Mehrere Fachgebiete benutzen das Wort mit unterschiedlichem Begriffsinhalt, je nachdem, ob Geld oder Güter aufgeteilt werden sollen.
Bankwesen
Die Tranche ist im Kreditgeschäft nach Art. 4 Abs. 1 Nr. 67 CRR ein vertraglich festgelegtes Segment des mit einem oder mehreren Risikopositionen verbundenen Kreditrisikos. Tranchen sind Kreditabschnitte, die entweder zu bestimmten Terminen oder nach der Erfüllung bestimmter Auszahlungsvoraussetzungen abgerufen werden können. Beispielsweise kann die Revolving Credit Facility im internationalen Kreditverkehr innerhalb eines Rahmenkredits revolvierend in Anspruch genommenen werden; ihre Tranchen sind befristet und können nach Fristablauf bis zur Fälligkeit des Rahmenkredits prolongiert werden. Der Rahmenkredit der Term-Loan-Facility ist hinsichtlich Betrag, Laufzeit, Verzinsung und Rückzahlung[3] vollständig festgelegt. Die Inanspruchnahme ihrer Tranchen muss bis zu einem bestimmten Zeitpunkt erfolgt sein, da der Rahmenkredit ansonsten verfällt. Bei der Immobilienfinanzierung erfolgen Auszahlungen gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 2 MaBV in Tranchen, die sich nach dem Bauablauf richten.
Außenhandelsfinanzierung
Ein revolvierendes Akkreditiv sieht in der Außenhandelsfinanzierung die Ausnutzung des Akkreditivs in Tranchen vor, die sich erneuern, um den jeweiligen Wert der Teillieferungen abzudecken.[4]
First loss: Eigenkapital (und nachrangige Darlehen)
88,42 %
11,58 %
1st second lost: Mezzanine
98,98 %
1,02 %
2nd second loss: Mezzanine
99,74 %
0,26 %
3rd second loss: Mezzanine
99,95 %
0,05 %
Third loss: Senior debt
100,00 %
0,00 %
Die Verlustallokation beginnt mit der First Loss-Tranche, das ist die Equity-Tranche (inklusive nachrangige Darlehen), welche die ersten Verluste trägt und somit am risikobehaftesten ist. Es folgt mit der Mezzanine-Tranche die mittlere Risikostufe, während die sicherste Stufe die klassischen Kredite (englischsenior debt) darstellen. Diesen Risikoklassen lassen sich unterschiedliche Ratings zuordnen.
Bei Verbriefungen kann das gesamte Kreditrisiko „tranchiert“, also in diese drei Risikoklassen aufgeteilt werden. Wird durch Tranchierung eine nahezu risikolose „Senior-Tranche“ geschaffen, ist das Problem der Adverse Selektion gelöst.[8] Auf diese Weise können ganze Kreditportfolien durch Tranchierung in nach Risikoklassen gestaffelte Ausfallwahrscheinlichkeiten aufgeteilt werden. Eine Collateralized Debt Obligation (CDO) besteht beispielsweise aus Tranchen, die jeweils ein einheitliches Tilgungsrisiko besitzen. Treten Kreditausfälle auf, sind die Tranchen aufgrund ihres Ranges verschieden spät betroffen.[9] Auf dem Subprime-Markt kam es ab August 2007 zu einer Subprime-Krise, auch weil die in CDOs verbrieften schlechten US-amerikanischen Hypothekendarlehen massenhaft Kreditausfälle verzeichneten und sich dadurch ein Klumpenrisiko der CDOs verwirklichte.
Die Tranchierung führte bei CDOs dazu, dass Mezzanine- und Senior-Papiere speziell auch an institutionelle Anleger (insbesondere Versicherer und Pensionsfonds) verkauft werden konnten, denen es ansonsten gesetzlich untersagt ist, in riskante Papiere zu investieren.[10]
„Mit Hilfe dieser Technik wurde aus einem Portfolio von relativ riskanten Krediten bis zu 97 Prozent Wertpapiere „gezaubert“, die als sehr sicher oder sicher eingestuft wurden.“[11] Der Sachverständigenrat der Bundesregierung zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung verglich diese „Zauberei“ in seinem Jahresgutachten 2007/08 mit einer Wandlung von Landwein in Qualitätswein.[12]
Nichtbankensektor
Bei Nichtbanken gibt es Tranchen im Rahmen von Dauerschuldverhältnissen wie Bierlieferungsvertrag, Rahmenvertrag, Sukzessivlieferungsvertrag oder Werklieferungsvertrag. Sie beinhalten wirtschaftliche Teillieferungen, die Tranche genannt werden. Rechtlich handelt es sich meist nicht um Teillieferungen, weil mit jeder Tranche die Lieferpflicht erfüllt wird und wieder auflebt. Generell ist der Lieferant nämlich nicht zu Teillieferungen berechtigt (§ 266BGB), doch ist diese Vorschrift abdingbar. Bei Teillieferungen eines zusammenhängenden Ganzen (etwa Sachgesamtheit) oder wenn die einzelnen Lieferungen erkennbar aus versandtechnischen Gründen nacheinander erfolgen, ist die Ablieferung mit der Entgegennahme der letzten Teillieferung bewirkt.[13]
Kochkunst
In Deutschland, Österreich und der Schweiz versteht man in der Kochkunst unter Tranchieren das richtige und kunstgerechte Zerlegen von Fleisch, Fisch und Geflügel, aber auch von Obst und Gemüse,[14] Ergebnis ist die Tranche oder Scheibe.
↑
Eva-Maria Krech, Eberhard Stock, Ursula Hirschfeld, Lutz Christian Anders: Deutsches Aussprachewörterbuch. 1. Auflage. Walter de Gruyter, Berlin, New York 2009, ISBN 978-3-11-018202-6, S.992.
↑ ab
Stefan Kleiner et al.: Duden Aussprachewörterbuch. Der Duden in zwölf Bänden, Band 6. 7. Auflage. Dudenverlag, Berlin 2015, ISBN 978-3-411-04067-4, S.843.
↑auch die Rückzahlung in einer Summe am Fälligkeitstag (englischbullet-repayment) ist möglich
↑Karlheinz Tannert, Lexikon der Wirtschaft: Finanzen, 1986, S. 124
↑Hanno Beck/Helmut Wienert, Anatomie der Weltwirtschaftskrise: Ursachen und Schuldige, in: APuZ. Aus Politik und Zeitgeschichte. bbb: 20/2009. 11. Mai 2009, Hrsg.: Bundeszentrale für politische Bildung, Beilage zur Wochenzeitung Das Parlament, Bonn, S. 9
↑Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Jahresgutachten 2007/08, Das Erreichte nicht verspielen, Wiesbaden, 2007, S. 112.