Johann I. Josef wurde als sechstes Kind des Fürsten Franz Josef I. und seiner Gattin Marie Leopoldine Gräfin von Sternberg geboren. 1782 begann er seine militärische Karriere als Leutnant bei den Anspach-Kürassieren. 1783 war er Rittmeister.
Obgleich ihm durch den Tod seines Bruders Alois I. Josef am 25. März 1805 das Fürstentum Liechtenstein zugefallen war, übernahm er als Feldmarschall-Lieutenant im Krieg mit Frankreich das Kommando eines Armeekorps und nahm mit der österreichischen Kavallerie in der Dreikaiserschlacht bei Austerlitz am 2. Dezember 1805 teil. Als Abgesandter Österreichs handelte er zunächst den Waffenstillstand, später den Frieden zu Pressburg aus. 1806 wurde er von Kaiser Franz I. zum Kommandeur der Stadt und Festung Wien ernannt. 1809 kämpfte er als Kommandeur der Kavallerie gegen Napoleons Armee bei Aspern und Essling (21./22. Mai), Wagram (5./6. Juli) und Znaim und handelte erneut den Waffenstillstand aus. Nach dem Rücktritt Erzherzogs Karl übernahm Fürst von und zu Liechtenstein am 31. Juli als Generalissimus den Oberbefehl über die Armee und schloss am 14. Oktober den Frieden von Schönbrunn ab. Da der Staat die Tributzahlung von zehn Millionen Gulden nicht aufbringen konnte, übernahm Fürst Johann Josef die Bürgschaft bei den Banken. Ab 12. September 1809 war er Feldmarschall. Im gleichen Jahr 1809 verliess er als Oberbefehlshaber die Österreichische Armee und widmete sich fortan seinem Land.
Regentschaft
Nach dem Tod seines kinderlosen Bruders Alois I. Joseph erbte er am 25. März 1805 das Majorat und wurde damit zum 10. Fürsten und Regent des Hauses. Am 12. Juli 1806 nahm Napoleon Bonaparte das Fürstentum Liechtenstein als 16. Staat in den Rheinbund auf – ohne den Fürsten zu fragen. Das Land erhielt damit erstmals seine Souveränität. Fürst Johann I. unterzeichnete die Rheinbundakte nie, fühlte sich nach wie vor dem Kaiser verpflichtet und trat das Land formell an seinen minderjährigen Sohn Karl Johann ab. Er führte 1806–1813 vormundschaftlich die Regierung und trat nach Zerfall des Rheinbundes wieder selbst an die Regierungsspitze. 1814/15 stellte das Land ein kleines Kontingent gegen Napoleon und wurde am 8. Juni 1815 durch Bundesakte Mitglied des Deutschen Bundes, was einer Bestätigung der Souveränität durch die anderen Staaten gleichkam. Der Fürst erliess am 9. November 1818 eine landständische Verfassung. Er erklärte ab 1812 das österreichische Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch (öABGB), die Allgemeine Gerichtsordnung, das Strafgesetz und die Strafprozessordnung für Liechtenstein verbindlich (siehe FL-ABGB). 1805 führte er die „Normalschule“, die Schulpflicht in Liechtenstein ein; 1827 erliess er ein neues Schulgesetz für allgemeine öffentliche Schulen.
Bauherr und Naturgestalter
Johann Josef ist als Naturgestalter bedeutend. Er gestaltete um die liechtensteinischen Schlösser in Österreich und Südmähren englische Landschaftsgärten, die er mit Staffagebauten ausstattete, darunter dem Zeitgeschmack entsprechend künstliche Ruinen.
