Das Geschlecht der Kleist wurde zuerst mit Klest de Densin und dessen Bruder Prissebur im Jahre 1289 urkundlich erwähnt, als beide im Lande Belgard die Besitzübertragung von 200 Hufen Landes an das Kloster Buckow durch Pribislaw II. bezeugten. Ersterer wird als Stammvater der Familie angesehen, mit dem auch die gesicherte durchgängige Stammreihe beginnt. Das Geschlecht ist eines Stammes und Wappens mit den von Woedtke. Ein ebenfalls identisches Wappen führten die heute sämtlich erloschenen hinterpommerschen Geschlechter Bulgrin, Butzke, Kranksporn und Wusseken. Es wurde angenommen, die Familie Kleist sei wendischen Ursprungs. Eine Verbindung zu dem Ritter Conradus Clest, urkundlich erwähnt 1248–1284, und seinem Bruder Bertholdus Clest († vor 1269) beruht lediglich auf Vermutungen. Conradus Clest, herzoglich pommerscher Marschall, der einmalig in einer Urkunde aus dem Jahr 1263 als Conradi militis dicti Cleist auftrat, war Lehnsnehmer in Brandenburg und Pommern. Für seine Familie wird eine deutsche Herkunft postuliert.
Im 14. Jahrhundert teilte sich die Familie in die drei Hauptlinien Tychow–Dubberow, Muttrin–Damen und Raddatz († 1793). 1477 erhielten die Kleist die Gesamthandbelehnung für ihre pommerschen Güter. Dieses Privileg bedeutete, dass ein Lehen beim Tod eines Lehnsmannes ohne Söhne nicht an den Lehnsherrn zurückfiel, sondern dass es an das am nächsten verwandte männliche Familienmitglied ging. Diese günstigen Rahmenbedingungen führten dazu, dass Anfang des 18. Jahrhunderts die Familie mit 190 männlichen Mitgliedern in einer Generation ihren Höchststand erreichte.
In den Kriegen von 1740 bis 1763 verlor die Familie 53 Männer.[1] Welche Bedeutung die Familie für die preußische Armee hatte, ergibt sich auch daraus, dass sie die Familie war, die mit 30 Verleihungen die höchste Zahl der mit dem Orden Pour le Mérite Ausgezeichneten stellte.[2]
Vom 2. Juli 1857 bis zur Revolution 1918 besaßen die Kleist das Präsentationsrecht zum Preußischen Herrenhaus, das neben ihnen lediglich 17 weiteren Familien zustand. Die gewaltigen Veränderungen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts brachten zudem für die Familie östlich der Elbe den Verlust der Heimat und von 30 Gütern.
1910–1918: Georg von Kleist (1852–1923), Fideikommissbesitzer und General der Kavallerie[4]
Standeserhöhungen
Der nachmalige preußische Generalfeldmarschall Friedrich von Kleist (1762–1823) wurde in Paris am 3. Juni 1814 mit dem Namenszusatzvon Nollendorf in Bezugnahme auf seinen Sieg bei Nollendorf in den preußischen Grafenstand gehoben. Dieser Zweig der Familie ist im Mannesstamm erloschen. Letzte Angehörige des Geschlechts war Marianne Gräfin Kleist von Nollendorf (1833–1898), Erbin der Güter Knauten und Wülperode, die den preußischen Kammerherrn und Gutsbesitzer Arthur von Wulffen, gen. Küchmeister von Sternberg heiratete und Kinder hatte.[5]
Der preußische Hofjägermeister und Major, Wilhelm von Kleist (1791–1860), Neffe des letzten Grafen vom Loß, wurde dem Prinzip der Primogenitur in Berlin am 21. März 1823 als Kleist vom Loß unbeschränkt in den preußischen Grafenstand gehoben. Sein Sohn, der Erbherr auf Groß-Autz und Sirmeln in Kurland, Graf Conrad von Kleist (1839–1900), immatrikulierte sich am 4. März bei der Kurländischen Ritterschaft. Erika Gräfin Kleist vom Loß (1878–1920) wurde unter Nr. 563 am 10. September 1921 posthum in das sächsische Adelsbuch eingetragen.
