Die Gemeinde Schönhausen (Elbe) liegt 70 km nördlich von Magdeburg, auf der östlichen Seite der Elbe, auf halbem Wege zwischen Stendal und Rathenow. Trotz seiner ostelbischen Lage zählt Schönhausen (ohne Ortsteile), wie auch das nahe Fischbeck, historisch zur Altmark, während die übrigen Gebiete zwischen Elbe und Havel überwiegend zum Jerichowschen Kreis des Erzstifts und späteren Herzogtums Magdeburg gehörten.
Schönhausen wurde am Anfang des 13. Jahrhunderts vom Bischof von Havelberg gegründet. Ältestes Gebäude des Ortes ist die 1212 geweihte romanische Backsteinkirche. Nach der Reformation kam Schönhausen an das Kurfürstentum Brandenburg. Durch den so genannten Permutationsvertrag (einen Gebietstausch) wurde der Ort 1562 Eigentum der Bismarcks. Während des Dreißigjährigen Krieges wurde das Dorf 1642 durch die Schweden schwer zerstört. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts bauten die Bismarcks zwei Schlösser: Um 1700 wurde das Schloss I vollendet und ab 1729 entstand unter August II. von Bismarck (15. Mai 1666–18. Juni 1732) das Schloss II. Am 1. April 1815 wurde im Schloss Schönhausen IOtto von Bismarck geboren; seine Familie zog allerdings im folgenden Jahr nach Pommern.
1830 ersteigerte der Magdeburger Kaufmann und spätere Stadtrat Magdeburgs Ernst August Gaertner das überschuldete, bis dahin einem anderen Zweig der Familie Bismarck gehörende Schloss Schönhausen II. Der Neubürger Gaertner erwies sich in der Folgezeit als engagierter Förderer Schönhausens, durch Sanierung des Kirchturms mit der Grablege der Bismarcks, sowie Erweiterung des Friedhofs auf eigenem Gelände. Nach dem Tode Ernst August Gaertners im Jahr 1862 übernahm sein Sohn August Emil Gaertner das Gut Schönhausen II. Schließlich wurde es 1885 „von der deutschen Nation“ abgekauft und Bismarck zu seinem 70. Geburtstag geschenkt. Das darin dann eingerichtete Bismarck-Museum existierte an diesem Ort bis zum Jahr 1948. Danach wurde das Hauptgebäude in eine Grundschule verwandelt.
Nach dem Tod seines Vaters 1845 übernahm Otto von Bismarck das Gut Schönhausen I, zog nach Schönhausen und wurde bald Deichhauptmann der Mittelelbe in Jerichow. Als er 1847 in den Vereinigten Landtag einzog, später 1849 in den Preußischen Landtag, 1851 nach Frankfurt bzw. 1859 nach Petersburg als Gesandter, übernahm sein Nachbar Ernst August Gaertner von ihm zunächst das Amt des Deichhauptmanns, später auch die Verwaltung des Bismarckschen Gutes. Dies geschah vermutlich vom heute noch so bezeichneten Gaertner-Haus aus, das mit seiner ansprechenden Architektur und Ausstattung noch seine ehemalige Zweckbestimmung als Wohnung einer Dame der Bismarckfamilie widerspiegelt.
