Durch Niederorschel fließt die Ohne, die kurz hinter der Ortslage in die Wipper mündet. Innerhalb der Gemarkung münden kleinere Bäche in die Ohne, unter anderm der Ahlenbach und der Schwarzburger Laubach. In der hügeligen Landschaft des Eichsfelder Kessels sind die höchsten Erhebungen der Gemeinde der Galgenberg (330,3 m), der Lewedesberg (331,5 m) und der Rote Berg (bis 355 m), an der Schichtstufe des Dün werden Höhen bis etwa 450 bis 500 Meter erreicht. Die Landschaft um Niederorschel wird überwiegend landwirtschaftlich genutzt, nur südlich der Ortsteile Rüdigershagen und Kleinbartloff am Nordhang des Dün bestehen größere Waldflächen.
Geschichte
Der Ort Niederorschel wurde erstmals 1221 in einer Schenkungsurkunde des Klosters Beuren als Asla erwähnt. Der Name lässt darauf schließen, dass Niederorschel zu den ältesten Dörfern im Eichsfeld gehört und bereits im 5. bis 6. Jahrhundert gegründet wurde. Der Ort war 1525 Ausgangspunkt des Bauernaufstands im Eichsfeld.
Während des Zweiten Weltkrieges mussten ab 1940 mehr als 250 Kriegsgefangene, Frauen und Männer aus Polen, der Ukraine, Frankreich, Großbritannien, Kanada und Italien, in der Mechanischen Weberei, im Sperrholzwerk Hermann Becher Gernrode, auf dem Rittergut Oberorschel, bei der Fa. Backhaus & Co. und Fa. Josef Dirk in RüdigershagenZwangsarbeit verrichten. 1944 wurde in der Mechanischen Weberei das Außenkommando Niederorschel des KZ Buchenwald eingerichtet, in dem mehr als 600 Häftlinge unter unmenschlichen Bedingungen eingesetzt wurden. Fast alle wurden 1945 auf einen Todesmarsch geschickt. Durch den Einsatz des politischen Gefangenen Otto Herrmann, der als Kapo des Lagers im Auftrag des illegalen Lagerkomitees für eine Verbesserung der Haftbedingungen sorgte, kamen vergleichsweise wenig Insassen zu Tode.[2] Ein Gedenkstein in der Bahnhofstraße erinnert seit 1965 an sie. Seit 2002 ist eine Tafel mit den Namen von 19 umgekommenen Häftlingen angebracht.[3]
In Niederorschel war das nach dem Ort Asla (oder auch Orschel) benannte eichsfeldisch-thüringische Adelsgeschlecht sesshaft. Erstmals wurde 1225 mit Hermann von Asla ein Adliger genannt.[6] Ob sie dort einen befestigten Herrensitz oder eine Burg besaßen, ist nicht bekannt. Im 15. Jahrhundert ist die Adelsfamilie erloschen. Das Wappen zeigt eine Krähe oder einen Raben. Folgende weitere Vertreter der Familie sind nachgewiesen:[7][6]
1302 Friedrich (von Orschel), Vogt zu Worbis[8] und 1311 mit seinem Bruder Eckard
1324 Heinrich von Orschel, in einer Urkunde des Erzbischofs Mathias als Zeuge genannt
1339 Eckard in einer Schlotheimer Urkunde
1396 Eckard in einer Mühlhäuser Urkunde und eventuell nochmals der gleiche Eckard 1432
Nach Siebmacher gibt es noch eine weitere Familie derer von Asla (II) als Vasallen der Grafen von Hohnstein, deren Wappen zwei gestürzte Angelhaken zeigt. Dieses Wappen hat aber eine deutliche Übereinstimmung mit dem Wappen des im benachbarten Rüdigershagen sesshaften Adelsgeschlecht von Hagen. Dieses Geschlecht soll Anfang des 15. Jahrhunderts erloschen sein. Als Vertreter werden hier genannt:
1279 bis 1292 Gottfried
1285 Dietrich
1340 Knappe Tiliko
1356 bis 1378 die Brüder Tizelo (evtl. der oben genannte), Dietrich, Heinrich und Hugo auf Vockkstedt
Der Gemeinderat von Niederorschel setzt sich aus 32 Gemeinderatsmitgliedern zusammen, die sich seit der Kommunalwahl am 26. Mai 2019 folgendermaßen auf die einzelnen Listen und Parteien verteilen:[9]
Blasonierung: „In Gold ein linksgewendeter roter Greif, die rechte Vorderklaue auf einen von Silber und Schwarz gespaltenen Schild stützend, darin ein rechtsgewendeter Adler in verwechselten Tinkturen.“
Partnerschaften
Partnerschaftliche Beziehungen bestehen seit 1990 mit den deutschen Gemeinden Nordkirchen im Münsterland und Bestwig im Hochsauerland sowie seit 1997 mit der polnischen Stadt Nowy Dwór Mazowiecki.
