Das Haus der Stadtgeschichte (auch Otto-Rettenmaier-Haus) in Heilbronn ist Sitz des Stadtarchivs Heilbronn und bietet ein Forschungs-, Dokumentations- und Museumsangebot zur Geschichte der Stadt Heilbronn. In ihrer heutigen Form wurde die Einrichtung im Juli 2012 eröffnet.[1]
Der Heilbronner Unternehmer Otto Rettenmaier hat 2011/2012 den Umbau des Archivgebäudes im Deutschhof zum Otto-Rettenmaier-Haus mit einer Spende von 3 Mio. Euro finanziert.[2] Dabei wurden insbesondere die Ausstellungsfläche, die Gebäudetechnik und die Sammlungspräsentation im Archivgebäude völlig erneuert. Bei den Umbauarbeiten wurde zusätzlich zum bisherigen Eingang von der Eichgasse ein neuer Zugang zum Gebäude vom Deutschhof-Innenhof her geschaffen, außerdem auch eine durchgängige Verbindung der Ausstellungsflächen mit denen der ebenfalls im Deutschhof befindlichen Städtischen Museen Heilbronn, die neben Kunst weitere stadtgeschichtliche Exponate zeigen.
Das Haus präsentiert die vom Stadtarchiv konzipierte Ausstellung „Heilbronn historisch! Menschen, Plätze, Geschichten“ in zwei Sälen auf 485 Quadratmetern Ausstellungsfläche. Die beiden Ausstellungsräume zu beiden Seiten des Foyers zeigen die Geschichte der Stadt Heilbronn von den Anfängen bis in die Gegenwart. Im kleineren der beiden Räume wird die Stadtgeschichte vom Hochmittelalter bis in das 19. Jahrhundert in fünf Kapiteln präsentiert. Im Mittelpunkt steht dabei ein dreidimensionales Modell der Stadt Heilbronn um 1800, bei dem sich einzelne Bauwerke beleuchtet hervorheben lassen und an dem ergänzende Informationen zu Gebäuden und Themenkomplexen über Monitore und Wandprojektionen abgerufen werden können. Im größeren der beiden Säle wird die Stadtgeschichte seit der Industrialisierung in weiteren fünf Kapiteln präsentiert, wobei hier großformatige Tafeln mit Stadtansichten aus dem frühen 20. Jahrhundert im Mittelpunkt des Raumes stehen.
Die große Zahl authentischer Exponate wird durch Texte, Bilder, Audio- und Videoangebote ergänzt. Dem Rundgang folgend, dokumentieren im Fußboden eingelassene und beleuchtete Karten die Veränderungen der Stadt und heben diejenigen der Gebäude hervor, auf die die jeweilige Ausstellungsstation Bezug nimmt. Medienpulte zu Heilbronner Köpfen und interaktive Wandmonitore widmen sich bestimmten Teilaspekten der Stadtgeschichte. Im kleineren Ausstellungssaal gibt es einen Kinoraum mit Filmen zur Stadtgeschichte, im größeren Ausstellungssaal kann ein Teil des Raums für Sonderausstellungen und Veranstaltungen genutzt werden. Am Ende des Rundgangs befindet sich eine umgebaute Fotokabine, in der Besucher ihre Eindrücke per Videoaufzeichnung zum Archivgut geben können.
Der Eintritt zur Ausstellung wie auch der Eintritt in die städtischen Museen ist frei, die Ausstellungen beider Häuser haben 44 Stunden pro Woche geöffnet. Das Stadtarchiv hat ein ehrenamtliches Lotsenteam aus stadtgeschichtlich interessierten Personen zusammengestellt, das die Begrüßung und Betreuung der Besucher im Ausstellungsbereich übernimmt.
Eine karolingische Figur aus der Zeit um das Jahr 800[3] ist das älteste gezeigte Exponat. Die Figur, deren Herkunft und ursprüngliche Verwendung unbekannt sind, symbolisiert die urkundenlose Frühzeit der Stadtgeschichte. Das nachfolgend ausgestellte Tympanon vom Heilbronner Siebenröhrenbrunnen weist auf die Herkunft des Stadtnamens hin, der anlässlich einer Schenkung im Jahr 741 in einer Urkunde von 822 erstmals erwähnt wird.
Behandelte Themen sind: „Dorf und Stadt“, „Reichsstadt, Handelsstadt“ sowie „Kaufmannsstadt“.
