Kleinhelfendorf, ein charakteristisches und ungestörtes Beispiel eines Kirchweilers in der leicht hügeligen Altmoränenlandschaft zwischen Inn, Mangfall und Alpen, entspricht in seiner Substanz noch ganz der Siedlungsweise eines oberbayerischen Wallfahrtsdorfes des 18. Jahrhunderts.
Der Beginn der Besiedlung ist bereits für prähistorische Zeiten (Urnenfelder-, Bronzezeit) anzunehmen; Reste davon werden im Hügel nördlich des „Hagerhofes“ und oberhalb des Emmeramsbrunnens vermutet (Heiliger Bezirk mit Quellheiligtum). Während der Römerzeit gewann der Platz als Straßenstation an der kaiserzeitlichen Reichsstraße von Augsburg nach Salzburg gelegen, deren Verlauf südöstlich von Kleinhelfendorf unsicher und erst östlich des Innüberganges bei Pfaffenhofen wieder greifbar wird, größere Bedeutung. Zeugen dieser Epoche stecken in den Erhebungen nördlich von Haus Nr. 4 und südlich des Bauernhofes „Griesstätt“.
In spätmerowingischer Zeit (739 oder 748) weihte Bischof Eremberg von Freising die erste Kirche zu Ehren des französischen Wanderbischofs Emmeram, der auf seiner Wallfahrt von Regensburg nach Rom 652 bei der Straßenstation Kleinhelfendorf das Martyrium erlitten haben soll. Die Taufkirche des Tegernseer Mönches Ortlaip, die er 772 dem Freisinger Bischof unterstellte, war der unmittelbare Vorgängerbau der im Kern noch romanischen Emmeramskirche. Sie war seit dem frühen 14. Jahrhundert mit dem Sepulturrecht (Begräbnisrecht) ausgestattet.
In karolingischer Zeit ist ein Königshof (curtile regium) in Kleinhelfendorf bezeugt, zu dem eine Herberge gehörte. 940 kam dieser Königshof als Schenkung Kaiser Ottos I. an das Regensburger Emmeramskloster. Während der Emmeramsbrunnen nördlich der Kirche, der wohl 1631 seine heutige Fassung erhielt, bereits in der Heiligenvita Emmerams, die Bischof Arbeo von Freising um 765 verfasste, erwähnt wird, bleiben die Ursprünge der Marterkapelle St. Emmeram westlich, die noch im 19. Jahrhundert außerhalb des Dorfes gelegen war, im Dunkeln. Jedoch darf davon ausgegangen werden, dass auch diese Kultstätte schon sehr früh, möglicherweise unmittelbar nach der Gründung der ersten Steinkirche durch Ortlaip, angelegt wurde. Diese Eigenkirchengründungen könnten einen Hinweis auf das Vorhandensein mindestens zwei verschiedener Grundherren im Bereich der Straßenstation Kleinhelfendorf liefern.
Als eine Kulterweiterung des 18./19. Jahrhunderts ist die Feldkapelle (Lindenkapelle) nur wenige Meter südöstlich zu sehen. Die urkundliche Bestätigung einer bestehenden Taverne 1377 durch die Herzöge kann auf eine bereits praktizierte Wallfahrt schließen lassen, die sich vor allem im 18. Jahrhundert größter Beliebtheit erfreute. Bezeichnend für den Charakter des Kirchweilers und Wallfahrtsortes ist die Situation der beiden Kirchen: in der Ortsmitte die im 17. Jahrhundert weitgehend neu erbaute Pfarrkirche, nach Westen dem Ort vorgelagert der 1752 fertiggestellte Neubau der Wallfahrtskapelle (Marterkapelle). Beide sind, vor allem auch in der Fernansicht, bis heute die Dominanten des Ortsbildes geblieben. In der lockeren Anordnung der stattlichen Einfirsthöfe nördlich, südlich und westlich der Pfarrkirche ist die im Urkataster von 1810 festgehaltene Situation tradiert. Die Fortschreibung des 19. Jahrhunderts (vgl. Urkataster und revidierte Aufmessung von 1856) vollzog sich noch im eng begrenzten Rahmen der Hausgrundstücke und vermied somit jegliche Zersiedelung.
Eine gravierende Störung stellt die neu angelegte Dorfstraße dar. Diese durchschneidet die geschwungene alte Dorfstraße, welche von St. Emmeram nach Nordosten führt, zwischen Gasthof und dem Bauernhaus nach Süden auf den Kirchplatz geleitet wird und dort bogenförmig an der Friedhofsmauer vorbei nach Osten geleitet wird. Der östliche Dorfrand ist durch zahlreiche Neubauten gestört, welche teilweise historische Gebäude ersetzten. Auch im Ensemble wurden vereinzelt Grünflächen mit Neubauten versehen. Die historischen Grün- und Freiflächen sind aber innerorts noch schlüssig ablesbar erhalten. Die Abgrenzungen durch alte Baumreihen zu den nachbardörflichen Gemarkungen Hochfeld im Norden (unter Einbeziehung des prähistorisch besiedelten Geländes) und Rauher Berg im Süden, wobei sich hier die Baumreihe auf das begrenzende Seeufer hin ausrichtet, werden auch als straffe Umgrenzungen des Ensembles optisch erlebbar.
