Seine erste Anstellung fand Otto Lenz 1928 in Berlin als Assessor in der Abteilung für Zivilrecht des preußischen Ministeriums der Justiz. In den Jahren von 1929 bis 1933 war er Leiter der Pressestelle des Ministeriums. Vom Juli 1932 bis zum März 1933 war er zugleich persönlicher Referent von Heinrich Hölscher, der als Reichskommissar das Justizministerium leitete, bis dieser von den Nationalsozialisten abgesetzt wurde.[2] Otto Lenz wurde daraufhin in die Handelsrechtsabteilung versetzt. Trotz des Protestes des NS-Rechtswahrerbundes wurde er 1934 zum Landgerichtsdirektor befördert.
Als er 1938 die Versetzung an ein Gericht ablehnte, weil er dem NS-Staat nicht als Richter dienen wollte, wurde er aus dem Amt entlassen. Daraufhin ließ er sich als Rechtsanwalt in Berlin nieder und vertrat u. a. jüdische Mandanten, deren Eigentum beschlagnahmt oder enteignet worden war.[3] Die von Lenz gegründete Kanzlei existiert bis heute.[4] Während des Zweiten Weltkriegs war er Rechtsberater beim Reichskommissar am Oberprisenhof.[5]
Unterstützung des Widerstandes gegen die NS-Diktatur
Im Jahr 1953 scheiterten seine Pläne, ein dem früheren Propagandaministerium nachempfundenes „Informationsministerium“ (das auch die Zuständigkeit für den von Reinhard Gehlen geführten Geheimdienst gehabt hätte) zu schaffen und zu leiten, an heftigen Protesten der Presse und am Einspruch der Alliierten Hohen Kommissare.[13]
Auch nach der Beendigung seiner Tätigkeit als Staatssekretär war er weiterhin auf dem Gebiet der Öffentlichkeitsarbeit tätig. Unter anderem gründete er 1956 gemeinsam mit Erich Peter Neumann die Zeitschrift Die Politische Meinung.
Otto Lenz starb am 2. Mai 1957 in einem Vorstadt-Krankenhaus von Neapel, laut Totenschein an Malaria Perniciosa – Uremia.[15] Die Tatsache, dass er trotz seiner schweren Erkrankung kein besseres Krankenhaus aufgesucht hatte und dass er zuvor anonym in einer Pension auf Ischia gewohnt hatte, löste Spekulationen in der Presse aus, die eine mögliche Vergiftung andeuteten. Erst lange nach seinem Tod wurde die Verwicklung von Otto Lenz in den HS-30-Skandal bekannt. Als Rechtsanwalt hatte er die deutsche Tochterfirma der Firma Hispano Suiza (Suisse) vertreten, die 85 Tage vor Lenz’ Tod den Zuschlag für die Lieferung von Schützenpanzern des Typs HS 30 erhalten hatte. Als Mitglied des Verteidigungsausschusses war Lenz an dieser Entscheidung beteiligt. Vor dem Untersuchungsausschuss zur Aufklärung des HS-30-Skandals sagte ein Zeuge aus, Lenz habe hierfür einen großen Geldbetrag angenommen.[16][17] Bewiesen wurden diese Vorwürfe jedoch nie.
Obwohl Lenz zeitweise zu den wichtigsten Mitarbeitern von Konrad Adenauer gehörte, wird er in dessen vierbändigen Erinnerungen nicht erwähnt.
Familie
Lenz’ Sohn Carl Otto (* 1930) war 1965 bis 1984 Mitglied des Deutschen Bundestages und 1984 bis 1997 Generalanwalt am Europäischen Gerichtshof.
Schriften
Die Haftung bei Gattungsschulden in § 279 BGB. Dissertation, Marburg 1925.
Handelsrechtliche Gesetze. HGB, AktG, GmbHG, GenG, HRV, WechsG, ScheckG, BinnenschG, GüterfernverkehrsG mit den wichtigsten Ergänzungsgesetzen und -verordnungen sowie den wichtigsten Bestimmungen aus den sonstigen Güterverkehrsgesetzen einschließlich der Einführungsvorschriften für die neuen Reichsgebiete. Kohlhammer, Stuttgart 1939.
Klaus Gotto (Bearb.): Im Zentrum der Macht. Das Tagebuch von Staatssekretär Lenz, 1951–1953. Droste, Düsseldorf 1989, ISBN 3-7700-0763-8.
Literatur
Arnulf Baring: Außenpolitik in Adenauers Kanzlerdemokratie. Oldenbourg, München 1969.
