Innerhalb von Hamme liegt die sogenannte Speckschweiz, ein Altbauviertel zwischen der Grünanlage Schmechtingwiesen und dem Bahnhof Hamme. Das Viertel zieht zunehmend Studenten, Kreative und junge Familien an. Durch die Nähe zum Kortländerkiez und die zentrale Lage erfährt dieser Teil von Hamme seit einigen Jahren eine geringe Aufwertung.
Der Herkunft des Namens Speckschweiz ist nicht gesichert. Eine Variante ist, dass die grüne, leicht hügelige Landschaft der Schmechtingswiesen mit dem ehemaligen Bachlauf als romantischen Name im Volksmund „Schweiz“ genannt wurde (siehe auch das Bochumer Zillertal und die Elfringhauser Schweiz). Der Zusatz „Speck“ kam vielleicht von dem dort damals liegenden Schlachthof (heute Geländes des Deutschen Bergbau-Museums).[3] Der Name als lokale Bezeichnung für die Wohngegend[4][5] und den Fußballplatz bzw. der Fußballmannschaft[6] war vor dem Zweiten Weltkrieg schon geläufig. In der Chronik des Heimatkundlers Darpe von 1888–1894 finde der Name Speckschweiz (es war aber auch vor der Errichtung des Quartiers) keine Verwendung.[7]
Geschichte
Der Ort, an dem das spätere Hamme entstand, war in germanischer Zeit Siedlungsgebiet des Stammes der Brukterer. Diese verloren es im Laufe des 7. Jahrhunderts an die von Norden einfallenden Sachsen. Nach langwierigen Kämpfen konnten die Franken unter Karl dem Großen die Sachsen – auch die des alten Brukterer-Gaus – unterwerfen und befrieden. Die Christianisierung begann im Jahre 802 mit der Gründung des Klosters Werden.
Wie im gesamten Land üblich, war auch in Hamme bis weit in das 18. Jahrhundert hinein der örtliche Galgen im Gebrauch. Der Galgenplatz lag an der Maarbrücke:
„… im vorüberfließenden Maarbach wurden die Kindesmörderinnen in einem Sacke, den die armen Opfer erst selbst nähen mußten, ertränkt.“[8]
Im Jahre 1798 ergab eine Personenstandsaufnahme im Oberamt Bochum für die Landgemeinde Hamme
in der Bauerschaft: 45 Häuser und 46 Familien mit 47 Männern, 52 Frauen, 51 Söhnen, 44 Töchtern, 28 Dienstleuten = 222 Personen,
im adeligen Haus Overdiek: 1 Haus und 1 Familie mit 1 Mann, 1 Frau, 5 Söhnen, 1 Tochter, 8 Mägden, 8 Knechten = 24 Personen,
im adeligen Eigentum: 10 Häuser und 9 Familien mit 10 Männern, 10 Frauen, 6 Söhnen, 5 Töchtern, keinen Dienstleuten = 31 Personen.
Somit ergab sich für die Gemeinde Hamme im Jahre 1798 eine Personenzahl von 277.[9]
Im Gebiet von Hamme waren bis weit in das 19. Jahrhundert hinein die Namen Hundhamme und Goldhamme gebräuchlich und in amtlichen Urkunden und auf amtlichen Karten nachweisbar. Das alte Grundbuch – die Landesaufnahme von 1670–1688 im Amte Bochum – nennt Gold- und Hundhamme. Noch die Karte des Parcellar-Katasters der Gemeinde Hamme des Jahres 1823 und die Urmesstischblätter 1839–1842 zeigen diese Zweiteilung.
Gold- und Hundhamme waren auch räumlich voneinander getrennt. Das westlich gelegene Goldhamme hatte seinen Kern am Oval, das die heutigen Straßen Balkehof und Kabeisemannsweg an der Anbindung Centrumstraße bilden. Die Besiedlung des größeren Hundhamme erfolgte im Wesentlichen westlich der heutigen Gahlenschen Straße im Bereich zwischen Overdyker Straße und Prinzenstraße.
