Im Jahr 1911 pachtete der SuS Bochum 08 eine Wiese außerhalb der damaligen Bebauung der Stadt,[1] in dem Stadtteil Grumme, welches 1904 eingemeindet wurde.[2] Die Wiese trug umgangssprachlich, nach dem Verpächter Bauer Dieckmann, den Namen Dieckmanns Wiese. Sie lag ideal an der erschlossenen Ausfallstraße mit Straßenbahnlinie, andererseits gab es noch Entwicklungspotential in diesem unbebauten Teil der Stadt.[3] Das erste offizielle Fußballspiel an der Castroper Straße fand vor 500 Zuschauern am 8. Oktober 1911 beim Spiel zwischen SuS 08 und dem VfB Hamm statt.[1][4] Erst nach dem Ersten Weltkrieg wurde der Sportplatz zu einem Stadion ausgebaut.[1]
Am 24. Juli 1932 hielt Hitler im Stadion eine Rede im Reichswahlkampf. Hohe NSDAP Funktionäre, wie z. B. Ernst Röhm waren auch anwesend.[6] Je nach politischer Ausrichtung der Zeitungen wurden von 30.000 bis 100.000 Besuchern berichtet, die bis dahin größte Veranstaltung in der Stadiongeschichte. Der damals größte Veranstaltungsort in Bochum wurde auch später häufig für Massenveranstaltungen genutzt. Schon am 1. Mai 1933 fand die erste Massenparade statt, die im Stadion endete. Weiterhin wurden große Gau- und Kreisparteitage in den folgenden Jahren hier abgehalten.[7][8]
Seit der Saison 1938/39 der Gauliga Westfalen ist das Stadion die Heimstätte des VfL Bochum, einem Fusionsverein der am 14. April 1938 aus dem TV Bochum 1848, dem TuS 1908 Bochum und dem SV Germania Bochum 1906 entstand. Treibende Kraft hinter diesem Fusionsverein war der politisch schwache Oberbürgermeister Piclum, der sich mit dem Sport profilieren wollte. Direkt für das erste Heimspiel im Stadion wurde Anfang Mai ein Gastspiel mit Austria Wien, zu dem Zeitpunkt SC Ostmark, organisiert.[9]
Weiterhin wurde geplant, die Fläche zu einer gigantischen Aufmarschfläche, ganz im Stil der NS-Architektur, umzugestalten. Die Pläne wurden aber durch den Beginn des Zweiten Weltkrieges zurückgestellt. Das Stadion selbst wurde während der folgenden Bombardierungen kaum beschädigt. Es gab so lange wie möglich Fußballspiele, um die Stimmung an der Heimatfront aufrechtzuerhalten. Das letzte Spiel im Stadion fand am 17. September 1944 statt.[10]
Das Stadion wurde zuerst von der britischen Militärregierung für eigene Zwecke beschlagnahmt. Der VfL konnte hier am 22. März 1946 gegen Union Gelsenkirchen das erste Nachkriegsspiel abgehalten. Am darauffolgenden Wochenende siegte der VfL Bochum über den Wattenscheid 09 mit einem 10:0-Sieg. Am 11. Juni 1950 fand die erste internationale Begegnung nach dem Krieg statt, der Verein Sundyberger SC aus Schweden wurde mit einem 4:2 besiegt.[11]
In den 1950er Jahren errichtete der VfL eine Sitzplatztribüne mit 2700 Plätzen, von denen 1300 überdacht waren.[1][12] Nach dem Aufstieg in die Fußball-Bundesliga im Jahr 1971 musste auch das Stadion an die Anforderungen des Profifußballs angepasst werden. So wurde eine Flutlichtanlage benötigt, die am 7. Oktober 1972 im Heimspiel des VfL gegen Borussia Mönchengladbach erstmals zum Einsatz kam.[4] Ähnlich wie die Nachbarn aus Dortmund mit dem Westfalenstadion und Gelsenkirchen mit dem Parkstadion wollten auch die Bochumer in den 1970er Jahren ein neues Stadion bauen. Der Verein bekam allerdings keine Genehmigung für einen Neubau, sodass das Stadion an der Castroper Straße schließlich umgebaut wurde.[12]