Günter Buchstab: Engagierter Demokrat und begabter Kommunikator. Otto Lenz (1903 bis 1957) zum 100. Geburtstag. In: Die politische Meinung, Nr. 404, Juli 2003, S. 63–71.
Günter Buchstab: Otto Lenz (1903–1957). Staatssekretär im Kanzleramt. In: Günter Buchstab, Brigitte Kaff, Hans-Otto Kleinmann (Hrsg.): Christliche Demokraten gegen Hitler. Aus Verfolgung und Widerstand zur Union. Herausgegeben im Auftrag der Konrad-Adenauer-Stiftung. Herder, Freiburg im Breisgau 2004, ISBN 3-451-20805-9, S. 344–352.
Johannes Hoffmann: Adenauer: „Vorsicht und keine Indiskretionen!“ Zur Informationspolitik und Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung 1949–1955. Shaker Verlag, Aachen 1995, ISBN 3-8265-0826-2.
Hans Edgar Jahn: An Adenauers Seite. Sein Berater erinnert sich. Langen Müller, München 1987, ISBN 3-7844-2168-7, Kapitel Begegnung mit dem Staatssekretär im Bundeskanzleramt Dr. Otto Lenz, S. 71–76.
Gesellschaft für Studentengeschichte und Studentisches Brauchtum e. V. München (Hrsg.): Widerstand und Verfolgung im CV. 1. Auflage. München 1983, ISBN 3-922485-01-4, S. 131–133.
Dokumentarfilm
Jean-Michel Meurice: Schwarze Kassen . Dokumentarfilm, ARTE France, Maha und Anthracite. Frankreich 2008, 70’
↑ abWinfried Becker u. a.: Lexikon der christlichen Demokratie in Deutschland. Schöningh, Paderborn 2002. ISBN 3-506-70779-5. S. 311 f.
↑ abGünter Buchstab: Engagierter Demokrat und begabter Kommunikator. Otto Lenz (1903 bis 1957) zum 100. Geburtstag. In: Die Politische Meinung. Nr. 404 (Juli 2003), S. 63–71, hier S. 64.
↑ abGünter Buchstab: Engagierter Demokrat und begabter Kommunikator. Otto Lenz (1903 bis 1957) zum 100. Geburtstag. In: Die Politische Meinung, Nr. 404, Juli 2003, S. 63–71, hier S. 65.
↑Historie. Notare und Rechtsanwälte Heidemann & Dr. Nast, abgerufen am 2. Juni 2020.
↑Lenz (Godesberg), Otto, Dr. In: Martin Schumacher (Hrsg.): M.d.B. – Die Volksvertretung 1946–1972. – [Laade bis Lux] (= KGParl Online-Publikationen). Kommission für Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien e. V., Berlin 2006, ISBN 3-7700-5224-2, S.735–736, urn:nbn:de:101:1-2014070812574 (kgparl.de [PDF; 308kB; abgerufen am 19. Juni 2017]).
↑Peter Joachim Lapp: Georg Dertinger: Journalist – Außenminister – Staatsfeind. S. 65, Herder Verlag, Freiburg im Breisgau [u. a.] 2005, ISBN 3-451-23007-0
↑Otto Lenz wohnte bis dahin in Berlin-Dahlem und hatte seine Rechtsanwalts- und Notarkanzlei in Berlin-Charlottenburg laut: Lenz. In: Amtliches Fernsprechbuch für Berlin, 1948, S. 208 (Spalte 5).
↑Hans Edgar Jahn: An Adenauers Seite. Sein Berater erinnert sich. Langen Müller, München 1987. S. 71–106, 148.
↑Volker Ilgen: „Wachsamkeit ist der Preis der Freiheit“. Wie die Bundesregierung 1959 ihren Bürgern die NATO nahebrachte. In: COMPARATIV, Heft 3/1994, S. 69–95.
↑Michael Kunczik, Astrid Zipfel: Zur Entwicklung staatlicher Öffentlichkeitsarbeit in Deutschland. In: Stephan Becker-Sonnenschein, Manfred Schwarzmeier: Vom schlichten Sein zum schönen Schein? Kommunikationsanforderungen im Spannungsfeld von Public Relations und Politik. Westdeutscher Verlag, Wiesbaden 2002. ISBN 3-531-13714-X. S. 13–39, hier S. 23.
↑Arnulf Baring: Außenpolitik in Adenauers Kanzlerdemokratie. Bonns Beitrag zur europäischen Verteidigungsgemeinschaft. Oldenbourg, München 1969. S. 10.