Der Kleine Tornowsee wurde, soweit bekannt, erstmals 1300 in einer Urkunde, die in den von Hermann Krabbo und Georg Winter bearbeiteten und 1955 neu herausgegebenen Regesten der Markgrafen von Brandenburg aus askanischem Hause enthalten ist, erwähnt. In dieser Urkunde vom 19. November 1300, in der Markgraf Albrecht III. (Mitregent) dem Zisterzienserinnen-Kloster Friedland seinen Gesamtbesitz bestätigte, heißt es: […] item stagna apud prouesthagen iacencia, scilicet magnum Tornow et paruum Tornow; […].[4] Der See befand sich also im Hochmittelalter und zu Beginn der Neuzeit – bis zur Säkularisation 1540/46 – im Eigentum des Klosters und blieb auch in den folgenden Jahrhunderten weitgehend im Besitz der nachfolgenden Herrschaft Friedland. Das in der Urkunde genannte prouesthagen ist der alte Name von Pritzhagen.
1804 fand sich ein Eintrag als kl. Tornowsee, großer Tornow. Das Brandenburgische Namenbuch bezieht den Namen auf die altpolabische Grundform Tornov- = See, Ort bei dem Dornengestrüpp wächst zu torn = Dorn, Dornengestrüpp.[5]
Geographische Lage und Verkehrsanbindung
Der Kleine Tornowsee befindet sich in der südöstlichen Ecke der Gemarkung Pritzhagens, das Dorf selbst liegt rund ein Kilometer nordöstlich. Der Stobber fließt etwa fünfhundert Meter unterhalb des Südufers. Östlich des benachbarten Großen Tornowsees folgt am Fluss die Pritzhagener Mühle, an der 1994 im Rahmen eines groß angelegten Renaturierungsprojekts ein Fischpass als flachansteigende Rampe mit Feldsteineinbauten angelegt wurde.[6] Die 1375 erstmals erwähnte Mühle gilt als älteste Gaststätte der Märkischen Schweiz.[7] Der Stobber bildet zudem die Gemarkungsgrenze, das Gebiet südlich und östlich des Flusses gehört zu Buckow. Dabei liegt die alte Pritzhagener Mühle bereits auf Buckower, die Gaststätte hingegen noch auf Pritzhagener Gebiet.[1] Am Nordufer des Großen Sees erstrecken sich die rund zehn Gebäude des Pritzhagener Wohnplatzes Tornow mit einem alten märkischen Herrenhaus im Zentrum. Heute befinden sich hier die sonderpädagogische „Schule am Tornowsee“ und das „Gästehaus Tornow am See“, das im Rahmen des Hotelbetriebs Arbeitstrainings- und Berufliche Rehabilitationsmaßnahmen durchführt.
Der südöstliche Barnimhang ist im Bereich der Tornowseen als Stauchmoräne ausgebildet, die während der saalezeitlichen Eisvorstöße durch eine zum Teil kräftige Stauchung (Störung) der älteren Sedimente im Untergrund des Barnim zwischen den auch heute noch besonders hoch gelegenen Freienwalder Höhen (auch als Wriezener Höhe bezeichnet) und dem Buckower Kessel entstand. Neben älteren eiszeitlichen Ablagerungen wurde großflächig Material aus dem Tertiär in die Stauchmoränen eingepresst.[11] Auf einer derartigen tertiären Scholle befindet sich der Kleine Tornowsee auf einer Höhe von 36,7 Metern ü. NN – der westliche benachbarte Große See liegt, obwohl nur rund 250 Meter entfernt, 17 Meter tiefer. Das für Brandenburger Verhältnisse vergleichsweise reliefstarke Gebiet ist von tiefen Kehlen durchzogen. Die Kehlen, eine Besonderheit der Märkischen Schweiz, sind von Schmelzwässern in die südlichen Barnimhänge eingeschnittene Schluchten, die sich im sukzessive wärmer werdenden Klima durch Erosion vergrößert haben und heute trocken liegen. Oberhalb des Kleinen Tornowsees erstreckt sich eine der Kehlen, die Wolfsschlucht, bis unterhalb des Dachsberges (106 m ü. NN), dem nordwestlich der Krugberg folgt, mit 129 Metern die höchste Erhebung der Märkischen Schweiz. Als typische Toteisseen entstanden die Gewässer des Buckower Kessels, darunter der zentrale 137 Hektar große Schermützelsee, durch das Abschmelzen von Toteis und dem Nachsacken des darüber befindlichen Sedimentmaterials.[10][12]
Das Kerbtal Wolfsschlucht weist eine Länge von 250 und einen Höhenunterschied von 40 Metern auf. Die Tiefe der Kehle liegt bei durchschnittlich zwölf Metern. Durch Erosion lagerte sich am Ausgang des Trockentals ein rund 6.500 m² umfassender trompetenförmiger Schwemmfächer ab, der zum See mit einer rund zwei Meter hohen Stufe abbricht. 1670 wurde vom Südufer des Sees zum Stobber der Töpfergraben angelegt, der wahrscheinlich mit dem heute noch vorhandenen Graben identisch ist. Mit dieser Maßnahme sollte der Kleine Tornowsee tiefergelegt und nivelliert werden, um landwirtschaftliche Nutzflächen zu gewinnen. Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts wurde dann über dem Nordufer des Sees Hopfen angebaut. Nach dem Rückgang des Hopfenanbaus und aufgrund der Schwierigkeiten, das Gelände von Überschüttungen freizuhalten, wurde das Gebiet anschließend wiederaufgeforstet.[13][14]