Nach Ende der Umbauarbeiten wurde das Stadion am 21. Juli 1979 unter dem neuen Namen Ruhrstadion Bochum mit einem Spiel (3:0) gegen die SG Wattenscheid 09 eingeweiht.[4][20] Die ursprüngliche Kapazität des Ruhrstadions betrug 49.522 Zuschauer. Diese Kapazität wurde jedoch durch zahlreiche Umbauten verringert. So wurde vor der Saison 1997/98 die Westtribüne, die ursprünglich eine reine Stehplatztribüne war, zu einer Sitzplatztribüne umgebaut. Die Kapazität zur Saison 2012/13 betrug 29.299 Plätze, davon 16.174 Sitz- und 13.125 Stehplätze.[4]
Die deutsche Fußballnationalmannschaft spielte in diesem Zeitraum dreimal im Ruhrstadion. In der Qualifikation zur WM 1982 spielte sie gegen Finnland (7:1) am 23. September 1981[21] und bestritt hier die beiden Freundschaftsspiele gegen Jugoslawien (1:1) am 11. Mai 1986[22] und Ghana (6:1) am 14. April 1993.[23]
Das erste internationale Pflicht-Heimspiel des VfL fand am 30. September 1997 im UEFA-Pokal (heute als UEFA Europa League bekannt) gegen den türkischen Verein Trabzonspor (5:3) statt.[24] Durch den Sieg zog der VfL nach einer 1:2-Hinspielniederlage in Trabzon damit in die nächste Runde ein. Bei bisher zwei UEFA-Pokalteilnahmen (1997/98 und 2004/05) und insgesamt vier Heimspielen ist der VfL international bei Pflichtspielen bis heute im eigenen Stadion ungeschlagen geblieben.
Seit August 2003 verfügt der VfL Bochum über ein fünfstöckiges Stadioncenter hinter der Nordtribüne des Ruhrstadions.[4] Es bietet Räumlichkeiten für die Geschäftsstelle, Nachwuchsabteilung, den Vorstand, die Mannschaft sowie für die Betreuung von rund 1250 VIPs. Im Erdgeschoss des Stadioncenters sind ein Fanshop sowie eine Gastronomie („8zehn48“) eingerichtet, in der es möglich ist, Auswärtsspiele des VfL Bochum auf einer Leinwand sowie mehreren Monitoren anzuschauen.
Am 30. September 2004 – beim UEFA-Pokal-Spiel (1:1) gegen Standard Lüttich – wurde die Ostkurve, der Fanblock der VfL-Anhänger, mit Sitzplätzen bestückt, welche allerdings für den normalen Ligabetrieb wieder entfernt wurden. Dies blieb das einzige Heimspiel des Wettbewerbs in jener Saison, da der VfL nach dem 0:0 im Hinspiel aufgrund der Auswärtstorregel ausschied.
Seit Beginn der Saison 2006/07 trug das Stadion den Namen von Rewirpower, einer Tochtergesellschaft der Stadtwerke Bochum und anderer Energieversorger.[4] Der Vertrag zwischen Verein und Unternehmen lief über fünf Jahre und wurde 2011 bis 2016 verlängert. Wie in vergleichbaren Fällen bei anderen traditionsreichen Namen von Stadien und Arenen, wurde die Umbenennung vom Großteil der Bochumer Fanszene kritisiert.
Bochum war Spielort bei der Europameisterschaft der U21-Junioren 2004, unter anderem auch des Endspiels.[4][20] Während der U-20-Fußball-Weltmeisterschaft der Frauen 2010 und der Weltmeisterschaft der Frauen im Jahr 2011 war das Ruhrstadion unter dem Namen „FIFA Frauen-WM-Stadion Bochum“ Austragungsort.[4] Um den FIFA-Normen zu entsprechen, wurde das Stadion bis 2011 renoviert. Auch das Stadioncenter wurde aus Anlass der WM erweitert. So entstand dort das Medienzentrum, es wurden neue Räume für die Betreuung von VIPs geschaffen, und auch die von den Spielern genutzten Räumlichkeiten beispielsweise für Fitness und Physiotherapie wurden vergrößert.[25] Vom 4. bis 9. Oktober 2011 feierte der VfL Bochum die Jubiläumswoche „100 Jahre Fußball an der Castroper Straße“.[26]
Nachdem der Sponsoringvertrag von Rewirpower nicht verlängert wurde und zum 30. Juni 2016 auslief, trug die Spielstätte ab 1. Juli 2016 für wenige Tage den schlichten Namen Stadion Bochum. Es war zunächst nicht gelungen, einen neuen Namensgeber zu finden.[27]
