Im Alter von 25 Jahren wurde Becker zum dritten Geistlichen der St. Mariengemeinde erwählt und bezog in der Wehde das Pfarrhaus, das schon seine Eltern einst 19 Jahre lang bewohnt hatten. Im Vorstand seiner Gemeinde war Becker zuerst Schriftführer, dann stellvertretender Vorsitzender und während des Krieges ihr Vorsitzender.
Während seiner Zeit als Gefängnisgeistlicher wurde er 1893 Opfer eines Mordversuchs durch einen entlassenen Gefangenen. Becker erhielt hierbei eine Schussverletzung am Kopf. Diese war jedoch nicht tödlich und verheilte während des Erholungsurlaubs vollständig. Seit diesem Ereignis hing in seinem Arbeitszimmer der SpruchGott war mein Beschützer über seinem Schreibtisch.
Im Vorstand des lübeckischen Hauptvereines übernahmen 1889 Becker den Vorsitz, Christian Reimpell die Stellvertretung des Vorsitzenden, Kaufmann Carl Hinrich Buck[3] die Kassenführung und Hauptlehrer Rudolph Groth die Schriftführung.[4] Als ihr Vorsitzender nahm er regelmäßig an deren auswärtigen Generalversammlungen teil.
Als Christian Reuter, Direktor des Katharineums, zu Beginn des Jahres 1915 in Frankreich gefallenen war, hielt der allseits geschätzte Kanzelredner am 20. Januar 1915 in der überfüllten Marienkirche dessen Trauerfeier ab. Im Verlaufe seiner Rede teilte Becker unter anderem mit, dass der Direktor noch für das Fenster im Katharineum, welches dem Andenken der Gefallenen gewidmet ist, den Spruch schrieb: „Sie starben nur für die, die für sie Leben“.[5]
Ein zweites Mal in seinem Leben, diesmal bedingt durch eine schwere Krankheit, machte Becker 1917 einen längeren Erholungsurlaub.
Die Trauerfeierlichkeiten des am 4. Februar 1919 verstorbenen Senators Emil Possehl leitete der Senior in der Ratskirche. Sämtliche Fahnen der Stadt wurden auf halbmast gesetzt. An der Spitze des Trauerzuges waren die Mitglieder des Senats und der Bürgerschaft, die im Frack und mit weißer Halsbinde dem Sarg zum Burgtorfriedhof folgten. Auf die laut Trauerordnung des Senates zu solchen Anlässen vorgesehene halbe Kompanie und Regimentsmusik wurde wegen des gerade beendeten Krieges verzichtet.[6]
Am 12. August hielt sein Jugendfreund, Hauptpastor Evers, die Gedächtnisrede, bevor seine letzte Fahrt aus dem Mittelschiff der Kirche auf den Allgemeinen Gottesacker sich in Bewegung setzte. Dem Sarg folgte ein Zug aus einer Abordnung des Senates und des Kirchenrates, das Geistliche Ministerium, Abordnungen der Oberschulbehörde und des Rettungshauses, Mitglieder des Vorstandes und der Armenpflege seiner Gemeinde, Abordnungen der Vorstände der evangelischen Kirchengemeinde in Stadt und Vorstädten, der israelitischen Gemeinde, der höheren Lehranstalten, mehrere auswärtige Geistliche und zahlreiche weitere Körperschaften sowie Familienmitglieder, Freunde und Bekannte des Verstorbenen. Unter den Letztgenannten befand sich auch seine hochbetagte Mutter.
Familie
Becker war seit 1885 mit Lina, geb. Sommer, verheiratet. Die Ehe blieb kinderlos.
↑Hermann Genzken: Die Abiturienten des Katharineums zu Lübeck (Gymnasium und Realgymnasium) von Ostern 1807 bis 1907. Borchers, Lübeck 1907. (Beilage zum Schulprogramm 1907) Digitalisat, Nr. 337
↑Hermann Genzken: Die Abiturienten des Katharineums zu Lübeck (Gymnasium und Realgymnasium) von Ostern 1807 bis 1907. Borchers, Lübeck 1907. (Beilage zum Schulprogramm 1907) Digitalisat, Nr. 773
↑Carl Hinrich Buck war Teilhaber der Firma Wm. Stiehl & Co.
↑Local- und vermischte Notizen. In: Lübeckische Blätter, 31. Jahrgang, Nr. 96, Ausgabe vom 1. Dezember 1889, S. 562.
↑Beisetzung von Direktor Professor Dr. Reuter. In: Vaterstädtische Blätter, Jahrgang 1915, Nr. 19, Ausgabe vom 2. Februar 1915.
↑Wilhelm Dahms: Was war Senator Possehl für Lübeck und seine Bevölkerung? In: Vaterstädtische Blätter, Nr. 10, Jahrgang 1918/19, Ausgabe vom 16. Februar 1919, S. 37–39.