Die Torstraße in den Berliner Ortsteilen Mitte und Prenzlauer Berg ist eine rund zwei Kilometer lange Hauptverkehrsstraße, die die Mollstraße im Osten mit der Hannoverschen Straße im Westen verbindet. Sie hat sich aus einem Weg vor der ehemaligen Berliner Akzisemauer entwickelt. Die Straße verläuft in Ost-West-Richtung zwischen Prenzlauer Tor (Karl-Liebknecht-Straße/Prenzlauer Allee) und Oranienburger Tor (Chausseestraße/Friedrichstraße). An ihr liegen zahlreiche Baudenkmäler.
Die Torstraße verläuft in Ost-West-Richtung zwischen der Prenzlauer Allee/Karl-Liebknecht-Straße und dem Oranienburger Tor (Friedrichstraße/Chausseestraße) und führt über die Kreuzung mit der Schönhauser Allee/Alten Schönhauser Straße (Schönhauser Tor) und den Rosenthaler Platz.[2] Die Orientierungsnummerierung der Bauten an der Straße beginnt am Prenzlauer Tor und zählt zu beiden Seiten aufwärts nach Westen zur Hausnummer 231. Auf der nördlichen Seite befinden sich alle ungeraden, auf der südlichen Straßenseite alle Grundstücke mit geraden Nummern. Die Geokoordinate bezieht sich auf die Kreuzung Torstraße Ecke Rosenthaler Straße. Der im Verlauf etwas nach Norden gebogene Straßenverlauf befindet sich mit dem vollständigen Straßenland, der gesamten Südbebauung und dem westlichen Teil der Nordbebauung im Berliner Ortsteil Mitte des gleichnamigen Bezirks. Die Nordbebauung (östlich der Gormannstraße) mit den Hausnummern 1–89 (ungerade) gehört zum Ortsteil Prenzlauer Berg, Bezirk Pankow. In Mitte befinden sich damit die Grundstücke 6–234 (gerade) und 93–231 (ungerade). Die Bauwerke an der Torstraße überstanden den Lauf der Jahrzehnte, und auch am Ende des Zweiten Weltkriegs waren kaum Schäden zu verzeichnen. Durch die Zusammenführung der Elsässer und der Lothringer Straße im Jahre 1951 war eine Umnummerierung der Parzellen erforderlich. So können in historischen Dokumenten andere Hausnummern angegeben sein, als sie aktuell zugeordnet sind.
Die Straße besitzt im Berliner Straßenverzeichnis die Nummer 16988 und ist im Berliner Straßennetz als übergeordnete Straßenverbindung (Kategorie II, vergleichbar einer Landesstraße) eingegliedert. Sie besitzt die Okstra-Klasse G und ist im Regionalen System (RBS) als „STRA“ aufgeführt. Diese Daten stehen für Ausbaugrad und Bau- und Sanierungszuständigkeiten. Die Torstraße besitzt zwei unterschiedliche Ausgestaltungen, was wohl in den unterschiedlichen Straßennamen zwischen 1873 und 1951 liegen mag. Östlich vom Rosenthaler Platz besitzt sie eine Breite von 40 Metern zwischen der Bebauung, durch die Straßenbahngleise auf eigenem Gleiskörper führen, und zwei getrennte Fahrbahnen mit je drei Fahrstreifen, deren äußerer außerhalb der Kreuzungsbereiche als Parkstreifen dient. Der etwa 30 Meter breite westliche Abschnitt ohne Straßenbahnverkehr hat ebenfalls drei Fahrstreifen, wovon einer in jeder Richtung als Parkstreifen ausgewiesen ist.
Im Jahr 1873 erhielt der Abschnitt östlich vom Rosenthaler Platz den Namen Lothringer Straße, und der Bereich westlich wurde als Elsässer Straße benannt.[3][4] Beide Umbenennungen erfolgten im Hinblick auf die nach 1871 erfolgte Angliederung von Elsass und Lothringen an das Deutsche Reich.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, der Schaffung von Besatzungszonen und den politischen Neuorientierungen wurden die beiden Straßen am 3. Januar 1951 nach Wilhelm Pieck, dem ersten Präsidenten der am 7. Oktober 1949 gegründeten DDR, benannt.
