Johannes Kramer (* 25. Oktober 1946 in Bückeburg; † 19. Dezember 2023[1][2]) war ein deutscher Romanist und Sprachwissenschaftler. Er lehrte als Professor zunächst an der Universität Siegen (1979–1996) und dann an der Universität Trier (ab 1996). Als Forscher befasste er sich mit einem breiten Spektrum an Themen, das neben verschiedenen Teilbereichen der Romanistik auch die klassischen Sprachen Latein und Altgriechisch umfasste. Dort legte er Studien zur Papyrologie und zum „Vulgärlatein“, also der antiken Alltagssprache, vor. In der Romanistik lag sein Schwerpunkt neben dem Italienischen unter anderem auf diversen seltenen Sprachen, beispielsweise dem Dolomitenladinischen.
Als Schüler des Stiftisch-Humanistischen Gymnasiums zu Mönchengladbach erwarb Johannes Kramer im Februar 1966 sein Abitur. Anschließend studierte er an der Universität zu Köln Klassische und Romanische Philologie und legte in den Fächern Griechisch, Lateinisch, Italienisch, Französisch und Niederländisch 1971 sein Staatsexamen ab. Die Promotion erfolgte im Juli 1971 bei Reinhold Merkelbach. Kramers Doktorarbeit war die kommentierte Edition (samt Übersetzung) eines Teilabschnittes aus dem Kommentar des antiken Theologen Didymus des Blinden zum alttestamentlichen Buch Ecclesiastes (Kohelet).[3] Für die Gesamtpublikation dieses auf Papyrus überlieferten Textes steuerte Kramer nicht nur seine Dissertation bei (die Didymos’ Kommentar zu Ecclesiastes 7,1–7,18 umfasste), sowie außerdem die Edition, Übersetzung und Kommentierung des Kommentars zu Ecclesiastes 5 und 6, die bereits vor seiner Promotion erschienen war.
Wenige Jahre später habilitierte sich Johannes Kramer in der Romanistik mit einer Arbeit zur Historische(n) Grammatik des Dolomitenladinischen, deren zwei Bände 1977 und 1978 erschienen. Nach der Assistentenzeit in Köln wurde Johannes Kramer 1979 schon mit 33 Jahren zum ordentlichen Professor an der Universität Siegen ernannt, von wo er 1996 an die Universität Trier berufen wurde. Neben seiner Kerntätigkeit in der Romanistik bot er auch Lehrveranstaltungen in der Klassischen Philologie an.
Kramer war seit 1973 verheiratet mit der Papyrologin Bärbel Kramer.
Johannes Kramer hatte im Wesentlichen zwei wissenschaftliche Standbeine, die Klassische Philologie und die Romanischen Sprachen mit besonderer Berücksichtigung der kleineren Romanischen Sprachen. Sein Forschungsinteresse war von einer Mannigfaltigkeit und wissenschaftlichen Reichweite gekennzeichnet, die sich auch in seinen zahlreichen Publikationen widerspiegelte. In der Klassischen Philologie legte er seine ersten umfangreicheren Publikationen vor, darunter seine Dissertation. Diese war im Bereich der Papyrologie angesiedelt, der Kramer auch in den folgenden Jahrzehnten wiederholt Veröffentlichungen widmete. Daneben fokussierte er – entsprechend seiner Universitätslaufbahn als Romanist – das Phänomen des Sprachwandels, beispielsweise die Veränderungen des Lateinischen zunächst in der Antike (Vulgärlatein) und dann im Übergang zu den Romanischen Sprachen. In diesem Grenzgebiet verfasste er diverse Studien zu Fragen der Etymologie und Wortgeschichte.
Im eigentlichen Kernbereich der Romanistik war ein Schwerpunkt Kramers das Italienische. So verfasste er zahlreiche Beiträge für das etymologische Wörterbuch des Italienischen, das Lessico Etimologico Italiano. Später weitere er seine Schwerpunkte in Forschung und Lehre auch auf das Spanische und Französische aus, zum Teil auch auf das Portugiesische. Sein besonderes Interesse galt jedoch stets den „kleineren“ Sprachen der romanischen Sprachfamilie, darunter dem Ampezzanischen, dem Gadertalischen, dem Aromunischen und vor allem dem Dolomitenladinischen, zu dem er eine wissenschaftliche historische Grammatik und ein umfangreiches Wörterbuch erarbeitete. Auch im Bereich der romanischen Kreolsprachen war Kramer tätig, speziell in Bezug auf die stark portugiesisch und spanisch geprägte Karibiksprache Papiamentu.
Eng mit dem Phänomen der Minderheitensprachen verbunden war Johannes Kramers Forschungstätigkeit zu den Themen Zweisprachigkeit und Sprachkontakte. Diese Phänomene erforschte er beispielsweise auf Gibraltar (Englisch und Spanisch), in Südtirol (Deutsch und Italienisch), in Deutschland (französische Einflüsse) und in den Benelux-Ländern (Französisch, Niederländisch, Deutsch). An der Universität Trier war er Mitglied der Forschungsstelle für Sprachen und Literaturen Luxemburgs.[4]
Kramer gab die Zeitschrift Romanistik in Geschichte und Gegenwart (seit 1995) und das Balkan-Archiv (seit 1976) heraus, beide mit Beiheften. Mit anderen hatte Kramer von 1985 bis 2014 28 Bände des Romanistischen Kolloquiums, das er mitbegründet hatte, betreut. Er war auch Mitglied der Forschungsgruppe Netzwerk Mittelalter und Renaissance in der Romania.
Festschriften