Die elektrochemische Spannungsreihe ist eine Auflistung von Redox-Paaren nach ihrem Standardelektrodenpotential (Redoxpotential unter Standardbedingungen gegen die Standard-Wasserstoffelektrode). Vor allem bei Metallen wird sie auch Redoxreihe genannt.
Redoxpotentiale selbst sind nicht messbar, sondern nur die Differenz zweier Elektrodenpotentiale.
Aus der elektrochemischen Spannungsreihe lässt sich das Redoxverhalten eines Stoffes ableiten.
Jede Redoxreaktion kann man so durch zwei Paare beschreiben und aus der elektrochemischen Spannungsreihe die Richtung von Reaktionen voraussagen.
Bei Metallen bilden das Metall als Element und sein zugehöriges Kation ein Redox-Paar (Red… ⇌ {\displaystyle \rightleftharpoons } …ox + z e−). Im folgenden Beispiel ist damit
Das Redoxpotential ist ein Maß für die Bereitschaft der Ionen, die Elektronen aufzunehmen. Die Ionen der Edelmetalle nehmen bereitwilliger Elektronen auf als die Ionen unedler Metalle, weshalb unter Standardbedingungen
Und das heißt wiederum, dass Zn zu den unedleren Metallen gehört und ein stärkeres Reduktionsmittel ist, also seinen Reaktionsteilnehmer reduziert, selbst oxidiert wird und Elektronen abgibt.
„Unter Standardbedingungen“ bedeutet, dass die Konzentration – genauer: Aktivität – der Ionen 1 mol/l betragen muss, damit das Redoxpotential die tabellierten Werte annimmt. Diese Einschränkung ist notwendig, weil es sich um Gleichgewichtsreaktionen handelt. Nach dem Le Chatelierschen Prinzip hat eine größere Konzentration Metallionen auch eine größere Bereitschaft, zum Metall reduziert zu werden und daher ein höheres Redoxpotential. Die Nernst-Gleichung beschreibt diesen Zusammenhang mathematisch.
Eine Elektrode unter Standardbedingungen wird realisiert durch das Eintauchen eines Metalls in eine Lösung, die seine Ionen in einer Konzentration von 1 mol/l enthält. Werden zwei solche Elektroden ionisch leitend verbunden (Ionenbrücke), so entsteht eine galvanische Zelle, und man kann zwischen den Metallen eine Spannung messen. Diese Spannung ist gleich der Differenz der Standardelektrodenpotentiale, die zu den Redoxpaaren in den Elektrodenräumen gehören und in der elektrochemischen Spannungsreihe tabelliert sind. Für das Beispiel der Kombination der Redox-Paare Cu/Cu2+ und Zn/Zn2+ entsteht ein Daniell-Element mit der Spannung von 1,11 V.
Gasförmiger Wasserstoff und dessen zwei Protonen sind ebenfalls ein Redoxpaar:
Elektroden für Redox-Paare mit gasförmigen Stoffen werden realisiert, indem ein inertes Metall (Platin) in eine 1 mol/l-Lösung der Ionen (H+) getaucht und vom zugehörigen Gas (H2) bei einem Druck von 1 bar umspült wird. Im speziellen Fall entsteht eine Normal-Wasserstoffelektrode. Diese Elektrode ist leicht aufzubauen und liefert ein konstantes, reproduzierbares Potential.
Da das Redox-Paar H2/H+ außerdem die Wirkung von Säuren beschreibt (es taucht immer bei der Auflösung von Metallen in Säuren auf: z. B. Mg + 2 H+ → Mg2+ + H2), wurde das Standardpotential der Normal-Wasserstoffelektrode aus praktischen Gründen als null definiert.
Alle anderen Standardpotentiale sind daher die Spannungen, die man in einer galvanischen Zelle misst, wenn die Normal-Wasserstoffelektrode und die Elektrode des Redox-Paares zusammengeschlossen sind (jeweils unter Standardbedingungen!).