Naturschutz, Flora und Fauna
Natura 2000, FFH-Gebiet, Europäisches Vogelschutzgebiet
Der Kleine Tornowsee ist Teil des kohärenten europäischen ökologischen Netzes besonderer Schutzgebiete Natura 2000. Unter den zehn FFH-Gebieten des Naturparks Märkische Schweiz zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen ist er dem FFH-Gebiet „Tornowseen-Pritzhagener Berge“ zugeordnet.[10] Der Steckbrief des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) enthält für das 682 Hektar umfassende Gebiet unter der Nummer 3450-306 folgende Beschreibung:
Theodor Fontane widmete den Seen und ihrer Umgebung in den Wanderungen durch die Mark Brandenburg (Band 2, Oderland, 1863) das Kapitel Der Große und Kleine Tornow-See. Nach seinem Weg durch Bollersdorf und Pritzhagen steigt er vom Dachsberg, der auf einer Höhe von 106 Metern über dem See liegt, hinab zum Gewässer:
„Von der Kuppe des Hügels herab überblickt man nur den kleineren See; Baumpartien fassen ihn ein und beschränken die weitere Fernsicht. […] Der kleine Tornow ist einer jener »Teufelsseen«, denen man in der Mark, an den Abhängen der Hügel, so oft begegnet. Ihr Name bezeichnet ihren Charakter. Das Wasser ist schwarz, dunkle Baumgruppen schließen es ein, breite Teichrosenblätter bilden einen Uferkranz und die Oberfläche bleibt spiegelglatt, auch wenn der Wind durch den Wald zieht. Es ist, als hätten diese dunklen Wasser einen besonderen Zug in die Tiefe und als stünden sie fester und unbeweglicher da, als andere. So ist auch der kleine Tornow einer von jenen Seen, an denen Sage und Märchen am liebsten verweilen und von Prinzessinnen erzählen, die in der Johannisnacht aus dem dunklen Wasser steigen und mit Silberrosen im Haar freundlich-traurig am Ufer sitzen.“
– Theodor Fontane, Wanderungen durch Mark Brandenburg, Band Oderland, 1863[23]
Dierk Heerwagen: Unterwegs im Naturpark Märkische Schweiz. Die schönsten Wander- und Radtouren. Hendrik Bäßler Verlag, Berlin 2001, ISBN 3-930388-21-9.
Topographische Freizeitkarte 1:25.000 Märkische Schweiz. Hrsg.: Landesvermessung und Geobasisinformation Brandenburg, Potsdam Ausgabe 2009, ISBN 978-3-7490-4070-4.
↑Brandenburgisches Namenbuch. Teil 10: Die Gewässernamen Brandenburgs. Begründet von Gerhard Schlimpert, bearbeitet von Reinhard E. Fischer. Herausgegeben von K. Gutschmidt, H. Schmidt, T. Witkowski. Berliner Beiträge zur Namenforschung im Auftrag des Geisteswissenschaftlichen Zentrums Geschichte und Kultur Ostmitteleuropas. Böhlau, Weimar 1996, ISBN 3-7400-1001-0, S. 289f; die Urkundennummer bei Krabbo/Winter lautet 1797.
↑Werner Stackebrandt, Volker Manhenke (Hrsg.): Atlas zur Geologie von Brandenburg. Landesamt für Geowissenschaften und Rohstoffe Brandenburg (heute: Landesamt für Bergbau, Geologie und Rohstoffe Brandenburg, LBGR), 2. Aufl., 142 S., 43 Karten, Kleinmachnow 2002, ISBN 3-9808157-0-6.
↑Ministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz, Land Brandenburg (Hrsg.): Naturpark Märkische Schweiz. Abschnitt: Kulturlandschaft trifft Wildnis. August 2010 (Flyer).
↑Dierk Heerwagen: Unterwegs im Naturpark Märkische Schweiz. … S. 11
↑Jürgen Klawitter, Rainer Altenkamp u. a.: Rote Liste und Gesamtartenliste der Säugetiere (Mammalia) von Berlin. (PDF; 203 kB) Bearbeitungsstand: Dezember 2003. In: Der Landesbeauftragte für Naturschutz und Landschaftspflege / Senatsverwaltung für Stadtentwicklung (Hrsg.): Rote Listen der gefährdeten Pflanzen und Tiere von Berlin. S. 6. Anmerkung: Die Berliner Liste enthält auch die Angaben für Brandenburg.
↑Andreas Krone (Hrsg.): Der Kammolch (Triturus cristatus). Verbreitung, Biologie und Schutz. RANA Sonderheft 4, Rangsdorf 2001, ISBN 3-9807627-4-2.
↑Klaus-Detlef Kühnel, Andreas Krone, Axel Biehler: Rote Liste und Gesamtartenliste der Amphibien und Reptilien von Berlin. (Memento des Originals vom 24. September 2015 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.stadtentwicklung.berlin.de (PDF; 146 kB) Stand Dezember 2003. In: Der Landesbeauftragte für Naturschutz und Landschaftspflege / Senatsverwaltung für Stadtentwicklung (Hrsg.): Rote Listen der gefährdeten Pflanzen und Tiere von Berlin. Anmerkung: Die Berliner Liste enthält auch die Angaben für Brandenburg.