Pagnols Vater, Joseph, war Grundschullehrer und seine Mutter, Pauline Henriette (genannt Augustine) Lansot, Schneiderin. 1898 wurden sein Bruder Paul, 1902 seine Schwester Germaine und 1909 ein weiterer Bruder, René, geboren. Bald danach starb die Mutter an einem Lungenleiden.
Pagnol wuchs in der Provence, ab 1904 in Marseille auf. Er wollte zunächst Englischlehrer werden, doch der Erfolg seiner frühen Bühnenstücke ließ ihn eine Karriere als Dramaturg einschlagen. Er besuchte das Gymnasium von Thiers, später erwarb er einen Hochschulabschluss an der Universität Aix-en-Provence. 1915 wurde Pagnol wegen schwächlicher Konstitution vom Kriegsdienst befreit. 1916 heiratete er Simone Collin.
Von 1927 an lebte Pagnol als freier Schriftsteller. Aus einer Liaison mit Kitty Murphy ging ein Sohn, Jacques, hervor. 1932 lernte er den Schriftsteller Jean Giono kennen, von dem er mehrere Werke adaptierte. Einer Beziehung mit Orane Demazis entstammt der 1933 geborene Sohn Jean Pierre. Im Jahr 1935 kam Pagnols drittes Kind, Francine, zur Welt. Ihre Mutter ist Yvonne Pouperon. Erst 1941 ließ sich Pagnol von seiner ersten Frau scheiden. Im folgenden Jahr verkaufte er sein Filmstudio. 1944 wurde er Präsident der Société des Auteurs et Compositeurs Dramatiques. 1945 heiratete Pagnol Jacqueline Bouvier, ein Jahr später bekamen sie einen Sohn, Frédéric. Ebenfalls 1946 wurde Pagnol Mitglied der Académie Française. Die Tochter Estelle wurde 1951 geboren, starb jedoch bereits 1954. Im Jahr der Geburt von Pagnols fünftem Kind, 1951, starb sein Vater Joseph, der Held seiner autobiografischen Bücher.
Marcel Pagnol, der Honorarkonsul von Portugal und Monaco war, starb 1974. Er ist, wie der größte Teil seiner Familie, in La Treille begraben, dem Ort, der seine Kindheit prägte. Die dortige Hügellandschaft der Collines du Garlaban, in der Pagnols bekannteste Romane und Filme spielen, nennt man auch „Collines de Pagnol“. Er gilt neben Frédéric Mistral und Jean Giono als Schriftsteller der Provence.
Werke
Populär wurde Pagnol am Petit Théâtre de Paris mit den Stücken Marius (1929), Fanny (1931, später als gleichnamiges Musical von den beiden Librettisten S. N. Behrman und Joshua Logan sowie dem Komponisten Harold Rome am Broadway erfolgreich) und César (1936), die sich mit den Menschen seiner Heimatstadt Marseille beschäftigen. Diese Stücke wurden auch erfolgreich für das Kino adaptiert, und so widmete sich Pagnol während der 1930er Jahre überwiegend diesem Medium und schuf einige weitere Klassiker des französischen Kinos: Angèle (1934), Das Mädchen und der Scherenschleifer (1937) und Die Frau des Bäckers (1939).
Zwischen 1957 und 1959 erschien Pagnols autobiografischeRomantrilogieSouvenirs d’enfance (deutscher Titel: Eine Kindheit in der Provence). Diese gehört seit Jahrzehnten zur Standardlektüre französischer Schüler und begründete Pagnols bis heute ungebrochene Popularität in Frankreich. Diese Werke erfuhren Übersetzungen in zahlreiche Sprachen, neben Deutsch (von Pamela Wedekind) und Englisch unter anderem auch Chinesisch und Dänisch. 1977 erschien posthum ein vierter Teil. Die Kindheitserinnerungen wurden zudem 1990 von Yves Robert zu zwei Kinofilmen verarbeitet.
La gloire de mon père. Pastorelly, Monte-Carlo 1957 (verfilmt als Der Ruhm meines Vaters 1990).
Manon des sources, zweiter Teil, 1986 als Manons Rache von Claude Berri verfilmt
erneut aufgelegt in einem Band: Éditions Juillard, Paris 1986.
deutsch von Pamela Wedekind 1964 bei Langen-Müller in München unter dem Titel Die Wasser der Hügel erschienen, von 1966 bis 1967 bei Rütten/Loening in Berlin, von 1968 bis 1973 bei dtv München, gebundene Auflage bei Niemeyer in Hameln (1995) und seit 1997 als Taschenbuch im Piper Verlag (ISBN 3-492-22428-8).
Theaterstücke
Les Marchands de gloire (1925)
Jazz (1926)
Topaze (1928); Übers. Wolfgang Barth: Topaze. Komödie. MONS Verlag, Dresden 2017
Claude Beylie: Marcel Pagnol ou le cinéma en liberté. Éd. Atlas u. a., Paris 1986, ISBN 2-7312-0555-5.
Brett Christopher Bowles: Representing rural France. A cultural history of Marcel Pagnol’s cinema (1933–1938). Univ. Diss., ark, Pa., The Pennsylvania State.
Norbert Calmels: Rencontres avec Marcel Pagnol de l’Académie Française. Pastorelly, Monte-Carlo 1978.
Raymond Castans: Das Licht der Provence. Leben und Werk des Marcel Pagnol. Langen, München 1990, ISBN 3-7844-2282-9.
Raymond Castans, André Bernard: Les films de Marcel Pagnol. Julliard, Paris 1982, ISBN 2-260-00309-5.
Jean-Paul Clébert: La Provence de Pagnol. Édisud, Aix-en-Provence 1986, ISBN 2-85744-268-8.
Michel Galabru: Galabru raconte Pagnol. Flammarion, Paris 1999, ISBN 2-08-067746-2.
Rudolf Geissler: Der alte Götze als moderner Gott. Zur Rolle des Geldes in Marcel Pagnols Komödie „Topaze“. In: Kürbiskern 3/1986, München 1986, ISSN0023-5016, S. 137–143.
Jean-Jacques Jelot-Blanc: Pagnol inconnu. Lafon u. a., Paris 2000, ISBN 2-84098-102-5.
Paule Gounelle Kline: Le theâtre de Pagnol. Personnages et thèmes dans les oeuvres de jeunesse (= American university studies; Series 2, Romance languages and literature; 46). Lang, New York u. a. 1986, ISBN 0-8204-0320-2.
Andrée Tudesque: Marcel Pagnol de la tradition bucolique. Reichert, Worms 1991, ISBN 3-924343-21-7.
Catherine S. Webster: Pagnol, Guitry, and Cocteau. The playwright as filmmaker. Univ. Diss., New York, NY, 2005.
Daniel Winkler: Marcel Pagnol auf dem Weg vom Theater zum Film: Marius, Fanny, César. In: Michael Lommel u. a. (Hrsg.): Französische Theaterfilme – zwischen Surrealismus und Existentialismus (= Medienumbrüche; 5). Transcript, Bielefeld 2004, ISBN 3-89942-279-1, S. 133–158.
↑Marcel Pagnol: "Die Zeit der Geheimnisse". In: Aufbau-Verlag Berlin und Weimar (Hrsg.): bb. 1. Auflage. Band435. Aufbau-Verlag Berlin und Weimar, Berlin / Weimar 1979, Umschlag-Rückseite.