Die elektrochemische Spannungsreihe erlaubt die Berechnung der Spannungen, die Batterien und Akkumulatoren maximal liefern. Im Umkehrschluss sind das die Spannungen, die für das Antreiben von Elektrolysen bzw. Laden der Akkumulatoren mindestens angelegt werden müssen.
Weiterhin sind die Berechnung von Reaktionsrichtung und -stärke möglich. Mischt man zwei Redox-Paare in einer Reaktionslösung, so wird
Taucht man z. B. ein Zink-Blech in eine CuSO4-Lösung, so wird
(Dieses gern zitierte Beispiel missachtet die Forderung nach Standardbedingungen. So wird sich auch ein Kupfer-Blech, das in eine ZnSO4-Lösung eintaucht, ein wenig mit Zink überziehen, weil zunächst kein Zink vorhanden und die Cu2+-Konzentration null ist. Der Effekt kann mit der Nernst-Gleichung berechnet werden, ist aber unmessbar klein, sodass das Beispiel eine gewisse Berechtigung hat.)
Ein Maß für die Stärke der Reaktion ist die Gibbs-Energie (freie Enthalpie) der zugehörigen Reaktion, die berechnet werden kann nach:
mit
Bei Kontakt von Metallen mit unterschiedlichem Standardelektrodenpotential kann es deswegen zu Kontaktkorrosion kommen. Die elektrochemische Spannungsreihe ist damit
Außerdem enthält die elektrochemische Spannungsreihe eine Abstufung der Metalle („sehr edles Metall“, „edles Metall“, „weniger edles Metall“, „unedles Metall“, „sehr unedles Metall“) nach ihrem Bestreben, sich in Säuren oxidieren zu lassen:
Die Standardpotentiale E° sind für eine Temperatur von 298,15 K ≙ 25 °C und dem Normaldruck von 101,325 kPa ≙1 atm angegeben. Die Aktivitäten der gelösten Teilchen betragen dabei 1 mol/l.
Kaiser Napoleon mag alle zackigen Soldaten – Blei haben cubanische Agenten auch (K – Na – Mg – Al – Zn – Sn – Pb – H – Cu – Ag – Au) Alternativ: Können Nasenbären möglichst alle Ziegen sättigen? – Blei haben cubanische Agenten auch
Die ersten Spannungsreihen waren qualitativer Natur und wurden 1793 von zwei Forschern erstellt, von Alessandro Volta und unabhängig davon vom Physiker Christoph Heinrich Pfaff. Zur Aufstellung seiner Reihe nutzte Volta die Empfindungen, die zwei verschiedene, einander berührende Metalle auf seiner feuchten Zunge auslösten,[7] während Pfaff seine Reihen nach den unterschiedlich starken Zuckungen von Froschschenkeln aufstellte.[8] Pfaff erhielt, wenn er von verschiedenen Metallen ausging, verschiedene Spannungsreihen. Die Spannungsreihen von Volta und Pfaff wurden für den Fall verdünnter Schwefelsäure als Elektrolyt später vereinfacht so zusammengefasst:[9]
Schon ein Jahr später, 1794, hatte Volta 28 Elemente und Verbindungen in seine Spannungsreihe aufgenommen.[7]
Der Physikochemiker Gilbert Newton Lewis, der sich schon in seiner 1899 abgeschlossenen Doktorarbeit mit elektrochemischen Potentialen befasst hatte,[10] bestimmte viele Standardpotentiale mit zuvor unerreichter Genauigkeit oder zum ersten Mal, nämlich die von Natrium, Kalium, Rubidium, Chlor, Brom, Iod, Sauerstoff, Quecksilber, Silber, Thallium, Blei und Eisen.[11]
1938 veröffentlichte Wendell M. Latimer ein umfangreiches Werk zu den Redoxpotentialen in wässrigen Lösungen; nach ihm ist das Latimer-Diagramm benannt, das für ein gegebenes Element die Potentiale verschiedener Oxidationsstufen beschreibt.
Noch übersichtlicher werden diese Potentialangaben für ein Element, wenn sie nach der 1951 von Arthur A. Frost vorgeschlagenen Weise aufgetragen werden: siehe Frost-Diagramm.[12]