Das Reichsmarineamt war eine Reichsbehörde im Deutschen Kaiserreich, die 1889 aus der Kaiserlichen Admiralität hervorging. Seine Leitung oblag einem Staatssekretär. Es war als Immediatbehörde dem Kaiser direkt unterstellt, unterlag also nicht der Verantwortlichkeit gegenüber dem Parlament mit Ausnahme der Haushaltsbewilligung.
Die dem Staatssekretär nachgeordneten Leiter waren Vortragende Räte mit dem Rang der Räte I.–III. Klasse. Ihre Titel waren: Wirklicher Geheimer Admiralitätsrat, Geheimer Admiralitätsrat und Wirklicher Admiralitätsrat. Die Personalangelegenheiten wurden vom Chef des Marinekabinetts erledigt.[1]
Die Aufgaben des Reichsmarineamts waren vorwiegend administrativer Art. Ihm waren die Kaiserlichen Werften in Danzig, Kiel und Wilhelmshaven, die Marine-Bildungsanstalten und die Deutsche Seewarte in Hamburg unterstellt. Für Veröffentlichungen wurde seit 1870 das Marineverordnungsblatt benutzt.[1] Im Jahre 1897 wurde die Nachrichtenabteilung des Reichsmarineamtes (Abt. N) eingerichtet. Es diente der Informationsbeschaffung, der Kriegspropaganda und sollte das Interesse für das militärische und zivile Seewesen in der deutschen Öffentlichkeit wecken.[2] Dem Staatssekretär Alfred von Tirpitz unterstand es direkt. Mit Nutzung dieses Büros sicherte er sich bis 1917 das Nachrichtenmonopol im Reichsmarineamt.
Die operative Führung der Kaiserlichen Marine, die unter dem direkten Oberbefehl des Kaisers stand, oblag dem Oberkommando, später dem Chef der Hochseeflotte, den Stationskommandos und anderen selbständigen Verbänden wie dem Ostasiengeschwader.
Das Reichsmarineamt übernahm 1898 auch die Verwaltung über den PachthafenKiautschou – und nicht das ansonsten zuständige Reichskolonialamt. An der Spitze des Schutzgebietes stand als Gouverneur ein Marineoffizier, der direkt dem Staatssekretär verantwortlich war. Während des Ersten Weltkriegs gab das Reichsmarineamt die Verlustliste der Kaiserlichen Marine heraus.
Nach dem Ende des Krieges und der Kaiserlichen Marine wurden die Aufgaben des Reichsmarineamts ab dem 26. März 1919 vorübergehend wieder von der Admiralität, ab 15. September 1920 von der Marineleitung übernommen.
Dienstgebäude
Das Reichsmarineamt erhielt in Berlin an der vornehmeren Adresse Leipziger Platz 13 gegenüber dem Herrenhaus ein Dienstgebäude. Es lag an der nordöstlichen Schrägseite des Platzes. Als Voßstraße 24 hatte es einen Hintereingang, der auch Anschrift für das Oberkommando der Marine war.
Ab 1911 baute man einen Kilometer westlich in der Königin-Augusta-Straße (ab 1933: Tirpitzufer, heute Reichpietschufer) am nördlichen Ufer des Landwehrkanals einen großen Neubau („Bendlerblock“), in den ab 1914 Reichsmarineamt und die anderen Dienststellen der Marine in Berlin zogen. 1926/1927 wurde das Gebäude am Leipziger Platz abgerissen zugunsten der Erweiterung des Kaufhauses Wertheim.
Die Türen des Reichsmarineamtes werden im Militärhistorischen Museum der Bundeswehr bewahrt. Die Reliefs der repräsentativen Türen zeigen maritime Motive wie Signalflaggen, Fernrohr, Anker und Taucher, Nachrichtentechnik und Kampfmittel.
