Dieser Artikel behandelt die Äbtissin Amalie von Preußen. Zur Prinzessin, die durch Heirat einen ähnlichen Name hatte, siehe Luise Amalie von Braunschweig-Wolfenbüttel.
Amalie, nach französischer Sitte auch Amélie genannt, wurde am 9. November 1723 als jüngste Tochter von König Friedrich Wilhelm I. von Preußen und Sophie Dorothea von Hannover geboren. Angeblich soll ihre Mutter die Schwangerschaft bis zuletzt nicht bemerkt haben. Sie wuchs gemeinsam mit ihrer Schwester Ulrike auf. Diese heiratete den schwedischen Thronfolger Adolph Friedrich, Herzog von Holstein-Gottorp, der eigentlich Amalie zugedacht war. Die jüngste Schwester Friedrichs des Großen wollte jedoch nicht vom Calvinismus zum Luthertum konvertieren.
Auf der Hochzeit ihrer Schwester im Juli 1744 soll Amalie den FähnrichFriedrich von der Trenck kennengelernt haben. Dass sich hieraus eine intime Beziehung ergeben hat, ist historiographisch nicht nachweisbar; die Grundlage für diese Geschichte sind vor allem die teils ausgesprochen prahlerischen Lebenserinnerungen Trencks. Ein kürzlich aufgefundener Brief Trencks aus dem Jahr 1787 scheint allerdings zumindest eine große Vertrautheit zwischen ihm und der Prinzessin anzudeuten.[1] Bis in die 1920er Jahre hielt sich das Gerücht, Amalia Schönhausen sei die Tochter der beiden. Dies gilt inzwischen als widerlegt. Trenck wurde 1745 verhaftet und ohne Anklage in die Festung Glatz in der Grafschaft Glatz gebracht, vermutlich weil Friedrich II. ihn der Spionage-Kontakte zu seinem Verwandten, dem in österreichischen Diensten stehenden PandurenoberstenFranz Freiherr von der Trenck, verdächtigte. Amalie heiratete nie und wurde in der Folgezeit – so verbreitet durch Hofchronisten – in ihrem Verhalten mehr und mehr unausgeglichen, rechthaberisch und boshaft-sarkastisch.
Friedrich der Große machte Amalie 1756 zur Äbtissin des weltlichen Stifts Quedlinburg, um seine unverheiratete Schwester standesgemäß zu versorgen. Ihr Stift besuchte sie jedoch eher selten, meist weilte sie in Berlin. Am Hofleben nahm sie vor allem während des Siebenjährigen Krieges Anteil. 1758 wagte sie unmittelbar nach der Schlacht bei Hochkirch einen Besuch im Feldlager ihres Bruders.
Amalie begab sich mehrmals zu Bäderkuren nach Aachen und Spa, da sich ihr Gesundheitszustand mit zunehmendem Alter deutlich verschlechterte. Dort soll sie die Familie des Freiherrn von der Trenck kennengelernt haben. Nach dem Tod Friedrichs sollen sich nach einem allerdings eher uneindeutigen Bericht von Dieudonné Thiébault die mittlerweile erblindete Amalie und Trenck 1787 ein letztes Mal getroffen haben. Bei dieser Zusammenkunft soll sie ihm zugesichert haben, sich um eine seiner Töchter zu kümmern. Wenige Wochen später verstarb Amalie. Sie wurde in der Hohenzollerngruft des Berliner Doms beigesetzt.
Aufgrund ihrer Eigenwilligkeit und ihrer Gesichtszüge sagte man Amalie nach, dass sie von allen Geschwistern ihrem königlichen Bruder am ähnlichsten war. Durch ihre Aktivitäten und ihr Engagement war sie ihm eine Vertraute. Friedrich zögerte daher auch nicht, wiederholt Amalies Schulden zu bezahlen.
Musikalisches Werk
Lange war angenommen worden, dass die musisch interessierte und begabte Amalie wegen ihres musikfeindlichen Vaters, des Soldatenkönigs, erst nach dessen Tod im Alter von 17 Jahren Unterricht im Cembalo- und Klavierspiel nehmen konnte. Neuere Forschungen haben jedoch ergeben, dass sie bereits spätestens seit 1734 gemeinsam mit ihrer Schwester Ulrike Unterricht beim Hoforganisten Gottlieb Hayne erhalten hat. Amalie stand in regem musikalischen Austausch mit Kronprinz Friedrich während dessen Rheinsberger Zeit.[2] Sie lernte Flöte, Laute, Orgel, Geige und Komposition. Bei ihrem ab 1758 für sie tätigen persönlichen Musiklehrer Johann Philipp Kirnberger lernte sie weitere Kompositionstechniken, wie etwa die Kontrapunkttechnik. Zu ihren eigenen Kompositionen gehörten neben Kantaten und Chorälen auch Märsche.
