Die Zentrale des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR in Berlin-Lichtenberg diente von 1950 bis 1989 als Sitz des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) und 1989–1990 als Sitz des Amtes für Nationale Sicherheit.
Neben dem Dienstkomplex Normannenstraße gehörten zur Zentrale des Ministeriums das etwa 500 m nördlich gelegene Teilobjekt Gotlindestraße sowie ergänzende Gebäudekomplexe im Berliner Ortsteil Schöneweide, in dem sich einige Spezialabteilungen befanden sowie das Zentralobjekt Wuhlheide (ZOW) Köpenicker Straße 325b, in dem sich die HA III mit zugeordnetem Rechenzentrum (Abteilung 13), die HA VIII und das Institut für wissenschaftlichen Gerätebau befanden. Im Zentralobjekt Wuhlheide befindet sich heute der Innovationspark Wuhlheide.
Nach der deutschen Wiedervereinigung wurden auf dem Areal des Dienstkomplexes Normannenstraße verschiedene Museen und Forschungsinstitute eingerichtet, die sich mit der Geschichte des Ministeriums für Staatssicherheit befassen. Mehrere Gebäude der ehemaligen Zentrale stehen heute als Baudenkmal unter Denkmalschutz.
Das am 8. Februar 1950 nach sowjetischem Vorbild gegründete Ministerium bezog als seinen ersten Dienstsitz das 1930–1932 errichtete Gebäude des Finanzamts für den Stadtbezirk Lichtenberg an der Ecke Normannen-/Magdalenenstraße, das später MfS-intern Haus 2 genannt wurde. 1952 entstand südlich davon ein Behelfsbau, der bis 1961 existierte. 1956 wurden das aus zwei Gebäudeteilen bestehende Haus 7 fertiggestellt, im Jahre 1960 das als Speise- und Konferenzgebäude konzipierte Haus 22 sowie die Poliklinik (Haus 19 und Haus 20).
In den Jahren 1961–1962 wurde der 1952 errichtete Behelfsbau durch das Haus 1 ersetzt, in dem der Minister und die oberste Führung des Ministeriums ihre Büros bezogen. 1964 wurde Haus 21 als Stützpunkt für das MfS-Wachregiment „Feliks Dzierzynski“ fertiggestellt, 1966 das Haus 20 sowie bis zum Ende der 1960er Jahre die Häuser 13 und 14.
Ab 1974 ließ das MfS anstelle abgerissener Gebäude in der Magdalenenstraße das Haus 4 errichten, anschließend verlagerte sich die Bautätigkeit in den Bereich entlang von Frankfurter Allee und Ruschestraße. 1978 wurde hier ein vierteiliges Ensemble aus 13-geschossigen Plattenbauten (Haus 15) für die Hauptverwaltung Aufklärung fertiggestellt, im selben Jahr das Haus 16 und ebenfalls Ende der 1970er Jahre das Haus 17 mit dem neuen Haupttor des Dienstkomplexes Normannenstraße.
In den Jahren 1979–1982 entstand mit dem an der Rusche- Ecke Normannenstraße errichteten Haus 18 das als Dienstleistungs- und Versorgungsgebäude konzipierte größte Einzelgebäude des Areals. 1982 übernahm das Ministerium den Altbau an der Magdalenenstraße Ecke Frankfurter Allee und gliederte ihn dem Dienstkomplex Normannenstraße ein, ehe die Baumaßnahmen mit den 1984 entlang der Magdalenenstraße fertiggestellten Karteien- und Archivgebäuden (Haus 8 und Haus 9) zu einem Ende kamen.
1989 nahm der Dienstkomplex Normannenstraße einen ganzen Häuserblock zwischen Frankfurter Allee, Magdalenenstraße, Normannenstraße und Ruschestraße ein. Die knapp 80 Hektar[1] große „Stasi-Stadt“ (Christian Halbrock) bestand zuletzt aus 29 Häusern und elf Höfen, in dem seinerzeit bis zu 7000[2] hauptamtliche MfS-Mitarbeiter tätig waren. Zudem war zwischen 1975 und 1985 nördlich der Normannenstraße ein weiterer Gebäudekomplex („Teilobjekt Gotlindestraße“) errichtet worden. Für beide Gebäudekomplexe verfolgte das MfS umfassende Ausbaupläne, die bis weit in die 1990er Jahre hineinreichten. So war beispielsweise geplant, das Haus 12 durch einen dem Haus 15 ähnlichen Plattenbau vom Typ WBS 70 zu ersetzen, um entlang der Frankfurter Allee eine einheitliche Gebäudefront aus Bürohochhäusern zu schaffen.
