Unter der Liste der Flaggen des Deutschen Kaiserreichs finden sich alle Flaggen des kaiserlichen Deutschen Reiches (1871–1918), seiner Königreiche, Herzog- und Fürstentümer.
Die Bundesfarben des Norddeutschen Bundes (Schwarz-Weiß-Rot) wurden bei der Reichsgründung 1871 als Reichsfarben übernommen. Diese Farben wurden auch auf zahlreichen Fahnen und Flaggen gezeigt. Eine offiziell geregelte Reichsflagge des Kaiserreichs wird allerdings erstmals unter der Regierung Kaiser Wilhelm II. am 8. November 1892 in Paragraph 1 der Verordnung über die Führung der Reichsflagge erwähnt.
Die erste Standarte des Deutschen Kaisers war noch auf purpurfarbenem Grund. Am 3. August 1871 wurde diese Farbe auf besonderen Wunsch des damaligen Kronprinzen und späteren Kaisers Friedrichs III. gewählt. Offenbar sollte die Kaiserstandarte der preußischen Königsstandarte ähnlich sehen, die ebenfalls einen purpurfarbenen Grund besaß. Schon bald regte sich dagegen jedoch der Protest des damaligen Chefs des Heroldsamtes, Graf Stillfried, dem es gelang, bereits am 15. Oktober 1871 eine Änderung zu bewirken, da er der Auffassung war, Gold sei die eigentliche kaiserliche Farbe. Außer der Farbänderung des Grundtuchs entfernte man auch die preußischen zugunsten von Reichsadlern ohne Brustschild. Des Weiteren kam es zu einer Reduzierung der dargestellten Kaiserkronen sowie einer Farbänderung des zentralen Brustschildes, das sich von Silber in Gold änderte.
Am 6. Dezember 1888 modifizierte Kaiser Wilhelm II. die Standarte nochmals, indem er die Gestalt des Reichsadlers sowie die Form der Kaiserkrone und des zentralen Wappenschilds ändern ließ.
Bis zum Jahr 1904 konnte die Flagge eines Admirals (ohne Kugeln) grundsätzlich auch von einem Vize- bzw. Konteradmiral geführt werden. Die unterschiedlichen Ränge wurden durch den Mast, an dem die Flagge gehisst wurde, angezeigt. Der Admiral hisste die Flagge am Großtopp, der Vizeadmiral diese am Vortopp (durch den Vortoppmann) und der Konteradmiral seine am Kreuztopp. Falls die Anzahl der Masten jedoch nicht ausreichte, wurden die Rangunterschiede durch Hinzufügen von einer – für den Vizeadmiral – bzw. zwei Kugeln – für den Konteradmiral – deutlich gemacht. Ab dem Jahr 1904 wurde bestimmt, dass der Vize- bzw. Konteradmiral immer Flaggen mit Kugeln zu führen hatte, wobei – sofern möglich – die Positionierung an den unterschiedlichen Masten beibehalten werden musste.
Gemäß Allerhöchster Order vom 21. August 1900 verlieh der Deutsche Kaiser ein besonderes Kommandozeichen an den Oberbefehlshaber der deutschen Eingreiftruppe in China, die während des so genannten Boxeraufstandes zusammen mit anderen europäischen Mächten und den USA eine Interventionstruppe stellte. Als Kommandeur dieser Truppe wurde der deutsche Generalfeldmarschall Graf Alfred von Waldersee eingesetzt. Das Kommandozeichen wurde auch als quadratische Standarte verwendet. Nach Rückkehr des deutschen Kontingents im September 1901 stellte man die Flagge in einem Berliner Museum aus.
Die genannten Göschs wurden lediglich auf Kriegsschiffen und Schiffen gebraucht, die eine Dienstflagge führten. Sie wurden ausschließlich von zu Anker liegenden Schiffen gesetzt und auch dann nur zu besonderen, genau festgelegten Anlässen. Handelsschiffe konnten jede beliebige Gösch führen.
Auf Grund der Begeisterung des Kaisers für den Segelsport wurde einigen Segel- und Yachtklubs die Führung besonderer Flaggen gestattet. Wilhelm II. war selbst Mitglied des Kaiserlichen Yachtklubs in Kiel. Insgesamt wurde es sechs Segel- und Yachtklubs erlaubt, die deutsche Nationalflagge mit besonderen Emblemen zu ergänzen. Dies geschah auf Allerhöchsten Erlass des Deutschen Kaisers und wurde jeweils in den Marineverordnungsblättern veröffentlicht und somit offiziell gemacht.
Im Jahr 1905 gestaltete der Deutsche Kaiser zwei Wappenflaggen, die der Öffentlichkeit zeigen sollten, ob er sich an Bord eines Schiffes befand bzw. ob er bereit war, Besucher zu empfangen. Diese wurden kurz als Blaue Wappenflagge („Seine Majestät empfangen nicht“) sowie Gelbe Wappenflagge („Seine Majestät sind nicht an Bord“) bezeichnet. Die Wappenflaggen wurden auf halber Höhe des Großmastes gehisst und waren stets in Begleitung der Kaiserstandarte sowie Großadmiralsflagge zu zeigen.