Im Ergebnis des Mauerfalls und der Neustrukturierung Berlins ab 1990 erfolgte am 25. Juli 1994 auf ganzer Länge der Wilhelm-Pieck-Straße die Umbenennung in Torstraße. Damit wurde Bezug auf den älteren, ursprünglichen Straßennamen in Zusammensetzung mit „Thor“ und andererseits der noch genutzten Platzbezeichnungen der ehemaligen Stadttore genommen.[5][6]
Der Verkehrsweg entstand um 1735 mit der Berliner Zollmauer und verlief außerhalb an der Mauer entlang. Diese die Stadttore verbindenden „Communicationen“ waren zugleich die nördliche Grenze der Bebauung Berlins. Diese Zollmauer bildete um 1800 vom Oranienburgerthor nach Osten verlaufend die Grenze um die Spandauer Vorstadt und am Hamburgerthor zur Siedlung Neu-Voigtland, die außerhalb der Zollmauer lag.[7] Der Communicationsweg erschloss in der Trasse der heutigen Torstraße noch das Rosenthalerthor, das Schönhauserthor und das Prenzlauerthor. Ergänzt wurde der Weg innerstädtisch durch die südlich parallel verlaufende Linienstraße.[8] Als Name für diese Verbindungen wurde zwischen 1826 und 1872 auch Straße vor den Thoren genutzt.
Auf der Karte von 1760 ist an der Berliner Akzisemauer zwar kein Verkehrsweg eingetragen.[9] Auf dem Kartenwerk von 1789 ist die Verbindung (Communication) jedoch ein durchgehender Weg von der Spree her vom Oranienburger Tor ostwärts zum Schönhauser und Prenzlauer Tor und um den Begräbnisplatz der Marienkloster und Nikolai-Gemeinde zum Bernauer Tor oder Königstor. Der Straßenzug zwischen dem Oranienburger und dem Rosenthaler Tor ist auf einer Karte von 1786 als Trasse ohne Bezeichnung eingetragen. Auf der Karte Berlins von 1801, gezeichnet von J. C. Selter, ist die Thorstraße eingezeichnet. Sie verläuft zwischen Hamburger Tor und der die Trasse kreuzenden Ackerstraße.[10] Auf J. C. Selters Karte von 1804 ist die Thorstraße zwischen Oranienburger Tor und Rosenthaler Tor namentlich ausgewiesen. In Verlängerung der Thorstraße führte im 18. Jahrhundert eine Kommunikation zwischen den Toren „längs der äußeren Seite der Stadtmauer zwischen Rosenthaler und Schönhauser Thor“ entlang, deren Name um 1790 mit Schönhauser Communication angegeben ist.[11] Am 11. Juni 1832 erhielt der Straßenlauf vom Rosenthaler Tor nach Westen den Namen Wollankstraße.[12] Die Familie Wollank waren Grundbesitzer im Norden Berlins, für die Namensvergabe waren wohl die Weinberge vor dem Rosenthaler Tor entscheidend.[12]
Mit dem Wegfall der städtischen Akzise 1860 wurde die Zollmauer sinnlos und behinderte nur noch den Verkehr. Sie wurde zwischen 1867 und 1870 mit den Toren abgerissen, wodurch die Communicationen reguläre Stadtstraßen wurden. Die Angliederung von Elsass-Lothringen nach 1871 gab Anlass, die bereits umfangreich bebauten Straßenzüge zu benennen.[13] Die Thorstraße[14] wurde unter Einschluss der Hamburger Communication[15] und der Oranienburger Communication[16] als Elsasser Straße in das Berliner Straßenregister eingetragen. Die anschließende Wollankstraße[17] und die Communication am Schönhauser Thor[18] erhielt den Namen Lothringer Straße. Für die Elsasser Straße (‚ss‘ ist hierbei langes s und rundes s) war auch die Schreibung Elsaßer Straße üblich[19] und ab 1926 wurde die Schreibweise mit a-Umlaut als Elsäßer Straße offiziell aufgenommen.[20]
