Die Berliner Küche war bis zum Ende des 19. Jahrhunderts eine schlichte Küche, die eher Wert auf deftigen Geschmack und Sättigung als auf Verfeinerung legt. Geprägt ist sie neben den in der brandenburgischen Küche verwendeten Zutaten von den Kochtraditionen der Einwanderer aus Schlesien, Böhmen, Ostpreußen, Pommern und Mecklenburg sowie den Hugenotten aus Frankreich.
Zu bedeutender Größe wuchs Berlin erst im 18. und 19. Jahrhundert. Doch schon vorher war es Durchgangsstation und Zielort für Menschen aus den verschiedensten Regionen Deutschlands und darüber hinaus. Auch für die Küche besonders prägend waren die calvinistisch beeinflussten Hugenotten, die im 17. Jahrhundert Aufnahme fanden. Sie brachten bis dahin in Brandenburg unbekannte Zutaten mit, wie Blumenkohl, Spargel, grüne Erbsen und Bohnen, Gurken und Blattsalat, die seitdem auch im Berliner Umland angebaut werden. Bis dahin bestimmten Kohl und Rüben den Gemüseanbau auf den kargen, sandigen Böden. Ein bis heute geschätztes eigenständiges Produkt des mageren Bodens sind die Teltower Rübchen, eine kleine, zarte Form der weißen Rübe.
Aus Brandenburg wurden hauptsächlich Spreewälder Gurken und Kernobst nach Berlin eingeführt. Auffallend ist – aus heutiger Sicht – die häufige Verwendung des Edelkrebses, der um Berlin reiche Fänge im 18. und 19. Jahrhundert ermöglichte.
1900–heute
Um 1910 war Berlin einer der weltgrößten Brauerei-Standorte. Etwa 1000 Brauereien produzierten Biere mit den verschiedensten Markennamen.[1] Zu den großen Brauereien gehörten u. a. Bötzow, Patzenhofer, Engelhardt und Landré.
Die erste Grüne Woche fand als Messe in Berlin für landwirtschaftliche Erzeugnisse erstmals 1926 statt. Bis heute ist sie die wichtigste Messe für Ernährungswirtschaft in Deutschland.
Die regionaltypischen Küchentraditionen schwächten sich deutschlandweit durch das einheitliche Angebot in Supermarktketten seit den 1960er Jahren ab. Berlin kann hier jedoch als Ausnahme gelten, da die Stadt bis 1990 durch die politische und wirtschaftliche Teilung unterschiedlichen Einflüssen ausgesetzt war, was die Verfügbarkeit an Produkten anging.
Die Berliner Küche wurde auch durch das Fernsehen in Deutschland bekannt. In der Serie Drei Damen vom Grill, die von 1976 bis 1991 in der ARD ausgestrahlt wurde, stand eine Berliner Imbissbude und ihre drei Protagonistinnen im Mittelpunkt. Die fortschreitende Internationalisierung der Berliner Essgewohnheiten und die Zunahme von vegetarischer Ernährungsweise beeinflussten u. a. auch die Entwicklungen der Berliner Küche nach 1990.
Die früher mehr noch als heute auf jeder Speisekarte zu findenden Fische wurden aus der Havel und den reichlich vorhandenen umliegenden Gewässern gefischt und werden zu Gerichten wie Aal grün mit Spreewälder Gurken, Barsch in Biersoße und Hecht gebraten mit Specksalat verarbeitet. Karpfen, Schleie, Plötzen sowie der beliebte Havelzander sind heimische Arten und somit auf dem Berliner Speiseplan vertreten. Auch der Hering als Meeresfisch erfreut sich in zahlreichen Variationen großer Beliebtheit.
Typische Berliner Gerichte müssen nicht unbedingt in Berlin entstanden sein. Meist sind sie erst mit Zuwanderern nach Berlin gekommen. Eigene Erfindungen sind Kasseler, Bockwurst und Currywurst.
