Die Gemeinde liegt mit allen ihren Ortsteilen am Oberlauf des Flüsschens Jossa im hessischen Spessart, an der Grenze zum bayerischenLandkreis Main-Spessart. Die nächstgelegene Stadt ist Bad Orb, 8 bis 15 Kilometer von den Ortsteilen entfernt. Der topographisch höchste Punkt der Gemeindegemarkung befindet sich mit etwa 540 m ü. NN am Gipfel des Langen Berges.
Die Gemeinde Jossgrund besteht aus den bis zum 31. Dezember 1971 selbständigen Gemeinden Burgjoß, Oberndorf (heute Sitz der Gemeindeverwaltung) und Pfaffenhausen und der am 1. Juli 1974 per Gesetz hinzugefügten Gemeinde Lettgenbrunn, mit dem Weiler Villbach.
Geschichte
Mittelalter
Burgjoß, der älteste der Ortsteile, wurde im Jahre 850 erstmals urkundlich erwähnt, Pfaffenhausen 1059[2], Lettgenbrunn 1313 und Oberndorf 1346. Ab 1450 gehörte die Gegend zum Kurfürstentum Mainz.
Spürbare Ortsvergrößerungen und einen deutlichen Entwicklungsschub gaben den Jossgrundgemeinden Burgjoß, Pfaffenhausen und Oberndorf die ab 1938 bis nach 1945 geschaffenen Waldarbeitersiedlungen. Ein staatlich gefördertes Siedlungsprogramm, sollte „der Sesshaftmachung von Arbeitnehmer in der Nähe ihres Arbeitsplatzes, der Linderung der Wohnungsnot …“[3] dienen. Gleichzeitig sollte es landwirtschaftlichen Nebenerwerb ermöglichen. Daher kamen zu den Siedlungshäusern für jede Familie noch: 1 Stall, 1 Scheune, 1 Garten und eine kleine Ackerfläche hinzu.
Die Maßnahme brachte Burgjoß, wo im Jahr 1939 nur 60 Häuser standen, einen einmaligen Zuwachs von 10 Familien mit 23 Kindern, im kleineren Pfaffenhausen waren es 4 Familien und in Oberndorf, das kriegsbedingt etwas später folgte, nochmal 7 Familien mit 23 Kindern.
Nach der hessischen Kommunalverfassung wird der Bürgermeister für eine sechsjährige Amtszeit gewählt, seit dem Jahr 1993 in einer Direktwahl, und ist Vorsitzender des Gemeindevorstands, dem in der Gemeinde Jossgrund neben dem Bürgermeister ehrenamtlich ein Erster Beigeordneter und sieben weitere Beigeordnete angehören.[9] Bürgermeister ist seit dem 1. Juli 2023 Victor Röder (SPD).[10] Er wurde als Nachfolger von Rainer Schreiber (SPD), der nach drei Amtszeiten nicht wieder kandidiert hatte,[11] am 29. Januar 2023 im ersten Wahlgang bei 67,85 Prozent Wahlbeteiligung mit 60,09 Prozent der Stimmen gewählt.[12]
Blasonierung: „In Rot mit silberner Linksflanke, darin ein schwarzer Specht mit roter Kopfplatte am Spalt, ein sechsspeichiges silbernes Wagenrad, aus dessen Oberrand wachsend vier silberne Eichenblätter, die beiden mittleren an längeren Stielen.“
Die Eichenblätter und der Schwarzspecht weisen auf den Spessart hin, zu dem die Gemeinde Jossgrund gehört, außerdem stehen die vier Eichenblätter für die vier Ortsteile der Gemeinde. Das Rad (Mainzer Rad) ist die Versinnbildlichung der ehemaligen Zugehörigkeit zu Kurmainz. Rot und Weiß sind die Landesfarben des Landes Hessen.[15]
Die Genehmigung für das Wappen der Gemeinde Jossgrund wurde auf ihren Antrag vom 6. Januar 1976 am 27. Februar 1976 durch die Landesregierung erteilt.
Die Bundesstraße 276 verläuft etwa 5 bis 15 Kilometer südlich der Ortschaften. Der nächste Autobahnanschluss ist die 12 bis 16 Kilometer entfernte AnschlussstelleBad Orb/Wächtersbach an der Bundesautobahn 66 in nordwestlicher Richtung bzw. in 15 bis 19 Kilometer entfernte AnschlussstelleBad Soden-Salmünster/Jossgrund an der Bundesautobahn 66 in nordöstlicher Richtung.