Die Straße C, Abt. XII des Bebauungsplans als östliche Fortsetzung der Lothringer Straße erhielt am 24. April 1890 den Namen Jostystraße, benannt nach den Gebrüdern Johann Josty (1773–1826) und Daniel Josty (1777–1845), die aus der Schweiz kommend in Berlin als Konditoren (Café Josty) und Brauereibesitzer tätig waren.[21] Die Straße lag zwischen Prenzlauer Straße und Neuer Königstraße (seit 1995: Otto-Braun-Straße). Der Name Jostystraße wurde 1969 gelöscht, als ihre Trasse in die breitere Mollstraße bei deren Verlängerung aufgenommen wurde. Die westliche Fortsetzung der Elsasser Straße wurde 1891 als Hannoversche Straße benannt. Mit der Einrichtung der Akzisemauer um 1735 trug diese Verbindung zur außerhalb der Stadt liegenden Charité die Bezeichnung Charitéstraße. Mit dem Neuen Tor, das 1836 als zusätzlicher Durchlass durch die Akzisemauer geschaffen wurde, entstand die Bezeichnung Communikation am Neuen Thor.[22]
Die meisten Mietshäuser in der Torstraße entstanden am Ende des 19. Jahrhunderts.[23][24] Ihre Bauweise und Ausstattung orientierten sich an den Vorstellungen und Bedürfnissen der oberen Gesellschaftsschicht der Reichshauptstadt, nicht an der Architektur der kleinbürgerlichen alten Vorstadt. Namhafte Architekten hinterließen ihre gebauten Spuren in dieser Straße, in der es mehr als 50 denkmalgeschützte Gebäude gibt.[25] In der Denkmalliste sind insgesamt 70 Objekte mit Bezug zur Torstraße aufgeführt.[26]
„In der Torstraße ist die wechselvolle Geschichte der Stadt mit ihren vielen Brüchen besonders gut zu sehen. Zwischen der Friedrichstraße im Westen und der Prenzlauer Allee im Osten stehen unsanierte Altbauten, […] neben Neubauten mit Restaurants und Prachtbauten aus den 1920ern.“
Die meisten bestehenden Häuser der Torstraße wurden zwischen der deutschen Reichsgründung 1870 und dem Jahr 1900 errichtet.[28] Mehrere Gebäude wurden bei den alliierten Luftangriffen und Kampfhandlungen im Zweiten Weltkrieg zerstört.[29]
– ungerade Hausnummern –
Keine Sehenswürdigkeit, aber ein sehr bekannter und früh bebauter Platz ist der Rosenthaler Platz, auf den der Weinbergsweg, die Brunnenstraße und die Rosenthaler Straße münden.
Unter den angegebenen Hausnummern befinden sich mehr als 50 denkmalgeschützte Mietshäuser oder komplette Wohnanlagen, die im Wesentlichen aus dem 19. Jahrhundert stammen.
Das erste Grundstück auf der Südseite der Torstraße an der Ecke Friedrichstraße ist unbebaut. Das letzte Gebäude an der Friedrichstraße, die dort endet, trägt als Wandgemälde eine vereinfachte Ansicht des früheren Oranienburger Tors als Erinnerung an das abgetragene Bauwerk. Die lang andauernde Rekonstruktion dieses Hauses mit den davor aufgestellten Baugerüsten führte zu Graffiti-Schmierereien auf diesem Symbolbild.
Die Bebauung der Torstraße beginnt nach dieser kleinen Brache und umfasst im Detail:
Das von Roger Bundschuh und Philipp Baumhauer in Zusammenarbeit mit der Künstlerin Cosima von Bonin bis Juli 2008 entworfene und im Januar 2010 fertiggestellte Wohn- und Geschäftshaus Black-Maze-Building (schwarzes Labyrinth) wird an seiner Nordseite von der Torstraße begrenzt. Es ist jedoch mit seinem Standort der Ecke Rosa-Luxemburg-Straße / Linienstraße zugeordnet. Unter der Hausnummer residiert 2024 ein Hotelunternehmen. Wegen seiner Bauweise und Farbgebung hat es teilweise Kritik hervorgerufen.
Im Auftrag des Berliner Senats wurden in der Torstraße bereits mehrfache Verkehrszählungen durchgeführt. Die letzten Angaben aus dem Jahr 2023 zeigen für einen 24-Stunden-Zeitraum Verkehrsstärken zwischen 20.000 und 40.000 Fahrzeugen.
