Martina Gedeck wuchs als älteste von drei Töchtern im bayerischenLandshut auf. Ihre Kindheit und Jugend sowie ihr Verhältnis zu ihren Eltern, dem Großhandelskaufmann Karl-Heinz und der Sekretärin Helga Gedeck, bezeichnete sie später als vertrauensvoll und harmonisch. Passiver Medienkonsum habe kaum eine Rolle gespielt. Gedeck: „Wir hatten keinen Fernseher. Bei meiner Großmutter durften wir manchmal Pan Tau und Augsburger Puppenkiste gucken. Vorgefertigtes wurde uns selten vorgesetzt. Meine Eltern legten viel Wert auf Phantasie.“[2] 1971 zog die Familie nach West-Berlin. Als Elfjährige war Gedeck kurz darauf in einer Fernsehsendung, dem Jugendmagazin Denkste?, zu sehen.
Von 1991 bis zu dessen Tod 1999 lebte sie mit ihrem Schauspielkollegen Ulrich Wildgruber zusammen. Seit 2005 ist sie mit dem Schweizer Regisseur Markus Imboden liiert, mit dem sie auch mehrere Filme drehte und mittlerweile verheiratet ist.[3]
Während ihres Austausch-Schuljahres in den USA belegte sie an ihrer High School einen Schauspielkurs und übernahm bei der Aufführung eines Stücks von Turgenew die Rolle einer alten russischen Magd. 1982 bis 1986 absolvierte sie eine Schauspielausbildung an der Hochschule der Künste (HdK) in Berlin.[7] Ihren ersten offiziellen Theaterauftritt absolvierte sie 1985 am Frankfurter Theater am Turm als Insassin einer Besserungsanstalt in dem Stück Aschenkinder von Janusz Głowacki. In den Jahren darauf folgten weitere Theaterrollen in Molières Stück Der Geizige (Schauspielhaus Hamburg), als Sozialarbeiterin in Martin CrimpsDas stille Kind (Malersaal des Deutschen Schauspielhauses) sowie Gastspiele, unter anderem am Schauspielhaus Basel, am Theater am Kurfürstendamm Berlin und bei den Kammerspielen Hamburg.
Martina Gedeck wurde mit zahlreichen Preisen und Auszeichnungen geehrt. 2002 erhielt sie zum zweiten Mal den Deutschen Filmpreis sowohl für darstellerische Leistungen als auch als beste Hauptdarstellerin. 2007 wurde der deutsche Beitrag Das Leben der Anderen, in dem sie die weibliche Hauptrolle spielte, als bester ausländischer Film mit einem Oscar geehrt. Darüber hinaus ist Gedeck Trägerin des Bayerischen Verdienstordens. 2003 war sie Mitglied der Internationalen Jury der Berlinale.
In Ranglisten zu den beliebtesten deutschen Schauspielerinnen der Gegenwart taucht Gedeck regelmäßig auf vorderen Plätzen auf. 2006 wählte sie eine Jury aus Film-Experten zur besten deutschen Schauspielerin.[10] In der Branche gilt Gedeck als zielstrebige Arbeiterin. Als männliche Vorbilder im Genre Komik benannte sie in einem Beitrag der Zeitschrift Emma das Komikerduo Stan Laurel und Oliver Hardy sowie Jack Lemmon, als weibliche Vorbilder Bette Davis, Marilyn Monroe und Katharine Hepburn.
