Die in der französischen Hauptstadt Paris im Rahmen der Weltausstellung (Exposition Universelle et Internationale de Paris) ausgetragenen Internationalen Wettbewerbe für Leibesübungen und Sport (Concours Internationaux d’Exercices Physiques et de Sports) umfassten auch zwei Rugby-Spiele. Das Internationale Olympische Komitee (IOC) ordnete diese Spiele dem Programm der Olympischen Sommerspiele 1900 (Spiele der II. Olympiade) zu. Rugby, das bis 1863 eine gemeinsame Geschichte mit dem Fußball hatte, besaß damit in der frühen Geschichte der Olympischen Spiele eine Gleichstellung zum Fußball.
Die Leitung der Weltausstellung hatte drei Spiele zwischen der französischen Auswahl sowie je einer Vereinsmannschaft aus Deutschland und dem Vereinigten Königreich vorgesehen, die jeweils gegeneinander antreten sollten.[1] Es handelte sich in den Überlegungen der Veranstalter aber nicht um ein Turnier, sondern um drei gleichrangige Spiele mit eigenen Siegern und Preisen. Zu dem für den 21. Oktober angesetzten Spiel gegen Deutschland konnten die Briten nicht rechtzeitig anreisen, sodass es nur zu zwei Partien kam.[1]
Mannschaftswettbewerbe waren zu jener Zeit allgemein als Wettkämpfe zwischen Vereins- oder Verbandsmannschaften ausgeschrieben. Diese vertraten in der Regel bei internationalen Wettbewerben das jeweilige Land, in dem der Verein oder Verband ansässig war. Das deutsche Team bestand hauptsächlich aus dem in Frankfurt am Main beheimateten Verein Fußballclub Frankfurt (später SC Frankfurt 1880). Die Mannschaft wurde aber zusätzlich durch Hugo Betting vom FV Stuttgart 93 verstärkt sowie durch August Schmierer. Letzterer hatte den Fußballclub Frankfurt im Jahr 1897 verlassen und war inzwischen zum Vorstand des Cannstatter Fußball-Clubs gewählt worden.[2] Aus Großbritannien reiste unter dem Namen Moseley Wanderers eine Auswahl von Spielern des Moseley RFC[3] und anderen Mannschaften aus den Midlands an.[4] Die Mannschaft des französischen Verbandes Union des sociétés françaises de sports athlétiques (USFSA) war tatsächlich ein Team, das dem heutigen Begriff einer Nationalmannschaft ähnelt. Es handelte sich um ein Auswahlteam mit Spielern der besten französischen Rugbyvereine.
Das Spiel der Franzosen gegen die deutsche Mannschaft fand am 14. Oktober statt, jenes gegen die Briten am 28. Oktober. Spielort beider Partien war das Vélodrome municipal auf dem Gelände der Weltausstellung in Vincennes. Gespielt wurde die am weitesten verbreitete Variante Rugby Union, bei der eine Mannschaft aus 15 Spielern bestand.
Das Spiel Frankreich gegen Deutschland war nach Ansicht aller Beteiligten, sogar der französischen Zuschauer und der Presse, wegen unverständlicher Entscheidungen des Schiedsrichters, ein Skandal. Die Überlegenheit der deutschen Mannschaft drückte sich in der Führung zur Halbzeit aus. Je länger das Spiel dauerte, desto unbegreiflicher pfiff der französische Unparteiische, Monsieur Potter. Der Vorschlag der Deutschen vor dem Spiel, einen englischen Schiedsrichter zu benennen, war zurückgewiesen worden. So bleibt der Verdacht der Parteinahme unausgeräumt. 3500 Zuschauer verfolgten die Partie.
Das zweite Spiel wurde vom selben Schiedsrichter geleitet, auf dem nun der Schatten des ersten Spiels lastete. Jedoch war dieses Spiel frei von jeglicher Parteinahme; zu überlegen war die französische Mannschaft und es gab ein klares Ergebnis. Die Briten waren jedoch erst in der Nacht vor dem Spiel nach Frankreich gereist – einige Spieler waren noch am Vortag bei einem Heimspiel eingesetzt worden und somit vollkommen erschöpft. Mit 6000 Zuschauern war das Spiel Frankreich–England das meistbesuchte Sportereignis der gesamten olympischen Spiele 1900.[1]
Trotz des fehlenden Charakters eines Turnieres hat das IOC nachträglich eine Endplatzierung festgelegt und eine Zuteilung der Medaillenränge vorgenommen, die sich, wie dargestellt, auch im Medaillenspiegel niederschlägt. Durch das nicht zustandegekommene Spiel zwischen den Briten und Deutschland wurde beiden Mannschaften der zweite Platz zugewiesen. Die Franzosen Collas, Gondouin, Henriquez und Sarrade stellten zwei Drittel der französischen Mannschaft, die am Wettbewerb im Tauziehen teilnahm.
Bogenschießen • Cricket • Fechten • Fußball • Golf • Krocket • Leichtathletik • Pelota • Polo • Radsport • Reiten • Rudern • Rugby • Schießen • Schwimmen • Segeln • Tauziehen • Tennis • Turnen • Wasserball
Automobilsport • Ballonfahren • Boule • Flugsport • Jeu de Paume • Motorboot • Motorradsport
19001 • 1904 • 19081 • 1912 • 19201 • 19241 • 1928 • 1932 • 1936 • 1948 • 1952 • 1956 • 1960 • 1964 • 1968 • 1972 • 1976 • 1980 • 1984 • 1988 • 1992 • 1996 • 2000 • 2004 • 2008 • 2012 • 2016 • 2020 • 2024
2010 • 2014 • 2018
Paris 1900 | St. Louis 1904 | London 1908 | Stockholm 1912 | Antwerpen 1920 | Paris 1924 | Amsterdam 1928 | Berlin 1932 | Berlin 1936 | London 1948 | Helsinki 1952 | Melbourne 1956 | Rom 1960 | Tokio 1964 | Mexiko-Stadt 1968 | München 1972 | Montréal 1976 | Moskau 1980 | Los Angeles 1984 | Seoul 1988 | Barcelona 1992 | Atlanta 1996 | Sydney 2000 | Athen 2004 | Peking 2008 | London 2012 | Rio de Janeiro 2016 | Tokio 2020 | Paris 2024
1900–1924: Rugby Union, seit 2016: 7er-Rugby