Am 16. Oktober 1917 ereignete sich ein schwerer Eisenbahnunfall: Ein Sonderzug mit Kindern und ein Güterzug stießen zusammen. 26 Menschen starben, 16 weitere wurden verletzt.[3]
Rittergut und Schloss Schönhausen I wurden 1945 entschädigungslos enteignet. Am 2. August 1958 wurde das Schloss I auf Betreiben der DDR-Führung, die es als Symbol des preußischenMilitarismus ansah, gesprengt. Dank des Mutes einer einzelnen Person, die sich weigerte, das Haus zu verlassen, blieb ein Seitenflügel, genannt Torhaus, erhalten. Einrichtungsgegenstände des Schlosses wurden Bestand des jetzigen Schönhausener Bismarck-Museums.[4]
Eingemeindungen
Schönhausen gehörte bis 1807 zum Tangermündeschen Kreis in der Altmark, dann bis 1813 zur Kurmark. Danach kam die Gemeinde zum Kreis Jerichow II, dem späteren Landkreis Jerichow II.[5] Am 1. Oktober 1910 wurden die Gutsbezirke Schönhausen I und II zum Gutsbezirk Schönhausen vereinigt.[6] Am 30. September 1928 wurde der Hauptteil des Gutsbezirks Schönhausen mit der Landgemeinde Schönhausen vereinigt. Eine Exklave in Größe von 13 Hektar kam zur Landgemeinde Fischbeck.[7]
Am 1. Juli 1950 wurde Schönhausen in den Landkreis Genthin eingegliedert. Mit der DDR-Gebietsreform am 25. Juli 1952 kam Schönhausen zum Kreis Havelberg im Bezirk Magdeburg. Am 1. Juli 1994 kam die Gemeinde zum heutigen Landkreis Stendal.[8]
Am 1. Januar 2010 wurde Hohengöhren eingemeindet.[9]
Blasonierung: „In Blau ein von drei silbernen Eichenblättern bewinkeltes goldenes Kleeblatt.“[16]
Die Farben der Gemeinde sind – abgeleitet von Hauptmotiv und Schildfarben – Weiß-Blau.
Flagge
Die Flagge ist weiß-blau (1:1) gestreift (Längsform: Streifen senkrecht verlaufend, Querform: Streifen waagerecht verlaufend) und mittig mit dem Gemeindewappen belegt.
Das 1998 eingerichtete Bismarck-Museum ist im erhalten gebliebenen Seitenflügel, dem sogenannten Torhaus von Schloss I, untergebracht.
Schloss II
Einen Eindruck der ehemaligen Pracht der beiden Rittergüter Schönhausens gibt das auch als Ensemble erhaltene Schloss II wieder. Im Gebäude wurde bereits zu Lebzeiten Bismarcks (1891) ein Museum eingerichtet.[17] 1927 wurde ein Teil der Sammlung nach Aumühle in die Villa Alter Forsthof transferiert und bildete den Grundstock des Bismarck-Museums Friedrichsruh.[18] Im Jahr 1948 wurde das Bismarck-Museum aufgelöst und der Großteil der Objekte im Folgejahr in das neu gegründete Feudalmuseum im Schloss Wernigerode gebracht. Anschließend wurde das Gebäude von 1950 bis 2005 als Schule genutzt. Zuletzt war die Sekundarschule „Otto von Bismarck“ untergebracht. Seit 2012 wird das Schloss II als multifunktionales Bürgerzentrum der Verbandsgemeinde Elbe-Havel-Land genutzt.[19][20]
Dorfkirche
Die romanische Dorfkirche St. Marien und Willebrord wurde im Jahr 1212 erbaut. Sie war im Jahr 1815 Taufkirche Otto von Bismarcks.
Parks
Der barocke Park war früher Teil des Rittergutes Schönhausen I. Die darin noch erhaltene Sandsteinstatue des Herkules soll der Überlieferung nach die Verschandelung seines Hinterteils einem in Wut abgegebenen Schrotschuss von Bismarcks nach einer erfolglosen Jagd zu verdanken haben.