Sehenswürdigkeiten
Die barocke Pfarrkirche „St. Marien“ wurde 1685 vom italienischen Baumeister Dominico Bennoth erbaut.
Das katholische Pfarramt „St. Marien“ wurde 1694–1696 im fränkischen Fachwerkstil (Kulturdenkmal) erbaut.
Das Rathaus wurde 1905 im barockisierenden Fachwerkstil (Kulturdenkmal) errichtet.
Am Oberen und Unteren Steinweg steht ein Denkmalensemble aus mehreren im Fachwerkstil erbauten Weber- und Gewerbehäusern aus dem 17. und 18. Jahrhundert. Es wurde im Juni 2018 in das Denkmalbuch des Freistaates Thüringen eingetragen.[11]
Die Heimatstube Niederorschel am Marktplatz 10 zeigt eine ständige Ausstellung „KZ Buchenwald – Außenkommando Niederorschel“; in der Ortslage steht auch ein Mahnmal der Opfer des KZ Buchenwald – Außenkommando Niederorschel.
Der Lindenbestand auf dem Lindenplatz ist als Naturdenkmal ausgewiesen
Die ehemalige Bergschule mit Gewölbekeller aus dem 15./16. Jahrhundert, erbaut 1844, ist das Geburtshaus des Eichsfeldhistorikers Philipp Knieb. Heute ist das Gebäude Verwaltungssitz der Gemeinde.
Philipp Knieb: Eichsfelder Gemeindechroniken Niederorschel und Worbis. In: Maik Pinkert, Alfons Montag, André Sieland (Hrsg.): Quelleneditionen aus dem Bischöflichen Kommissariat Heiligenstadt. Band2. Heiligenstadt 2004, ISBN 3-935782-06-3, S.375.
Paul Claus: St. Marien – Quelle des Glaubens. Geistliche sowie Ordensfrauen und -männer, denen Niederorschel (Eichsfeld) Heimat war. In: Eichsfeldjahrbuch. Band2. Mecke, Duderstadt 1994, S.217–235.
↑Daniel Fraenkel, Jakob Borut (Hrsg.): Lexikon der Gerechten unter den Völkern: Deutsche und Österreicher. Wallstein Verlag, Göttingen 2005; ISBN 3-89244-900-7, S. 149 f.
↑Thüringer Verband der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschisten und Studienkreis deutscher Widerstand 1933–1945 (Hrsg.): Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der Verfolgung 1933–1945, Reihe: Heimatgeschichtliche Wegweiser Band 8 Thüringen, Erfurt 2003, S. 41f., ISBN 3-88864-343-0
↑Gemeinden 1994 und ihre Veränderungen seit 01.01.1948 in den neuen Ländern, Verlag Metzler-Poeschel, Stuttgart, 1995, ISBN 3-8246-0321-7, Herausgeber: Statistisches Bundesamt
↑ abJohann Wolf: Eichsfeldisches Urkundenbuch nebst der Abhandlung von dem Eichsfeldischen Adel. Göttingen 1819 (Abhandlung von dem Eichsfeldischen Adel, als Beitrag zu dessen Geschichte). Seite 9.
↑J. Siebmacher's grosses und allgemeines Wappenbuch, VI. Band, 6. Abteilung; Ausgestorbener Preussischer Adel: Provinz Sachsen; Verfasser: G.A. von Mülverstedt (1825–1914), Ad. M. Hildebrandt (1844–1918); Publikation: Nürnberg: Bauer & Raspe, 1884, S. 6.
↑RIplus Regg. EB Mainz 1,1 n. 768, in: Regesta Imperii Online, URI: [1] (Abgerufen am 22. August 2017)