Das Jagdschloss Granitz befindet sich auf der InselRügen auf einem bewaldeten Berg bei Binz. Mit über 250.000 Besuchern im Jahr ist es das meistbesuchte Schloss in Mecklenburg-Vorpommern[1].
Das Schloss liegt inmitten des etwa eintausend Hektar großen Waldgebiets der Granitz in der Gemeinde Binz, welches seit 1991 zum Biosphärenreservat Südost-Rügen gehört.
Die Bezeichnung Tempelberg für den höchsten Berg in der Granitz stammt aus dem 18. Jahrhundert, als an der Stelle des heutigen Schlosses noch ein kleines sechseckiges Belvedere stand. Vom Ostseebad Binz ist das Schloss am schnellsten mit der Rügenschen Kleinbahn oder dem Jagdschlossexpress zu erreichen.
Geschichte
Die Granitz gehörte seit 1472 den Herren zu Putbus. Graf Moritz Ulrich I. ließ 1726 auf einer Waldlichtung das zweigeschossige Jagdhaus „Solitüde“ mit zwei freistehenden Pavillons errichten. 1730 entstand in der Nähe, auf der höchsten Erhebung der Granitz, dem 107 m ü. NN hohen Tempelberg, ein zweistöckiges Belvedere in Fachwerkbauweise, das sich zu einem beliebten Ausflugsziel entwickelte. Dieses wurde 1810 abgerissen, um an seiner Stelle einen neuen Aussichtsturm in Form eines mittelalterlichen Bergfrieds zu errichten. Dieses Vorhaben blieb jedoch unausgeführt. Stattdessen wurde zunächst das Jagdhaus 1814 im neogotischen Stil modernisiert.[2]
Bereits 1807 war Wilhelm Malte I. zu Putbus (1783–1854) von Gustav IV. Adolf in den schwedischen Fürstenstand erhoben worden. Seit etwa 1830 hegte er Pläne zur Errichtung eines Jagdschlosses auf dem Tempelberg. In den Jahren 1837 bis 1846 wurde es in seinem Auftrag an der Stelle des einstigen Belvederes errichtet. Da fast nur in den Sommermonaten gearbeitet wurde, zog sich der Bau des Schlosses, das fast 100.000 Taler kostete, relativ lange hin. Die Innengestaltung dauerte noch länger. Das Granitzer Jagdschloss wurde durch den Berliner Architekten und Baumeister Johann Gottfried Steinmeyer (1780–1854) im Stil der norditalienischen Renaissancekastelle errichtet. Es ist mit vier Ecktürmen und einem Mittelturm versehen. In den Räumen des Schlosses sind verschiedene Ausstellungen zu besuchen.
Nach der Fertigstellung wurde das alte Jagdhaus abgerissen, dort entstand 1847 das Gasthaus „Zur Granitz“. Dort wohnte auch der Granitzer Forstmeister.
Das Jagdschloss war bis zum Jahr 1944 im Besitz der Familie von Putbus und stand nach der Inhaftierung von Malte von Putbus unter Verwaltung der Nationalsozialisten. Endgültig wurde es im Zuge der ostdeutschen Bodenreform enteignet und befindet sich bis heute in staatlicher Hand. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs gingen 1945 viele Einrichtungsgegenstände verloren; einiges Kunstgut wurde in das Berliner Gemäldedepot der Dienststelle für die Verwaltung sowjetischen Vermögens in Deutschland gebracht und 1953 an die Staatlichen Museen Berlin übergeben. Von 1983 bis 1990 wurde das Schloss umfassend restauriert und das Inventar im alten Stil ergänzt.
Bestrebungen des Sohnes von Malte von Putbus, Franz Fürst zu Putbus (1927–2004), den Familienbesitz zurückzuerlangen, scheiterten vor Gericht. Das Gebäude wird heute als Museum genutzt.
Die Anlage wurde nochmals zu Beginn des 21. Jahrhunderts mit einem Kostenaufwand von 7,9 Millionen Euro saniert.
Mittelturm
In der Gebäudemitte, im ehemaligen Hofraum, erhebt sich der nach Plänen von Karl Friedrich Schinkel 1844 nachträglich errichtete 38 m hohe Mittelturm. Er beherbergt im Inneren eine freitragende Wendeltreppe mit 154 gusseisernen Stufen. Die statischen Kräfte der schweren Eisentreppe werden vollkommen von den Seitenwänden aufgenommen; denn sie ist quasi in den Turm eingespannt.
Von der 144 m über NN hohen Aussichtsplattform auf dem Dach des Turms hat man einen Panoramablick in alle Richtungen, besonders aber über den Süden und Osten Rügens. Bei klarem Wetter kann man sogar bis Usedom blicken.[1]
Panoramablick über Rügen vom Mittelturm aus gesehen
Ausstellungen
Ausgestellt wurden alte Jagdgewehre, die Ausstellung Hirsche der Welt, aber auch Möbel aus dem 19. Jahrhundert. Hinzu kommen wechselnde Ausstellungen, beispielsweise von Gemälden. Unter Anleitung von Experten des Pommerschen Landesmuseums Greifswald wurden die Räumlichkeiten des Schlosses im Erd- und Obergeschoss unter denkmalpflegerischen Gesichtspunkten restauriert, repariert und baulich ertüchtigt, sowie eine neue Dauerausstellung gestaltet, die 2014 eröffnet wurde.
Peter Feist: Jagdschloss Granitz. In: Der historische Ort, Heft 6, Kai Homilius Verlag, Berlin 1995, ISBN 3-931121-05-4 / K-und-K-Kunsthandel, Berlin 1995, ISBN 3-89706-005-1.
Werner Trense, Veljko Varicak: Die Hirsche der Welt im Jagdschloß Granitz, 1. Auflage, Parey, Berlin 1998, ISBN 3-8263-8514-4.
Andreas Vogel: Johann Gottfried Steinmeyer und Putbus. In: Beiträge zur Architekturgeschichte und Denkmalpflege in Mecklenburg und Vorpommern, Band 3, zugleich Dissertation, Universität Jena 1998, Thomas Helms Verlag, Schwerin 2003, ISBN 3-931185-82-6.
André Farin: Wilhelm Malte zu Putbus und seine Fürstenresidenz auf der Insel Rügen. 5. Auflage. Putbus 2015, ISBN 3-00-008844-X.
Heike Kramer: Jagdschloss Granitz. 8. Auflage, Thomas Helms Verlag, Schwerin 2015, ISBN 978-3-940207-87-6.
Sabine Bock: Rügen. Burgen und Schlösser, Kirchen und Kapellen, Rittersitze und Herrenhäuser. Thomas Helms Verlag, Schwerin 2022, S. 266–272. ISBN 978-3-944033-42-6.