Die Appalachen (englischAppalachian Mountains, französischAppalaches) sind ein bewaldetes Gebirgssystem im Osten Nordamerikas, das sich (geologisch betrachtet) über eine Länge von 2400 Kilometern von den Long Range Mountains an der Westküste der kanadischen Insel Neufundland bis in den Norden des US-Bundesstaates Alabama erstreckt. Obwohl ihr höchster Gipfel mehr als 2000 Meter hoch ist, haben die Appalachen sowohl hinsichtlich ihrer Höhe als auch ihrer Morphologie einen Mittelgebirgscharakter. Nur wenige Berge erheben sich über mehr als 1200 m Höhe, und viele Bergkuppen bleiben deutlich unter 800 m.
Benannt sind die Appalachen nach dem indigenen Stamm der Apalachee. Für die Appalachenregion als Kultur- und Wirtschaftsraum wird auch die Bezeichnung Appalachia verwendet.[2]
Die Appalachen begrenzen den Nordamerikanischen Kraton (Laurentia) bzw. die Nordamerikanische Plattform nach Südosten. Sie sind damit eine Art morphologisches Gegenstück zur Nordamerikanischen Kordillere, die den Kraton nach Westen begrenzt. Die geologische Geschichte der Appalachen unterscheidet sich jedoch deutlich von jener der westlichen Gebirge Nordamerikas. Ihre Faltengürtel sind deutlich älter und hingen ursprünglich mit ähnlich alten Faltengürteln in Nordwestafrika sowie West- und Mitteleuropa zusammen, die heute teilweise ebenfalls in Form von Bergländern (z. B. dem Antiatlas in Marokko und dem Zentralmassiv in Frankreich) zutage treten (siehe unten). Infolge von Kontinentaldrift und dem dadurch verursachten Aufbrechen des Nordatlantiks wurden die Faltengürtel der Appalachen von denen Westeuropas und Nordwestafrikas getrennt. Dies führte auch zur Entstehung der Küstentiefländer, die sich südöstlich und östlich an die Appalachen anschließen. Dort liegen Gesteine mit „appalachischer“ Faltung tief im Untergrund, überlagert von Sedimenten jüngerer erdgeschichtlicher Epochen.
Mit ihren Ausläufern ziehen sich die Appalachen von Mississippi bis nach Kanada (NeufundlandsLong Range Mountains). Die spezielle geographische Konstellation mit den Appalachen im Osten und der Nordamerikanischen Kordillere im Westen ermöglicht es, dass polare, kalte Luftmassen aus dem Norden, von der Hudson Bay nach Süden ziehend, im Mittleren Westen der USA auf tropische, sehr warme, feuchte Luftmassen treffen können, die vom Golf von Mexiko nach Norden ziehen. Bei derartigen Wetterlagen bilden sich oft schwere Gewitterstürme bis hin zu Tornados mit teils katastrophalen Auswirkungen, weshalb die entsprechende Region auch als Tornado Alley bezeichnet wird.
Historische Geologie
Paläogeographie im heutigen Osten der USA gegen Ende der Akadischen Orogenese im späten Mitteldevon
In den Appalachen finden sich jedoch auch Faltenkomplexe, die vor der Alleghenischen Orogenese entstanden sind und sich ebenfalls über den Atlantik verfolgen lassen, unter anderem in die Grampian Mountains in Schottland. Sie werden der Takonischen Orogenese (Ordovizium, ca. 440 Millionen Jahre vor heute) und Akadischen Orogenese (Devon, ca. 400 Millionen Jahre vor heute) zugerechnet. Die geologische Geschichte der Appalachen reicht daher bis weit ins Altpaläozoikum zurück und umfasst die Schließung mindestens zweier Ozeanbecken.