Abteilung für Justiz- und Versorgungsangelegenheiten (A II)
Abteilung für Mobilmachung, militärische Fragen des Seerechts und militärische Nebeninteressen der Marine (A IV)
Abteilung für militärische Fragen der Schiffskonstruktion und der Waffenausbildung (A V)
Seetransportabteilung (A VI S)
Zentralnachweisebureau
Werftdepartement (B)
Dezernat für Schiffsausrüstung (B II)
Abteilung für Torpedowesen (B V)
Dezernat für Personalien der technischen höheren Beamten der Werften
Dezernat für Personalien der mittleren und unteren technischen und Betriebsbeamten der Werften
Dezernat für technische Versuche und Funkentelegraphie
Fabrikenabteilung
Industrieabteilung
Unterseebootsamt (UA)
Abteilung für Unterseebootswesen
Abteilung für Luftfahrtwesen
Verwaltungsdepartement (C)
Leiter der Kriegsabnahme und Verteilungsstelle für Marine-Bekleidung
Etatsdepartement (E)
Etatsabteilung
Pensionsabteilung
Kiautschouabteilung
Medizinalabteilung (G)
Nautisches Departement (H)
Justitiariat (J)
Konstruktionsdepartement (K)
Nachrichtenbureau (N)
Waffendepartement (W)
Abteilung für Artillerie- und Handwaffenkonstruktion (W I)
Abteilung für Aufstellung und Behandlung des Artilleriematerials an Bord (W II)
Dezernat für Angelegenheiten der Küstenbefestigungen und Artilleriedepots (W III)
Dezernat für Minen-, Sperr- und Sprengwesen
Marine-Attachés
Medizinalabteilung (G)
Die Medizinalabteilung (G) hatte zur Aufgabe das Sanitätswesen der Marine zu unterstützen und u. a. das Sanitätsoffizierkorps und die -beamten zu betreuen.[8]
Mit der Aufstellung im Juni 1892 übernahm der Oberstarzt/Generalarzt Carl Wenzel bis Mitte August 1896 die Führung der Medizinalabteilung. Ab 1896 war der Marine-Generalarzt Hermann Gutschow Vorstand der Medizinalabteilung.
Literatur
Walther Hubatsch: Der Admiralstab und die obersten Marinebehörden in Deutschland, 1848–1945. Bernard & Graefe, Frankfurt am Main 1958.
↑Mit der Wahrnehmung der Geschäfte betraut. – Gerhard Engel, Bärbel Holtz, Ingo Materna: Gross-Berliner Arbeiter- und Soldatenräte in der Revolution 1818/1919: Dokumente der Vollversammlungen und des Vollzugsrates: vom Ausbruch der Revolution bis zum 1. Reichsrätekongress. Berlin 1993, S. 114, Fn. 11
↑ abAlbert Stoelzel: Ehrenrangliste der Kaiserlich Deutschen Marine, 1914–1918. Marine Offizier Verband, 1930, S.4 (google.com [abgerufen am 28. Juni 2021]).
↑ abAlbert Stoelzel: Ehrenrangliste der Kaiserlich Deutschen Marine, 1914–1918. Marine Offizier Verband, 1930, S.6 (google.com [abgerufen am 28. Juni 2021]).
↑ abAlbert Stoelzel: Ehrenrangliste der Kaiserlich Deutschen Marine, 1914–1918. Marine Offizier Verband, 1930, S.5 (google.com [abgerufen am 28. Juni 2021]).
↑ abAlbert Stoelzel: Ehrenrangliste der Kaiserlich Deutschen Marine, 1914–1918. Marine Offizier Verband, 1930, S.7 (google.com [abgerufen am 28. Juni 2021]).
↑Konst Ferber: Organisation und Dienstbetrieb der kaiserlich deutschen Marine: Auf Veranlassung der Inspektion des Bildungswesens der Marine als Leitfaden für den Unterricht in Dienstkenntniss. E. S. Mittler, 1905, S.76 (google.com [abgerufen am 3. Januar 2022]).
Anmerkungen
↑ abZur Medizinalabteilung und zum Justitiariat sind wohl keine Akten in den Archiven erhalten.