Einige Spuren dieser alten Zeit sind im Straßenbild deutlich wahrnehmbar. In Höhe des Hauses Gahlensche Straße Nr. 188 ist ein Architekturensemble erhalten geblieben. Im Bereich der Von-der Recke-Straße Nr. 25 finden sich in zweiter Reihe Häuser der alten Zeit, als der Straßenverlauf noch ein anderer war. Eine Hofraumausbildung westlich der Gahlenschen Straße gegenüber der Einmündung Reichsstraße verdeutlicht noch die alten Ortsstrukturen.
Westlich des Siedlungsschwerpunktes von Hundhamme, westlich des Marbachs und westlich der heutigen Straße Am Hangenden, Höhe Overdyker Straße lag der Adelssitz Haus Overdyck.
Der Ausbau der 1847 abgeteuftenZeche Carolinenglück besetzte die Freifläche zwischen Gold- und Hundhamme und verband letztlich beide zu „Hamme“. Goldhamme hat mit den Jahren seinen Schwerpunkt nach Südosten verlegt und findet sich auch als Straßenname wieder. Hundhamme ist längst nicht mehr in Gebrauch und selbst der eingeborenen Bevölkerung seit vielen Jahren kein Begriff mehr.[10][11][12]
In Hamme, genauer in der Zeche Präsident (Betrieb von 1844 bis 1943, zerstört durch Luftangriff), wurde erstmals im westfälischen Ruhrgebiet das Deckgebirge des Mergels über den Steinkohle führenden Flözen mit einem Tiefbauschacht überwunden. Das Gelände ist heute der Gewerbepark Präsident. Ein zweiter Schacht wurde unmittelbar hinter der Grenze auf Bochumer Stadtgebiet angelegt. Es war einer der wenigen Bergbauschächte im „alten“ Bochum vor den Eingemeindungen von 1904. Auf dem Gelände der Schachtanlage wurde ein Park angelegt. Eine Gedenktafel erinnert heute noch an den Schacht.
Am 1. April 1904 wurde Hamme nach Bochum eingemeindet.[13] Die spätere Autobahnkirche Epiphanias-Kirche wurde am 2. Februar 1930 eingeweiht.[14]
Nach dem Ende der Steinkohlenära in den 1960er war der Bochumer Schlachthof einer der wichtigsten in Hamme ansässigen Wirtschaftsbetriebe. Architekt war Walter Frese.[15] Er wurde am 25. Juli 1929 in Betrieb genommen und galt als modernste Anlage in Westdeutschland.[14]
Durch den Stadtteil führt die Dorstener Straße (B 226), eine der neun Hauptausfallstraßen Bochums. Ihr Name stammt aus der Zeit der frühen Industrialisierung. Sie bildete die Verlängerung der Gahlensche Kohlenstraße und diente dem Transport der an der Ruhr geförderten Steinkohle in Richtung Norden. Die Dorstener Straße war eine der ersten befestigten Straßen des mittleren Ruhrgebietes. Sie führte ab Bochum durch das damals schwach besiedelte Gebiet des Emscherbruches und traf erst bei Dorsten wieder auf eine größere Ansiedlung. Mit dem Abteufen neuer Zechen nördlich von Bochum zum Ende des 19. Jahrhunderts sind die unbedeutenden Dörfer Wanne und Eickel im Bereich der Emscher stark gewachsen und die Dörfer sind 1926 als kreisfreie Stadt Wanne-Eickel zusammengelegt worden. 1975 wurde Wanne-Eickel durch das Ruhrgebiet-Gesetz nach Herne eingemeindet. Diese Stadtteile kann man über die Dorstener Straße erreichen. Im Norden von Hamme verläuft quer zur Dorstener Straße die Bundesautobahn 40 (Dortmund – Venlo), welche als Ruhrschnellweg die wichtigste Ost-West-Verbindung der Region darstellt. Hamme hat zur vorgenannten Autobahn eine Anschlussstelle.