„Prinzeß Amalie ließ mich einmal ihre Musikalien sehen, aber nur die Titel, durch das Glas der Schränke. Ein Werk nahm sie heraus, behielt es aber in Händen und ließ mich nur hineingucken. Da griff ich aber zu, um darin blättern zu können, und sie, erschrocken, machte Augen wie Wagenräder. Es waren die Augen ihres Bruders.“
Wenn Amalie im Sommer in Berlin war, bewohnte sie das Vernezobre’sche Palais in der Berliner Wilhelmstraße, das ihr Bruder 1772 für sie erworben hatte. Das Palais wurde ab 1830 als Palais des Prinzen Albrecht bekannt und gehörte später zum Hauptquartiers der SS. Das ausgebombte und eingeebnete Gelände war nach dem Zweiten Weltkrieg ein Verkehrsübungsplatz. 1987 wurde das Gelände der Öffentlichkeit als Gedenkstätte Topographie des Terrors unter Einbeziehung der noch erhaltenen Keller zugänglich gemacht. Im Mai 2010 wurde ein neues Dokumentationszentrum eröffnet.
2002 wurde die Beziehung von Anna Amalia mit Trenck in Trenck – Zwei Herzen gegen die Krone (TV) verfilmt, Anna Amalia wird dabei von Alexandra Maria Lara gespielt, Trenck von Ben Becker. Der Film geht mit den historischen Ereignissen sehr frei um. Am Ende des Films werden Anna Amalie und Trenck ein Paar und verlassen mit Genehmigung Friedrich II. Preußen.
Bereits 1932 wurde die Geschichte unter dem Titel Trenck (auch: Der Günstling des Königs; Der Roman einer großen Liebe) verfilmt. Die Titelrolle wurde von Hans Stüwe, die Rolle der Prinzessin von Dorothea Wieck gespielt. Die Handlung hält sich weitgehend an die tatsächlichen Begebenheiten (Regie und Drehbuch: Heinz Paul).
Tonträger
Märsche am Preussischen Hofe, Studios Berlin - BRIO Musikverlag 2007. Die CD enthält Anna Amalias Marsch für das Regiment Generalleutnant von Saldern.
Werke
1767, Marsch für das Regiment Graf Lottum (Staatsbibliothek Berlin, Mus.ms.autogr Amalie 2)[3]
1767, Marsch für das Regiment v. Bülow (Staatsbibliothek Berlin, Mus.ms.autogr Amalie 2)[3]
Walther Rohdich: Friedrich Faszination. 200 Tage aus seinem Leben. Podzun-Pallas, Friedberg 1986, ISBN 3-7909-0266-7, S. 63–65.
Helmut Schnitter: Die ungleichen Schwestern. In: Helmut Schnitter (Hrsg.): Gestalten um Friedrich den Großen. Biographische Skizzen. Band 1. Preußischer Militär-Verlag, Reutlingen 1991, ISBN 3-927292-07-9, S. 67–82 (Friedrich der Große in Zeit und Geschichte 1), (Schriftenreihe der Forschungsstelle der Militärgeschichte Berlin 1).
Tagebuchauszüge. In: Fridericus Rex. Geschichte und Geschichten um den großen König. Deutsche Verlags-Expedition, Stuttgart 1941 (Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens 851, ZDB-ID 549927-6).
Valerian Tornius: Berühmte Frauen im Spiegel. Bohn & Sohn, Leipzig, 1940.
↑Christopher Frey: Friedrich von der Trencks Beziehung zu Prinzessin Amalie von Preußen sowie ein bisher unbekannter Brief Trencks. In: Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung, 116. Band, Heft 1–2 (2008), S. 146–158.
↑Adelheid Krause-Pichler: Anna Amalia von Preußen (1723–1787): Eine Prinzessin auf der Suche nach dem Schlüssel zur Kontrapunktkunst Johann Sebastian Bachs; in: Die Wiedergeburt einer Königin. Geschichte und Restaurierung der Amalien-Orgel in Berlin; S. 15f., Sandstein Verlag, Dresden 2010; ISBN 978-3-942422-16-1
↑ abcdMusikschätze der Vergangenheit Amalie von Preussen / Lenzewski, Gustav: Vier Regimentsmärsche, [Partitur und Stimmen], Berlin-Lichterfelde, [1927]
↑RISMID: 452001632 Quellenbeschreibung Staatsbibliothek zu Berlin, Am.B 604/8