Auch Schönhausen II verfügte ehemals über einen eigenen Park; Zeuge dessen ist die an das Anwesen hinten angrenzende Straße „Am Park“; hier wird die ehemalige Größe auch dieses Rittergutes erkennbar, das ebenso wie Schönhausen I über etwa 560 ha verfügte.[21]
Religionen
Die evangelische Kirche in Schönhausen ist Sitz des Pfarrbereiches Schönhausen, zu dem außer Schönhausen mit der romanischen Kirche St. Marien und Willebrord auch die Gemeinden Ferchels, Hohengöhren, Lübars-Neuermark, Molkenberg und Schollene gehören. Der Pfarrbereich Schönhausen gehört zum Kirchenkreis Stendal im Propstsprengel Stendal-Magdeburg der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland.[22]
Nachdem sich im Zuge der Saar-Offensive ab 1939 katholische Evakuierte aus dem Saargebiet und aus dem Raum Trier, nach dem Zweiten WeltkriegFlüchtlinge und Heimatvertriebene Deutsche aus Mittel- und Osteuropa, in Schönhausen niedergelassen hatten, wurde seitens der katholischen PfarreiTangermünde in Schönhausen eine Gottesdienststation eingerichtet. Von 1955 bis 1958 wurde mit Hilfe des Bonifatiuswerkes eine katholische Kirche in Schönhausen erbaut. Sie entstand nach Plänen des Architekten Johannes Reuter[23] und wurde nach dem ErzengelMichael benannt. 1956 erfolgte die Grundsteinlegung, und am 26. September 1959 folgte ihre Weihe.[24] Zur Gründung einer eigenen katholischen Kirchengemeinde kam es in Schönhausen nicht,[25] 1976 kam Schönhausen wieder zur Kirchengemeinde Tangermünde zurück. Aufgrund zurückgehender Besucherzahlen fand um 1994 die letzte Heilige Messe statt, am 1. Juli 2004 erfolgte ihre Profanierung, und um 2007 wurde die an der Trübenstraße gelegene Kirche verkauft. Die nächstliegende katholische Kirche ist heute die Dreifaltigkeitskirche im rund 7 Kilometer entfernten Tangermünde.
Die Volkszählung in der Europäischen Union 2011 zeigte, dass von den 2.317 Einwohnern der Gemeinde „Schönhausen (Elbe)“ rund 21 % der evangelischen und knapp 3 % der katholischen Kirche angehörten.[26]
Georg Schmidt: Geschichte des Fürsten Bismarck in Einzeldarstellungen (= Das Geschlecht von Bismarck. 1. Band). 1908, S.353–369, Schönhausen (Digitalisat).
Konrad Breitenborn: Otto von Bismarck. Kanzler aus der Altmark. (= Begleitband zum Bismarck-Museum in Schönhausen). Stekovics, Halle (Saale) 1998, ISBN 3-932863-01-1.
Brigitte Neumann: Die Bismarcks in der Dorfkirche zu Schönhausen. Gemeindekirchenrat der Evangelischen Kirchengemeinde Schönhausen/Elbe, Schönhausen/Elbe 1998.
Bernhard Bleis: Familienbuch Schönhausen-Elbe (Landkreis Stendal) 1650 bis 1900 mit Schönhauser Damm. (= Mitteldeutsche Ortsfamilienbücher der AMF). 2 Bände. AMF, Kleve 2005.[28]
Peter P. Rohrlach: Historisches Ortslexikon für die Altmark (= Historisches Ortslexikon für Brandenburg. Teil XII). Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin 2018, ISBN 978-3-8305-2235-5, S.2001–2007, doi:10.35998/9783830522355 (E-Book zur zweibändigen Druckausgabe).
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Peter P. Rohrlach: Historisches Ortslexikon für die Altmark (= Historisches Ortslexikon für Brandenburg. Teil XII). Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin 2018, ISBN 978-3-8305-2235-5, S.2001–2007, doi:10.35998/9783830522355 (E-Book zur zweibändigen Druckausgabe).
↑
Regierungsbezirk Magdeburg (Hrsg.): Amtsblatt der Regierung zu Magdeburg. 1910, ZDB-ID 3766-7, S.354.
↑
Regierungsbezirk Magdeburg (Hrsg.): Amtsblatt der Regierung zu Magdeburg. 1928, ZDB-ID 3766-7, S.224.
↑ abcdefg
Ingo Freihorst: Klietz und Kamern legen 2021 zu. In: Havelberger Volksstimme, Elb-Havel-Echo. 19. Februar 2022, DNB1047268663, S.18.