Infolge der politischen Wende in der DDR wurde der Dienstkomplex Normannenstraße am 15. Januar 1990 von Demonstranten gestürmt und später von bereits anwesenden Bürgerrechtlern in Sicherheitspartnerschaft übernommen.[3] Seit 1990 befindet sich im vormaligen Gebäude des Ministersitzes (Haus 1) u. a. die Forschungs- und Gedenkstätte Normannenstraße, die 1984 fertiggestellten Karteien- und Archivgebäude (Haus 8 und Haus 9) beherbergen das Stasi-Unterlagen-Archiv des Bundesarchivs, während etwa das Haus 2 wieder vom Finanzamt für den Stadtbezirk Lichtenberg, seinem ursprünglichen Nutzer vor 1950, übernommen wurde. Ungeachtet dessen steht der größte Teil der Bauten leer. Roland Jahn schlägt für die weitere Entwicklung der ehemaligen MfS-Zentrale eine Nutzung als Campus für Demokratie vor.
Die Hauptzufahrt (Tor 13) zum Dienstkomplex Normannenstraße erfolgte über Haus 17 in der Ruschestraße. Im Hauptgebäude (Haus 1) hatten der Minister für Staatssicherheit, seine vier Stellvertreter und ihre Arbeitsgruppen ihre Büros. Das 1984 eröffnete zentrale Karteien- und Archivgebäude des MfS (Haus 8) ist bis heute der Berliner Standort der Stasi-Unterlagen. Ein vierteiliges Ensemble aus 13-geschossigen Plattenbauten (Haus 15) im Südwesten des MfS-Komplexes, an der Ecke Frankfurter Allee/Ruschestraße, diente als Sitz der Hauptverwaltung Aufklärung.
In einem der Innenhöfe (Hof 8) befand sich der Speisesaal für Abteilungsleiter des MfS (Haus 22). Die MfS-interne Poliklinik mit eigener Zahnstation war rund um einem anderen der Innenhöfe (Hof 10) gruppiert. Im Nordwesten des MfS-Komplexes, an der Ecke Ruschestraße/Normannenstraße, befand sich mit dem 1979–1982 errichteten Dienstleistungs- und Versorgungsgebäude (Haus 18) das größte Einzelgebäude des MfS-Komplexes, in dem es auf 6500 m² u. a. eine Kaufhalle, Läden und ein Konferenzzentrum für MfS-Mitarbeiter gab.
Über den gesamten MfS-Komplex verteilt waren diverse Werkstätten, Garagen und Lager der Verwaltung Rückwärtige Dienste, die für die Instandhaltung der gesamten Infrastruktur sowie für die Energie-, Wasser- und Wärmeversorgung verantwortlich war. Für die Bewachung des MfS-Komplexes sorgten Soldaten des Wachregiments „Feliks Dzierzynski“.
Die vom MfS eingeführte und bis heute gültige Bezeichnung der Gebäudeteile als Häuser war primär organisatorisch bedingt und spiegelt nur zum Teil die baulichen Gegebenheiten wider. So bestand beispielsweise das Haus 1 tatsächlich aus einem einzigen Gebäude, war aber über Verbindungstüren auch von den angrenzenden Häusern 2 und 7 zu betreten. Das Haus 7 bestand aus zwei großen, im rechten Winkel aneinander gebauten Flügeln, während das benachbarte Haus 8 sogar vier Gebäudeteile umfasste. Ebenfalls aus vier Gebäudeteilen bestand das Haus 15; das Haus 19 umfasste zwei Gebäudeteile mit jeweils daran anschließenden Zubauten.
Im Jahr 2023 fand auf dem Hofgelände an der Ruschestraße 103 unter dem Namen Campus-Kino erstmalig eine Freiluft-Kino-Veranstaltung über vier Wochen statt. Gezeigt wurden nach 1990 produzierte Filme, die sich mit der DDR-Vergangenheit befassen. Es war ausdrücklich erwünscht, dass die Zuschauer mit den Filmemachern ins Gespräch kommen sollen. Im August 2024 wird ein weiteres Campus-Kino mit den gleichen Zielen organisiert.[22]
Die Gebäude des ebenfalls zur Zentrale des Ministeriums für Staatssicherheit gezählten Teilobjekts Gotlindestraße befanden sich rund 500 m nördlich des MfS-Komplexes an der Normannenstraße, jenseits des Hans-Zoschke-Stadions, und wurden überwiegend in der Zeit zwischen 1975 und 1985 errichtet.