Im Gegensatz zu den Bergen der jungen Kettengebirge wie dem Himalaya, den Rocky Mountains und den Alpen, ist das heutige Relief der Appalachen nicht infolge plattentektonischer Konvergenz entstanden, sondern durch einfache Heraushebung eines Teils des alten Gebirgsblockes aus dem Untergrund im mittleren Miozän, vor etwa 15 Millionen Jahren.[3] Dabei kam es teilweise zu Reliefumkehr, indem das alte Vorlandbecken mitherausgehoben wurde und heute in Form des Appalachen-Plateaus teils höhere Berge bildet als der alte gefaltete Gebirgsrumpf (beispielsweise mit dem ca. 1450 Meter hohen Mount Porte Crayon in West Virginia). Seit Beginn der Atlantiköffnung sind schon mindestens zwei „Ur-Appalachengebirge“ herausgehoben und wieder abgetragen worden, einmal im mittleren Jura und einmal in der frühen Kreide.[3]
Valley and Ridge-Zone, mit Längstälern, Durchbruchstälern (Valleys) und Gebirgsketten (Ridges) und Great Valley (großes, von mehreren Flussläufen durchzogenes Längstal von Alabama bis zum Hudson, verkehrstechnisch von großer Bedeutung)
Piedmont (200–500 m ü. M.), Fußzone der Appalachen, reich an Bodenschätzen (Kohle, Eisenerz), auf deren Basis sich dort die Schwerindustrie in Pittsburgh und Birmingham ansiedelte
Nachfolgend sind die jeweils höchsten Berge der Appalachen in den amerikanischen Bundesstaaten und kanadischen Provinzen sowie Territorien mit Anteil an diesem Gebirge aufgelistet, absteigend sortiert nach Höhe:
Historisch gesehen waren die Appalachen für die ersten Einwanderer die erste Hürde auf dem Weg nach Westen. 1763, am Ende des Siebenjährigen Krieges, setzte Großbritannien den Hauptkamm der Appalachen als Grenze der weißen Besiedlung als Geste für die mit ihm verbündeten Indianervölker fest. Die Königliche Proklamation von 1763 besagte, dass die Beziehungen zwischen britischen Siedlern und Indianern fortan durch Trennung (segregation) und nicht durch Interaktion (interaction) bestimmt sein solle.[4] Dies wurde jedoch schon in den 1770er-Jahren durch die Besiedelung Kentuckys unter der Leitung von Daniel Boone durchbrochen. Bei ihrer vermessungstechnischen Erschließung wirkte der spätere General und 1. Präsident der USA, George Washington, als Geometer mit.
Wirtschaftliche Bedeutung
Mountaintop Removal Mining
In den Appalachen finden sich große Steinkohlevorkommen. Diese werden per Mountaintop Removal Mining abgebaut. Dabei werden zunächst die Bergkuppen, unter denen die Steinkohle ansteht, gesprengt und abgetragen, anschließend die Steinkohle im Tagebau gewonnen. Insgesamt wurden so in den Appalachen auf einer Fläche von 5700 Quadratkilometern ca. 500 Bergkuppen abgetragen, die Landschaft dabei gravierend verändert und durch Bergbaurückstände langfristig belastet.[5][6]
die Natural Bridge in Virginia, eine 66 m hohe und 27 m breite Naturbrücke, die in einigen Aufstellungen zu den Sieben Weltwundern der Natur gezählt wurde.
Mountain People
Die in den Appalachen lebenden Amerikaner haben eine eigene Identität entwickelt und werden in den USA als Mountain People (oder Mountainmen) bezeichnet. Kennzeichnend für die Mountain People ist ein eigener Dialekt, eigene Musik, ein eigenes Selbstbewusstsein und niedriges Einkommen.[7]
Trivia
Die Appalachen waren Schauplatz der Langzeit-Fahndung des FBI nach dem christlich-fundamentalistischen Terroristen Eric Rudolph. Dieser konnte sich fünf Jahre in den Wäldern versteckt halten – möglicherweise weil die einheimische Bevölkerung zumindest insoweit mit ihm sympathisierte, als sie den Behörden keine Hinweise auf mögliche Aufenthaltsorte gab.[8]
Die Appalachen bzw. Appalachia sind der Schauplatz des Online-Rollenspiels Fallout 76.
Figuren aus Sagen und Legenden der Appalachen sind beispielsweise Bigfoot, der Mothman und der Ohio-Grassman.
Der Film Beim Sterben ist jeder der Erste spielt ebenfalls in den Appalachen und spielt mit den Klischees, die der einheimischen Bevölkerung anhaften. Selbiges gilt für die Fernsehserie Justified.
Mari-Lynn Evans, Robert Santelli, Holly George-Warren (Hrsg.): The Appalachians: America’s First and Last Frontier. West Virginia University Press, Morganstown 2012, ISBN 978-1-935978-96-1.
↑Conradin Burga, Frank Klötzli, Georg Grabherr (Hrsg.): Gebirge der Erde – Landschaft, Klima, Pflanzenwelt. Ulmer, Stuttgart 2004, ISBN 3-8001-4165-5, S. 202–203.
↑ abC. Wylie Poag, William D. Sevon: A record of Appalachian denudation in postrift Mesozoic and Cenozoic sedimentary deposits of the U.S. Middle Atlantic continental margin. Geomorphology. Bd. 2, Nr. 1–3, 1989, S. 119–157, doi:10.1016/0169-555X(89)90009-3
↑Colin Gordon Calloway: The Scratch of a Pen, 1763 and the Transformation of North America, Oxford University Press, 2006, Seite 92 ff.
↑Appalachian Film List. The Historic Struggle (Blog des auf die Geschichte der Appalachenregion spezialisierten High-School-Geschichtslehrers Robert Baker), bei Abruf (19. Juni 2019) zuletzt aktualisiert am 11. Februar 2013
Appalachen Appalachen-Baumwollschwanzkaninchen Appalachen-Plateau Musik der Appalachen Chaudière-Appalaches Piedmont (Appalachen) Pine Mountain (Appalachen) Les Appalaches