinderserie Das Geheimnis des Sagala (Tajemnica Sagali) von Jerzy Łukaszewicz im selben Jahr wie dem ursprünglichen Produktionsjahr 1997 hervor. Die meisten Filme und Serien für Kinder aus Polen wurden durch in ihrer deutschsprachigen Version durch den Mitteldeutschen Rundfunk (MDR) ausgestrahlt, viele Ausstrahlungen führte ebenso der Kinderkanal (KiKA) und der Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) durch. Auch wurden einige polnischen Kinderserien gezielt in der Sendung Tigerenten Club mit ganzen Episoden gezeigt.
Erstaunlich sind die Anzahl und die Qualität der Filme aus Skandinavien respektive der Nordischen Länder, die sehr häufig als Koproduktion entstehen. Ein Grund dafür liegt in der konsequenten Einbindung von Kinderfilmen in der Kultur dieser Länder. In Dänemark ist zum Beispiel seit 1982 gesetzlich festgelegt, dass 25 Prozent der Mittel bei der Filmförderung für Kinder- und Jugendfilme verwendet werden müssen.
Dabei begründen längst nicht nur die zahlreichen Astrid-Lindgren-Verfilmungen den internationalen Erfolg des skandinavischen Kinderfilms. Vielmehr verstehen sich Filme wie Zwei kleine Helden, Kim und die Wölfe (beide von 2003) oder SOS – Petter ohne Netz (2005) als moderne Kinderfilme, die ihr Publikum ernst nehmen und stets auf Augenhöhe mit ihren Protagonisten bleiben. Häufig werden schwierige Themen wie der Kampf um Individualität und Selbstbewusstsein der Figuren, aber auch gesellschaftliche Probleme wie Verständnis zwischen den Religionen oder Arbeitslosigkeit angesprochen. Auch das Verhalten der Erwachsenen in all seinen menschlichen Facetten und Widersprüchen wird zumeist realistisch dargestellt. Dabei entstehen auch viele fröhliche Familienkomödien wie Die unschlagbaren Andersens (1997).
Die Wertschätzung des skandinavischen Kinderfilms drückt sich auch in den zahlreichen internationalen Auszeichnungen aus. Hierzu zählen etwa Auf der Jagd nach dem Nierenstein (1996), Das Auge des Adlers (1997), Liebe in Blechdosen (2000), Eine Hexe in unserer Familie (2000) und Elina (2002). Von Kletter-Ida (2002) – ein Film, der durchaus als Action-Thriller für Kinder bezeichnet werden kann, dabei aber auch die Persönlichkeitsentwicklung der Hauptfiguren einfühlsam erzählt – entstand zwei Jahre später aufgrund des internationalen Erfolges in den USA ein Remake.
Spanien
In Spanien war der Kinderfilm noch sehr von der Franco-Diktatur geprägt. Um deren Zensur zu umgehen, wurden diverse Filme mit Kindern in der Hauptrolle gedreht. Hierdurch wurde den Filmemachern ermöglicht, verdeckt Systemkritik zu üben, da zum einen die Zensur diese Filme weniger streng beurteilte, andererseits die in den Filmen gezeigten gesellschaftlichen, sozialen und politischen Missstände dadurch umso offensichtlicher wurden.
„Echte“ Kinderfilme fanden deshalb bislang kaum den Weg ins deutschsprachige Europa.
In den 1950er-Jahren entstand in der Tschechoslowakei eine Vielzahl von Animationsfilmen, die sich nicht nur an Kinder richteten. Die herausragenden Künstler dieser Zeit waren Jiří Trnka und Karel Zeman. Trnka wurde vor allem für seine Puppentrickfilme bekannt, seine bekanntesten Werke sind Prinz Bajaja (1950), die Verfilmung eines Märchens von Božena Němcová, und seine Adaption von William ShakespearesEin Sommernachtstraum (1959). Karel Zeman zeichnete sich durch stilisierte Animationen in Kombination mit Realfilm aus. Viele seiner Filme wurden von den Geschichten Jules Vernes inspiriert. In dem Film Reise in die Urzeit (1955) erforschen vier Jungen auf einem magischen Fluss die Urzeit. Das gestohlene Luftschiff (1966) wiederum erzählt die Geschichte von fünf Jungen, die eine abenteuerliche Reise in einem Luftschiff machen.
Ab den 1960er-Jahren gab es einige tschechisch-deutsche Fernseh-Koproduktionen, die zumeist im Serienformat aber auch als Fernsehfilme ausgestrahlt wurden. Am bekanntesten sind wohl die Arbeiten von Ota Hofman und Jindřich Polák, zu denen Pan Tau (1966–1978) – der 1988 im Mittelpunkt eines neuen Kinofilmes stand –, Die Besucher (1981–1983) und Luzie, der Schrecken der Straße (1984) zählen.