Salzkartoffeln mit Stippe (Gehacktes-, Speck- oder Käsestippe)
Teltower Rübchen (karamellisierte und anschließend geschmorte Teltower Rübchen); serviert als Beilage zu Gänse- oder Entenbraten, zu Schweinebraten, Kasseler Koteletts, Zunge oder Hackbraten
Schmorgurken; serviert als Hauptgericht mit Salzkartoffeln oder als Beilage zu Fischgerichten
Als bekannte Berliner Bäckereierzeugnisse gelten Spritzkuchen, die mit Schlagsahne gefüllten Windbeutel und die traditionell zu Silvester und Faschingsdienstag gereichten Pfannkuchen, andernorts auch Berliner genannt. Kameruner werden aus dem gleichen Teig wie die Pfannkuchen gemacht, sind aber nicht gefüllt und haben die Form einer Acht. Schrippen sind mit einer Längskerbe versehene Brötchen aus Weizenmehl. Schusterjungen sind quadratische Brötchen aus Weizen- und Roggenmehl.
Brötchen
Schusterjungen (Brötchen aus Weizen- und Roggenmehl)
Seit 1992 findet einmal jährlich in Berlin die Weinmesse statt. Mit mehr als 46.000 Besuchern und über 400 internationalen Ausstellern im Jahr 2016 ist sie die erfolgreichste Publikumsmesse ihrer Art in Deutschland.[3] Die Bar Convent Berlin ist eine jährlich stattfindende Bar- und Getränkemesse.
Seit Anfang der 2000er Jahre hat sich die Spitzengastronomie in Berlin entwickelt: So gab es im Jahr 2017 sieben Restaurants, die mit zwei Michelinsternen ausgezeichnet wurden, weitere 14 Restaurants erhielten einen Stern. Im deutschsprachigen Raum war 2017 Berlin die Stadt mit den meisten Sterne-Restaurants.[4] Die mit zwei Sternen ausgezeichneten Restaurants waren das Rutz (Mitte), das Facil (Potsdamer Platz), das Fischers Fritz (Mitte), das Horváth (Kreuzberg), das Lorenz Adlon Esszimmer (Mitte), das Reinstoff (Mitte) und das Tim Raue (Kreuzberg).
Die Ein-Stern-Häuser waren das 5 – cinco by Paco Pérez, das Bandol sur Mer, der Bieberbau, das Cookies Cream, das einsunternull, das Frühsammers Restaurant, das Golvet, das Hugos, das Markus Semmler, das Nobelhart & Schmutzig, der Pauly Saal, das Richard, die Skykitchen und das tulus lotrek (Stand: Guide Michelin 2018). Zu den ebenfalls bekannten Restaurants in Berlin gehören das Borchardt, das Paris-Moskau und das Lutter & Wegner.
Kneipen und Biergärten
In den Kneipen, für die in Berlin traditionell keine Sperrstunde gilt, werden bis zum frühen Morgen zum Bier Rollmops, Buletten und saure Gurken serviert. Das Bier ist zumeist ein leicht gehopftes Pils. Auch Bockbiere haben eine lange Tradition in Berlin. Bekannte Kneipen und Biergärten in Berlin sind u. a. der Felsenkeller, das Gasthaus Zenner, der Prater und der Pfefferberg.
Das Kaufhaus des Westens (KaDeWe) ist das größte Warenhaus in Deutschland und berühmt für sein gehobenes Sortiment. Seit Ende der 1920er Jahre gilt die Feinkostabteilung als größte Lebensmittelabteilung eines Warenhauses in Europa.[5]
Zu den bekannten aus Berlin stammenden Lebensmittelketten zählen der Feinkosthändler Lindner und die Naturkostfirma Bio Company. Delivery Hero, ein Betreiber von internetbasierten Essensbringdiensten, wurde in Berlin gegründet.
Der Spätkauf oder auch „Späti“[6] ist ein vor allem in Berlin üblicher Begriff für einen Laden, der außerhalb der üblichen Ladenöffnungszeiten geöffnet ist und vor allem Getränke und ein kleines Sortiment an Lebensmitteln anbietet.