Aktenzeichen: E-1-84-137-1
Ensemble Siedlung Kleinkarolinenfeld
Die Siedlung Kleinkarolinenfeld entstand als planmäßige Neugründung in der Zeit weitreichender innerer und äußerer Reformen um 1800; seiner besonderen Anlagenform nach dokumentiert das ehemalige Kolonistendorf noch heute die Entstehung aus dem Geist der Aufklärung.
In diesem Sinn bereits unter Kurfürst Karl Theodor eingeleitete Reformen wurden nach dem Regierungsantritt Max IV. Josephs 1799 und durch dessen Minister Montgelas zu einem umfassenden Reformprogramm erhoben. Dazu gehörte neben der Organisation der Staatsverwaltung, Modernisierung des Schulwesens, Humanisierung des Strafrechts, Toleranz gegenüber allen religiösen Bekenntnissen auch die Entwicklung und Förderung von Kolonisation
und Landespflege.
In diesem Zusammenhang steht Kleinkarolinenfeld in der Tradition der Theresianischen und Friderizianischen Ödlandkolonisation, die noch in den letzten Regierungsjahren Kurfürst Karl Theodors auf Teile Oberbayerns angewandt und nun von Max IV. Joseph fortgeführt wurde. Ein kurfürstlicher Erlass von 1801 ermöglichte die Vergabe liegender Gründe zu günstigen Konditionen an Exulanten und Besitzlose benachbarter Territorien, denen unter besonderen Konzessionen die Ansiedlung ermöglicht wurde, entweder durch Erweiterung bestehender Ortschaften oder durch planmäßige Anlage neuer Dorfkolonien. Noch unter Karl Theodor waren gegen Ende des 18. Jahrhunderts erste Kolonien zur Kultivierung des Donaumooses entstanden. Durch die Ansiedlung protestantischer Siedler aus der Pfalz und aus Baden entstanden ab 1802 die beiden Kolonistendörfer Groß-Karolinenfeld und Klein-Karolinenfeld – so genannt nach der zweiten Gemahlin Max IV. Josephs, der Prinzessin Karoline Wilhelmine von Baden, mit der auch die evangelische Konfession am Hof Einzug gehalten hatte.
Während Großkarolinenfeld zur Kultivierung der Moorgebiete westlich von Rosenheim angelegt wurde, führte die Ansiedlung von Waldarbeiterfamilien inmitten des ausgedehnten Waldgebietes südwestlich von München zur Neubegründung Kleinkarolinenfeld. Auf einem von Kreuzstraße streifenartig nach Norden in den Hofoldinger Forst hineingeführten Kahlschlag von etwa drei Kilometern Länge und 350 Metern Breite sind siebzehn Siedlerstellen zu einem geradlinigen, einzeiligen Straßendorf vereint. Das ältere Anwesen Kreuzstraße wurde in den Ortsverband integriert. Die mit Ausnahme des auf die Helfendorfer Straße hin orientierten Traufseitbaues Kleinkarolinenfeld Nr. 15 (alt: 23/8) giebelständigen Gehöfte reihen sich ausschließlich auf der Westseite der von Faistenhaar nach Kreuzstraße (Nord-Süd) verlaufenden Straße. Ost-West gerichtete, den Hofstellen anliegende Plangewanne waren derart parzelliert, dass sie den landwirtschaftlichen Eigenbedarf der Siedler decken konnten. In einem Streifen ist die Flur hart aus dem Wald geschnitten und somit eindeutig umgrenzt.
Mit der bereits im zweiten Drittel des 19. Jahrhunderts erfolgten teilweisen Verschmälerung der Grundstücke (vgl. die 1856 revidierte Aufmessung des Urkatasters) war die heutige Form der Fluraufteilung mit neunzehn Siedlerstellen schon erreicht. Erneuerungen und Zusatzbauten sind innerhalb der einzelnen Hofstellen allerdings seit dem späten 19. Jahrhundert zu konstatieren. Während die bauliche Entwicklung sich noch bis um die Jahrhundertwende und hinein in das erste Drittel des 20. Jahrhunderts der örtlichen Bauweise anzupassen und die ursprüngliche Gleichartigkeit der Gehöfte zu tradieren suchte, so sind in jüngster Zeit durch Vereinfachung bestehender Bauten und durch vermehrte Neubauten empfindliche Störungen und Substanzverluste eingetreten, vor allem im südlichen Abschnitt der Häuserreihe. Die Einheitlichkeit der Hofstellen selbst mit ihren regelmäßig parzellierten und geradlinig umgrenzten Hausgrundstücken ist jedoch noch immer klar ablesbar.
Zweigeschossiger Satteldachbau mit polygonalem Eckerker, Zwerchhausrisalit, Balkon- und Giebellauben, in den Formen des Heimatstils, von Joseph Leserer, 1908/09; mit Ausstattung.
