Liste der Gerichte im Kurfürstentum Hessen
Diese Liste führt die Gerichte im Kurfürstentum Hessen auf.
Gerichtsorganisation 1821 bis 1866
Mit Edikt vom 29. Juni 1821 wurden im Kurfürstentum Hessen Verwaltung und Justiz voneinander getrennt. Die staatliche Verwaltung wurde auf unterer Ebene auf Kreise übertragen, für die Rechtsprechung eine dreistufige, landeseinheitlich Gerichtsorganisation geschaffen, die allerdings in begrenzten Gebietsteilen des Kurfürstentums noch bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts von standesherrlicher und Patrimonialgerichtsbarkeit durchbrochen war.
Erstinstanzlich waren nun Justizämter und – in Kassel, Hersfeld, Marburg, Fulda, Hanau, Schmalkalden und Rinteln – Landgerichte für die Rechtsprechung zuständig.[1]
Oberstes Gericht im Kurfürstentum Hessen war das Oberappellationsgericht Kassel. Als mittlere Ebene dazwischen wurde für jede Provinz ein Obergericht geschaffen:
Obergericht Niederhessen
Als Gericht zweiter Instanz für die Provinz Niederhessen fungierte das Obergericht für die Provinz Niederhessen (ab 1851: Obergericht Kassel) mit Sitz in Kassel.
Obergericht Rinteln
Als Gericht zweiter Instanz für die Grafschaft Schaumburg fungierte von 1822 bis 1851 und von 1864 bis 1867 das Obergericht Rinteln mit Sitz in Rinteln. Von 1851 bis 1864 wurde diese Aufgabe vom Obergericht Kassel wahrgenommen.
Obergericht Oberhessen
Als Gericht zweiter Instanz für die Provinz Oberhessen fungierte von 1822 bis 1851 das Obergericht für die Provinz Oberhessen und von 1864 bis 1867 das Obergericht Marburg, beide mit Sitz in Marburg. Von 1851 bis 1864 wurde diese Aufgabe vom Obergericht Kassel wahrgenommen.
Obergericht Fulda
Als Gericht zweiter Instanz für die Provinz Fulda fungierte das Obergericht für die Provinz Fulda (ab 1864: „Obergericht Fulda“) mit Sitz in Fulda. Zwischen 1851 und 1864 war es zudem für den Bezirk des vormaligen Obergerichts für die Provinz Hanau zuständig.
Obergericht Hanau
Als Gericht zweiter Instanz für die Provinz Hanau fungierte von 1822 bis 1851 das Obergericht für die Provinz Hanau und von 1864 bis 1867 das Obergericht Hanau, beide mit Sitz in Hanau. Von 1851 bis 1864 wurde diese Aufgabe vom Obergericht Fulda wahrgenommen.
Kriminalgerichte 1851 bis 1864
1851 wurden Kriminalgerichte neu eingeführt. Diese orientierten sich an den Bezirken des Kurfürstentums Hessen. Es entstand folgende Gerichtsstruktur:
Obergericht
|
Kreisgericht
|
Justizämter
|
Anmerkung
|
Obergericht Kassel |
Kriminalgericht Eschwege |
Justizamt Abterode, Justizamt Allendorf, Justizamt Bischhausen, Justizamt Eschwege I, Justizamt Eschwege II, Justizamt Großalmerode, Justizamt Lichtenau, Justizamt Netra, Justizamt Wanfried |
|
Obergericht Kassel |
Kriminalgericht Fritzlar |
Justizamt Borken, Justizamt Felsberg, Justizamt Fritzlar, Justizamt Gudensberg, Justizamt Homberg, Justizamt Jesberg, Naumburg, Justizamt Neukirchen, Justizamt Treysa, Justizamt Wolfhagen, Justizamt Ziegenhain |
|
Obergericht Kassel |
Kriminalgericht Kassel |
Justizamt Grebenstein, Justizamt Hofgeismar, Justizamt Karlshafen, Stadtgericht Kassel, Justizamt Kassel I, Justizamt Kassel II, Justizamt Kassel III, Justizamt Oberkaufungen, Justizamt Sababurg in Veckerhagen, Justizamt Volkmarsen, Justizamt Zierenberg |
|
Obergericht Kassel |
Kriminalgericht Marburg |
Justizamt Amöneburg, Justizamt Frankenau in Frankenberg, Justizamt Frankenberg, Justizamt Fronhausen, Justizamt Kirchhain, Justizamt Marburg I, Justizamt Marburg II, Justizamt Marburg II, Justizamt Neustadt, Justizamt Rauschenberg, Justizamt Rosenthal, Justizamt Treis a.d. Lumda, Justizamt Wetter |
