Das Gebiet des Kreises Strasburg kam durch die erste polnische Teilung 1772 zu Preußen, war dann unter Napoleon 1807–1815 Teil des polnischen Vasallenstaates Herzogtum Warschau und gehörte nach der Restauration Preußens bis 1818 zum Kreis Michelau.[1] Durch die preußische Provinzialbehörden-Verordnung vom 30. April 1815 und ihre Ausführungsbestimmungen kam das Gebiet zum Regierungsbezirk Marienwerder der Provinz Westpreußen. Im Rahmen einer umfassenden Kreisreform im Regierungsbezirk Marienwerder wurde zum 1. April 1818 der Kreis Michelau in die Kreise Löbau und Strasburg geteilt. Der Kreis Strasburg umfasste die Städte Gollub, Gorzno, Lautenburg, die Intendanturen Gollub und Lautenburg und Strasburg, das Domänenamt Strasburg sowie 92 adlige Güter.[2]
Vom 3. Dezember 1829 bis zum 1. April 1878 waren Westpreußen und Ostpreußen zur Provinz Preußen vereinigt, die seit dem 1. Juli 1867 zum Norddeutschen Bund und seit dem 1. Januar 1871 zum Deutschen Reich gehörte.
Durch das stetige Anwachsen der Bevölkerung im 19. Jahrhundert erwiesen sich die Kreise in Westpreußen meist als zu groß, eine Verkleinerung schien erforderlich. Hierdurch entstand der neue Kreis Briesen, an den der Kreis Strasburg am 1. Oktober 1887 einen Teil seines Kreisgebietes mit der Stadt Gollub abtrat.
Im Folgenden eine Übersicht mit offiziellen Angaben zu Einwohnerzahl, Konfessionen und Sprachgruppen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Kreis 1887 verkleinert wurde.[3]
Im Deutschen Reich bildete der Kreis Strasburg zusammen mit dem Kreis Graudenz den Reichstagswahlkreis Marienwerder 3. Der Wahlkreis war aufgrund der ethnischen Zusammensetzung der Wählerschaft bei allen Reichstagswahlen zwischen deutschen und polnischen Kandidaten umkämpft. In der Regel kam es zur Stichwahl zwischen dem nationalliberalen und dem polnischen Kandidaten.[4][5]
Städte und Gemeinden
Im Jahr 1910 umfasste der Kreis Strasburg in Westpreußen die drei Städte Gorzno, Lautenburg und Strasburg in Westpreußen sowie 97 Landgemeinden:[6]
Zum Kreis gehörten außerdem folgende 52 Gutsbezirke (Stand vom 1. Januar 1908):[7]
Adlig Brinsk
Adlig Kruschin (= Adlig Kruszyn)
Adlig Neudorf
Adlig Soßno
Buczek
Chelst
Choyno
Ciborz
Czekanowko
Czekanowo
Dombrowken
Dzierzno
Golkowko
Gottartowo
Groß Konojad
Groß Kruschin
Groß Plowenz
Guttowo
Hochheim
Hohenlinden
Jablonowo
Jaguschewitz (= Jaguszewitz)
Kantylla
Karczewo
Klein Gorschen
Klein Konojad
Klein Summe
Komorowo
Kozirog
Kriegersdorf
Kuligi
Mileszewo
Naymowo
Niedeck
Piecewo
Roonsdorf
Ruda, Oberförsterei
Schannen
Schlossau
Schöngrund, Forst
Schwetz
Strasburg, Amtsgrund
Swierczyn
Waldheim
Wapno
Wichulec
Wilhelmsberg, Oberförsterei
Wilhelmsdank
Wlewsk
Wrotzk
Zeland
Zmiewko
Der Landkreis Strasburg im besetzten Polen 1939–1945
Geschichte
Nach dem Überfall auf Polen und der völkerrechtswidrigen Annexion durch das Deutsche Reich war der Kreis von 1939 bis 1945 unter dem Namen Landkreis Strasburg i. Westpr. (seit 1942 Landkreis Strasburg (Westpr.)) dem Regierungsbezirk Marienwerder im Reichsgau Danzig-Westpreußen zugeordnet. Die Städte des Kreises wurden der im Altreich gültigen Deutschen Gemeindeordnung vom 30. Januar 1935 unterstellt, welche die Durchsetzung des Führerprinzips auf Gemeindeebene vorsah. Die übrigen Gemeinden waren in Amtsbezirken zusammengefasst, Gutsbezirke gab es nicht mehr. Im Frühjahr 1945 wurde das Kreisgebiet durch die Rote Armee besetzt und wieder Teil Polens. Soweit die deutschen Bewohner nicht geflohen waren, wurden sie in der Folgezeit aus dem Kreisgebiet vertrieben.
Ortsnamen
Durch unveröffentlichten Erlass vom 29. Dezember 1939 galten vorläufig hinsichtlich der bisher polnischen Ortsnamen die bis 1918 gültigen deutschen Ortsnamen. Diese globale Rückbenennung war möglich, da noch das gesamte deutsche Kartenwerk für die 1920 an Polen abgetretenen Gebiete (auch) die früheren deutschen Ortsnamen weitergeführt hatte. Durch die Anordnung betreffend Änderung von Ortsnamen des Reichstatthalters in Danzig-Westpreußen vom 25. Juni 1942 wurden mit Zustimmung des Reichsministers des Innern alle Ortsnamen eingedeutscht, entweder in der Form von 1918 oder als lautliche Angleichung oder Übersetzung, zum Beispiel:
Königlich Preußisches Statistisches Landesamt: Gemeindelexikon der Regierungsbezirke Allenstein, Danzig, Marienwerder, Posen, Bromberg und Oppeln. Auf Grund der Volkszählung vom 1. Dezember 1910 und anderer amtlicher Quellen. Berlin 1912, Heft III: Regierungsbezirk Marienwerder, S. 66–73, Kreis Strasburg i. Westpr.
Königliches Statistisches Bureau: Die Gemeinden und Gutsbezirke der Provinz Preussen und ihre Bevölkerung. Nach den Urmaterialien der allgemeinen Volkszählung vom 1. December 1871 bearbeitet und zusammengestellt. Berlin 1874, S. 426–437.
Emil Jacobson: Topographisch-statistisches Handbuch für den Regierungsbezirk Marienwerder, Danzig 1868, S. 176–195.
A. C. A. Friedrich: Historisch-geographische Darstellung Alt- und Neu-Polens. Berlin 1839, S. 608–609.
Johann Heise: Die Bau- und Kunstdenkmäler des Kulmerlandes und der Löbau, Bertling, Danzig 1887, S. 317–459 (Google Books).
Hans Plehn: Ortsgeschichte des Kreises Strasburg in Westpreussen. Festschrift zum fünfundzwanzigsten Jubiläum des historischen Vereins für den Regierungsbezirk Marienwerder, Königsberg i. Pr. 1900 (= Zeitschrift des historischen Vereins für den Regierungsbezirk Marienwerder, 39. Heft, Marienwerder 1900) (Google Books).