Spätgotische Chorturmkirche mit eingezogenem Polygonalchor, 15. Jahrhundert, erneuertes barockes Langhaus um 1655, Turmobergeschoss mit Zwiebelhaube und Pilastergliederung um 1700, nördlich angebaute Antoniuskapelle 1735; mit Ausstattung;
Lambertuskapelle, jetzt Kriegergedächtnisstätte, kleiner Putzbau mit Dreiseitschluss, um 1500; mit Ausstattung;
Friedhof mit Grabdenkmälern des späten 19. bis frühen 20. Jahrhunderts.
Zweigeschossiger verputzter Blockbau mit Hochlaube, flachem Satteldach und Wirtschaftsteil mit Bundwerk, zweite Hälfte 18. Jahrhundert, Bundwerk bezeichnet mit „1826“.
Zweigeschossiger Flachsatteldachbau mit Balusterlauben und ehemals firstgeteilt in Wohn- und Wirtschaftsteil, zweigeschossiger Blockbau, zweite Hälfte 18. Jahrhundert, Erdgeschoss in Massivbauweise erneuert.
Zweigeschossiger Wohnteil mit Flachsatteldach, seitlicher Laube, Giebellaube und profilierten Balkenköpfen, zweigeschossiger verputzter Blockbau, um 1730/40.
Zweigeschossiger Flachsatteldachbau mit Blockbau-Obergeschoss, Hochlaube und umlaufender Laube, 17./18. Jahrhundert, Bundwerk am Wirtschaftsteil Anfang 19. Jahrhundert (das Haus wurde 1979 abgebaut und in geringer Entfernung des ursprünglichen Standortes wieder errichtet).
Zweigeschossiges Bauernhaus mit Blockbau-Obergeschoss, flachem Satteldach und traufseitiger Laube, Bundwerk am Wirtschaftsteil, zweite Hälfte 18. Jahrhundert.
Zweigeschossiger Flachsatteldachbau mit massivem verputztem Wohnteil und profilierten Balkenköpfen, Mitte 19. Jahrhundert, Wirtschaftsteil mit Bundwerk, Ende 18. Jahrhundert.
Barocke Saalkirche auf romanischer Grundlage mit wenig eingezogenem Polygonalchor, fünfseitigem Vorzeichen, angefügter Sakristei und romanischem Turm mit barocker Zwiebelhaube, Chor von Alex Gugler, 1466, Langhaus von Constantin Pader, 1668/69; mit Ausstattung;
Spätbarocker Zentralbau mit schlankem Chorturm mit Zwiebelhaube und östlich angefügter zweigeschossiger Sakristei, Putz- und Pilastergliederung, nach Plänen von Michael Pröbstl, 1740–52; mit Ausstattung.
Barocker Saalbau mit Pilastergliederung, eingezogenem Polygonalchor, Westturm mit Zwiebelhaube und seitlich angefügter Sakristei, von Mayr von Hausstatt, 1696–99; mit Ausstattung;
In diesem Abschnitt sind Objekte aufgeführt, die früher einmal in der Denkmalliste eingetragen waren, jetzt aber nicht mehr. Objekte, die in anderem Zusammenhang also z. B. als Teil eines Baudenkmals weiter eingetragen sind, sollen hier nicht aufgeführt werden. Aktennummern in diesem Abschnitt sind ehemalige, jetzt nicht mehr gültige Aktennummern.
Zweigeschossiger Satteldachbau auf Hochkeller mit verbrettertem Halbgeschoss, Giebellaube und Altane, in Formen des Heimatstils, 1923.
D-1-84-137-47
Abgegangene Baudenkmäler
In diesem Abschnitt sind Objekte aufgeführt, die früher einmal in der Denkmalliste eingetragen waren, jetzt aber nicht mehr existieren, z. B. weil sie abgebrochen wurden. Aktennummern in diesem Abschnitt sind ehemalige, jetzt nicht mehr gültige Aktennummern.
↑Diese Liste entspricht möglicherweise nicht dem aktuellen Stand der offiziellen Denkmalliste. Letztere ist sowohl über die unter Weblinks angegebene Verknüpfung als PDF im Internet einsehbar als auch im Bayerischen Denkmal-Atlas kartographisch dargestellt. Auch diese Darstellungen geben, obwohl sie durch das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege täglich aktualisiert werden, nicht immer und überall den aktuellen Stand wieder. Daher garantiert das Vorhandensein oder Fehlen eines Objekts in dieser Liste oder im Bayerischen Denkmal-Atlas nicht, dass es gegenwärtig ein eingetragenes Denkmal ist oder nicht.
Außerdem ist die Bayerische Denkmalliste ein nachrichtliches Verzeichnis. Die Denkmaleigenschaft – und damit der gesetzliche Schutz – wird in Art. 1 des Bayerischen Denkmalschutzgesetzes (BayDSchG) definiert und hängt nicht von der Kartierung im Denkmalatlas und der Eintragung in die Bayerische Denkmalliste ab. Auch Objekte, die nicht in der Bayerischen Denkmalliste verzeichnet sind, können Denkmalschutz genießen, wenn sie die Kriterien nach Art. 1 BayDSchG erfüllen. Bei allen Vorhaben ist daher eine frühzeitige Beteiligung des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege nach Art. 6 BayDSchG notwendig.