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Yulian Ide: Hurra! Wir wachsen wieder! In: Stendaler Volksstimme, Biese-Aland-Kurier. 21. Januar 2023, DNB1047269554, S.19–20.
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Anke Schleusner-Reinfeldt: Zahl der Einwohner sinkt nur leicht. In: Volksstimme Magdeburg, Lokalausgabe Havelberg. 30. Januar 2015 (volksstimme.de [abgerufen am 12. August 2021]).
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Anke Schleusner-Reinfeldt: 33 Einwohner weniger im Elbe-Havel-Land. In: Volksstimme Magdeburg, Lokalausgabe Havelberg. 15. Januar 2019 (volksstimme.de [abgerufen am 12. August 2021]).
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Anke Schleusner-Reinfeldt: Einwohnerzahl sinkt. In: Volksstimme Magdeburg, Lokalausgabe Havelberg. 17. Januar 2020 (volksstimme.de [abgerufen am 12. August 2021]).
↑Öffentliche Bekanntmachung des Landkreises Stendal – Genehmigung des Wappens und der Flagge der Gemeinde Schönhausen (Elbe). In: Landkreis Stendal – Der Landrat (Hrsg.): Amtsblatt für den Landkreis Stendal. Jahrgang 16, Nr.9. Magdeburger General-Anzeiger GmbH, Stendal 3. Mai 2006, 1. Landkreis Stendal, S.79f. (landkreis-stendal.de [PDF; 1000kB; abgerufen am 30. November 2015]).
↑Das Bismarck-Museum in Bild und Wort. Ein Denkmal deutscher Dankbarkeit. Becker, Berlin 1897, S. 4 (Digitalisat)
↑Bismarck-Museum Friedrichsruh. In: Bismarck-Stiftung.de. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 4. Februar 2021; abgerufen am 30. Januar 2021.
↑Schloss II. In: Schönhausen-Elbe.com. Abgerufen am 30. Januar 2021.
↑Oskar Köhler, Gustav Wesche, H. Krahmer: Niekammer’s Landwirtschaftliche Güter-Adreßbücher, Band V, Provinz Sachsen. 1922. Verzeichnis sämtlicher Rittergüter und Güter von ungefähr 20 ha herab mit Angabe der Gutseigenschaft, des Grundsteuerertrages, der Gesamtfläche und des Flächeninhalts der einzelnen Kulturen. In: Mit Unterstützung der Landwirtschaftskammer zu Halle a. S. (Hrsg.): Verzeichnis der für die Landwirtschaft wichtigen Behörden und Körperschaften. 3. Auflage. V der Reihe von Paul Niekammer, Kreis Jerichow II. Schönhausen I, Schönhausen II. Reichenbach’sche Verlagsbuchhandlung, Leipzig 1922, S.38–39 (slub-dresden.de [abgerufen am 26. Juni 2022]).
↑Holger Brülls: Kirchenbau und kirchliche Kunst der Moderne in der katholischen Diaspora. In: Die St. Elisabeth-Kirche in Mieste (Altmark) und ihre Fenster von Lorenz Humburg. (=Treffpunkt Denkmal; 4), hrsg. vom Landesheimatbund Sachsen-Anhalt, Halle 2018, Seite 40.
↑Chronik 1. Katholische Pfarrei St. Elisabeth Tangermünde, abgerufen am 29. Januar 2022.
↑Rudolf Joppen: Das Erzbischöfliche Kommissariat Magdeburg.St. Benno Verlag, Leipzig.
↑Walter von Leers: Die Zöglinge der Ritterakademie zu Brandenburg a. H. 1705 - 1913. In: Verein der ehemaligen Zöglinge der Ritterakademie zu Brandenburg a. H. (Hrsg.): Zöglingsverzeichnis I von IV. BandI, Georg Friedrich v. Bismarck, RA-Zögling-Nr.: 44. Selbstverlag, Druck P. Riemann, Belzig, Ludwigslust 1913, DNB361143532, S.9 (staatsbibliothek-berlin.de).