Bereits in den 1930er-Jahren wurde das Potential von Kinderdarstellern erkannt. Mickey Rooney (1920–2014) begann seine Filmkarriere als 6-Jähriger. Shirley Temple (1928–2014) trat bis zu ihrem zwölften Lebensjahr in 44 Filmen auf, darunter War Babies (1932), Stowaway (1936), die 1937 entstandene Fassung von Heidi und Die kleine Prinzessin (1939). 1936 begann die 12-jährige Judy Garland ihre Karriere. Ähnlich populär war die seit 1922 nach Drehbüchern von Hal Roach produzierte Filmserie Die kleinen Strolche (Our Gang/The Little Rascals). Auch die zu jener Zeit entstandenen Slapstick-Filme von Laurel und Hardy oder Charles Chaplin erfreuen sich heute noch bei Kindern großer Beliebtheit.
Als Inbegriff des US-Kinder- und Familienfilms gelten auch heute noch die Disney-Filme, die ab den 1930er-Jahren produziert wurden. In den 1970ern, als das Hollywood-System sich in der Krise befand und das künstlerisch orientierte New Hollywood den amerikanischen zu revolutionieren versuchte, war das Disney-Studio das einzige, das noch regelmäßig für diese Zielgruppe drehte.
In den 1980er-Jahren wurden wieder vermehrt fantasievolle Familienfilme in den USA gedreht, nachdem der Kinderfilm E.T. – Der Außerirdische 1982 für einige Jahre zum damals erfolgreichsten Film überhaupt avancierte. Weitere gelungene Beispiele sind Der Flug des Navigators (1986) und Die Nacht der Abenteuer (1987). Der Weihnachtsfilm Jessica und das Rentier (1990) hebt sich positiv von den gängigen Filmen seiner Art wie Das Wunder von Manhattan (1994) und Das Mädchen mit den Wunderhölzern ab. Daneben entstanden auch Filme wie Space Camp (1985) oder Russkies (1987), die vorgeblich für Teamwork und Völkerverständigung plädieren, in Wirklichkeit aber den Zuschauern ein sehr konservatives Weltbild zur Zeiten des damals noch bestehenden Kalten Krieges vermitteln.
1990 erschien mit Kevin – Allein zu Haus einer der erfolgreichsten Kinderfilme überhaupt, der bislang drei Fortsetzungen fand. Während der Hauptdarsteller Macaulay Culkin nur für kurze Zeit erfolgreich war, konnten die Olsen-Zwillinge auch ihre ganze Jugendzeit hinweg Filme drehen.
Ähnlich wie Home Alone hatte die Filmkomödie Juniors freier Tag um das Baby „Baby-Bink“ aus dem Jahr 1994 ein ähnliches Thema „Verbrecher und das Kind“ und einen vergleichbaren Erfolg.
Der bestimmende Schauspieler dieser Zeit war Robin Williams, der zwischen 1991 und 1997 eine ganze Reihe an Kinderfilmen drehte und sich – nach seiner Aussage – „zum Robert De Niro für Kinder“ wandelte. Ab 1997 machte es ihm Eddie Murphy erfolgreich nach und legte etwa den Verrückten Professor mehrfach wieder auf.
Zudem setzte man in den 1990er-Jahren weiter auf die Tradition einfacher heiterer Familienfilme wie Little Miss Magic – Die kleine Hexe (1997).
Eine realistische Abbildung kindlicher Lebenserfahrungen erfolgt in vielen amerikanischen Filmen eher selten. Wenn doch, basiert sie zumeist wie Winn-Dixie – Mein zotteliger Freund von 2004 auf einer erfolgreichen Buchvorlage. In Brücke nach Terabithia (2006), nach dem vielfach ausgezeichneten Roman von Katherine Paterson, erschaffen sich zwei Kinder zwar eine Fantasie-Welt, müssen aber erkennen, dass sie damit den Probleme ihres „wahren“ Lebens (Vernachlässigung, Kampf um Anerkennung, Bewältigung eines Todesfalles) nicht entkommen können.
Bei den Kurzfilmen gibt es US-Filme, die sich von der Gestaltung deutlich von Hollywood-Familienfilmen abheben. Hierzu zählt etwa The Babysitter (2003), in dem es um die sexuelle Neugierde einer Zehnjährigen gegenüber ihrem fünfzehnjährigen Babysitter geht.
Kinderfilme aus anderen Kulturkreisen
Es gibt eine beachtliche Zahl nicht-westlicher Filme in Europa zu sehen. Beispiele hierfür sind etwa die vom Kanun-e Parvaresh produzierten iranischen Kinder des Himmels (1997) und Zeit der trunkenen Pferde (2000). Diese unterscheiden sich jedoch häufig grundlegend von hier gängigen Kinderfilmen. Auf vertraute Stilmittel, wie den Einsatz von Popmusik, humorvolle Auflockerung der Handlung oder das Happy End wird zumeist verzichtet. Aufgrund des fremdartigen kulturellen Hintergrundes und der beschriebenen ungewohnten Lebensumstände finden diese Filme allerdings eher ein erwachsenes Publikum. Es wird ein authentischer Einblick in eine andere Lebenswirklichkeit vermittelt. Dies setzt aber voraus, dass diese Filme zusammen mit Erwachsenen gesehen werden, die bei der Einordnung und Verarbeitung Hilfestellung geben.