Auf einer Konsole werden die wichtigsten Urkunden der Stadt Heilbronn dargestellt und übersetzt:
Steinerne Denkmale jener Zeit sind der Gedenkstein für Nathan den Vorsteher aus dem 10. Jahrhundert, der auf die sehr alte Jüdische Gemeinde Heilbronn verweist, ein Markstein der Stadt Heilbronn von 1494 vom Heilbronner Staufenberg an der Grenze zu Sontheim, der ursprünglich an der Armsündersteige auf dem Weg zum Heilbronner Galgen aufgestellte Bildstock von 1514 sowie die Grabplatte des Arnold Geiling von Illesheim, des Schwiegervaters Götz von Berlichingens.
Ein Modell des 1306 gestifteten Katharinenspitals von Wilhelm Rieth visualisiert die wichtigste städtische Einrichtung zur Alten- und Armenvorsorge.
An der Wand zeigt eine große Karte den Plan des Heilbroner Gebiets von Böckingen bis zu Markungsgrenze Obereisesheim aus dem Jahre 1597.[4] Weiteres historisches Kartenmaterial zeigt Ansichten der reichsstädtischen Dörfer Böckingen, Flein, Frankenbach und Neckargartach auf Ansichten aus dem Kieserschen Forstlagerbuch von 1684 und aus der Faberschen Chronik um 1700, außerdem einen Markungsplan des 1333 von der Stadt Heilbronn erworbenen und danach abgegangenen Dorfes Altböckingen von 1778.
Behandelte Themen sind „Kirchen und Klöster“ sowie Reformationszeit.
Exponate zum Thema Kirchen und Klöster:
Die Reformationszeit wird durch folgende Exponate vertreten:
Die Konsolen mit dem Thema „Heilbronner Köpfe“ befassen sich mit dem 1525 hingerichteten Bauernführer Jäcklein Rohrbach und mit dem Kilianskirchprediger und Reformator Johann Lachmann.
Beschrieben werden die Themen „Kriegszeiten“, „Handel und Handwerk“, „Handel und Hafen“ sowie die Aufklärung.
Eine interaktive Medienpräsentation leitet vom Bauernkrieg im Heilbronner Raum über das Kasendorfer Konfessionsbild von 1530, auf dem Bürgermeister Hans Riesser bei der Überreichung der Augsburger Konfession zu sehen ist, zum Dreißigjährigen Krieg mit der Schlacht bei Wimpfen 1622, dem Heilbronner Konvent 1633, der Eroberung der Stadt durch das kaiserliche Heer 1634 und weiteren Geschehnissen im kriegerischen 17. Jahrhundert über. Als Exponate sind diesem Themenkreis Scherben aus dem Stadtgraben sowie historische Steinkugeln, Pistolen und Säbel beigegeben.
Handel und Handwerk werden von folgenden Exponaten repräsentiert:
Das Zeitalter der Aufklärung stellen folgende Exponate dar:
Die jener Epoche beigestellte Medienstation widmet sich dem Käthchen von Heilbronn als Hommage Heinrich von Kleists an Eberhard Gmelin und dessen Patientinnen.[13]
Beschrieben werden die Themen „Stadt im Aufbruch“ und „Revolutionäre Zeiten“, außerdem wird beispielhaft für eine bedeutende Wohnstraße näher auf die Heilbronner Klostergasse eingegangen.
Das Thema „Stadt im Aufbruch“ fasst das Ende der Reichsstadt Heilbronn 1802 und den Beginn der Industrialisierung zusammen:
Exponate der Station „Revolutionäre Zeiten“:
Die Heilbronner Klostergasse[20] war einst eine Wohngegend des gehobenen Bürgertums. Die sich jener Gasse widmende Medienstation stellt u. a. den in der Klostergasse 35 lebenden Stadtarzt Georg Klett[21] und den in Nr. 33 lebenden Arzt Hermann Strauß[22] vor, außerdem die in der Klostergasse 29 ansässige Sektkellerei Zeller & Rauch sowie den Werkmeister Georg Andreas Cluss aus der Klostergasse 39, den Stammvater der Unternehmerfamilie Cluss.
Einzelne Medienstationen mit Ton-, Bild- und Filmpräsentationen stellen folgende Heilbronner Köpfe jener Epoche vor:
Beschrieben werden die Themen „Industriestadt und Verkehrsknoten“, „Gründerzeit, Aufbruchzeit“ und Erster Weltkrieg.
