Die hyperbolische Paraboloidschale oder Hyparschale (Ulrich Müther) ist im Bauwesen eine Schale in der Form eines hyperbolischen Paraboloids – einer regelmäßig doppelt-gekrümmten Fläche, die sowohl Hyperbeln und Parabeln als auch Geraden enthält. Sie ist eine Sonderform der Sattelfläche, nicht zu verwechseln mit einem konventionellen Satteldach. Ebenfalls sollte man die Hyparschalen nicht mit den HP-Schalen von Herbert Müller und Wilhelm Silberkuhl[1] verwechseln, deren Form sich aus der Fläche eines Hyperboloids ergibt.[2][3][4]
Hyperbolische Paraboloidschalen werden fast ausschließlich für Dächer verwendet. Sie weisen in ihrer Geometrie Parallelen zu Seilnetzen auf und sind besonders leicht mit Hängedächern in der Form eines hyperbolischen Paraboloids zu verwechseln, etwa dem der stilprägenden Dorton Arena. Hyperbolische Paraboloidschalen sind aber meist aus Stahlbeton gefertigt und zählen in diesem Fall zu den Betonschalen. Auch gibt es wenige Schalenbauten aus Faserbeton[5] und Nadelholzbrettern.[6] Diesen Materialien kommt zugute, dass das hyperbolische Paraboloid zu den Regelflächen gehört, dass also durch jeden Punkt der Fläche eine – in diesem Fall sogar zwei – Geraden gehen, die ganz in der Fläche enthalten sind. Somit lassen sich hyperbolische Paraboloidschalen trotz ihrer Doppelkrümmung mit geraden, am besten schmalen[7] Brettern einschalen oder direkt daraus herstellen.[8] An den Rändern der an sich dünnen Schalen befinden sich je nach Konstruktion massive Träger, die sogenannten Randträger. Für die Dachdeckung kommen die unterschiedlichsten Materialien zum Einsatz.
1928 meldete die Ingenieurin Tatjana M. Markowa ein sowjetisches Patent über Dächer an, deren Geometrie den Regeln des hyperbolischen Paraboloids folgten.[9][10]
Das erste Schalentragwerk aus Stahlbeton in der Form eines hyperbolischen Paraboloids entwickelte und realisierte in den 1930er-Jahren Fernand Aimond (1902–1984). Aimond entwickelte schon 1932 eine Theorie der hyperbolischen Paraboloidschale und entwarf von 1934 bis 1939 mehrere Hyparschalen aus Stahlbeton für Flugzeughangare und Werkstattdächer für Flugplätze.[11] Neben Aimond sind als weitere Pioniere Giorgio Baroni, Konrád Hruban (1893–1977), Félix Candela (1910–1997), Herbert Müller (1920–1995) und Ulrich Müther (1934–2007) zu nennen.[12]
Ein Paraboloid hat nur hyperbolische Flächenpunkte, womit die gaußsche Krümmung negativ ist: K < 0 {\displaystyle K<0} . Das Hyperbolische Paraboloid wird mathematisch wie folgt beschrieben:
Eine runde oder rechteckige Fläche wird von zwei gegenüberliegenden Tiefpunkten nach unten gekrümmt, während zwei sich gegenüberliegende Hochpunkte diese gebogene Fläche gegenläufig nach oben krümmen. Das Regenwasser fließt nicht mehr in einer Traufe ab, sondern sammelt sich an den Tiefpunkten des Daches.
Bei hyperbolischen Paraboloidschalen bedarf es keiner tragenden Unterkonstruktion mehr (wie etwa einem Dachstuhl aus Pfetten oder Sparren), sondern die Schale ist Raumbegrenzung und tragende Konstruktion in einem; die Schale trägt sich und die Dachlast selbst.
Unterscheidung:
Beim Trockenspritzverfahren wird mithilfe einer Spritzbeton-Maschine der Beton mit Druckluft auf den Bewehrungsstahl, einem Drahtnetz und deren Verschalung darunter aufgetragen (siehe Zeiss-Dywidag-Schalenbauweise). Dieses Verfahren ist auch als Torkretisieren bekannt (nach der Essener Firma Torkret), das 1919 von Carl Weber patentiert wurde.[13] Der Vorteil dieser Methode liegt in dem geringeren Betonverbrauch und den damit dünneren Dachdecken.
Es gibt verschiedene Merkmale, nach denen man Bauwerke mit hyperbolischen Paraboloidschalen unterscheiden kann:
Im Folgenden sind die Bauwerke zuerst nach der Schalenart, dann nach Material und innerhalb der Tabellen schließlich nach Bauzeit geordnet.
Bei den hier „homogen“ genannten Schalen handelt es sich um solche aus einem durchgehenden Matarial, welches sowohl die Funktion der Raumbegrenzung (Wetterschutz) als auch die der Tragkonstruktion/Statik übernimmt. (Eine Eierschale wäre hierfür ein Beispiel aus der Natur, allerdings nicht in der Form eines hyperbolischen Paraboloids.)
(1964-1965)
Architekt Otto Heinrich Senn
(1981–84)
Bei den Gitterschalen übernimmt ein Gitter aus Stäben oder Trägern die Funktion der Statik (siehe Schale (Technische Mechanik)#Gitterschalen). Für die Raumbegrenzung gibt es eine flächige Schicht (Dachdeckung, Dachhaut).
Ulrich Müther entwickelte 1969/70 für die Rennrodelbahn Oberhof das Nassspritzverfahren mit engmaschigem Drahtgewebe beiderseits des Bewehrungsstahls, womit auch ein schalungsloses Spritzbetonieren möglich wurde.[19]
Die Hyparschalen von Ulrich Müther werden manchmal mit den HP-Schalen des ebenfalls in der DDR wirkenden Architekten Herbert Müller (1920–1995) verwechselt. Bei beiden handelt es sich um Schalen aus Stahlbeton, deren Flächen doppelt gekrümmt sind. Bei den Schalen von Müller handelt es sich jedoch nicht um ein hyperbolisches Paraboloid, wie es vielleicht die Bezeichnung „HP-Schale“ vermuten lässt, sondern um ein Hyperboloid, auch „Rotationshyperboloid“ genannt. Ein weiterer Unterschied ist, dass die Hyparschalen von Müther vor Ort gegossen werden mussten (Ortbeton), wohingegen es sich bei den HP-Schalen um Stahlbetonfertigteile handelt.
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