Von 1911 bis 1914 erhielt Graf Hohenau die Kommandierung zum Militärreitinstitut in Hannover. Während des Ersten Weltkriegs wurde er als Ordonnanzoffizier im Stab der Kavallerie-Schützen-Division eingesetzt. In den Kriegsjahren legte er – wie auch sein jüngster Bruder Friedrich Franz, der 1918 als Jagdflieger in der Jagdstaffel 11 sein Leben verlor – die Pilotenprüfung ab. Nach Rückkehr aus dem Krieg wirkte Hohenau zusammen mit Felix Bürkner beim Wiederaufbau des hannoverschen Militärreitinstituts mit, um 1920 im Rang eines Rittmeisters aus der Vorläufigen Reichswehr und dem aktiven Militärdienst auszuscheiden.
Mit dem Sieg im Großen Armee-Jagdrennen 1911 auf „Castle Brilliant“ auf der damaligen Galopprennbahn Grunewald erzielte Wilhelm Graf von Hohenau seinen ersten herausragenden rennsportlichen Erfolg. Im Jahr 1912 wurde er nach Vorbereitung am Militärreitinstitut bei den Olympischen Spielen in Stockholm auf „Pretty Girl“ Bronzemedaillengewinner im Mannschafts-Springreiten. Neben Hohenau gehörten der deutschen Mannschaft Leutnant Ernst Deloch, Oberleutnant Sigismund Freyer und Leutnant Prinz Friedrich Karl von Preußen an. Im Stockholmer Einzelspringen belegte Hohenau den 6. Platz.
Nach den Olympischen Spielen 1912 wurde Graf Hohenau beauftragt, am Militärreitinstitut einen Springstall für die Sommer-Olympiade 1916 aufzubauen, die das Internationale Olympische Komitee nach Berlin vergeben hatte, welche aber kriegsbedingt nicht stattfand.
Nach 1918 galt Hohenau lange als der erfolgreichste deutsche Renn- und Turnierreiter, der zahllose Siege erringen konnte.[2] Auf dem Hannoveraner „Apoll“ gewann er 1926 das Deutsche Springderby in Klein Flottbek.[3] Im 1927 erstmals ausgetragenen Großen Preis von Aachen errang Hohenau den zweiten Platz.[4] Im Januar 1931 wurde er zusammen mit Carl-Friedrich Freiherr von Langen mit dem Goldenen Reiterabzeichen ausgezeichnet, das zu diesem Zeitpunkt erst an neun Reiter vergeben worden war.[5]
1933 wechselte Hohenau zum Polosport und trainierte die deutsche Polo-Mannschaft für die Olympischen Sommerspiele 1936 in Berlin. Nach dem Zweiten Weltkrieg arbeitete er als Reitlehrer und Betreuer des reitsportlichen Nachwuchses im Norddeutschen und Flottbeker Reiterverein in Hamburg.
Wilhelm Graf Hohenau starb im April 1957 in Hamburg. Mit einem festlichen Trauergottesdienst in der Nienstedtener Kirche nahm der Turniersport von ihm Abschied. Fritz Thiedemann und weitere Reiter hielten im roten Rock Ehrenwache am Sarg. Graf Hohenau wurde – wie später auch seine zweite Ehefrau Ellen – auf dem Kirchhof der St.-Johannis-Kirche zu Sterley bestattet.
Hohenaus zweite Ehefrau war seit 1932 die engagierte Turnierreiterin und Polospielerin Ellen („Ellenka“) Retemeyer-Ketschendorf (1899–1989),[6] die in erster Ehe mit dem Bildhauer Kurt Edzard verheiratet war. Ihr 30-tägiger Pilgerritt 1950 vom Kloster Ettal zum Vatikanpalast in Rom stieß auf große öffentliche Aufmerksamkeit.[7][8] Ellen Retemeyer-Ketschendorf war die Tochter von Max Retemeyer-Ketschendorf, Besitzer des gleichnamigen Gutes (heute Fürstenwalde/Spree), und dessen Ehefrau Agnes, geborene Weiss.[9]
Hohenaus Bruder Friedrich Karl Graf von Hohenau trat ebenfalls springsportlich hervor und starb 1929 an den Folgen eines schweren Reitunfalls.[10] 1921 gehörte er zur Siegermannschaft des Bob-Clubs Oberhof, die die Deutsche Meisterschaft im Fünferbob gewann.[11]
Wilhelm Graf von Hohenau. Rittmeister beim Leibkürassier-Regiment „Großer Kurfürst“ (Schles.) No. 1 (28. Porträt), in: Paul Friedeberger (Hrsg.): Sportliche Welt. Biographische Skizzen aus dem Gebiete des Sports. Adolf Ecksteins Verlag. Berlin 1916.
Archivalien
Nachlass Charlotte Gräfin von Hohenau (Schloss Albrechtsberg, Dresden)
↑Franz Miller, Peter von Le Fort, Hermann Harster: So kämpfte und siegte die Jugend der Welt: XI. Olympiade Berlin 1936. Knorr & Hirth, 1936 (google.com [abgerufen am 18. Februar 2022]).
↑Nachruf Friedrich Karl Graf von Hohenau. In: Reichsverband für Zucht und Prüfung deutschen Warmbluts (Hrsg.): Sankt Georg. Nr.30. Sankt Georg Verlag, Berlin 1929, S.1.
↑Harro Esmarch: Bahn frei! Ein Streifzug durch die Geschichte des deutschen Bobsports. BandI. Esmarch Verlag, Berchtesgaden 1992, S.40.