Die Kleist aus dem Hause Zützen wurden, geknüpft an den Besitz des FideikommissZützen mit (Wendisch) Gersdorf und ebenfalls dem Prinzip der Primogenitur folgend am 10. Oktober 1840 in Berlin, mit Diplom vom 1. Juni 1863 den preußischen Major a. D. Eduard von Kleist (1795–1852) in den preußischen Grafenstand gehoben. Seinem Bruder, dem preußischen Landrat des Kreises Schweinitz, Freiherr Gustav von Kleist (1801–1884) wurde die Fortführung des Freiherrntitels ad personam durch außerordentliche Kabinettsorder vom 13. September 1862 gestattet.
Nach dem Prinzip der Primogenitur und geknüpft an den Besitz von Wendisch-Tychow wurde der preußische Kammerherr und nachmalige Vice-Oberzeremonienmeister, Ewald von Kleist (1821–1892) durch außerordentliche Kabinettsorder in Berlin am 27. August 1869, mit Diplom vom 20. August 1873 in den preußischen Grafenstand gehoben.
Geknüpft am Fideikommiss Möthlow und Groß-Tychow mit Alt-Bukow erging für den preußischen Landrat und Rittmeister der Reserve a. D. Wolf Friedrich von Kleist-Retzow in Berlin am 16. Juni 1913 der preußische Grafenstand.
Der preußische Premierleutnant a. D. und Erbherr auf Tüppelsgrün in Böhmen, Heinrich Werner Eduard von Kleist aus dem Hause Redel (1797–1876) wurde in Berlin am 6. Mai 1831 in den preußischen Freiherrnstand gehoben.
Aus dem Hause Rath erhielt Freiherr Friedrich von Kleist (1770–1861) die preußische Anerkennung des Freiherrnstandes durch Ministerialreskript in Berlin am 14. September 1829. Den Brüdern Freiherr Werner von Kleist (1861–1917), preußischer Kadett, und Freiherr Ewald von Kleist (1840–1881), preußischer Geheimer Sekretär im Kriegsministerium wurde laut Heroldsamtreskript die Berechtigung zur Führung des Freiherrntitels in Berlin am 25. Juni 1877 zuerkannt. Der dritte Bruder, Freiherr Karl von Kleist (1865–1943), Oberst a. D., erhielt am 22. Juni 1929 in Berlin, durch Beschluss der Abteilung für adelsrechtliche Fragen die Genehmigung zur Aufnahme in den Gotha F (Freiherrlicher Adel), sein Freiherrntitel wurde nicht beanstandet.
Die Kleist aus dem Hause Susten immatrikulierten sich am 10. Mai 1841 bei der Kurländischen Ritterschaft. Die russische Anerkennung der Berechtigung zur Führung des Baronstitels durch Senatsukase erfolgte am 21. September 1853 und 3. April 1862. Am 30. August 1861 in Ostende erhielt der preußische Premierleutnant, Freiherr Carl Heinrich von Kleist aus dem Hause Elkesem (1801–1870) die preußische Erlaubnis zur Fortführung des Freiherrntitels durch außerordentliche Kabinettsorder.
Mit den von Bornstedt wurde in Berlin am 11. April 1803 eine preußische Namens- u. WappenvereinigungKleist v. Bornstedt für den preußischen Premierleutnant und Fideikommissherrn auf Hohennauen, Franz Otto von Kleist aus dem Hause Segenthin (1771–1825), vererblich auf seinen Bruder, den preußischen Stabskapitän Ludwig Karl von Kleist (1772–1854) genehmigt. Aus dieser Linie nannte sich der preußische General der Infanterie, Jakob Friedrich von Rüchel-Kleist (1778–1848) nach seinem Schwieger- und Adoptivvater, General Ernst von Rüchel (1754–1823), dessen Geschlecht ausging, seit dem 2. Januar 1810 v. Rüchel, sonst v. Kleist bzw. auch v. Rüchel-Kleist.
