Ab 1933 wurde dem Juden und Kommunisten Georg Knepler jegliche Tätigkeit untersagt und er kehrte nach Österreich zurück. Da er in Wien im April 1933 in die verbotene KPÖ eingetreten war und kommunistische Zeitungen vertrieb, wurde er im Jänner 1934 verhaftet, konnte aber noch im gleichen Jahr nach England emigrieren. Dort wandte er sich immer intensiver den Lehren von Karl Marx und Friedrich Engels zu, machte sich deren Weltbild und Dialektik zu Eigen und entwickelte seine eigene Forschungsarbeit auf dieser Grundlage. Parallel zu seiner musikwissenschaftlichen und publizistischen Arbeit war er als Operndirigent sowie als musikalischer Leiter des Emigrantentheaters „Laterndl“ und Sekretär des Austrian Centre tätig.
1946 ging er zurück nach Wien und übernahm hier die Funktion des Kulturreferenten der KPÖ. Ab 1949 war Knepler in Ost-Berlin tätig, wo im gleichen Jahr die DDR gegründet wurde. Seine österreichische Staatsbürgerschaft behielt er bei. 1957 wurde er von der KPÖ in die SED überführt.
Lehrtätigkeit in Berlin
Im Jahre 1950 gründete Georg Knepler die Deutsche Hochschule für Musik Berlin, deren Rektor er wurde, und die er bis 1959 leitete. 1964 erhielt sie den Namen Hochschule für Musik „Hanns Eisler“ Berlin. Sein Konzept zielte auf die Ausbildung von Musikern und Sängern „neuen Typus“, die sich neben der fachlichen Qualifikation auch aktiv am gesellschaftlichen Leben beteiligen sollten. Von 1959 bis 1970 leitete er das Musikwissenschaftliche Institut der Humboldt-Universität zu Berlin und konzentrierte sich hier auf die Entwicklung einer marxistisch orientierten Lehre und Forschung als Antwort auf die bürgerliche Musikwissenschaft. 1964 wurde Knepler ordentliches Mitglied der Akademie der Wissenschaften der DDR.
Georg Knepler starb am 14. Januar 2003 im Krankenhaus Köpenick. Er hinterließ seine Frau Florence Knepler (1910–2011), geborene Wiles, einen Sohn und zwei Enkelkinder.
1986 Ehrenspange zum Vaterländischen Verdienstorden in Gold
Werke
Musikgeschichte des 19. Jahrhunderts. Berlin 1961.
Geschichte als Weg zum Musikverständnis. Zur Theorie, Methode und Geschichte der Musikgeschichtsschreibung. Leipzig 1977, 2. überarbeitete Fassung 1982.
Gedanken über Musik. Reden, Versuche, Aufsätze, Kritiken. Berlin 1980.
Karl Kraus liest Offenbach. Berlin 1984.
Wolfgang Amadé Mozart, Annäherungen. Berlin 1991; Neuauflage 2005.
Mozart in seiner Zeit und in der unseren. Auszug aus dem letzten Kapitel von "Wolfgang Amadeus Mozart – Annäherungen. In: Zwischenwelt. Zeitschrift für Kultur des Exils und des Widerstands. Jg. 19, Nr. 4; Wien Februar 2003, ISSN1606-4321, S. 36–38.
Susanne Blumesberger, Michael Doppelhofer, Gabriele Mauthe: Handbuch österreichischer Autorinnen und Autoren jüdischer Herkunft 18. bis 20. Jahrhundert. Band 2: J–R. Hrsg. von der Österreichischen Nationalbibliothek. Saur, München 2002, ISBN 3-598-11545-8, S. 696.
Renate Göllner & Gerhard Scheit: „… bestünde Lieb' und Bruderbund“ – Georg Knepler zum Gedächtnis. Ein Nachruf. In: Zwischenwelt. Zeitschrift für Kultur des Exils und des Widerstands. Jg. 19, Nr. 4; Wien Februar 2003, ISSN1606-4321, S. 27/28.
Gerhard Scheit: „Also Raunzen können die Engländer überhaupt nicht.“ Aus einem Interview mit Georg Knepler über Widerstand, Antisemitismus und Exil (geführt von G. Scheit am 2. und 3. Mai 1992 in Berlin-Grünau). In: Zwischenwelt. Zeitschrift für Kultur des Exils und des Widerstands. Jg. 19, Nr. 4; Wien Februar 2003, ISSN1606-4321, S. 28–35.
Golan Gur: The Other Marxism: Georg Knepler and the Anthroplogy of Music. In: Musicologia Austriaca. May, 2016, Article
Anne C. Shreffler: Berlin Walls: Dahlhaus, Knepler, and Ideologies of Music History. In: Journal of Musicology. Autumn, 2003, Vol. 20, No. 4, S. 498–525, Abstract (englisch)
Gerhard Oberkofler: Über das musikwissenschaftliche Studium von Georg Knepler an der Wiener Universität. Eine archivalische Notiz zu seinem hundertsten Geburtstag. Mitteilungen der Alfred Klahr Gesellschaft, Nr. 3/2006.
Knepler, Georg. In: Brockhaus-Riemann Musiklexikon. CD-Rom, Directmedia Publishing, Berlin 2004, ISBN 3-89853-438-3, S. 5488.
Georg Knepler: Vom Wunderkind zum Genie Wolfgang Amadé Mozart zum 250. Geburtstag. Grundzüge seiner musikalischen Begabung. In: Streifzüge, 27. Januar 2006