1806 kaufte er die im 13. Jahrhundert verlorene Stammburg Liechtenstein in Maria Enzersdorf/Niederösterreich und baute sie im romantischen Sinn um. 1820–21 ließ er auf dem Gutshof neben der Burgruine das klassizistische Schloss Liechtenstein erbauen, das ihm für seine Aufenthalte vor Ort diente. Der weitläufige Naturpark um die Burg erstreckte sich über den Kalenderberg und den Kleinen Anninger bis zur Hinterbrühl und nach Sparbach. 1820 errichtete er am Fuße des Burgfelsens das klassizistische neue Schloss Liechtenstein. Burg, Schloss und großteils auch die Staffagebauten stehen heute unter Denkmalschutz:
„Husarentempel“ auf dem Kleinen Anninger (ein an die Schlacht bei Aspern erinnerndes Kriegerdenkmal in Form eines klassischen Tempels, eigentlich Tempel des Kriegsruhms)
„Amphitheater“ auf dem Kalenderberg (eine künstliche Ruine als Aussichtswarte in halbrunder Form)
„Augengläser“ auf dem Kalenderberg (eine künstliche Ruine als Aussichtswarte mit zwei Spitzbogenfenstern)
„Pfefferbüchsel“ auf dem Kalenderberg (eine Kapelle, die wegen ihrer Dachkonstruktion so genannt wurde, heute sind nur mehr die Grundmauern erhalten)
„Schwarzer Turm“ auf dem Kalenderberg (eine künstliche Ruine in Form eines runden Turms)
Dianatempel (eine künstliche Ruine, ebenfalls im Naturpark Sparbach)
Landschaftsgärten wurden auch bei den ausgedehnten Besitzungen der Liechtensteins in Südmähren (heute Kulturlandschaft Lednice-Valtice) angelegt, auch dafür wurden Staffagebauten errichtet, beispielsweise der „Dianatempel“ (ein Triumphbogen bei Schloss Feldsberg) oder die künstliche Ruine Janův Hrad (Ruine Hansenburg).
Auch beim damals liechtensteinischen Schloss in Hadersfeld ließ er einen Park errichten, davon ist noch ein Obelisk erhalten.
Viele Staffagebauten sind nicht mehr erhalten, etwa die „Phoenixburg“ auf dem Kleinen Anninger, die unweit des Husarentempels lag.
In Wranau liess er die zu klein gewordene Familiengruft durch Umbau der Unterkirche erweitern.
Auf der Prager Kleinseite steht am Kleinseitner Ring das von Fürst Karl I. 1622 aus fünf Bürgerhäusern zusammengefasste Palais Liechtenstein, welches 1825 verkauft wurde. Fürst Johann I. Josef erwarb 1831 das um 1690 erbaute Palais Kaiserštejn, ließ die beiden Türme über der Moldau entfernen und es mit einer klassizistischen Fassade versehen. 1864 wurde das inzwischen Palais Liechtenstein genannte Gebäude von seinen Erben wieder verkauft.
Galerie von Künstlichen Ruinen
Ruine „Amphitheater“
Ruine „Türkensturz“
„Römerwand“
Der „Schwarze Turm“
Die „Augengläser“
Die Ruine auf dem Rauchkogel
Janův hrad (Hansenburg)
Grabstätte
Nach seinem Tod wurde Fürst Johann I. mit militärischen Ehren am 23. April 1836 vom Liechtenstein-Palais in die Michaelerkirche zur Einsegnung gebracht und später nach Wranau überführt. Fürst Johann I. und seine Gattin wurden in der von ihm erbauten Neuen Gruft der liechtensteinischen Familiengruft in Wranau, nördlich von Brünn, beigesetzt.