|
Obergericht Kassel |
Kriminalgericht Rinteln |
Justizamt Rinteln, Justizamt Obernkirchen, Justizamt Oldendorf, Justizamt Rodenberg |
|
Obergericht Kassel |
Kriminalgericht Rotenburg |
Justizamt Melsungen, Justizamt Nentershausen, Justizamt Raboldshausen, Justizamt Rotenburg I, Justizamt Rotenburg II, Justizamt Sontra, Justizamt Spangenberg |
|
Obergericht Fulda |
Kriminalgericht Fulda |
Justizamt Burghausen, Justizamt Eiterfeld, Justizamt Friedewalde, Justizamt Fulda I, Justizamt Fulda II, Justizamt Fulda III, Justizamt Großenlüder, Justizamt Hersfeld I, Justizamt Hersfeld II, Justizamt Hünfeld, Justizamt Neufeld, Justizamt Niederaula, Justizamt Schenklengsfeld |
|
Obergericht Fulda |
Kriminalgericht Schmalkalden |
Justizamt Brotterode, Justizamt Herrenbreitungen, Justizamt Schmalkalden, Justizamt Steinbach-Hallenberg |
|
Obergericht Fulda |
Kriminalgericht Fulda |
Justizamt Bergen, Justizamt Bieber, Justizamt Birstein, Justizamt Bockenheim, Justizamt Gelnhausen, Justizamt Hanau I, Justizamt Hanau II, Justizamt Langenselbold, Justizamt Meerholz, Justizamt Nauheim, Justizamt Salmünster, Justizamt Schlüchtern, Justizamt Schwarzenfels, Justizamt Steinau, Justizamt Wächtersbach, Justizamt Windecken |
|
Zum 1. Januar 1864 wurden die Kriminalgerichte wieder aufgelöst und die Strafgerichtsbarkeit kehrte zu den bisherigen Gerichten zurück.
Weitere Gerichte
Neben den genannten Gerichten bestanden Patrimonialgerichte und Gerichte der Standesherren – zum Teil bis 1850 –, Universitätsgerichte und Militärgerichte. Von 1851 bis 1863 existierte außerdem ein Disziplinargerichtshof mit Sitz in Kassel.[40]
Literatur
- F.J. Bertuch: Neue allgemeine geographische und statistische Ephemeriden, 19. Band. Landes-Industrie-Comptoir, Weimar 1826, S. 251 ff.
- Immanuel Buddeus (Hg.): Deutsches Anwaltbuch: Ein Handbuch zur auswärtigen Proceßführung in allen deutschen Landen, nebst Verzeichnissen sämmtlicher Sachwalter in Deutschland, Band 1. Reichenbach, Leipzig 1845.
- Eckhart G. Franz, Hanns Hubert Hofmann, Meinhard Schaab: Gerichtsorganisation in Baden-Württemberg, Bayern und Hessen im 19. und 20. Jahrhundert = Akademie für Raumforschung und Landesplanung: Beiträge, Band 100 = Behördliche Raumorganisation seit 1800, Grundstudie 14. VSB Braunschweig, 1989, ISBN 3-88838-224-6
- Friedrich Murhardt: Allgemeine politische Annalen, 1821, S. 37, (Darstellung der Standesherrlichen Gerichte) Online
- Heribert Reus: Gerichte und Gerichtsbezirke seit etwa 1816/1822 im Gebiete des heutigen Landes Hessen bis zum 1. Juli 1968. Hg.: Hessisches Ministerium der Justiz, Wiesbaden [1984].
Anmerkungen
- ↑ Offizielle Bezeichnung: Kurfürstlich-Hessisches Gräflich Solms-Rödelheimsches gemeinschaftliches Justizamt Praunheim.
- ↑ Offizielle Bezeichnung: Kurfürstlich-Hessisches Gräflich Degenfeld-Schönburgsches Patrimonialgericht Ramholz.
- ↑ Offizielle Bezeichnung: Kurfürstlich-Hessisches Freiherrlich von Huttensches Gericht Romsthal.
Einzelnachweise
- ↑ Grundriß zur deutschen Verwaltungsgeschichte 1815–1945, Band 11 = Thomas Klein: Hessen-Nassau. Johann-Gottfried-Herder-Institut, Marburg 1979, ISBN 3-87969-126-6, S. 30–33.
- ↑ Gründung, soweit nicht anders vermerkt: §§ 41–46 Verordnung vom 29ten Juni 1821 die Umbildung der bisherigen Staatsverwaltung betreffend. In: Sammlung von Gesetzen etc. für Kurhessen Nr. 12 vom Juni 1821, S. 29–61 (39f).