Die Haltestellen Hamme Kirche und Amtsstraße befinden sich im Zentrum von Hamme. Diese werden von den Straßenbahnlinien 306 und 316 sowie den Buslinien 352, 368 und dem NachtExpress NE 1 bedient. Die Linie 352 ist im Auftrag der BOGESTRA unterwegs. Die Haltestelle Amtsstraße ist in der Nähe des Bahnhofs Bochum-Hamme.
Der HaltepunktBochum-Hamme liegt am östlichen Rand des Stadtteils an der Bahnstrecke Bochum–Gelsenkirchen und wird von der Glückauf-Bahn (Regionalbahnlinie 46) Gelsenkirchen–Bochum bedient. Nach Beendigung von Bauarbeiten fährt der Vest-Ruhr-Express ohne Halt durch.[16] Kurz vor Hamme wird die Strecke für den Personenverkehr eingleisig, die beiden anderen Gleise werden nur für den Güterverkehr genutzt.
Hamme bey Bochum … Zur Geschichte des Bochumer Stadtteils Hamme Arbeiten u. Leben zwischen Schlackenberg u. Schlachthof – Hrsg.: Stadtteilgeschichtskreis Bürgerhaus Hamme. Erarb. im Rahmen d. Weiterbildungsangebotes - Lernen vor Ort - der Volkshochschule Bochum. - Bochum, 1987. - 192 S.
Geschichtsgruppe Speckschweiz (Hrsg.): Speckschweiz-Geschichte(n). 80 Jahre Leben und Arbeiten im Bochumer Stadtviertel zwischen Dorsterner, Herner und Feldsieper Straße. projekt verlag, Bochum 2022, ISBN 978-3-89733-571-4, S.85.
↑Die Einwohnerzahlen sind nach statistischen Bezirken und nicht nach den Gemarkungen angegeben, die Zahlen hierfür sind im Artikel Einwohnerentwicklung von Bochum
↑ Geschichtsgruppe Speckschweiz (Hrsg.): Speckschweiz-Geschichte(n). 80 Jahre Leben und Arbeiten im Bochumer Stadtviertel zwischen Dorsterner, Herner und Feldsieper Straße. projekt verlag, Bochum 2022, ISBN 978-3-89733-571-4, S.9.
↑Frack unerwünscht - Blauer Kittel gesellschaftsfähig beim heiteren Bochumer Urindianerabend. In: Bochumer Anzeiger. 13. November 1935 (online).
↑Wolfgang Werbeck: Namens-, Orts- und Sachregister für Franz Darpes „Geschichte der Stadt Bochum mit Urkundenbuch“. Neu herausgegeben. Hrsg.: Kortum-Gesellschaft Bochum e.V. und der Bochumer Antiquariat GmbH. Selbstverlag, Bochum 1991 (Erstausgabe: Bochum 1979, photomechanischer Nachdruck)., S. 210
↑Kortum-Gesellschaft Bochum: 2. Heimatbuch 1928, Beiträge zur Geschichte des Gerichtswesen in Bochum Stadt und Land in älterer Zeit, Dr. Höfken (online)
↑Kortum-Gesellschaft Bochum: 5. Heimatbuch 1951, Personenstandsaufnahme vom Amt Bochum 1798, Albert Lassek (online)
↑Kortum-Gesellschaft Bochum: 7. Heimatbuch 1958, Landesaufnahme von 1670–1688 im Amte Bochum, Autor: Heinrich Friemann (online)
↑Stadt Bochum, Amt für Geoinformationen, Liegenschaften und Kataster: Gemeindekarte Hamme 1823-1824.
↑Stadt Bochum, Amt für Geoinformationen, Liegenschaften und Kataster: Urmesstischblätter 1839-1842.
↑Stephanie Reekers: Die Gebietsentwicklung der Kreise und Gemeinden Westfalens 1817 – 1967. Aschendorff, Münster (Westfalen) 1977, ISBN 3-402-05875-8.
↑ abVerwaltungsbericht der Stadt Bochum von 1929 bis 1932 - S. 5 ff