Ganzjährig verkehren die Buslinien 82 und 83, der Kreisverkehrsgesellschaft Main-Kinzig (KVG) und schaffen öffentliche Verkehrsanschlüsse zu allen Ortsteilen der Gemeinde Jossgrund, den Nachbargemeinden und an die Kinzigtalbahn (Hessen) am Bahnhof Wächtersbach. Es gilt der Tarif des Rhein-Main-Verkehrsverbundes. Die Strecke führt von und nach Wächtersbach und ab Bad Orb entweder Richtung Lettgenbrunn oder über Burgjoß durch alle Ortsteile und zurück über Aufenau nach Wächtersbach.
Medien
An Tageszeitungen gibt es die Gelnhäuser Neue Zeitung. Das Jossgründer Blättche ist ein monatlich erscheinendes Anzeigenblatt, das auch zum Download bereitsteht.[16]
Bildung
Kindergärten - Kita
Die Gemeinde Jossgrund verfügt über mehrere Kindergärten:
Den Gemeinde-Kindergarten Lettgenbrunn mit 20 Plätzen, davon fünf für Krippen- und 15 für Kindergartenkinder. Die Betreuung erfolgt in einer altersstufenübergreifenden Gruppe[17].
In Oberndorf eine ganztags Kindertagesstätte „Unterm Regenbogen“[18] mit 50 Plätzen, in zwei Gruppen. Sie bietet den Kindern Mittagessen, aus eigener Küche an. Es gibt auch eine U3-Betreuung.
In der ehemaligen Volksschule in Pfaffenhausen einen dreigruppigen Kindergarten.
In allen vier Ortsteilen der Gemeinde Jossgrund gibt es jeweils eine Ortsgruppe und einen Stützpunkt der Freiwilligen Feuerwehr.
Kultur und Sehenswürdigkeiten
Religion
In allen vier Ortsteilen gibt es katholische Kirchengemeinden; sie gehören zum Bistum Fulda. Außerdem gibt es eine evangelische Kirchengemeinde in Lettgenbrunn, die zur Landeskirche von Kurhessen-Waldeck gehört.
Bauwerke
Neben der Kirche in Lettgenbrunn, die zwei Konfessionen unter einem Dach beheimatet, ist auch die Kirche in Oberndorf (auch „Dom an der Jossa“ genannt) sehenswert. Zwischen Lettgenbrunn und dem Weiler Villbach liegt der Beilstein. Ein Basaltkegel mit den Überresten der Burg und mitten im gleichnamigen Naturschutzgebiet mit einer einmaligen Flora. Burgjoss ist das älteste Dorf. Es wurde erstmals in einer Urkunde im Jahre 850 erwähnt. Die Wasserburg in Burgjoss der Herren von Jazaha ist heute Sitz der Forstverwaltung. In Pfaffenhausen ist an der Jossa noch ein intaktes Mühlrad zu sehen, außerdem gibt es hier Hessens größte Kneipp-Anlage mit zwei Tretbecken und einem Arm-Kneipp-Becken.
Rund um den Weiler Villbach kann man noch heute deutliche Überreste des Ersten und Zweiten Weltkrieges sehen. Neben einem gesprengten Bunker (Zweiter Weltkrieg) auf dem heutigen Golfplatz findet man in den Wäldern zahlreiche Schützengräben (Erster Weltkrieg).
Wichtiger Bestandteil der Kultur in Jossgrund sind die Dorffeste mit den jeweiligen Traditionen. Vor allem die von Juli bis August stattfindenden Kirchweihfeste (genannt: Kier oder Kerb) sind hier zu nennen.
Dialekt
Während die Ortsteile Pfaffenhausen, Oberndorf und Burgjoss einen einheimischen Dialekt sprechen, ist der erst nach dem Zweiten Weltkrieg wieder gegründete Ortsteil Lettgenbrunn weniger traditionell, da sich hier Heimatvertriebene der einst ostdeutschen Gebiete ansiedelten. Gewachsen ist der Ortsteil durch Familien aus dem Rhein-Main-Gebiet.
Wertholzsubmissionen
Im Forstamt Jossgrund finden regelmäßig Wertholzsubmissionen statt. Dabei bieten die „... hessischen Forstämter, aber auch private und kommunale Waldbesitzer ihre schönsten Stämme zum Verkauf an“[21]. Die Kunden dieser Verkaufsschau kommen aus dem In- und Ausland.
Vereine
In Jossgrund sind einige kulturelle Vereine aktiv. Dazu zählen:
Musikverein 1964 Oberndorf
Musikverein 1970 Burgjoss e. V.
Gesangsverein „Sängerlust“ 1911 Oberndorf
Kirchenchor Cäcilia Pfaffenhausen
Gesangsverein „Heimatklang“ Burgjoss
NCO Narrenclub Oberndorf
INKOGNITO Theatergruppe Oberndorf 1990 e. V.