- ↑ § 6 Provisorisches Gesetz vom 22ten Juli 1851, abändernde Bestimmungen über Organisation der Rechtspflege und das Verfahren in Strafsachen sowie in bürgerlichen Rechtsstreiten enthaltend. In: Sammlung von Gesetzen etc. für Kurhessen Nr. 18, Juli 1851, S. 59–72 (60) und Provisorisches Gesetz vom 22ten Juli 1851, abändernde Bestimmungen über Organisation der Rechtspflege und das Verfahren in Strafsachen sowie in bürgerlichen Rechtsstreiten enthaltend, Anhang. In: Sammlung von Gesetzen etc. für Kurhessen Nr. 18, Juli 1851, S. 59–72 (72).
- ↑ §§ 10, 47 Gesetz vom 28ten October 1863, die Gerichtsverfassung betreffend. In: Sammlung von Gesetzen etc. für Kurhessen Nr. 10, Oktober 1863, S. 97–106 (99, 106).
- ↑ Verordnung über die Gerichtsverfassung in dem vormaligen Kurfürstenthum Hessen und den vormals Königlich Bayerischen Gebietstheilen, mit Ausschluß der Enklave Kaulsdorf vom 26. Juni 1867. In: Gesetz-Sammlung für die Königlich Preußischen Staaten Nr. 64, S. 1085;
Verfügung vom 8. August 1867, – betreffend die Einrichtung nach der Allerhöchsten Verordnung vom 26. Juni d. J. in dem vormaligen Kurfürstenthum Hessen und den vormals Königlich Bayerischen Gebietstheilen, mit Ausschluß der Enklave Kaulsdorf, zu bildenden neuen Gerichte. In: Justiz-Ministerial-Blatt für die Preußische Gesetzgebung und Rechtspflege Nr. 31 vom 9. August 1867, S. 221.
- ↑ § 6 Provisorisches Gesetz vom 22ten Juli 1851, abändernde Bestimmungen über Organisation der Rechtspflege und das Verfahren in Strafsachen sowie in bürgerlichen Rechtsstreiten enthaltend. In: Sammlung von Gesetzen etc. für Kurhessen Nr. 18, Juli 1851, S. 59–72 (60) und Provisorisches Gesetz vom 22ten Juli 1851, abändernde Bestimmungen über Organisation der Rechtspflege und das Verfahren in Strafsachen sowie in bürgerlichen Rechtsstreiten enthaltend, Anhang. In: Sammlung von Gesetzen etc. für Kurhessen Nr. 18, Juli 1851, S. 59–72 (72).
- ↑ §§ 10, 47 Gesetz vom 28ten October 1863, die Gerichtsverfassung betreffend. In: Sammlung von Gesetzen etc. für Kurhessen Nr. 10, Oktober 1863, S. 97–106 (99, 106).
- ↑ Verordnung über die Gerichtsverfassung in dem vormaligen Kurfürstenthum Hessen und den vormals Königlich Bayerischen Gebietstheilen, mit Ausschluß der Enklave Kaulsdorf vom 26. Juni 1867. In: Gesetz-Sammlung für die Königlich Preußischen Staaten Nr. 64, S. 1085;
Verfügung vom 8. August 1867, – betreffend die Einrichtung nach der Allerhöchsten Verordnung vom 26. Juni d. J. in dem vormaligen Kurfürstenthum Hessen und den vormals Königlich Bayerischen Gebietstheilen, mit Ausschluß der Enklave Kaulsdorf, zu bildenden neuen Gerichte. In: Justiz-Ministerial-Blatt für die Preußische Gesetzgebung und Rechtspflege Nr. 31 vom 9. August 1867, S. 221.
- ↑ Heribert Reus: Gerichte und Gerichtsbezirke seit etwa 1816/1822 im Gebiete des heutigen Landes Hessen bis zum 1. Juli 1968. Hg.: Hessisches Ministerium der Justiz, Wiesbaden [1984], [ohne Seitenzählung], Abschnitt: Gerichte und Rechtspflege im Kurfürstentum Hessen.
- ↑ § 6 Provisorisches Gesetz vom 22ten Juli 1851, abändernde Bestimmungen über Organisation der Rechtspflege und das Verfahren in Strafsachen sowie in bürgerlichen Rechtsstreiten enthaltend. In: Sammlung von Gesetzen etc. für Kurhessen Nr. 18, Juli 1851, S. 59–72 (60) und Provisorisches Gesetz vom 22ten Juli 1851, abändernde Bestimmungen über Organisation der Rechtspflege und das Verfahren in Strafsachen sowie in bürgerlichen Rechtsstreiten enthaltend, Anhang. In: Sammlung von Gesetzen etc. für Kurhessen Nr. 18, Juli 1851, S. 59–72 (72).
- ↑ § 47 Verordnung vom 29ten Juni 1821 die Umbildung der bisherigen Staatsverwaltung betreffend. In: Sammlung von Gesetzen etc. für Kurhessen Nr. 12 vom Juni 1821, S. 29–61 (40).