Am 13. Februar 1839 wurde in Berlin die Namens- und Wappenvereinigung mit den erloschenen v. Retzow als Kleist-Retzow für den Erbherrn auf Kieckow und Möthlow, Johann Georg von Kleist aus dem Hause Groß-Tychow (1771–1844), veranlasst. Am 5. Oktober 1840 wurde ihm die erbliche Würde eines Erbküchenmeisters von Hinterpommern zuteil.
Mit den von Ditfurth wurde in Berlin am 24. April 1887 eine preußische Namens- u. Wappenvereinigung v. Kleist-Ditfurth für den nachmaligen königlich preußischen Leutnant im 4. Garde-Regiment zu Fuß, Sigismund von Kleist aus dem Hause Zadtkow (1848–1911), Neffen und seit August 1886 Adoptivsohn des preußischen Generalleutnants Barthold von Ditfurth aus dem Hause Dankersen (1826–1902). Die Namens- und Wappenvereinigung wurde für denselben am 21. Oktober 1901 annulliert.
Die Kleist aus dem Hause Krummensee erhielten von der Abteilung für adelsrechtliche Fragen am 20. Juli 1935 die Genehmigung der Übernahme ihrer Stammreihe aus dem Gotha B (Briefadel) in die Reihe A (Uradel).
Briefadlige Familien
Der preußische Oberstleutnant und Festungsbaudirektor in Königsberg und nachmalige Generalleutnant Franz Wilhelm Kleist (1806–1882), natürlicher Sohn des preußischen Ingenieur-Oberstleutnant Wilhelm Franz von Kleist aus dem Hause Krummensee (1765–1817) erhielt am 8. Oktober 1860 unter Beilegung eines leicht modifizierten väterlichen Wappens, die preußische Adelslegitimation.
Agnes Charlotte Auguste Ganske (1836–1868), natürliche und adoptierte Tochter des preußischen Kammerherrn Xaver von Kleist aus dem Hause Zützen (1798–1866), wurde in Berlin am 30. März 1863 unter Beilegung des väterlichen Namens und Wappens in den preußischen Adelsstand gehoben.
Am 1. Oktober 1955 wurde der Familienverband restituiert, seit 1957 besteht die Rechtsform eines eingetragenen Vereins. 1980 veröffentlichte er die Fortführung der Familiengeschichte. Alle zwei Jahre werden Familientage abgehalten.
Der Familienverband hatte vor dem Zweiten Weltkrieg Unterlagen aus den damaligen Gutsarchiven der Familie gesammelt sowie eine große Fotosammlung aufgebaut und die Unterlagen im Provinzialarchiv Stettin deponiert. Diese Unterlagen sind heute nicht mehr vorhanden.
Das vom Familienverband nach 1945 neu aufgebaute Familienarchiv befindet sich im Archiv der Stadt Hamm.[6]
Wappen
Das Stammwappen zeigt in Silber einen von zwei flüchtigen roten Füchsen begleiteten roten Balken. Auf dem Helm mit rot-silbernen Decken drei fächerförmig auf drei (silber-rot-silber) Rosen gestürzte eiserne Knebelspieße mit goldenen Schäften.
Daneben gibt es in der Familie eine Reihe weiterer Wappen, die in der unter Weblinks aufgeführten allgemeinen Geschichte der Familie abgebildet sind.
Wappen derer von Kleist im Wappenbuch des westfälischen Adels
Wappen des erloschenes Zweigs der Grafen Kleist von Nollendorf
Bekannte Familienmitglieder
Georg Kleist (um 1435–1508), Vogt von Rügenwalde und Kanzler des pommerschen Herzogs Bogislaw X.