Der Kaiser gestattete zweien seiner Schiffe die Führung einer besonderen Toppflagge, die bei besonderen Anlässen gehisst werden durfte. Zum einen dem Panzerschiff Brandenburg, zum anderen dem Linienschiff Preußen.
Der Wimpel für Schiffsgottesdienste wurde an Bord von Schiffen der Kaiserlichen Marine gehisst, wenn Gottesdienste stattfanden. Dazu wurde die Heckflagge auf halbmast gesetzt (gedippt) und der Kirchenwimpel darüber gesetzt.
Die in den Kolonien zu Lande in der Regel verwendete Flagge war die National- und Handelsflagge, die sowohl von privater als auch von staatlicher Seite – bis zur Einführung spezieller Flaggen – eingesetzt wurde.
Für die Deutschen Kolonien wurden auf Anregung des damaligen Staatssekretärs des Reichskolonialamts Wilhelm Solf im Jahr 1914 Entwürfe für Wappen und Flaggen vorgelegt. Diese wurden vom Kaiser geprüft und ihnen größtenteils ohne Einwände zugestimmt. Da der Kriegsbeginn unmittelbar bevorstand, kam es nicht mehr zu einer Verwirklichung der Pläne. Die Wappen und Flaggen wurden somit niemals in den Kolonien verwendet. Farbabbildungen der Wappen existieren nur in einer in den 1930er Jahren veröffentlichten Postkartenserie sowie im Deutschen Kolonialkalender für das Jahr 1940. Aus einem Artikel in den Afrika-Nachrichten aus dem Jahr 1933[9] geht hervor, dass die Wappenschilde auf den Flaggen ohne Krone und ohne das in den Wappenentwürfen vorgesehene zusätzliche Feld mit einem Reichsadler dargestellt werden sollten.
Die in den Reichslanden offiziell verwendete Flagge war die deutsche Nationalflagge. Inoffiziell war im Elsass die traditionelle rot-weiße Landesfahne beliebt und wurde bei dekorativen Beflaggungen und als Postkartenmotiv häufig verwendet, teils aber auch als Zeichen des Protestes gegen die deutsche Annexion aufgefasst.[10]
Im Jahr 1911 wurde eine eigene Landesverfassung für Elsaß-Lothringen eingeführt; im Jahr darauf schlug das neu geschaffene Landesparlament die Einführung einer elsaß-lothringischen Landesflagge vor. Der Landtag des Reichslandes Elsaß-Lothringen nahm am 25. Juni 1912 einstimmig den in einem Ausschuss erarbeiteten Vorschlag einer rot-weiß gestreiften Flagge an, die im linken Obereck ein gelbes Lothringerkreuz trug. Der Beschluss wurde von den kaiserlichen Regierungsstellen allerdings nie umgesetzt, so dass es zu keiner Änderung kam. Die Flagge wurde privat und zu halboffiziellen Anlässen oft gehisst. Sie war bei deutschen Behörden und Militärs nicht gern gesehen, wurde aber teils auch noch zu Kriegszeiten toleriert.[11][12]
Die Abdankung Wilhelms II., die Flucht des deutschen Kaisers und der Waffenstillstand von Compiègne führten Anfang November 1918 zur faktischen Selbstständigkeit Elsass-Lothringens. Vom 12. bis zum 22. November 1918 bestand die kurzfristige Republik Elsaß-Lothringen. Mit der Besetzung Straßburgs durch französische Truppen am 21. November, der Anschlusserklärung an Frankreich am 6. Dezember 1918 und der Auflösung des Landes Elsaß-Lothringen am 17. Oktober 1919 durch die französische Zentralregierung ging die elsaß-lothringische Flagge unter. Sie behielt aber in den folgenden Jahrzehnten eine gewisse Bedeutung als Identifikationssymbol der elsässischen Autonomiebewegung, deren Vertreter ihre rot-weißen Fahnen gelegentlich weiter in der Form mit Lothringerkreuz verwendeten.[13]
Dekorationsflaggen waren im Kaiserreich sehr beliebt. Am weitesten verbreitet war die so genannte Reichsadlerflagge, die die schwarz-weiß-roten Farben mit dem Reichsadler kombinierte. An Stelle des Reichsadlers wurden aber auch Darstellungen des Kaisers, der kaiserlichen Familie und komplexe Kombinationen aus diesen Elementen verwendet. In allen Fällen handelte es sich um inoffizielle Flaggen, die von allen Privatpersonen im Kaiserreich verwendet werden durften. Die Flaggen wurden zum Beispiel von Hotels zur Ausschmückung der Fassade eingesetzt. Es handelte sich um reine Dekorationsflaggen ohne offizielle Funktion.
1885 bis 1897 schrittweiser Übergang zu Schwarz-Gelb-Grün
1920 bis 1922 (kaum verwendete) Gebietsflagge
1920 bis 1922 Gebietsflagge
1920–1923 Gebietsflagge
1820–1918
1815–1918