Er wuchs zur Zeit der Rassentrennung zusammen mit seinem Bruder George in ärmlichen Verhältnissen bei seiner Mutter Aretha auf. In einem Hinterhof in der Nähe seiner Wohnsiedlung erlernte er das Klavierspielen. Er erblindete im Alter von sieben Jahren an einem Glaukom. Neun Monate zuvor hatte er mitansehen müssen, wie sein Bruder in einem Waschzuber ertrank. Er besuchte die St.-Augustine-Schule für Gehörlose und Blinde, wo ihm eine umfassende musikalische Ausbildung zuteilwurde. Seine Mutter, die ihn alleine großgezogen hatte, starb im Mai 1945, als Ray Charles 14 Jahre alt war. In dieser Zeit verließ er die Blindenschule und begann, als freischaffender Künstler seine Karriere aufzubauen.
Karriere
Charles begann als Musiker in Florida und zog 1947 nach Seattle. Dort nahm er im November 1948 als Mitglied des Maxin Trios mit Gosady D. McKee, Gitarre, und Milton S. Garred, Bass, seine ersten Schallplatten auf. Die erste Single Confession Blues / I Love You I Love You erschien im Februar 1949 bei dem kleinen Label Down Beat Records in Los Angeles. Der Titel erzielte mit Platz 2 der Rhythm-&-Blues-Hitparade einen beachtlichen Erstlingserfolg. Seine frühen Aufnahmen gehörten zum Rhythm & Blues und adaptierten Charles Brown oder Nat King Cole.
Im selben Jahr wurde die Band in Ray Charles Trio umbenannt; Mitglieder waren außer ihm (Gesang/Piano) nun Gosady McKee (Gitarre), Tiny Webb (Gitarre) und Ralph Hamilton (Bass). Mittlerweile hatte sich Down Beat Records in SwingTime Records umbenannt, wo 1949 die Single How Long Blues/Blues Before Sunrise (#178) veröffentlicht wurde. Nach insgesamt sechs Singles hatte Charles ein größeres Orchester um sich versammelt, bestehend aus Teddy Buckner (Trompete), Marshall Royal (Altsaxophon), Jack McVea (Tenorsaxophon), Charles Waller (Baritonsaxophon), Louis Speiginer (Gitarre), Billy Hadnott (Bass) und Clifton „Rudy“ Pitts (Schlagzeug). Unter dem Namen Ray Charles Orchestra entstanden im Mai 1950 vier Aufnahmen, die auf zwei SwingTime-Singles verteilt wurden. Bei diesem Label blieb er bis September 1952 und wurde für eine Ablösesumme von $ 5000 vom großen Rhythm-&-Blues-Label Atlantic Records unter Vertrag genommen.[1]
Erst bei Atlantic Records wurde seine Musik in mehrfacher Hinsicht (Gesang, Instrumentalstil, Komposition, Arrangement) unverwechselbar, da er Gospel- und Jazzeinflüsse betonte. Mit der Verbindung von Rhythm & Blues und Gospel wurde Charles zu einem der wichtigsten Wegbereiter und Musiker des Soul, unterstützt durch den Unternehmer Ahmet Ertegün und den Produzenten Jerry Wexler. Sein erster Erfolg war Mess Around, das auf Cow Cow DavenportsCow Cow Blues zurückgeht und dessen Text auf dem Boogie-Klassiker Pinetop’s Boogie Woogie (1929) von Pinetop Smith basiert.
Es dauerte bis zum Mai 1953, dass aus sieben Titeln dieser Aufnahmesession It Should Have Been Me ausgewählt wurde, das den fünften Rang der R&B-Charts erreichte. Mit seiner sechsten Atlantic-Single I’ve Got a Woman (in der Elvis-Presley-Version I Got a Woman), geschrieben mit seinem Trompeter Renald Richard und aufgenommen im November 1954 in Atlanta, gelang ihm sein erster Nummer-eins-Hit in den R&B-Charts. Die Top-Platzierung schaffte er noch dreimal, wobei die im Juni 1959 veröffentlichte Single What’d I Say zu seinem größten Hit bei Atlantic Records wurde. Nach insgesamt 28 Singles, von denen 13 die Top-10 der R&B-Charts erreichten, wechselte Ray Charles im November 1959 zu ABC-Paramount.
Beim neuen Label ABC-Paramount feierte er unter dem Produzenten Sid Feller auch kommerzielle Erfolge. Mit dem im August 1960 veröffentlichten Georgia on My Mind griff er einen Jazzstandard auf und landete damit den zweiten Millionenseller. Erstmals konnte er sogar die Spitzenposition auch in den Pop-Charts belegen. Die bluesigen Sounds bei Atlantic Records waren bei ABC Records von Geigen untermalten Pop-Arrangements gewichen. Hit the Road Jack kam im August 1961 auf den Markt und setzte ebenfalls über eine Million Exemplare um. Sein größter Hit erschien im April 1962 mit I Can’t Stop Loving You, einem Country-Klassiker, der über zwei Millionen Mal verkauft wurde.[2] Als Hintergrundchor diente weiterhin die GirlgroupThe Raelettes, die seine Karriere bis in die 70er Jahre begleitete.