In Pressekritiken wird Gedecks ambitionierte Darstellung von Frauencharakteren positiv hervorgehoben. Das Kino-Webportal Kino.de charakterisierte sie mit den Worten: „Wie kaum eine andere gestaltet Martina Gedeck ihre Schauspielkunst als ständigen Wechsel zwischen genauer Figurenanalyse und künstlerischer Fantasie.“ Und: „Sensibel und sinnlich, scheu und lasziv, stolz und bodenständig – Martina Gedeck wechselt in ihren Rollen zwischen den Extremen.“[11] Die feministische Zeitschrift Emma schrieb anlässlich eines Porträts der Schauspielerin: „Der Spiegel charakterisiert die Gedeck als ‚Pandora, die irgendwo die Büchse mit den gefährlichen Leidenschaften versteckt hält‘. Pandora? Ja, vielleicht. Doch vor allem Meisterin der Zwischentöne. Und Reisende in Zwischenwelten.“[12] Einige Rollen, etwa die der Clara Schumann in Geliebte Clara, erhielten gemischte Kritiken. Die Süddeutsche Zeitung schrieb: „Dazu fällt Gedeck nicht viel mehr ein als ihr schon sattsam bekannter, leicht irrer Wenn-Frauen-zu-sehr-lieben-Blick, der aber inzwischen nicht mehr als Ausdruck eines echten Gefühls durchgeht. Neben diesem Modus stehen ihr schauspielerisch noch zwei weitere Register zur Verfügung: der Eine-Frau-geht-ihren-Weg-Habitus, indem sie patriarchale Trottel schon mal schneidend scharf auf die Plätze verweist, und das tief verhangene Großmimentum, in dem sie sich vor allem an ihrer eigenen, vorgeblichen Subtilität berauscht.“[13]
Privat
Was die Preisgabe von Details aus ihrem Privatleben angeht, gilt Gedeck als zurückhaltend. Das Web-Portal kino.de zitiert sie mit den Worten: „Mein Publikum will doch gar nicht wissen, wie viele Spiegeleier ich mir morgens brate. Ich spreche durch meine Figuren.“[11] Die Berliner tageszeitung stellte das Thema in den Mittelpunkt eines Beitrags über Gedeck.[14]
Sonstiges
In die Kritik geriet sie aufgrund ihres Umgangs mit den Medien, wobei es vor allem um Vorvereinbarungen zu Interviews ging, deren Konditionen aus Sicht der journalistischen Berichterstattung als problematisch gewertet werden, worüber etwa das Hamburger Straßenmagazin Hinz&Kunzt schrieb.[15] Der Deutsche Journalistenverband beschwerte sich im September 2016 über Martina Gedecks Interviewpolitik und rief zu einem Interviewboykott gegen sie auf.[16] Begründet wurde dies mit presse-ethisch nicht vertretbarer Einflussnahme Gedecks auf Layout und Überschrift der Artikel.
Filmografie (Auswahl)
1986: In der Kälte der Sonne
1987: Retouche
1987: Aquaplaning
1988: Die Beute (Fernsehfilm)
1988: Tiger, Löwe, Panther
1988: Der Fahnder (Fernsehserie, Folge Familienbande)
2008: Im Sommer der Mörder von Oliver Bottini, gekürzte Lesung, Patmos, Düsseldorf, ISBN 978-3-491-91266-3.
2008: Im Auftrag der Väter von Oliver Bottini, gekürzte Lesung, Patmos, Düsseldorf, ISBN 978-3-491-91279-3.
2008: Im Bauch des Ozeans von Fatou Diome, Reihe Afrika erzählt, autorisierte Hörfassung, Steinbach Sprechende Bücher, Schwäbisch Hall, ISBN 978-3-88698-595-1.
2009: Salzburg in London von Marcy Kahan, Westfire Entertainment, WDR, ISBN 978-3-940539-07-6.
2022: Deutscher Hörbuchpreis: in der Kategorie Beste Interpretin
Interview
Gero von Boehm: Martina Gedeck. 10. September 2006. Interview in: Begegnungen. Menschenbilder aus drei Jahrzehnten. Collection Rolf Heyne, München 2012, ISBN 978-3-89910-443-1, S. 536–544.
Literatur
Manfred Hobsch, Ralf Krämer, Klaus Rathje: Filmszene D. Die 250 wichtigsten jungen deutschen Stars aus Kino und TV. Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin 2004, ISBN 3-89602-511-2, S. 137 ff.
Kay Weniger: Das große Personenlexikon des Films. Die Schauspieler, Regisseure, Kameraleute, Produzenten, Komponisten, Drehbuchautoren, Filmarchitekten, Ausstatter, Kostümbildner, Cutter, Tontechniker, Maskenbildner und Special Effects Designer des 20. Jahrhunderts. Band 3: F – H. John Barry Fitzgerald – Ernst Hofbauer. Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin 2001, ISBN 3-89602-340-3, S. 211 f.
↑Sabine Stamer: Martina Gedeck: "Man kann den Hund nicht zweiteilen". In: Der Spiegel. 3. August 2019, ISSN2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 8. August 2023]).