Der indische Regisseur Satyajit Ray schuf mehrere Kinder- und Jugendfilme und verfilmte dabei auch eigene erfolgreiche Kinderbücher wie seine Detektivgeschichte Sonar Kella (1974) und den Märchenfilm Hirak Rajar Deshe (1980) nach einer Kindergeschichte seines Großvaters Upendrakishore Raychaudhuri. Wegen der kulturellen Andersartigkeit sind die in Deutschland gezeigten indischen Kinderfilme jedoch meist Tierfilme wie Rikki Tikki Tavi (UdSSR/ Indien 1975) nach Rudyard Kipling, Der weiße Elefant (1978) oder Mein Freund, der kleine Elefant (1993). Französische Fördermittel ermöglichten die Produktion des Kinder- und Tierabenteuer Sirga – Die Löwin (1993), welches in eindringlichen Bildern zeigt, wie ein afrikanischer Häuptlingssohn gemeinsam mit einer Löwin aufwächst.
Weitere Informationen
Altersfreigabe
Da im Zuge des Jugendschutzes in Deutschland nahezu alle Filme von der FSK (Freiwilligen Selbstkontrolle) überprüft werden, wird dies vielfach als Kriterium dafür angesehen, was ein Kinderfilm sei.
Diese Vorstellung kann jedoch nur bedingt aufrechterhalten werden. Nicht jeder Film, der von der FSK mit FSK ohne Altersbeschränkung oder FSK 6 freigegeben wird, ist automatisch ein Kinderfilm, denn die FSK prüft nur, ob in den jeweiligen Filmen Elemente enthalten sind, die für Kinder nicht geeignet sind. Dass die nächsthöhere Altersklasse erst zwölf Jahre ist und in den Jahren dazwischen der Reifeprozess in diesen Jahren der gravierendste ist, erschwert das Problem: ein Film, der etwa Achtjährige überforderte, erhält trotzdem die Freigabe ab sechs Jahre, wenn davon ausgegangen wird, dass zehnjährige Zuschauer ihn verkraften können.
Da die Jugend mit zwölf Jahren beginnt, kann man sagen, dass ein Film mit einer Altersfreigabe ab zwölf Jahren kein Kinderfilm mehr ist. Dabei entstand ab den 1990er-Jahren das Problem, dass Filme mit dieser Altersfreigabe aus dem Abendprogramm am nächsten Nachmittag wiederholt und somit die Jugendschutzbestimmungen unterlaufen werden. Außerdem werden immer mehr Altersfreigaben nach einer Weile herabgesetzt (Star Wars oder Die Goonies von Zwölf auf Sechs, King Kong und die weiße Frau gar von Sechzehn auf Sechs).
Diese FSK-Altersfreigaben werden in der Schweiz meistens übernommen. Teilweise werden in der Schweiz allerdings auch eigene Altersfreigaben gemacht, die sich mitunter erheblich von der deutschen FSK-Freigabe unterscheiden. In Deutschland ist etwa Zwei kleine Helden ohne Altersbeschränkung freigegeben, in der Schweiz ab zehn Jahren.
Kinderfilmfestivals und -preise
Bedeutende Kinderfilmpreise werden verliehen im Rahmen:
Ulf Abraham (Hrsg.): Klassiker des Kinder- und Jugendfilms. In: Praxis Deutsch: Zeitschrift für den Deutschunterricht. 175. Friedrich, Velber 2002, ISSN0341-5279.
Noel Brown (Hrsg.): The Oxford Handbook of Children's Film, Oxford University Press, New York 2022.
Christian Exner, Bettina Kümmerling-Meibauer (Hrsg.): Von wilden Kerlen und wilden Hühnern. Perspektiven des modernen Kinderfilms. Schüren, Marburg 2012, ISBN 978-3-89472-754-3.
Petra Josting, Klaus Maiwald (Hrsg.): Verfilmte Kinderliteratur. Gattungen, Produktion, Distribution, Rezeption und Modelle für den Deutschunterricht. (= kjl&m extra. 10). kopäd, München 2010.
Tobias Kurwinkel, Philipp Schmerheim: Kinder- und Jugendfilmanalyse. (= UTB 3885). UVK Verlagsgesellschaft, Konstanz/ München 2013, ISBN 978-3-8252-3885-8.
Terry Staples: All pals together: The story of children’s cinema. Edinburgh University Press, Edinburgh 1997, ISBN 0-7486-0718-8.