Familie
Prinz Johann Josef heiratete am 12. April 1792 in Wien Josefa Sophie Landgräfin zu Fürstenberg-Weitra (* 21. Juni 1776, † 23. Februar 1848). Aus dieser Ehe gingen 13 gemeinsame Kinder hervor:
Leopoldine Maria Josepha (* 11. September 1793, † 28. Juli 1808); Grabstätte: Wranau
Sophie Maria Josepha (* 5. September 1798 in Wien, † 17. Juni 1869 ebenda); Grabstätte: Wranau
⚭ 1817 Vinzenz Graf Esterházy Baron zu Galántha († 1835); Fürstin Esterházy war Hofdame von Kaiserin Elisabeth und wurde in den „Sissy“-Filmen verewigt (dargestellt von Helene Lauterböck)
Marie Josephine (* 11. Jänner 1800 in Wien, † 13. Juni 1884 ebenda); Grabstätte: Ischl
Franz de Paula Joachim Josef (* 25. Februar 1802 in Wien, † 31. März 1887 ebenda), K.u.K. Feldmarschallleutnant; Grabstätte: Wranau
⚭ 1841 Julia Gräfin Potocki; Urgrosseltern von Fürst Franz Josef II. (1906–1989) und Stammeltern des heutigen Fürstenhauses
Karl Johann Anton (* 14. Juni 1803 in Wien, † 12. Oktober 1871 in Ischl), 1806–1813 nominell Regent des Fürstentums; Grabstätte: Neulengbach
⚭ 1836 Rosalie Gräfin von Grünne, verwitwete Gräfin von Schönfeld (* 3. März 1805, † 20. April 1841)
Rudolf (* 5. Oktober 1816 in Wien, † 19. Juni 1848 in Vicenza durch Verwundung)
Als Fürst erwarb Johann I. Josef verschiedene Herrschaften, die er seinen Söhnen als Sekundogenitur- und Tertiogenitur-Fideikomiss stiftete: 1820/21 Herrschaft Deutschlandsberg-Hollenegg (an Prinz Franz de Paula), 1823 Neulengbach (an Prinz Karl Johann) und 1831 Herrschaft Rosegg in Kärnten (an Prinz Friedrich).
Alle Mitglieder des Hauses haben seit kaiserlicher Verleihung des Prädikats vom 3. Juni 1760 die Anrede Durchlaucht (Schriftform: S.D.) und führen das Wappen der Fürstlichen Familie.
1790 erhielt Oberst Prinz Johann Josef von und zu Liechtenstein das Ritterkreuz des Militär-Maria-Theresien-Ordens; 1796 folgte das Kommandeur-Kreuz. Nach der Ernennung zum Feldmarschall-Lieutenant folgte 1799 das Großkreuz.
Durch die kaiserliche Entschliessung von Franz Joseph I. vom 28. Februar 1863 wurde Johann I. Josef Fürst von und zu Liechtenstein in die Liste der „berühmtesten, zur immerwährenden Nacheiferung würdiger Kriegsfürsten und Feldherren Österreichs“ aufgenommen, zu deren Ehren und Andenken auch eine lebensgrosse Statue in der Feldherrenhalle des damals neu errichteten k.k. Hofwaffenmuseums (heute: Heeresgeschichtliches Museum Wien) errichtet wurde. Die Statue wurde 1866 vom BildhauerVincenz Pilz (1816–1896) aus Carrara-Marmor geschaffen, gewidmet wurde sie von Johann II. Fürst von Liechtenstein.[1]
Detlef Schwennicke (Hrsg.): Europäische Stammtafeln. Stammtafeln zur Geschichte der europäischen Staaten. Neue Folge (EST NF), Band III / 1. J. A. Stargardt Verlag, Marburg, (EST NF III/1) Tafeln 30–39.
Wilhelm Karl Prinz von Isenburg: Stammtafeln zur Geschichte der europäischen Staaten. Band I. Die deutschen Staaten. 2. verbesserte Auflage. J. A. Stargardt Verlag, Marburg 1953, Tafeln 175–179.
Norbert Jansen: Franz Josef II. Regierender Fürst von und zu Liechtenstein. Festschrift zum 40. Regierungsjubiläum S. D. . Amtlicher Lehrmittelverlag, Vaduz 1978. (mehrsprachige Ausgabe deutsch-englisch-französisch).
Deutsches Adelsarchiv e. V. (Hrsg.): Genealogisches Handbuch des Adels (GHdA). Genealogisches Handbuch der Fürstlichen Häuser. Fürstliche Häuser Band XIV. C. A. Starke Verlag Limburg a. d. Lahn, 1991, (GHdA Band 100), S. 65–84.
Harald Wanger: Die regierenden Fürsten von Liechtenstein. Frank P. van Eck Verlagsanstalt, Triesen 1995, ISBN 3-905501-22-8.