Im Themenkreis „Industriestadt und Verkehrsknoten“ werden die neuen Verkehrsmittel des 19. Jahrhunderts sowie Zeugnisse der städtischen Industrie vorgestellt:
Die Station „Gründerzeit, Aufbruchzeit“ beschreibt die Entwicklung der Stadt von der Gründung des Kaiserreichs bis zum Ende des 19. Jahrhunderts:
Die Zeit vor und während des Ersten Weltkriegs wird durch folgende Exponate illustriert:
Die „Heilbronner Köpfe“ jener Epoche, die mit Medienstationen näher vorgestellt werden, sind:
Beschrieben werden die Themen „Fortschrittsstadt“ sowie „Zwischen Revolution und Krise“.
Unter dem Thema „Fortschrittsstadt“ werden insbesondere die Heilbronner Automobilhersteller und das Heilbronner Zeitungs- und Theaterleben gewürdigt:
Im Themenbereich „Zwischen Revolution und Krise“ werden folgende Exponate gezeigt:
Die „Heilbronner Köpfe“ jener Epoche, auf die mit eigenen Medienstationen näher eingegangen wird, sind:
Beschrieben werden die Machtergreifung[30], der „Alltag im NS-Staat“, der „Terror gegen das eigene Volk“[31] sowie die „Stadt im Krieg“.
Die Ausstellungsstation zur Machtergreifung umfasst:
Der „Alltag im NS-Staat“ wird anhand der Geschichte der Bewohner des Hauses Fleiner Straße 9 dokumentiert:
Der „Terror gegen das eigene Volk“ fand in Heilbronn vor allem in der Vernichtung der jüdischen Gemeinde seinen Höhepunkt:
Der Alltag in der „Stadt im Krieg“ wird durch unterschiedliche Exponate dokumentiert:
Die mit Medienstationen näher vorgestellten „Heilbronner Köpfe“ jener Epoche sind:
Die Nachkriegszeit wird mit dem Themen Leben in Ruinen, der Wiederaufbau und der Wandel Heilbronns zur kleinen Großstadt exemplarisch dargestellt.
Im Themenkreis „Ruinenstadt“ zeigt ein Fotoalbum der US-Armee die Lebensbedingungen der Bevölkerung in den Notunterkünften der zerstörten Stadt. Eine Strickjacke aus der Familie des Böckinger Pfarrers Theodor Zimmermann, die aus selbstgesponnener Schafwolle und der Wolle eines alten Pullovers hergestellt wurde, verdeutlicht die Mangeljahre der Nachkriegszeit. Ein teils aus zermahlenem Trümmerschutt hergestellter Hohlblockstein der Firma Ensle symbolisiert den beginnenden Wiederaufbau. Ein Album mit Fotos von Siegfried Lechler stellt Ansichten verschiedener Baudenkmäler 1940 und 1946 gegenüber, darunter die Friedenskirche, St. Augustinus, das Alte Theater und das alte Rathaus.[35][36] Schließlich erinnert ein Sängerzeichen aus einem Gefangenenlager an das in der Nachkriegszeit auf der Böckinger Schanz befindliche Gefangenenlager P.W.E. 10.
Der Wiederaufbau und der Wandel zur Großstadt wird in einer Fotowand mit Schauvitrinen dargestellt. Rund 140 Fotos dokumentieren Szenen des Wiederaufbaus und der jüngeren Stadtgeschichte. In den eingelassenen Vitrinen werden Produkte Heilbronner Firmen aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts gezeigt, darunter Kerzenständer und Silberwaren der Silberwarenfabrik Peter Bruckmann & Söhne, eine Zigarrendose der Zigarrenfabrik Reiner, Handelsprodukte der Gustav Lichdi AG, Produkte der Öl- und Fettfabrik Müller sowie Röhren und Transistoren des Heilbronner Telefunken-Werks. Weitere Vitrinen enthalten die jährlich neu aufgelegten Weingläser des Heilbronner Weindorfs. Eine NSU Quickly schlägt schließlich auch den Bogen zur Nachbarstadt Neckarsulm und der dortigen Fahrzeugindustrie.
Die Reihe der „Heilbronner Köpfe“ schließt die Medienstation mit ergänzenden Informationen zu Paul Meyle ab, der in seiner 20-jährigen Amtszeit als Oberbürgermeister den Wiederaufbau der Stadt und die Weichenstellung für die Entwicklung zur Großstadt bewältigte.
49.14065661259.2181354761111Koordinaten: 49° 8′ 26,4″ N, 9° 13′ 5,3″ O