Volkstanzgruppe „Die fidelen Jossataler“
Geschichtsverein Jossgrund
Freizeit, Sport und Touristik
Golfplatz
Der 18-Loch-Golfplatz Bad Orb/Jossgrund mit angegliedertem Clubhaus und Hotel befindet sich auf einer Anhöhe bei dem Weiler Villbach. Ein Turm des gesprengten ehemaligen Beobachtungsbunkers steht noch als Relikt und Mahnmal des Bombenabwurfplatzes an Loch 2.
Jossaquelle und Minigolf
Am Minigolf-Platz gegenüber der Kirche in Lettgenbrunn macht ein Stein mit der Datierung 16. September 2007 auf die hier austretende Jossaquelle aufmerksam. Der Quellbach vereinigt sich noch an Ort und Stelle mit dem kräftigeren Villbach, den man deshalb fälschlicherweise leicht für den Oberlauf der Jossa halten könnte. An der Jossaquelle stand noch in den 1950er Jahren eine Handpumpe zur Wasserversorgung der jungen Siedler nach dem dritten Wiederaufbau.
Auch in Burgjoss ist eine Minigolfanlage in Betrieb.
Wandern und Radwandern
Die beiden Fernwanderwege durch den Spessart, die Birkenhainer Straße und der Eselsweg, führen durch die Gemarkung Jossgrund.
Der Alte Bahndamm in Lettgenbrunn ist entstanden vor und im Ersten Weltkrieg. Die damals dort betriebene Kleinbahn diente der Versorgung des Truppenübungsplatzes. Der heute noch übrig gebliebene Damm ist ein bequemer Wanderweg, in sehr ansprechender und abwechslungsreicher, parkartiger Landschaft.
Der Europäische Kulturradweg Perlen der Jossa. Im Jossgrund war im Mittelalter die Flussperlmuschel verbreitet, deren Perlen jedoch, wegen unzureichender Qualität nicht genutzt wurden. Der ca. 33 km langen Radwanderweg führt durch den gesamten Jossgrund, von der Quelle bis zur Mündung der Jossa in die Sinn und darüber hinaus noch bis Emmerichsthal. Er wurde zur Förderung des Tourismus im Spessart durch das „Archäologische Spessartprojekt“ angelegt, und mit 12 Infotafeln ausgestattet. Sie geben Hinweise zur Natur, wie zu kulturellen Spuren in dieser Region. Dazu zählen: Die Burgruine Beilstein, der Burgwiesenpark mit Kneippanlage und Minigolfanlage in Burgjoß, das historische Wasserwerk in Mernes, eine Spessarttöpferei in Marjoß und eine Glashütte in Emmerichsthal[22]. Die Trasse deckt sich im Tal der Jossa mit der Hessischen Apfelwein- und Obstwiesenroute.
Auch der neue, 60 km lange Fernwanderweg Spessartweg 3 führt im Bereich von Lettgenbrunn durch die Gemarkung. Der Premiumweg beginnt am Bahnhof Bad Soden-Salmünster, geht quer durch den Spessart und führt schließlich nach Heigenbrücken im bayerischen Hochspessart. Dort besteht Anschluss, über den Spessartweg 2, bis zum Main. Mit dem Siegel „Qualitätsweg Wanderbares Deutschland“ des Deutschen Wanderverbands ausgezeichnet, ist der Spessartweg 3 reich an Kultur- und Natursehenswürdigem (Ruine Beilstein, Eselsweg, Wiesbüttmoor, Aubachtal, Habichsthal, Aubachseen, Heigenbrücken mit Wildpark, Kletterwald und Naturschwimmbad). Start- und Zielpunkt des Spessartweges 3 sind jeweils mit der Bahn erreichbar. Auf dem Weg von der Kinzig in den Hochspessart sind insgesamt 1.500 Höhenmeter zu überwinden. Der höchste Punkt liegt bei 520 m über NHN[23].
In der Gemeinde Jossgrund liegen auch zwei „Spessartfährten“: die Junge Jossa Lettgenbrunn und die Jossgrund Runde. Es sind zwei von neun Rundwanderwegen dieser Art,[24][25] die längs des Spessartbogens konzipiert wurden. Als Tagestouren angelegt, erlauben sie einen vertieften Einblick in die Spessartlandschaft. Während die Junge Jossa Lettgenbrunn mit 12 km einen großen Kreis zieht, auf dem auch Lettgenbrunn und Pfaffenhausen liegen, umfasst die Jossgrund Runde, bei 11 km Länge, die Ortsteile Burgjoß und Oberndorf und ihre jeweiligen Umgebungen. Beide Wege werden als leicht eingestuft.