- ↑ § 6 Provisorisches Gesetz vom 22ten Juli 1851, abändernde Bestimmungen über Organisation der Rechtspflege und das Verfahren in Strafsachen sowie in bürgerlichen Rechtsstreiten enthaltend. In: Sammlung von Gesetzen etc. für Kurhessen Nr. 18, Juli 1851, S. 59–72 (60) und Provisorisches Gesetz vom 22ten Juli 1851, abändernde Bestimmungen über Organisation der Rechtspflege und das Verfahren in Strafsachen sowie in bürgerlichen Rechtsstreiten enthaltend, Anhang. In: Sammlung von Gesetzen etc. für Kurhessen Nr. 18, Juli 1851, S. 59–72 (72).
- ↑ §§ 10, 47 Gesetz vom 28ten October 1863, die Gerichtsverfassung betreffend. In: Sammlung von Gesetzen etc. für Kurhessen Nr. 10, Oktober 1863, S. 97–106 (99, 106).
- ↑ Verordnung über die Gerichtsverfassung in dem vormaligen Kurfürstenthum Hessen und den vormals Königlich Bayerischen Gebietstheilen, mit Ausschluß der Enklave Kaulsdorf vom 26. Juni 1867. In: Gesetz-Sammlung für die Königlich Preußischen Staaten Nr. 64, S. 1085;
Verfügung vom 8. August 1867, – betreffend die Einrichtung nach der Allerhöchsten Verordnung vom 26. Juni d. J. in dem vormaligen Kurfürstenthum Hessen und den vormals Königlich Bayerischen Gebietstheilen, mit Ausschluß der Enklave Kaulsdorf, zu bildenden neuen Gerichte. In: Justiz-Ministerial-Blatt für die Preußische Gesetzgebung und Rechtspflege Nr. 31 vom 9. August 1867, S. 221.
- ↑ Verordnung vom 5. Dezember 1836, die Veränderung einiger Untergerichts- und Kreisamtsbezirke betreffend. In: Sammlung von Gesetzen, Verordnungen, Ausschreiben und anderen allgemeinen Verfügungen für Kurhessen 1836, S. 132.
- ↑ Verordnung vom 5. Dezember 1836, die Veränderung einiger Untergerichts- und Kreisamtsbezirke betreffend; in: Sammlung von Gesetzen, Verordnungen, Ausschreiben und anderen allgemeinen Verfügungen für Kurhessen, 1836, S. 132, online
- ↑ Verordnung vom 5. Dezember 1836, die Veränderung einiger Untergerichts- und Kreisamtsbezirke betreffend; in: Sammlung von Gesetzen, Verordnungen, Ausschreiben und anderen allgemeinen Verfügungen für Kurhessen, 1836, S. 132, online
- ↑ Buddeus, S. 143–144.
- ↑ Buddeus, S. 144.
- ↑ Buddeus, S. 144–145.
- ↑ Franz / Hofmann / Schaab, S. 196.
- ↑ Franz / Hofmann / Schaab, S. 196.
- ↑ Reus, [ohne Seitenzählung], Abschnitt: Landgericht Fulda.
- ↑ Reus, [ohne Seitenzählung], Abschnitt: Justizamt Fulda I.
- ↑ Reus, [ohne Seitenzählung], Abschnitt: Justizamt Fulda II.
- ↑ Reus, [ohne Seitenzählung], Abschnitt: Justizamt Fulda III.
- ↑ Franz / Hofmann / Schaab, S. 196.
- ↑ Reus, [ohne Seitenzählung], Abschnitte: Landgericht Hersfeld, Justizamt Hersfeld I und Justizamt Hersfeld II.
- ↑ Franz / Hofmann / Schaab, S. 196.
- ↑ Reus, [ohne Seitenzählung], Abschnitte: Landgericht Hersfeld, Justizamt Hersfeld I.
- ↑ Franz / Hofmann / Schaab, S. 196.
- ↑ Reus, [ohne Seitenzählung], Abschnitte: Landgericht Hersfeld, Justizamt Hersfeld II.
- ↑ Franz / Hofmann / Schaab, S. 196.
- ↑ Franz / Hofmann / Schaab, S. 196.
- ↑ Franz / Hofmann / Schaab, S. 196.
- ↑ Reus, [ohne Seitenzählung], Abschnitt: Landgericht Schmalkalden.
- ↑ Franz / Hofmann / Schaab, S. 196.
- ↑ Reus, [ohne Seitenzählung], Abschnitt: Justizamt Bergen.
- ↑ Buddeus, S. 146.
- ↑ Beschreibung des Bestands im Arcinsys Hessen.
|
|