Die Zentrale des Ministeriums für Staatssicherheit in Berlin-Lichtenberg war bis 1989 von einer streng bewachten Sperrzone umgeben, die bis zuletzt erweitert und perfektioniert wurde und durch die sie sich dem Blick Außenstehender weitgehend entzog. Für die Zufahrtstraßen zum Häuserblock zwischen Frankfurter Allee, Magdalenenstraße, Normannenstraße und Ruschestraße galt ein eigenes Sicherheitsreglement, das die Ein- und Durchfahrt weitestgehend untersagte.[1]
Jenseits der Sperrzone war die Gegend zwischen den Bahnhöfen Lichtenberg und Frankfurter Allee eher vorstädtisch geprägt, d. h. es gab dort zahlreiche Wohnstraßen und Häuser mit Kleingärten.[1] Auch westlich des MfS-Komplexes, im Bereich zwischen der Ruschestraße und dem Rathaus Lichtenberg, ist die Bebauung durch mehrere große Grünanlagen (u. a. den Rathauspark) aufgelockert.
Durch den vom MfS gezielt betriebenen Zuzug seiner Mitarbeiter änderte sich der Charakter der Gegend im Laufe der Jahrzehnte stark. In den Straßenzügen rund um die Zentrale wurden seit den 1960er Jahren immer mehr Wohnungen an diesen Personenkreis vergeben. Im Bereich Frankfurter Allee Süd, südlich des MfS-Komplexes, und davon nur durch die Frankfurter Allee getrennt, entwickelte sich so über die Jahre eine regelrechte „MfS-Siedlung“ aus Plattenbauten, in der bis heute zahlreiche Straßennamen an Mitglieder der Roten Kapelle erinnern, die auch in der militärischen Traditionspflege des MfS eine wichtige Rolle einnahmen,[23] beispielsweise Harro und Libertas Schulze-Boysen, Hans und Hilde Coppi, Arvid und Mildred Harnack, zudem Wilhelm Guddorf, John Sieg sowie Albert Hößler. MfS-Mitarbeiter, die weiter entfernt wohnten, erreichten die Zentrale über den seit 1930 bestehenden U-Bahnhof Magdalenenstraße.
Östlich des MfS-Komplexes, und davon nur durch die Magdalenenstraße getrennt, befindet sich die große Gebäudegruppe der um 1890 errichteten Justizvollzugsanstalt. Sie diente 1955–1989 als Untersuchungshaftanstalt II des MfS für politische Gefangene, nachdem es 1945–1955 in Verwendung des sowjetischen Geheimdienstes gestanden hatte.[24] Die sowjetische Dienststelle und das MfS nutzten das Gefängnis also fünf Jahre gemeinsam. Bis 1989 fanden in der Untersuchungshaftanstalt II in der Magdalenenstraße auch die Besuchs- und Anwaltstermine aller Häftlinge der Untersuchungshaftanstalt I des MfS in Berlin-Hohenschönhausen statt, ebenso die Diplomatenbesuche für bundesdeutsche oder ausländische Häftlinge des MfS, die in solchen Fällen aus allen Teilen der DDR per Häftlingstransporter hierher überführt wurden. In einem Seitenflügel des Gefängnishofes hatte die für Militärstrafsachen zuständige Abteilung IX/6 der Hauptabteilung IX des MfS ihren Sitz, die für sämtliche Ermittlungsverfahren mit politischer Bedeutung verantwortlich war und in den Gerichtsverhandlungen direkten Einfluss auf Verlauf und Urteilsfindung hatte[24] (beispielsweise 1980–1981 jenem gegen Werner Teske). Im weiteren Verlauf der Magdalenenstraße steht das Amtsgericht Lichtenberg, das nach 1945 als Standort des Sowjetischen Militärtribunals Nr. 48240 diente,[25] sowie die ehemalige Kirche der evangelischen Gemeinde am Roedeliusplatz, bis 1979 eines von zwei Gotteshäusern in unmittelbarer Nähe zur Zentrale des Ministeriums für Staatssicherheit.
Nördlich des MfS-Komplexes, durch die Normannenstraße getrennt, ist das Hans-Zoschke-Stadion des Fußballvereins SV Lichtenberg 47 zu finden, welches nach den Planungen des MfS eigentlich in den 1970er Jahren abgerissen werden sollte, was allerdings letztlich nicht geschah.[26] Auf Betreiben des MfS tatsächlich abgetragen wurden dort hingegen 1979 die Kirche der neuapostolischen Gemeinde sowie drei ebenfalls in der Normannenstraße stehende Wohnhäuser im Stil der Neuen Sachlichkeit (entworfen von Bruno Taut und 1928 fertiggestellt),[27] um Platz für das neue MfS-Dienstleistungs- und Versorgungsgebäude (Haus 18) zu schaffen.
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52.51444444444413.4875Koordinaten: 52° 30′ 52″ N, 13° 29′ 15″ O