Der Berliner Großmarkt liegt im Ortsteil Moabit. Rund 300 Großhändler bieten hier Waren aus dem Lebensmittelbereich und Dienstleistungen an. Das Produktspektrum des Markts reicht von Obst und Gemüse (Fruchthof Berlin) über Fleisch- und Wurstwaren, Meeresfrüchte, Frischfisch und Tiefkühlfisch, Getränke, Fertigprodukte, Spezialitäten und Delikatessen.
Das Dong Xuan Center in Lichtenberg beherbergt Handelsniederlassungen, die sich auf den Großhandel von asiatischen Produkten spezialisiert haben. Gegenwärtig zählt es zu den größten seiner Art in Deutschland.[7]
Unternehmen
Die August Storck KG ist ein Süßwarenhersteller mit Sitz in Berlin seit 1998.[8] Mit einem Jahresumsatz von rund zwei Milliarden Euro ist sie die größte Nahrungsmittelfirma in der Stadt. Zu den erfolgreichsten Produkten von Storck gehören u. a. Knoppers, Lachgummi, Mamba, Merci, nimm2, Super Dickmanns, Toffifee und Werther’s Original.
Die Rausch GmbH ist ein im Jahr 1918 als Confiserie gegründetes Unternehmen, das sich auf Schokoladenprodukte aus Edelkakao spezialisiert hat.[9]
Florida Eis ist eine – über die Stadtgrenzen hinaus – bekannte Eismarke aus Spandau.
Produktionsstätten
In Neukölln werden jährlich 20.000 Tonnen Rohmasse Marzipan hergestellt, die nach ganz Europa exportiert werden.[10]
Die Freiberger Lebensmittel GmbH & Co. Produktions- & Vertriebs KG ist ein Hersteller von Tiefkühlprodukten und anderen Fertiggerichten (Nudelgerichte, Baguettes und Snacks) mit Hauptsitz in Berlin. Gegenwärtig ist die Firma einer der größten Produzenten von Tiefkühlpizzen in Europa.
Die Kaplan Dönerproduktion GmbH beliefert rund 1000 Imbissläden in Berlin und zählt zu den größten Dönerproduzenten in Europa.
Bahlsen, ein deutsches Familienunternehmen der Backwarenbranche mit Sitz in Hannover, betreibt eines seiner größten Werke in Berlin. In der Tempelhofer Fabrik werden jährlich rund 30.000 Tonnen Keksprodukte hergestellt, die für den deutschen und internationalen Markt bestimmt sind.
Literatur
Johannes J. Arens: Nachschlag Berlin: Zur Kultur des Essens und Trinkens in der Hauptstadt, Vergangenheitsverlag, Berlin 2010, ISBN 978-3-940621-22-1.
Klaus-Jürgen Boldt: Berliner und Brandenburger Hausküche. Buchverlag für die Frau, Leipzig 1999, ISBN 3-932720-85-7.
Charlotte Guiard: Paddenschlucker und Bohnenfresser – Berliner Hugenotten und die Nahrungsmittel, in: Hugenotten, Nr. 1/2001, S. 3–18.
Olaf Kappelt: Friedrich der Große – meine Koch- und Küchengeheimnisse, Berlin-historica Verlag, 2. überarbeitete Auflage 2009, ISBN 978-3-939929-13-0.
Brigitte Karch: Küche in Berlin und der Mark Brandenburg. Manfred Pawlak Verlag, 1991, ISBN 3-88199-898-5.
Bernhard Schambach: Köstliches aus der alten Berliner Küche. Gerichte mit Geschichte aus Berlin und der Mark Brandenburg. H.-P. Kock, Bielefeld 1987, ISBN 3-921991-08-0.
Miriam Stock: Der Geschmack der Gentrifizierung: Arabische Imbisse in Berlin. transcript, Bielefeld 2013, ISBN 978-3-8376-2521-9
Wolf Thieme/Siegfried Rockendorf: Berlin kocht. Verlag Wolfgang Hölker, Münster 2000, ISBN 3-88117-540-7.
↑Henry Gidom: Berlin und seine Brauereien. Gesamtverzeichnis der Braustandorte von 1800 bis 1925. Berlin 2016 (3. überarbeitete und aktualisierte Auflage)