Sportvereine
In allen vier Ortsteilen gibt es Fußballvereine mit jeweils eigenen Fußballplätzen. Außerdem gibt es den Tennisclub Oberndorf und den Golf-Club in Lettgenbrunn. Des Weiteren gibt es in Oberndorf auch noch den Tischtennisverein TTC Oberndorf.
Wintersport
In Oberndorf befindet sich ein kleiner Wintersportbereich mit Skilift. Sowohl in Oberndorf wie in Lettgenbrunn, dem schneereichsten Ort der Gemeinde, werden im Winter Langlaufloipen gespurt.
Persönlichkeiten
Ehrenbürger
Georg Hartmann (1870–1954), Unternehmer und Vorsitzender des Freien Deutschen Hochstiftes, auch Ehrenbürger von Frankfurt am Main. Er lebte lange Zeit (von 1930 bis 1954[26]) in der ehemaligen Schäferei (heute Kaffee und Spessart-Informationszentrum) in Burgjoß. Er ist Namenspatron einer nach ihm benannten Straße in Burgjoß.
Töchter und Söhne der Gemeinde
Johannes Rützel (* um 1912–1992), geboren in Pfaffenhausen, katholischer Geistlicher, Monsignore; 1937 in Fulda zum Priester geweiht. 1938–1952 war er Kaplan in Bad Orb, danach Pfarrer in Marburg. Dort gründete er die Pfarrei St. Peter und Paul. 1989 verlegte er das „Chroniklesebuch Jossgrund“, das später wieder aufgelegt wurde.
Faxe M. Müller (* Burgjoß 1963), seit 1984 Bildhauer im Berufsverband bildender Künstler; schafft „figurative Skulpturen in Holz, Stein, Metall und in Gusstechnik“; Teilnahme an regionalen und überregionalen Wettbewerben[27].
Mit dem Jossgrund verbundene Persönlichkeiten
Johann Karl Deufert (1838–1916), Pfarrer, Dechant in Oberndorf; als Ortsschulinspektor in Oberndorf baute er „in Oberndorf ein stattliches modernes Schulhaus“; unter großen Schwierigkeiten setzte er sich für einen Ersatz des „armseligen Kirchleins“ von Oberndorf ein. Nach und nach wurde unter seiner Regie das heutige Gotteshaus errichtet[28].
Oscar Haseneier, (1875–1929), katholischer Geistlicher von Oberndorf (1917–1924), baute 1920/1921 mit Spendengeldern die Pfarrkirche von Pfaffenhausen auf[29], war auch Autor der romantischen Schauspiele: „Der Madstein“ und „Peter von Orb“ (1924)[30]
↑Oskar Amberg, „Waldarbeiter-Siedlungen mit landwirtschaftlichem Nebenerwerb in Burgjoß, Oberndorf und Pfaffenhausen“, Zwischen Vogelsberg und Spessart, Gelnhäuser Heimat-Jahrbuch 1989, S. 87–92
↑ abFrankfurter Rundschau, 23. März 2011: Schreiber ohne Konkurrenz: „Schreiber stammt aus Burgjoß, das sich als Bioenergiedorf durch den Anschluss fast aller Haushalte an eine Holzhackschnitzelanlage einen Namen macht hat. Die 3600-Einwohner-Gemeinde Jossgrund war jahrzehntelang schuldenfrei.“ - SPD Main-Kinzig, 11. März 2022: Rainer Schreiber ist Neumitglied der SPD
↑FAZ, 10. Januar 2005: Schuldenfreie Gemeinde sucht neuen Bürgermeister: „Der 58Jahre alte CDU-Politiker Robert Ruppel. Er hatte vor zwölf Jahren den Posten eines Bankprokuristen gegen den des Bürgermeisters von Jossgrund eingetauscht und es geschafft, die Gemeinde von jeglichen Kapitaldienstbelastungen zu befreien.“
↑Gemeinde Jossgrund (Hrsg.): Satzung über die Verwendung des Gemeindewappens der Gemeinde Jossgrund. (jossgrund.de [PDF]).
↑Karl Wieber, „Ein Lebensbild des Pfarrers und Dechanten Johann Karl Deufert in Oberndorf“, Zwischen Vogelsberg und Spessart, Heimatbuch des Kreises Gelnhausen, 1962, S. 81–83
↑Elsbeth Ziegler, „Überfall auf Pfarrer Oscar Haseneier“, Gelnhäuser Neue Zeitung, 31. Dezember 2020
↑ Robert Eckert „Peter von Orb–Ein Standbild verwirklicht Orber Geschichte“ in „Quer durch die Orber Geschichte“, Hrsg. Bad Orber Geschichts- und Heimatverein, Geschichtswerkstatt Büdingen, 2010.