Anfang Juli 2016 gab der VfL Bochum auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Vonovia und der Stadt Bochum bekannt, dass das Stadion nun den Namen des Wohnungsunternehmens Vonovia in Verbindung mit dem traditionsreichen und bei den Fans beliebten Namen Ruhrstadion trägt.[28][29] Der Vertrag hatte zunächst eine Laufzeit von fünf Jahren.[30] Am 26. August 2016 wurde die Nordwestseite des Stadions als erste der vier Ecken mit dem neuen Namensschriftzug versehen.[31] Die anderen folgten.[32] Der 2021 auslaufende Vertrag wurde im November 2020 um fünf weitere Jahre bis in den Juni 2026 verlängert.[33]
Zum Heimspiel gegen Borussia Mönchengladbach am 18. März 2022 wurde die Zuschauerkapazität auf 25.000 Personen beschränkt. Hierbei handele es sich um einen „Testpilot für die restlichen Heimspiele der Saison“ 2021/22, wie der Verein später erklärte.[34] Die Gründe hierfür lägen in baulichen Veränderungen und der Vermeidung von Sichteinschränkungen auf Sitzplätzen sowie der Reduzierung der Stehplätze, was zu einem „verbesserten Sicht- und somit Spieltagserlebnis“[34] führe. Das Gästekontingent wurde entsprechend auf 2.500 Fans reduziert. Zu Beginn der Saison 2022/23 wurde die Kapazität noch einmal neu festgelegt, sie beträgt seitdem 26.000 Personen.[35]
Im Rahmen einer Informationsveranstaltung stellte die Stadt Bochum mit Vertretern eines Architekturbüros und des VfL Bochum am 10. April 2024 Pläne einer Stadionsanierung im RuhrCongress Bochum vor. Ziel sei es, die Zuschauerkapazität auf 27.500 zu erhöhen, was gleichzeitig auch den Höchstwert am derzeitigen Standort darstelle. Zudem solle ein eigener Vorplatz geschaffen werden sowie die technischen und sanitären Anlagen erneuert und verbessert werden.[36]
Das Stadionkorpus wird von 38 Sichelträgern getragen. Für den Bau wurde Sichtbeton verwendet. Die Architekturplanung ist vom städtischen Hochbauamt (heute Bauordnungsamt) Bochum ausgeführt worden.
Herbert Grönemeyer
Der Musiker Herbert Grönemeyer, der seine Kindheit und Jugendzeit in Bochum verbrachte und dort auch Fußball spielte, ist seit 2006 Vereinsmitglied und gilt als „Edelfan“ des VfL. Er gibt immer wieder ausverkaufte Open-Air-Konzerte im Stadion. Dies war bisher 1985, 1994, 1998, 2003, 2007, 2009, 2012, 2015, 2019[37] und zuletzt mit 4 Konzerten im Juni 2024. Einer der Höhepunkte seiner Auftritte ist stets das Lied Bochum aus seinem Album 4630 Bochum. Es genießt bei VfL-Fans Kultstatus und wird traditionell bei jedem Heimspiel des VfL Bochum im Stadion unmittelbar vor dem Anpfiff gespielt. Mit der letzten Textzeile (unmittelbar vor dem Refrain) stellt es einen direkten Bezug zum Verein dar: „Machst mit 'nem Doppelpass jeden Gegner nass, du und dein VfL.“
Anfahrt mit dem PKW: A 40, Anschlussstelle Bochum-Stadion
ÖPNV: Haltestelle Vonovia Ruhrstadion (Bogestra-Straßenbahnlinien 308, 316 und 318, bei besonderen Anlässen auch 306, sowie Bus 395)
Literatur
Henry Wahlig: anne Castroper - Ein Jahrhundert Fußball mitten in Bochum. 1. Auflage. Die Werkstatt GmbH, Göttingen 2011, ISBN 978-3-89533-779-6.
Hans H. Hanke: Das zweitschönste Stadion der Welt - Die Fußballarena „Ruhrstadion“ in Bochum. (= Kortum-Gesellschaft Bochum [Hrsg.]: Bochumer Zeitpunkte. Heft 41). Bochum 2020, S.12 (online [PDF]).
↑Henry Wahlig unter Mitarbeit von David Nienhaus, Christian Schönhals & der Presseabteilung des VfL Bochum 1848: „Anne Castroper“ – Ein Jahrhundert Fußball mitten in Bochum. Verlag Die Werkstatt, Göttingen 2011, ISBN 978-3-89533-779-6, S.16–18.