Jungingen liegt auf 597 m ü. NN im hier zu einem kleinen Kessel geweiteten Tal der Starzel, die nach Nordwesten zum Neckar entwässert. Das Steiltal, das der Fluss in die Schwäbische Alb gegraben hat, heißt Killertal nach dem nächsten Dorf Killer flussaufwärts. Weniger als 1,5 km entfernt ragt im Nordosten des Dorfes über Hangwald der Köhlberg (853 m ü. NN) auf, ein kleiner Sporn der waldfreien Albhochfläche rechts des Tales, linksseitig läuft im Süden des Dorfes die Alb im größeren und gänzlich bewaldeten Himberg (854 m ü. NN) aus.[2]
Gemeindegliederung
Zur Gemeinde Jungingen gehören das Dorf Jungingen und das Gehöft Bürglishof.
In der Gemeinde liegt die Wüstung Weiler ob Schlatt. Der Ort wurde 1355 erstmals erwähnt und 1393 von den Herren von Lichtenstein an die Zollern verkauft. Zuletzt bestand lediglich noch ein fürstlicher Hof, der 1780 durch die Gemeinde Jungingen gekauft und aufgeteilt wurde und die 1806 abgebrochene Katharinenkapelle.[3]
Die Industrialisierung in Jungingen begann in preußischer Zeit. Zunächst waren es die Handwerker, die ihre Holzwaren fertigten und die Händler, welche diese und andere Waren wie Peitschen und Textilien verkauften. Anschließend waren es die Feinmechaniker, die in Jungingen für Arbeit, Einkommen und damit für Wohlstand gesorgt haben. Zu dieser Zeit gründete Ludwig Bosch eine Waagenfabrik, nachdem er als Lehrling in Onstmettingen die neuen Erkenntnisse über die von „Mechaniker-Pfarrer“ Philipp Matthäus Hahn entwickelte Pendelwaage gewonnen hatte. Um die Mitte des 19. Jahrhunderts registrierte man 850 Gemeindeeinwohner.
Jungingen hat sich in den letzten Jahrzehnten vom Bauern- und Handwerkerdorf zu einer Industrie- und Wohngemeinde entwickelt. Um die Mitte des 20. Jahrhunderts lebten rund 1200 Personen in Jungingen, heute zählt die Gemeinde knapp 1500 Einwohner.
Am Abend des 2. Juni 2008 wurden die Bewohner Jungingens und des restlichen Killertals Opfer von schweren Überschwemmungen, die durch ein heftiges Gewitter ausgelöst wurden. Zwei Frauen starben, nachdem ihr Fahrzeug von den Wassermassen in den überfluteten Dorfbach Starzel gespült wurde. In der Nachbarstadt Hechingen ertrank eine Frau in ihrem Keller, als sie von dem eindringenden Hochwasser überrascht wurde. Es wurden Niederschlagsmengen von 50 bis 80 Litern pro Quadratmeter gemessen, die Schäden beliefen sich auf Millionen. Über 1000 Einsatzkräfte des Technischen Hilfswerks und der Feuerwehr waren stundenlang im Einsatz, um vom Wasser eingeschlossene Personen zu retten.[4]
Politik
Gemeinderat
Der Gemeinderat in Jungingen hat zehn Mitglieder. Er besteht aus den gewählten ehrenamtlichen Gemeinderäten und dem Bürgermeister als Vorsitzendem. Der Bürgermeister ist im Gemeinderat stimmberechtigt. Die Kommunalwahl am 9. Juni 2024 führte zu folgendem vorläufigen Endergebnis:
1466 wurde die Junginger Kirche erstmals urkundlich erwähnt. Sie dürfte die frühere Kirche, die Kapelle auf der Lehr, heute: St.-Anna-Kapelle, ersetzt haben. Aufgrund von Platzmangel begann man im 15. Jahrhundert am heutigen Standort die Kirche St. Silvester zu errichten. Dazu gehörte ein sehr massiver Kirchturm, der erhalten geblieben ist, während das heutige Kirchengebäude im Jahr 1819 errichtet wurde. Dieses Projekt hatte 16.999 Gulden gekostet.[5]
Der Turm bietet Platz für ein sechsstimmiges Geläut. Darunter ist die Evangelisten- oder auch Bauernglocke aus dem 14. Jahrhundert, die Jungingens bedeutendstes Kulturdenkmal ist. Eine weitere Glocke stammt aus dem 15., die vier restlichen aus dem 20. Jahrhundert.[6]
Parallel zur Bahnstrecke verläuft die Bundesstraße 32 durch Jungingen, die die Gemeinde im nahen Hechingen mit der autobahnähnlich ausgebauten Bundesstraße 27 und in der Gegenrichtung über das deutlich fernere Sigmaringen mit Ravensburg am Bodensee verbindet.
Wirtschaft und Infrastruktur
Im Killertal fand die Bevölkerung einen besonderen Weg, um mit der extremen wirtschaftlichen Not, wie sie auch hier im 18. und 19. Jahrhundert herrschte, fertig zu werden: Direktvermarktung von Obst, Faßhahnen, Kochlöffeln, Strümpfen, Textilien, Tellern, Schwefelhölzern und Peitschen im Hausierhandel[7][8]
1931 wurde die Firma Gebrüder Winter OHG gegründet.[9] Anfänglich wurden meteorologische Geräte produziert. Heute ist die Firma Winter Spezialist für mechanische Flugzeug-Bordgeräte.
Bosch + Sohn, ein Hersteller von Blutdruckmessgeräten, hat in Jungingen seinen Sitz.
Im Jahr 2022 erzielte Jungingen Einnahmen aus der Gewerbesteuer in Höhe von 2,65 Millionen Euro. Mit einem Gewerbesteuerhebesatz von 340 % liegt die Gemeinde unter dem durchschnittlichen Gewerbesteuerhebesatz Deutschlands. Dieser beträgt 407 % (Stand: 2023).[10]
In Jungingen gibt es eine Grundschule mit rund 100 Schülern.
↑Das Land Baden-Württemberg. Amtliche Beschreibung nach Kreisen und Gemeinden. Band VII: Regierungsbezirk Tübingen. Kohlhammer, Stuttgart 1978, ISBN 3-17-004807-4. S. 228–229