Jakob von Kleist († 1547), pommerscher Gutsbesitzer und bischöflicher Rat
Ernst Heinrich Kneschke: Deutsche Grafen-Häuser der Gegenwart in heraldischer, historischer und genealogischer Beziehung. Band 1, T.O. Weigel, Leipzig 1852, S. 446–448. (Digitalisat)
Teil II: Ergänzung des Urkundenbuches und allgemeine Geschichte. Hrsg. Gustav Kratz, Johann Ludwig Quandt und Wilhelm Stettin. Heinrich Schindler, Berlin 1873. (Digitalisat)
Teil III: Abschnitt I. Ergänzung des Urkundenbuches und Biographien. Villnow-Raddatzer Linie. G. H. Kypke. Heinrich Schindler, Berlin 1878.
Geschichte des Geschlechts von Kleist. Fortführung 1880-1980, Hrsg. Vorstand des Familienverbandes derer v. Kleist, Ulf Pedersen, Braunschweig 1982. KIT. KVK. Erfasst: Kooperativer Bibliotheksverbund Berlin Brandenburg. Keine Erfassung in: DNB
Gothaisches genealogisches Taschenbuch der (deutschen) gräflichen Häuser auf das Jahr 1835, 8. Jahrgang, Gotha 1834. Digitalisat(Erstaufnahme, Druck im Vorjahr). Fortsetzung bis: Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der Gräflichen Häuser. Teil A (Uradel), 1942. Zugleich Adelsmatrikel der Deutschen Adelsgenossenschaft (DAG). 115. Jahrgang, Gotha 1941, 287–291. (Kleist/Kleist vom Loß, Kleist-Retzow) (Digitalisat)
Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der Freiherrlichen Häuser. 1902. (Digitalisat) (Ergänzungen d. Stammreihe), 1904–1942. 1942, Gotha 1941, S. 228–237. Letztausgabe(n) zugleich Adelsmatrikel der DAG.
Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der Adeligen Häuser. Der in Deutschland eingeborene Adel (Uradel): Gotha 1901, Digitalisat, f. 1902–1904, 1906 (Digitalisat), ff.
Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der Uradeligen Häuser, 1908–1910, 1912 (Digitalisat), 1914–1934 u. 1938 (Stammreihe u. ältere Genealogie), als Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der Adeligen Häuser. Teil A (Uradel) 1942. 41. Jahrgang. Gotha 1941, S. 244–263. (DAG)
Gothaisches Genealogisches Taschenbuch. Alter Adel und Briefadel. 1925: (Stammreihe u. ältere Genealogie Kleist–Krummensee.)
Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der Adeligen Häuser. Teil B (Briefadel). 1930–1935 (Stammreihe u. Fortsetzungen); (Redaktion und Druck jeweils im Vorjahr). Letztausgaben zugleich Adelsmatrikel der DAG.
GHdA, Gräfliche Häuser A (Uradel) III, Band 18 der Gesamtreihe, S. 225–232, Glücksburg/Ostsee 1958, ff.
GHdA, Freiherrliche Häuser A III, Band 21 der Gesamtreihe, S. 217–233, 1959;
GHdA, Adelige Häuser A IV, Band 22 der Gesamtreihe, S. 389–427, 1960; Gräfliche Häuser A VII, Band 56 der Gesamtreihe, S. 234–243, 1973; Adelige Häuser A 13, Band 60 der Gesamtreihe, S. 269–335, 1975; Adelige Häuser A XXV, Band 117 der Gesamtreihe, S. 214–292, 1998.
Genealogisches Handbuch des Adels (GHdA), Adelslexikon. Band VI, Band 91 der Gesamtreihe, S. 270–274; 1987; Band XII, Band 125 der Gesamtreihe, S. 92. (Rüchel-Kleist), 2001, ISSN0435-2408
Herbert M. Schleicher (Hrsg.): Kleist aus Pommern. In: Ernst von Oidtman und seine genealogisch-heraldische Sammlung in der Universitätsbibliothek zu Köln. Band 3, Köln 1992, S. 660–665.