Der zuletzt genannte Titel stammte aus dem im April 1962 veröffentlichten und in über 500.000 Exemplaren verkauften Album Modern Sounds in Country and Western Music. Aus diesem wurden zudem Born to Lose, You Don’t Know Me und Careless Love ausgekoppelt. Danach folgten Hits wie Crying Time, Busted und Take These Chains From My Heart. 1966 produzierte er Lets Go Get Stoned von Ashford & Simpson. Einen weiteren Erfolg hatte er mit seiner Version von America the Beautiful im Juni 1972.
Charles hatte auch zahlreiche Duettpartner. So sang er unter anderem mit Country-Musik-Größen wie George Jones, Hank Williams Jr., Johnny Cash, Willie Nelson und Merle Haggard. Auch wenn seine Charterfolge schwanden, war die Begeisterung über seine intensiven Live-Auftritte ungebrochen. 1997 trat er beim Montreux Jazz Festival auf.[3] Der auch finanziell erfolgreichste schwarze Entertainer seiner Generation wird von zahlreichen Musikern als wichtige Einflussquelle genannt.
Eheschließungen und Kinder
Charles war zweimal verheiratet: von 1951 bis 1952 mit Eileen Williams und von 1955 bis 1977 mit Della Beatrice Howard, mit der er drei Kinder hatte. Außerdem hatte er einige Beziehungen, auch außerhalb seiner Ehen, aus denen weitere neun Kinder hervorgingen.[4][5] Seine Langzeitfreundin bis zu seinem Tod war Norma Pinella. Seine Kinder, nach Alter geordnet:
Evelyn Robinson (* 1950, Tochter von Louise Mitchell)
Ray Charles Robinson, Jr. (* 1955, Sohn von Della Robinson)
Reverend Robert Robinson (* 1960, Sohn von Della Robinson)
Raenee Robinson (* 1961, Tochter von Mae Mosely Lyles)
Sheila Robinson aka Sheila Raye Charles (* 1963, Tochter von Sandra Jean Betts)
Reatha Butler
Alexandria Bertrand (Tochter von Chantelle Bertrand),
Jean Bettincent Kotchounian (* 1977, Sohn von Arlette Kotchounian. Er war der Fotograf am Album Would You Believe)
Robyn Moffett (* 1978, Tochter von Gloria Moffett)
Ryan Corey Robinson den Bok (* 1987, Sohn von Mary Anne den Bok).[6]
Drogenkonsum
In den 1950er-Jahren begann Charles während seiner Tourneen Alkohol, Marihuana und Heroin zu konsumieren. Dadurch geriet er in das Visier der Drogenfahndung. Nachdem er in den 1950er-Jahren[7] und 1961 wegen seines Drogenkonsums festgenommen worden war, wurde er 1964 zu einer Haftstrafe mit fünf Jahren Bewährung verurteilt. Anschließend machte er eine Entziehungskur. Seit Ende der 1970er-Jahre lebte er ohne Drogen.
Charles hatte Gastauftritte in den Filmen Blues Brothers und Agent 00 – Mit der Lizenz zum Totlachen, in der Kindersendung Sesamstraße[13] sowie in den US-Sitcoms Wer ist hier der Boss?, Die Nanny, Das Model und der Schnüffler und der Bill Cosby Show, zudem sang er in der sechsten und siebten Staffel der Sitcom Mann muss nicht sein im Vorspann seine Version von Georgia On My Mind, wobei er in erstgenannter auch neben den Hauptdarstellern zu sehen war.[14] 1965 spielte er die Hauptrolle in dem Film Halt die Tasten heiß, einem Spielfilm, der ausgehend von einer Rahmenhandlung, der Freundschaft von Charles mit einem blinden Jungen, Ausschnitte aus seinen Konzerten zeigte.[15]
Charles’ erste Lebenshälfte wurde 2004 unter dem Titel Ray verfilmt. Der Film des Regisseurs Taylor Hackford (Drehbuch: James L. White) schildert Teile der Lebensgeschichte von Ray Charles – beginnend mit seiner Reise nach Seattle bis zur Ernennung von Georgia On My Mind zum Staatstitel Georgias und der Aufhebung der Verbannung und mit Rückblenden in seine Kindheit. Der Hauptdarsteller Jamie Foxx erhielt für seine Darstellung von Ray Charles den Oscar als bester Hauptdarsteller. Alexis Spraic drehte 2010 eine zweistündige Dokumentation, in der David DuchovnyRay Charles’ America präsentiert.[16]