Für den fließenden Verkehr stehen in der Torstraße beiderseits je zwei Kraftfahrzeugspuren zur Verfügung, die jedoch wegen zu geringer Normbreiten nicht durch eine aufgemalte Linie getrennt sind. Jeweils ein Fahrstreifen beiderseits gehört dem ruhenden Verkehr. Mittig liegen im östlichen Straßenabschnitt zwischen Prenzlauer Tor und Rosenthaler Platz Straßenbahnschienen auf einem gesonderten Gleiskörper. Extrafahrradstreifen oder abgetrennte Spuren gibt es auf der gesamten Straßenlänge nicht. Die Gehwege haben eine durchschnittliche Breite von 4,50 Meter.[62]
Zwischen Prenzlauer Tor und Friedrichstraße verkehren die Omnibusse der Linie 142.[63] Auf einem eigenen Gleisbett fährt die Straßenbahn M8 vom Prenzlauer Tor bis zum Rosenthaler Platz. Die Kreuzung mit der Schönhauser Allee/Karl-Liebknecht-Straße bildet am U-Bahnhof Rosa-Luxemburg-Platz eine Umsteigemöglichkeit in die Linie U2 der Berliner U-Bahn, am Rosenthaler Platz kann in die Linie U8 und die dort die Torstraße querende Straßenbahnlinie M1 umgestiegen werden. Die S-Bahn-Linien S1, S2, S25 und S26 kreuzen als Tunnelbahn die Torstraße in Höhe der Tucholskystraße ohne Umsteigemöglichkeit. Die nächstgelegenen S-Bahnhöfe sind Nordbahnhof und Oranienburger Straße. Die verkehrsreiche Torstraße selbst ist in ihrem östlichen Teil in zwei getrennte Richtungsfahrbahnen aufgeteilt, in deren Mitte fahren die Straßenbahnzüge. Der westliche Bereich weist keinen Mittelstreifen auf und wird im öffentlichen Nahverkehr von der genannten Buslinie bedient.
Im Rahmen eines bundesweiten Pilotversuches des Bundesverkehrsministeriums, wurde im April 2019 in neun Städten – darunter an fünf Kreuzungen in Berlin – die Regelung Rechts abbiegen für Radfahrer frei eingeführt. Zwei dieser Kreuzungen wurden in der Torstraße für die Regel eingerichtet und zwar vor der Schönhauser Allee und vor der Rosa-Luxemburg-Straße.[64]
Umbaupläne Unter dem rot-grünen Senat des Jahres 2022 wurden stark polarisierende Straßen-Umbaumaßnahmen zugunsten des Fahrradverkehrs beschlossen – es sollten 2,30 m breite abgepollerte Radfahrstreifen von der Fahrbahn abgetrennt werden. In beide Richtungen sollte es dagegen nur eine Autofahrspur geben, auf der nördlichen Seite der Straße sollten alle Parkmöglichkeiten bis auf feste Lade- und Lieferzonen abgeschafft werden. Die Gehwege sollten verbreitert werden. Der durch die Nachwahlen neu gebildete Senat unter CDU-Führung hat nunmehr die Pläne überprüft und die Maßnahmen „entschärft“: Zwei Fahrspuren je Richtung sollen erhalten bleiben, der Radstreifen auf der südlichen Seite wird über den etwa sechs Meter breiten Gehweg geführt, und die Fahrradstreifen werden nur noch zwei Meter breit sein. Mehr Parkmöglichkeiten auf der südlichen Straßenseite sollen erhalten bleiben.
Der gesamte neu herzustellende Fahrbahnbelag soll geräuscharm sein (Flüsterasphalt). Die nun bekannt gewordene Kompromisslösung findet nicht nur Zuspruch, sondern wird auch weiterhin kritisiert, besonders die Radwegeführung über den Bürgersteig. Ein konkreter Zeitplan wurde noch nicht beschlossen, ein Beginn der Umbauarbeiten auf dem westlichen Abschnitt der Torstraße ist für das Jahr 2026 anvisiert. Die Dauer der Maßnahmen wird mit rund zwei Jahren angegeben. Erst danach folgt der östliche Straßenabschnitt.[62]
In der Straße wohnten unter anderem August Borsig, Johann Friedrich Ludwig Wöhlert, der Bildhauer Ludwig Engelhardt und von 1903 bis 1905 der spätere Bundespräsident Theodor Heuss. In den 1960er Jahren hatte Friedrich Karl Kaul Wohnung und Rechtsanwaltspraxis in dieser Straße.
52.5313.401666666667Koordinaten: 52° 31′ 48″ N, 13° 24′ 6″ O